BGH Beschluss v. - IX ZB 169/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsO § 7; InsO § 36; InsO § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4; ZPO § 572 Abs. 1; ZPO § 577 Abs. 6 Satz 3; ZPO § 793; ZPO § 850i; RPflG § 11 Abs. 1; RPflG § 11 Abs. 2

Instanzenzug: AG Köln 71 IN 25/02 vom LG Köln 19 T 95/04 vom

Gründe

I.

Über das Vermögen des Schuldners, eines Internisten mit eigener Praxis, ist am das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der weitere Beteiligte zu 2 ist zum Verwalter bestellt worden. Die Gläubigerversammlung hat die Schließung der Praxis angeordnet. Den Antrag des Schuldners, ihm die Kosten für den von ihm gleichwohl fortgesetzten Betrieb seiner Praxis in Höhe von monatlich 9.143,67 Euro zu erstatten, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom zurückgewiesen. Dagegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger hat dieses Rechtsmittel als Erinnerung behandelt und die Sache dem zuständigen Abteilungsrichter vorgelegt; dieser hat die "Erinnerung" mit Beschluss vom zurückgewiesen. Die "weitere sofortige Beschwerde" des Schuldners hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

1. Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss findet statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie in dem Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Sie ist auch nicht kraft Gesetzes statthaft. Insbesondere findet § 7 InsO keine Anwendung. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich der Rechtsmittelzug nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet (, WM 2004, 834, 835; v. - IX ZB 104/04, ZIP 2004, 1379; Beschl. v. - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340 f). Das war hier der Fall. Einkünfte, die ein selbstständig tätiger Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt, gehören in vollem Umfange, ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben, zur Insolvenzmasse. Der Schuldner kann jedoch gemäß § 850i ZPO beantragen, dass ihm von seinen durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier Anteil belassen wird (vgl. , WM 2003, 980, 983 f). Die Entscheidung über einen derartigen Antrag ist dem Insolvenzgericht durch die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 InsO gesondert zugewiesen worden.

2. Entgegen der Ansicht des Schuldners ist die Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall auch nicht deshalb ausnahmsweise zulässig, weil die Vorinstanzen die sofortige Beschwerde unzutreffend als Erinnerung behandelt haben. Gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom war zwar gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO die sofortige Beschwerde eröffnet. Der Rechtspfleger hätte die Sache nicht gemäß § 11 Abs. 2 RPflG dem Abteilungsrichter, sondern gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 793, 572 Abs. 1 ZPO dem Landgericht vorlegen müssen. Gleichwohl sind von der Verfassung geschützte Verfahrensgrundrechte des Schuldners - sein Recht auf Zugang zu den Gerichten, auf eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands sowie auf eine verbindliche Entscheidung durch den Richter (vgl. BVerfGE 107, 395, 401 f; 112, 185, 207) - nicht verletzt worden; denn sein Rechtsbehelf ist geprüft und durch den Abteilungsrichter des Amtsgerichts sachlich beschieden worden. Nicht in jeder fehlerhaften Anwendung und Auslegung des Verfahrensrechts liegt bereits ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (z.B. BVerfGE 75, 302, 312 f). Dass gegen die Entscheidung des Rechtspflegers über den Umfang des Insolvenzbeschlags gemäß § 36 InsO kein Rechtsmittel gegeben sei, also nur eine abschließende Entscheidung des Richters nach § 11 Abs. 2 RPflG stattzufinden habe, entsprach zudem bis zur zitierten Entscheidung des (aaO) der nahezu einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Frankfurt a.M. NZI 2000, 531, 533; OLG Köln ZInsO 2000, 499, 501; OLG Köln ZInsO 2000, 603 f; BayObLG ZInsO 2001, 799; OLG Hamburg ZInsO 2001, 807; OLG Stuttgart NZI 2002, 52, 53; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 6 Rn. 10; MünchKomm-InsO/Ganter, § 6 Rn. 64). Ob die Entscheidung des Landgerichts, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, rechtsfehlerfrei ist, bedarf hier keiner Erörterung. Diese Frage hat das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu prüfen (vgl. IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529).

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
UAAAB-99680

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein