BGH Urteil v. - IX ZR 271/01

Leitsatz

[1] Der Rückgewähranspruch nach § 37 KO umfasst nur solche Zinsen, die ohne die angefochtene Zahlung tatsächlich gezogen worden wären.

Gesetze: KO § 37

Instanzenzug: LG München I vom

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der G. GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin). Die Gemeinschuldnerin hatte von der Beklagten Gewerberäume zum Betrieb eines Baumarkts gemietet. Am wurde auf Antrag der Beklagten wegen rückständigen Mietzinses ein Vollstreckungsbescheid über 719.952,62 DM nebst Kosten und Zinsen erlassen. Noch am selben Tage erwirkte die Beklagte vorläufige Zahlungsverbote, die Konten der Gemeinschuldnerin bei 14 Kreditinstituten betrafen. Am einigten sich die Gemeinschuldnerin und die Beklagte, dass die Zahlungsverbote nach Zahlung eines Betrages von 200.000 DM aufgehoben werden sollten. Ebenfalls am zahlte die G. & Co. - die nach Darstellung des Klägers Verbindlichkeiten in Höhe von 78.876.055,78 DM bei der Beklagten hatte - für die Gemeinschuldnerin 200.000 DM an die Beklagte. Die Beklagte gab die Konten daraufhin frei. Am stellten die Gemeinschuldnerin, die G. & Co. sowie weitere Gesellschaften der Unternehmensgruppe G. Konkursantrag. Am wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet.

Mit seiner am beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger gemäß § 30 Nr. 2 KO Rückgewähr der 200.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem verlangt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 200.000 DM nebst 4 % Verzugszinsen seit dem verurteilt. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat das Berufungsgericht zurückgewiesen; auf die Anschlussberufung des Klägers hat es die Beklagte verurteilt, Zinsen seit dem zu zahlen. Der Senat hat die Revision der Beklagten nur hinsichtlich des Zinsanspruchs im Zeitraum bis angenommen.

Gründe

Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg.

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts folgt der Anspruch des Klägers auf Zinsen seit dem aus den §§ 100 BGB, 37 KO. Herauszugeben sei der Gebrauchsvorteil, dessen Wert nach den objektiven Möglichkeiten der Nutzung zu bestimmen sei, ohne dass es darauf ankomme, ob durch den Gebrauch ein Gewinn oder Verlust entstanden sei. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, den erhaltenen Betrag von 200.000 DM zu einem Zinssatz von 4 % verzinslich anzulegen oder ihn zur Tilgung verzinslicher Verbindlichkeiten einzusetzen.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Gemäß § 37 KO hat der Anfechtungsgegner dasjenige zur Konkursmasse zurückzugewähren, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist. Es geht also um das, was dem Vermögen des Gemeinschuldners entzogen worden ist, nicht um das, was in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt ist (BGHZ 71, 61, 63; , WM 1969, 1346, 1347; v. - IX ZR 18/94, ZIP 1995, 297, 300). Die Konkursmasse ist in die Lage zu versetzen, in welcher sie sich befunden hätte, wenn das anfechtbare Verhalten unterblieben wäre. Nutzungen sind deshalb nur insoweit herauszugeben oder zu ersetzen, wie sie gezogen worden wären, wenn der nutzbare Gegenstand im Vermögen des Gemeinschuldners geblieben wäre (RGZ 24, 141, 145; 80, 1, 3 f; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 37 Rn. 115; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 37 KO Anm. 3; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 37 Rn. 4). Besteht die anfechtbare Handlung in einer Geldzahlung, ist der Anfechtungsgegner dann zur Erstattung entgangener Zinsen verpflichtet, wenn sich feststellen läßt, daß das Geld ohne die anfechtbare Handlung verzinslich angelegt worden wäre (RG JW 1931, 2110, 2111; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 118; Kuhn/Uhlenbruck, aaO Rn. 4; aA OLG Brandenburg ZIP 1999, 1015, 1017 unter 8.; wohl auch Kilger/K. Schmidt, aaO Anm. 3 a.E.). Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs ist der Konkursverwalter (Jaeger/Henckel, aaO; Kuhn/Uhlenbruck, aaO).

Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger zur Begründung des weitergehenden Zinsanspruchs lediglich auf Kommentarliteratur zu § 143 InsO bezogen. Die Vorschrift des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO verweist wegen der Rechtsfolgen einer Insolvenzanfechtung - anders als § 37 KO - auf die Vorschriften des Bereicherungsrechts, die Kenntnis des Empfängers vom Mangel des rechtlichen Grundes voraussetzen. Der Rückgewähranspruch nach § 143 InsO umfasst daher gemäß § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 2, § 987 Abs. 1 oder 2 BGB auch die vom Anfechtungsgegner tatsächlich gezogenen oder vorwerfbar nicht gezogenen Nutzungen vom Zeitpunkt der Weggabe an. Für den Rückgewähranspruch nach § 37 KO gilt dies jedoch nicht.

III.

Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes ist die Sache zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Die Gemeinschuldnerin hätte den nicht von ihr, sondern in ihrem Auftrag von der G. und Co. gezahlten Betrag von 200.000 DM nicht zinsbringend anlegen können, wenn die Zahlung unterblieben wäre. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das zutreffende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStZ 2005 S. 844 Nr. 23
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2006 S. 447
WM 2005 S. 2146 Nr. 45
ZIP 2005 S. 1888 Nr. 42
KAAAC-00650

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja