Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 554 Abs. 3; ZPO § 554 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 552 Abs. 1 Satz 2; BGB § 242; AGBG § 9
Instanzenzug:
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Wege der Feststellungsklage von der Beklagten eine höhere Zusatzrente.
Die am geborene Klägerin war im öffentlichen Dienst bei einem Dienstherrn beschäftigt, der an der beklagten Versorgungsanstalt beteiligt ist. Sie bezog seit dem von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und von der Beklagten eine Versorgungsrente. Da sie für ihren am geborenen Sohn J. zu Rentenbeginn kein Kindergeld erhielt und zu diesem Zeitpunkt auch keine der sonstigen Alternativen des § 41 Abs. 2c Satz 1 Buchst. a der Satzung der Beklagten in der bis geltenden Fassung (im folgenden: VBLS a.F.) gegeben war, legte die Beklagte im Rahmen der Rentenberechnung zum einen bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts die (für die Klägerin ungünstige) Steuerklasse I/0 zugrunde. Zum anderen berücksichtigte sie von der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegte Zeiten, die nicht zugleich Umlagemonate sind, gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. nur zur Hälfte (Halbanrechnung).
Mit Bescheid vom wurde der Klägerin für ihren Sohn rückwirkend ab Kindergeld gewährt. Darüber wurde die Beklagte erstmals im erstinstanzlichen Verfahren informiert und paßte daraufhin mit Wirkung ab dem - dem Beginn des auf die Mitteilung folgenden Monats - die Versorgungsrente unter Zugrundelegung der Steuerklasse III/0 an.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte müsse der Rentenberechnung bei der Ermittlung des fiktiven Nettogehalts auch für den Zeitraum vom bis die günstigere Steuerklasse III/0 zugrundelegen, und verlangt eine entsprechende Feststellung. Außerdem hält sie in Anlehnung an den (VersR 2000, 835 = NJW 2000, 3341) die Halbanrechnung ihrer sogenannten Vordienstzeiten ab dem für unzulässig und begehrt die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ab diesem Zeitpunkt die vollen, nicht im öffentlichen Dienst zurückgelegten Rentenversicherungszeiten zu berücksichtigen, bis eine neue, die Regelung der Vordienstzeiten ändernde Satzung wirksam werde.
Die Vorinstanzen haben dem auf volle Berücksichtigung der Vordienstzeiten gerichteten Antrag stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen. Während die Klägerin mit ihrer Revision ihren auf die für die Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens maßgebliche Steuerklasse bezogenen Feststellungsantrag weiterverfolgt, zielt die Revision der Beklagten nach wie vor auf die vollständige Abweisung der Klage.
Gründe
Die Revision der Klägerin war als unzulässig zu verwerfen, weil das Berufungsgericht sie nicht zugelassen hat. Demgegenüber hat die Revision der Beklagten Erfolg und führt zur vollen Abweisung der Klage.
1. Die Revision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat die Revision in der Urteilsformel zwar ohne Einschränkung zugelassen. Eine Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung kann sich jedoch auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHZ 153, 358, 360; - BGH-Report 2004, 262 unter II; vom - XII ZR 289/01 - NJW 2003, 1177 unter A; vom - XII ZR 159/98 - WM 2000, 1967 unter 1; vom - VI ZR 272/94 - VersR 1995, 841 unter I 1). Hierfür genügt zwar nicht, daß das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, daß es sie auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen. Eine Zulassungsbeschränkung kann in solchen Fällen vielmehr erst dann angenommen werden, wenn aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit ausreichender Klarheit hervorgeht, daß das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte ( aaO). Ist über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche entschieden und im Rahmen der Darlegung des nur für einen dieser Ansprüche rechtserheblichen Grundes für die Revisionszulassung deutlich zum Ausdruck gebracht, daß das Rechtsmittel nur wegen dieses Teils des Streitgegenstandes zugelassen werden sollte, so ist hierin eine wirksame Beschränkung der Zulassung zu sehen (vgl. hierzu aaO; vom - III ZR 9/92 - NJW 1993, 1799 unter I 2; vom - IVb ZR 19/89 - NJW 1990, 1795 unter II). So liegt der Fall hier.
Das Berufungsgericht hatte über zwei voneinander unabhängige Feststellungsanträge zu entscheiden, die beide sowohl eines Teilurteils als auch - wie die vorliegende Fallgestaltung zeigt - jeweils einer beschränkten Revision der unterlegenen Partei zugänglich sind. Die Begründung der Revisionszulassung im Berufungsurteil befaßt sich ausschließlich mit der Frage der Anrechnung der Vordienstzeiten und erblickt die grundsätzliche Bedeutung der Sache allein darin, daß mit der neuen Satzung der Beklagten die mit der Unwirksamkeit der Regelung über die Halbanrechnung von Vordienstzeiten (§ 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F.) entstandene Lücke nicht geschlossen worden sei und die Tarifparteien die Schließung dieser Lücke einer abschließenden Entscheidung eines Bundesgerichts überlassen hätten.
Für den Feststellungsantrag der Klägerin, der sich auf die Frage der maßgeblichen Steuerklasse bei Ermittlung des fiktiven Nettogehalts bezieht, gelten diese Erwägungen ersichtlich nicht, zumal die mit dem Feststellungsantrag angegriffene Regelung des § 56 VBLS a.F. durch die 40. Satzungsänderung mit Wirkung vom ohnehin aufgehoben worden war und die neue Satzung der Beklagten eine Berücksichtigung von Steuerklassen bei der Rentenberechnung nicht mehr vorsieht. Das Berufungsgericht hat sich deshalb erkennbar nicht veranlasst gesehen, auch der nur in diesem Punkt unterlegenen Klägerin den Zugang zur Revisionsinstanz zu gewähren. Ob objektiv ein Zulassungsgrund bestanden hätte, ist unerheblich und wäre nur im Rahmen einer - hier nicht eingelegten - Nichtzulassungsbeschwerde zu überprüfen gewesen.
Eine - nach neuem Zivilprozeßrecht grundsätzlich mögliche - Umdeutung der nicht zugelassenen Revision in eine zulässige Anschlußrevision (vgl. dazu BGHZ 155, 189, 191 ff.) scheitert im vorliegenden Fall daran, dass die Klägerin die Begründungsfrist des § 554 Abs. 3 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 ZPO versäumt hat. Die Revisionsbegründung der Beklagten ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am zugestellt worden. Die Revisionsbegründung der Klägerin ist erst am , mithin nach Ablauf der Monatsfrist für eine Anschlußerklärung und -begründung, bei Gericht eingegangen.
Die Revision der Klägerin war daher gemäß § 552 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
2. Die Revision der Beklagten
a) Das Berufungsgericht stützt sich auf die zitierte Entscheidung des (aaO) und hält deshalb die in § 42 Abs. 2 VBLS a.F. vorgesehene Halbanrechnung von Vordienstzeiten als eine der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegende Bestimmung im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen gemäß §§ 242 BGB, 9 AGBG für unwirksam. Infolge der sich daraus ergebenden Regelungslücke sei die Beklagte aufgrund einer vom Berufungsgericht vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet, die Vordienstzeiten bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit in vollem Umfang zu berücksichtigen, solange sie auch die vollen Ansprüche aus der gesetzlichen Rente auf die zu zahlende Versorgungsrente anrechne.
b) Das beanstandet die Revision der Beklagten zu Recht. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, daß ihre Vordienstzeiten bei der Berechnung der Versorgungsrente voll angerechnet werden, vielmehr verbleibt es für sie bei der Halbanrechnung.
Soweit sich das Berufungsgericht auf den stützt, hat der Senat in seinem Urteil vom (IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 c und d) bereits entschieden, daß die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts nicht diejenigen Rentnergenerationen betreffen, die bereits vor dem Rentenempfänger geworden sind. Auch für die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, die seit 1997 Rente bezieht, ist nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts im Ergebnis davon auszugehen, daß verfassungsrechtlich etwa bedenkliche Folgen einer Halbanrechnung noch im Rahmen einer bei der Regelung einer komplizierten Materie zulässigen Generalisierung bleiben und deshalb hinzunehmen sind.
Dabei verkennt der Senat nicht, daß die Klägerin infolge Erwerbsunfähigkeit vorzeitig rentenberechtigt geworden ist und das Rentenalter ohne die Erwerbsunfähigkeit erst nach dem oben genannten Stichtag erreicht hätte. Das führt im Ergebnis aber nicht zu einem Anspruch auf volle Anrechnung ihrer Vordienstzeiten im Rahmen der Rentenberechnung.
c) Ob den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ungleichbehandlung der von der Halbanrechnung betroffenen Versichertengruppe trotz der Kritik der Beklagten in jedem Punkt zu folgen ist (vgl. auch Hebler, ZTR 2000, 337 ff.), kann der Senat auch im vorliegenden Fall weiterhin offen lassen. Denn die Beklagte hat ihre Satzung am mit Wirkung ab grundlegend geändert (§ 86 VBLS n.F., BAnz 2003 Nr. 1). Das bisherige Gesamtversorgungssystem ist mit Ablauf des geschlossen worden, wie es bereits in Satz 2 der Präambel des Tarifvertrags Altersversorgung vom (GMBl. 2002, 371 ff.) vorgesehen war. Nach der Neuregelung kommt es auf Vordienstzeiten überhaupt nicht mehr an; vielmehr wird eine Betriebsrente auf der Grundlage von Versorgungspunkten gezahlt, für die das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, eine soziale Komponente und Bonuspunkte maßgebend sind (§§ 35 ff. VBLS n.F.). Diese Betriebsrente wird vom Jahr 2002 an jährlich um 1% erhöht (§ 39 VBLS n.F.). Mithin ist den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls ausreichend Rechnung getragen (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 e; Senatsurteil vom - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter II 2 c cc; Senatsurteil vom - IV ZR 52/02 - VersR 2004, 499 unter 3).
d) Damit ist die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes für die Rentnergeneration, der die Klägerin angehört, der Höhe nach generell auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt worden, das aber den an die Beklagte geleisteten Umlagen der an ihr beteiligten Arbeitgeber entspricht. Allein dadurch wird Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt. Zum eigentumsgeschützten Kern eines Rentenanspruchs oder einer Rentenanwartschaft gehört weder eine bestimmte Leistungshöhe oder -art noch eine bestimmte Festsetzung des Leistungsbeginns; nur die auf Beitragsleistungen gründenden Elemente oder Faktoren der Anspruchskonstituierung sind in den Eigentumsschutz einbezogen (Senatsurteil vom aaO unter II 1 d a.E.). Daß die neue Satzung der Beklagten mit ihrem niedrigeren Rentenniveau in diesen geschützten Kernbereich eingegriffen hätte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Wäre sie erst mit Erreichen der Altersgrenze rentenberechtigt geworden, wäre ihre Versorgungsrente deshalb nach der vorgenannten neuen Satzung der Beklagten zu berechnen gewesen.
Renten, die - wie im Falle der Klägerin - nach der bis zum geltenden Satzung berechnet waren, führten demgegenüber zu höheren Leistungen der Beklagten. Mit Rücksicht darauf ist in § 75 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 der neuen Satzung vorgesehen, daß die sich bis zum ergebenden Versorgungsrenten grundsätzlich noch nach der alten Satzung zu berechnen und als Besitzstandsrenten weiterzuzahlen sind, die entsprechend § 39 VBLS n.F. dynamisiert werden. Dazu heißt es in einer dem Tarifvertrag vom beigefügten Anlage 1 zum Altersvorsorgeplan 2001 (GMBl. 2002, 387) sinngemäß, für das Jahr 2001 sei aus verwaltungstechnischen Gründen eine Einführungsphase für das neue System vorgesehen, in der sich die Anwartschaften technisch nach den Berechnungsmethoden des alten Systems fortentwickeln; diese Regelung liege noch in der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, weil sie eine für die Betroffenen günstige Übergangsregelung schaffe.
Diese hält nicht etwa das alte System für die bis zum Ende des Jahres 2001 Rentenberechtigten aufrecht. Vielmehr ist die vom Bundesverfassungsgericht gerügte Ungleichbehandlung durch die Neuregelung mit Wirkung ab entfallen. Versicherten, die bis einschließlich rentenberechtigt geworden sind, hat die Beklagte lediglich im Rahmen einer (gemäß §§ 75-77 VBLS n.F.) zeitlich begrenzten Übergangsregelung die Vorteile belassen, die sich für diesen Personenkreis aus dem am geschlossenen Gesamtversorgungssystem im Vergleich zur der seit geltenden Neuregelung ergaben, und diese Rentenberechtigten zusätzlich an der neu eingeführten Dynamisierung beteiligt. Die Tarifvertragsparteien haben also auch nicht die Grundsatzfrage, ob Vordienstzeiten zur Hälfte oder ganz in die gesamtversorgungsfähige Zeit einzurechnen sind, für die Zeit nach dem einer Entscheidung durch ein Bundesgericht überlassen, sondern diese Frage wie dargestellt auch für die Übergangszeit bis zur Anwendung der neuen Satzung selbst geregelt.
e) Die Übergangsregelung ist auch für die Rente maßgebend, die die Klägerin bezieht. Damit wird sie gegenüber Versicherten aus ihrer Rentnergeneration, deren Rente sich nach der ab geltenden Neufassung der VBLS richtet, nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Daß die Klägerin trotz der dynamisierten Besitzstandsrente, die sie nach § 75 Abs. 2 VBLS n.F. zu beanspruchen hat, wirtschaftlich im Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Rente nach neuem Satzungsrecht ohne Rücksicht auf Vordienstzeiten berechnet wird, ist weder dargetan noch ersichtlich. Im Hinblick darauf stehen Rentenempfängern wie der Klägerin über die Wahrung ihres Besitzstandes hinaus keine weitergehenden Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.
Fundstelle(n):
LAAAB-98980
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein