BGH Urteil v. - IX ZR 134/04

Leitsatz

[1] a) Hat ein Gläubiger einstweiligen Rechtsschutz durch ein im Grundbuch eingetragenes Verfügungsverbot erwirkt, das sich als von vornherein nicht gerechtfertigt erweist, entfällt die Ursächlichkeit dieses Vorgehens für einen Schaden des Verfügungsbeklagten nicht dadurch, dass ein Notar den Vorrang einer im Grundbuch eingetragenen Vormerkung verkennt.

b) Der Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO kann durch Mitverschulden des Verfügungsbeklagten gemindert sein oder ganz entfallen, wenn er dem Verfügungskläger schuldhaft Anlass gegeben hat, um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Die Übertragung des letzten nennenswerten Vermögensteils eines illiquiden Schuldners auf einen nahen Angehörigen kann aus der Sicht eines Gläubigers einen solchen Anlass darstellen.

Gesetze: ZPO § 945; BGB § 249 Bb; BGB § 254 Da

Instanzenzug: LG Braunschweig 6 O 2890/01 vom OLG Braunschweig 2 U 124/03 vom

Tatbestand

Die Beklagte erwirkte ein vollstreckbares Urteil vom , mit welchem der Ehemann der Klägerin (fortan auch: Schuldner) zur Zahlung von 75.000 DM an die Beklagte verurteilt wurde. Aufgrund notariellen Vertrages vom übertrug der Schuldner seinen hälftigen Anteil an einem beiden Eheleuten gehörenden Hausgrundstück auf die Klägerin, die ihm dafür ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht einräumte und die auf dem Grundstück lastenden Grundschulden übernahm. Die inzwischen eingetragene Klägerin veräußerte das Grundstück durch notariellen Vertrag vom zum Preis von 365.000 DM an eine Käuferin L. weiter, zu deren Gunsten eine Vormerkung eingetragen wurde. Die Beklagte, deren Vollstreckungsversuche aufgrund des Urteils vom erfolglos geblieben waren, erwirkte am durch Versäumnisurteil eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Klägerin die Verfügung über den von dem Schuldner übertragenen Anteil verboten wurde. Das Verfügungsverbot wurde im Grundbuch eingetragen. Unter dem teilte der mit dem Vollzug des Grundstückskaufvertrages beauftragte Notar den Kaufvertragsparteien mit, dass zwar der Kaufpreis termingerecht auf sein Notaranderkonto eingezahlt worden sei und alle Unterlagen für die Umschreibung des Eigentums vorlägen, der Vollzug des Vertrages jedoch wegen des zwischenzeitlich eingetragenen Verfügungsverbots nicht möglich sei.

Ein weiterer Gläubiger des Ehemannes der Klägerin erwirkte im Juli 1997 ebenfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung ein Verfügungsverbot, das in das Grundbuch eingetragen wurde. Er nahm seine Hauptsacheklage noch im selben Jahr zurück und bewilligte Anfang des Jahres 2001 die Löschung des Verfügungsverbots.

Im Hauptsacheverfahren der Parteien wies das Oberlandesgericht die Anfechtungsklage der Beklagten ab. Zwar sei die Grundstückshälfte in der - der Klägerin bekannten - Absicht der Gläubigerbenachteiligung übertragen worden; objektiv scheide eine Gläubigerbenachteiligung jedoch aus, weil der Grundstücksanteil im Zeitpunkt der Eintragung der Klägerin wertausschöpfend belastet gewesen sei. Dieses Urteil ist seit dem rechtskräftig.

Die Beklagte bewilligte am die Löschung des Verfügungsverbots. Am reichte der Notar den Kaufvertrag beim Grundbuchamt zum Vollzug ein; tags darauf zahlte er den auf dem Notaranderkonto verwahrten Kaufpreis zur Ablösung der Grundschuldgläubiger aus.

Mit ihrer am eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte - mit der Begründung, die Eintragung des Verfügungsverbots im Grundbuch habe die Ablösung der dinglichen Belastungen des Grundstücks um fast vier Jahre verzögert und in der Zwischenzeit seien Darlehenszinsen angefallen - auf Schadensersatz in Höhe von 61.596,71 € nebst Zinsen aus § 945 ZPO in Anspruch genommen.

Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung auf 50.531,32 € eingeschränkt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Beklagten erwirkte, ordnungsgemäß vollzogene einstweilige Verfügung sei mangels Verfügungsanspruchs von Anfang an ungerechtfertigt gewesen. Das rechtskräftige Urteil im Hauptsacheverfahren binde insoweit die Gerichte im Schadensersatzprozess. Ob der Grundstücksanteil des Schuldners zwar bei der Übertragung, jedoch nicht mehr zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung wertausschöpfend belastet gewesen sei, könne dahinstehen. Infolge der Eintragung des Verfügungsverbots im Grundbuch habe der Kaufvertrag zunächst - bis zum - nicht vollzogen werden können. Ohne das Verfügungsverbot hätte nichts dem Vollzug entgegengestanden. Zwar sei jenes gegenüber der Käuferin unwirksam gewesen, weil zu deren Gunsten zuvor eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden sei. Indes habe nur die Käuferin die Rechte aus § 888 BGB gehabt, nicht jedoch die Beklagte. Das von dem anderen Gläubiger erwirkte Verfügungsverbot habe die Ursächlichkeit des Verhaltens der Beklagten nicht entfallen lassen, sondern lediglich eine Doppelkausalität begründet. Für die Schadensberechnung sei davon auszugehen, dass die Grundschuldgläubiger per insgesamt 365.917,59 DM für die Ablösung ihrer Grundschulden gefordert hätten. Bis zum habe sich dieser Betrag auf 486.313,82 DM erhöht. Gegenüber der als Schaden zu Buche schlagenden Differenz seien andererseits die auf dem Notaranderkonto erwirtschafteten Zinsen als Vorteil anzurechnen. Die Klägerin habe keine Obliegenheiten verletzt, was gegebenenfalls entsprechend § 254 BGB hätte berücksichtigt werden können. Ihr Anspruch sei auch nicht verjährt.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO wäre allerdings nicht verjährt. Das Berufungsgericht hat gemeint, bei Fortbestehen der einstweiligen Verfügung setze erst die rechtskräftige Abweisung der Klage im Hauptsacheverfahren die Verjährungsfrist in Gang. Der Senat hat bisher offen gelassen, ob - bei noch bestehender einstweiliger Verfügung - die Verjährung des Anspruchs aus § 945 ZPO bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens beginnt, wenn der Schuldner dort ein noch nicht rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erzielt, auf Grund dessen er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Aufhebung der ihn belastenden Maßnahmen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hätte erreichen können, von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch macht (, NJW 1993, 863, 864; v. - IX ZR 283/02, NJW 2003, 2610, 2612). Diese Frage bedarf auch im Streitfall keiner Entscheidung. Selbst wenn die Verjährungsfrist bereits durch die - am erfolgte - Verkündung des Berufungsurteils im Hauptsacheverfahren in Lauf gesetzt worden sein sollte, wäre sie dennoch durch die Zustellung der Schadensersatzklage am rechtzeitig unterbrochen worden.

2. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 945 ZPO hat das Berufungsgericht jedoch nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Nach dieser Vorschrift ist die Partei, welche die Anordnung einer von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der Anordnung entsteht.

a) Erfolglos bekämpft die Revision allerdings die Bindungswirkung (vgl. dazu BGHZ 122, 172, 175) des rechtskräftigen Urteils im Hauptsacheprozess, wonach der Beklagten ein Anfechtungsanspruch mangels Gläubigerbenachteiligung nicht zusteht.

aa) Die Revision meint, aufgrund der im Schadensersatzprozess vorgelegten Auskünfte der Banken sei der Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr. 7b ZPO gegeben; die Klägerin habe das Urteil im Hauptsacheverfahren durch unrichtige Angaben zur Valutierung der Grundschulden erschlichen. Dies trifft nicht zu. Zwar haben - wie vom Berufungsgericht festgestellt - die Banken für die Ablösung der Grundschulden insgesamt nur 365.917,59 DM gefordert. Dies war weniger als der von der Klägerin im Hauptsacheverfahren angegebene Valutierungsbetrag. An der wertausschöpfenden Belastung ändert dies jedoch nichts. Selbst der geringere Ablösungsbetrag lag noch über dem Kaufpreis, den die Klägerin mit L. vereinbart hat. Dass ein höherer Preis erzielbar gewesen wäre, macht die Revision nicht geltend.

bb) Nichts für sich herleiten kann die Revision ferner daraus, dass das Berufungsgericht es hat dahingestellt sein lassen, ob der übertragene Grundstücksanteil zwar bei der Übertragung, jedoch nicht mehr zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung wertausschöpfend belastet war. Wäre es in dem Anfechtungsprozess möglich erschienen, dass der aus dem Vermögen des Schuldners weggegebene Grundstücksanteil nach der angefochtenen Übertragung wieder werthaltig wurde, hätte dies allerdings zum Vorteil der nunmehrigen Beklagten ausschlagen können. Im Rahmen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG reicht eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (, NJW 1999, 1395, 1396). Der Beklagten hätte deshalb auch noch nach der tatbestandlichen Vollendung der Vermögensverschiebung - bei einer Grundstücksveräußerung ist dies regelmäßig mit der Eintragung in das Grundbuch der Fall (BGHZ 99, 274, 286; 121, 179, 188) - ein Anfechtungsanspruch erwachsen können, sofern sich bis zur Beendigung der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Anfechtungsprozesses eine Gläubigerbenachteiligung ergeben hätte. Mit dem im Hauptsacheverfahren ergangenen ist rechtskräftig festgestellt worden, dass bis zum - an diesem Tage ist die mündliche Verhandlung vor dem Oberlandesgericht geschlossen worden - keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten war. Diese fehlte somit auch in dem früheren Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung.

b) Demgegenüber sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ursachenzusammenhang zwischen der - sich später als von Anfang an ungerechtfertigt erweisenden - Erwirkung der einstweiligen Verfügung und dem Schaden nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, vor dem Erlass des Verfügungsverbots seien die Auflassung zugunsten der Käuferin L. erklärt und eine Eigentumserwerbsvormerkung eingetragen worden. Dies habe - so hat das Berufungsgericht gemeint - jedoch nichts daran geändert, "dass ein bei Vollzugsreife im Juli 1997 gestellter Antrag auf Eintragung der Käuferin als Eigentümerin wegen des vor Antragstellung eingetragenen Verfügungsverbots vom Grundbuchamt nicht vollzogen werden durfte". Dies ist unzutreffend. Die Vormerkung wäre schon ab Eingang des auf sie bezogenen Eintragungsantrags bindend im Sinne des § 878 BGB gewesen (vgl. BGHZ 131, 189, 197; 138, 179, 186). Im vorliegenden Fall war sie sogar bereits eingetragen, bevor das Verfügungsverbot in das Grundbuch gelangte. Dieses stand nach § 883 Abs. 2 BGB einem Rechtserwerb der Vormerkungsberechtigten L. nicht entgegen (vgl. BGHZ 28, 182, 186 f.; , WM 1966, 710, 711; BayObLG ZNotP 2004, 24, 25; Staudinger/Gursky, BGB Neubearbeitung 2002 § 888 Rn. 34; MünchKomm-BGB/Wacke, 4. Aufl. § 888 Rn. 22). Da die Banken (Grundschuldgläubiger) gegen Auszahlung des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreises das Grundstück aus der Haftung freigaben, war außerdem sichergestellt, dass die Käuferin lastenfreies Eigentum erwarb. Demgemäß war diese verpflichtet, der Auszahlung vom Notaranderkonto zuzustimmen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte nicht darauf angewiesen, dass die Käuferin aus § 888 BGB gegen das Verfügungsverbot vorging.

bb) Dass der Notar sich nicht in der Lage gesehen hat, den Kaufvertrag zu vollziehen, weil er irrtümlich dem Verfügungsverbot vollzugshemmende Wirkung beimaß, hat den Ursachenzusammenhang zwischen der Erwirkung des Verfügungsverbots durch die Beklagte und dem Zinsschaden nicht unterbrochen.

Der Schaden, den die Klägerin geltend macht, beruht auf zwei Ursachen, nämlich auf der ungerechtfertigten Erwirkung des Verfügungsverbots durch die Beklagte und darauf, dass der mit der Abwicklung des Kaufvertrages befasste Notar, der sich auf eine entsprechende Instruktion durch das Grundbuchamt beruft, mit diesem Verfügungsverbot sachwidrig umgegangen ist. Stammt die Zweithandlung von einem Dritten, wird der haftungsrechtliche Zusammenhang zwischen der Ersthandlung und dem Schaden dann in Frage gestellt, wenn die Ursächlichkeit des ersten Umstands für das Eintreten des zweiten Ereignisses nach dem Schutzzweck der Norm gänzlich bedeutungslos ist, das schädigende erste Verhalten also nur noch den äußeren Anlass für ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Eingreifen des Dritten gebildet hat, das dann den Schaden endgültig herbeigeführt hat (, WM 1985, 666, 668; v. - IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882, 2884; v. - IX ZR 294/95, NJW 1997, 250, 253).

Eine derartige Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs ist hier nicht gegeben. Zu dem Fehler des Notars (und des Grundbuchamts) konnte es überhaupt nur deshalb kommen, weil die Beklagte durch ihr prozessuales Vorgehen eine risikobehaftete Lage geschaffen hat. Diese hätte sich allenfalls dann nicht ausgewirkt, wenn die Beklagte in der Folgezeit die rangwahrende Wirkung der Vormerkung anerkannt hätte. Dies hat sie gerade nicht getan, sondern - in Verkennung der Rechtslage - auf dem Vorrang ihres Verfügungsverbots bestanden. Der Notar ist den rechtlichen Schwierigkeiten, welche die Beklagte heraufbeschworen hat, nicht gewachsen gewesen. Der ihm unterlaufene Fehler war auch nicht "völlig ungewöhnlich". Zum einen hat der Notar lediglich den Rechtsstandpunkt geteilt, den auch die Beklagte eingenommen hat, und zum andern hat selbst das Berufungsgericht die Rechtslage nicht zutreffend beurteilt.

cc) Dass die Kausalität zwischen der Erwirkung der einstweiligen Verfügung und dem behaupteten Schaden nicht deshalb entfällt, weil ein zweites Verfügungsverbot zugunsten eines anderen Gläubigers bestanden hat, wird von der Revision nicht bezweifelt. Insofern ist ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts auch nicht ersichtlich. Nach den Grundsätzen der Doppelkausalität haften mehrere unabhängig voneinander tätig gewordene Schädiger nebeneinander auf den ganzen Schaden (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt , NJW 2004, 2526, 2528).

dd) Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben keine sonstigen Umstände der Abwicklung des Kaufvertrages bis spätestens entgegengestanden. Dagegen erinnert die Revision mit Recht, der Kaufpreis habe nicht ausgereicht, um die Grundschulden abzulösen. An dem genannten Stichtag standen dem Kaufpreis von 365.000 DM grundschuldgesicherte Bankforderungen in Höhe von 365.917,59 DM gegenüber. Außerdem hätte die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen noch die Kosten der "Pfandfreimachung" bezahlen müssen. Wie sie den Fehlbetrag hätte aufbringen können, ist nicht festgestellt.

3. Soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat, kann die Entscheidung mit der bisherigen Begründung ebenfalls nicht bestehen bleiben.

a) Auf den Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO sind die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff BGB anwendbar. Insbesondere ist ein mitwirkendes Verschulden des Vollstreckungsschuldners (hier: Klägerin) zu berücksichtigen (BGHZ 122, 172, 179; , NJW 1978, 2024; v. - IX ZR 23/89, NJW 1990, 2689, 2690).

b) Dass die Klägerin - nachdem der Notar im Juli 1997 auf das angebliche Vollzugshindernis aufmerksam gemacht hatte - nichts unternommen hat, um eine Abwicklung des Kaufvertrages zu erreichen, ist allerdings ohne Belang. Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn die Klägerin den Rechtsirrtum des Notars erkannt hätte und gleichwohl untätig geblieben wäre. Dies macht die Revision nicht geltend.

c) Mit Recht rügt die Revision jedoch, es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Klägerin durch das "in Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommene Zusammenwirken mit ihrem Ehemann eine ganz wesentliche Ursache für die einstweilige Verfügung gesetzt" habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( Ib ZR 141/63, BB 1966, 267; v. , aaO; zustimmend Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 22. Aufl. § 945 Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Heinze, 2. Aufl. § 945 Rn. 14) ist ein Ausschluss oder eine Minderung des Schadensersatzanspruchs aus § 945 ZPO in Betracht zu ziehen, wenn ein schuldhaftes Verhalten des Arrestbeklagten dem Arrestkläger zur Ausbringung des Arrestes Anlass gegeben hatte. Im Falle einer einstweiligen Verfügung gilt Entsprechendes.

Nach den im Vorprozess getroffenen Feststellungen, die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, war das Vorgehen der Klägerin und ihres Ehemannes von dem Bestreben geleitet, die Gläubiger des zuletzt Genannten zu benachteiligen. Nach dem - unwiderlegten - Vorbringen der Beklagten handelte es sich bei dem übertragenen Miteigentumsanteil um das einzige nennenswerte Vermögen des Schuldners. Die zeitliche Nähe der Übertragung zum wirtschaftlichen Zusammenbruch des Schuldners musste Verdacht erwecken. Nur wegen der wertausschöpfenden Belastung des Miteigentumsanteils blieb die Anfechtungsklage erfolglos. Dass ein Gläubiger - für den bei Unsicherheit über den Grundstückswert die wertausschöpfende Belastung nicht von vornherein erkennbar war - seinerseits versuchen würde, die Vermögensverschiebung durch Erwirken einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden, lag nahe. Deshalb hat die Klägerin das Vorgehen der Beklagten in einer den Vorwurf des Mitverschuldens begründenden Weise herausgefordert.

Verstärkt wird das Mitverschulden dadurch, dass die Klägerin gegen das Versäumnisurteil keinen Einspruch eingelegt hat, obwohl der Einspruch - in Ermangelung eines Verfügungsanspruchs - aussichtsreich gewesen wäre (vgl. OLG München NJWE-WettbR 1996, 257, 258; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 3. Aufl. § 945 Rn. 26; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 64. Aufl. § 945 Rn. 23; Musielak/Huber, ZPO 4. Aufl. § 945 Rn. 8; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 945 Rn. 15).

Abgerundet wird das Bild eines erheblichen Mitverschuldens dadurch, dass die Klägerin im Hauptsacheverfahren sehr spät - nämlich erst gegen Ende der zweiten Instanz - zur wertausschöpfenden Belastung vorgetragen hat. Dieser Umstand, der nur der Klägerin bekannt sein konnte, hatte von Anfang an vorgelegen.

d) Nach dem Vorstehenden kann offen bleiben, ob die Klägerin die Möglichkeit gehabt hat, das Verfügungsverbot mangels Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb löschen zu lassen, oder ob dieses Versäumnis ebenfalls als Mitverschulden ins Gewicht fallen kann.

4. Auch hinsichtlich des Schadens ist das Berufungsurteil nicht haltbar.

a) Unbegründet ist allerdings der Einwand, die Klägerin müsse von der Klageforderung auch die Zinsen absetzen, die für einen Teilbetrag von 85.000 DM angefallen wären, wenn der Notar ihn nicht vorübergehend aus der amtlichen Verwahrung herausgegeben hätte. Nach dem Vortrag der Beklagten hat der Notar diesen Teilbetrag an die Finanzierungsbank der Käuferin zurückbezahlt, als die Abwicklung des Kaufvertrages ins Stocken geriet; später hat die Käuferin ihn - ohne Zinsen - wieder auf das Notaranderkonto einbezahlt. In Höhe dieser Zinsen hatte die Klägerin keine Vorteile, die sie bei der Schadensberechnung ausgleichen müsste.

b) Das Berufungsgericht hat als Schaden die Differenz zwischen den Forderungen der Banken per und per angenommen. Damit wird der Einwand der Revision, der Kaufpreis habe nicht ausgereicht, um per die Bankforderungen abzulösen (dazu schon oben unter 2 b dd), auch im Zusammenhang mit dem Schadensumfang erheblich. Die auf den nicht abgedeckten Forderungsteil entfallenden Zinsen kann die Klägerin nicht von der Beklagten beanspruchen.

c) Ferner hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob sich unter den durch die Grundschulden gesicherten Verbindlichkeiten auch solche befunden haben, welche sich nur gegen den Ehemann der Klägerin gerichtet haben. Dass dies unerheblich sei, kann nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts begründet werden, nach der zugrunde liegenden Sicherungsabrede habe zumindest der auf die Klägerin übertragene Miteigentumsanteil des Ehemannes dafür gehaftet. Soweit die Klägerin nicht persönliche Schuldnerin der grundschuldgesicherten Forderungen war, konnte sie durch deren verzögerte Ablösung und das dadurch bedingte Anwachsen der Darlehenszinsen nicht geschädigt werden. Zwar haftete sie über die ihr Eigentum belastenden Grundschulden auch insoweit dinglich. Wegen der den Wert des Eigentums schon bei Beginn des hier interessierenden Zinszeitraums ausschöpfenden Belastung bedeutet diese dingliche Haftung jedoch keinen Schaden.

III.

Die Sache ist somit unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zunächst der Frage nachgehen müssen, ob im Juli 1997 der Kaufvertrag hätte vollzogen werden können, obwohl der Kaufpreis geringer war als die Summe der abzulösenden grundschuldgesicherten Forderungen und der Kosten. Dabei wird es sich auch damit zu befassen haben, ob der Beginn des Schadenszeitraums auf den oder - gemäß dem Vorbringen der Klägerin - früher anzusetzen ist. Weiter wird das Berufungsgericht das Mitverschulden der Klägerin zu gewichten und zu erwägen haben, ob die Haftung der Beklagten ganz oder nur teilweise entfällt. Im zuletzt genannten Fall wird es den Schaden neu zu berechnen haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 2557 Nr. 35
WM 2006 S. 1211 Nr. 25
DAAAC-00220

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja