Leitsatz
[1] Ist für eine Streitigkeit (hier: Einwendungen gegen die Kostenberechnung des Notars) nicht die vom Kläger angerufene ordentliche streitige Gerichtsbarkeit, sondern die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig, so hat das angerufene Prozeßgericht die Sache von Amts wegen an das zuständige Gericht zu verweisen. Haben die Instanzgerichte statt dessen die Klage als unzulässig abgewiesen, so nimmt das Revisionsgericht - auch ohne entsprechende Verfahrensrüge - die Verweisung durch Urteil vor.
Gesetze: GVG § 17 a Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug:
Tatbestand
Die Klägerin schloß am mit der J. GmbH & Co. KG (im folgenden: Vermieterin) einen Mietvertrag über ein Geschäftsgrundstück in B. . In dem Vertrag verpflichtete sich die Vermieterin, zugunsten der Klägerin eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit an dem Mietgegenstand nach Maßgabe eines dem Vertrag beigefügten Mustertextes zu bestellen und die Eintragung der Dienstbarkeit "auf Kosten des Mieters" zu besorgen. Im Auftrag der Vermieterin beglaubigte der beklagte Notar am die Namensunterschriften der Vertreter der Vermieterin unter der Dienstbarkeitsbestellungsurkunde (UR-Nr. A 21/2001). Seine Kostenrechnung vom , in der - unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 123.308.000 DM - eine "Entwurfs-/Beglaubigungsgebühr" von 26.107,50 DM angesetzt wird und die sich auf insgesamt (einschließlich Mehrwertsteuer) 30.311,38 DM beläuft, stellte der Beklagte zunächst auf die Vermieterin aus und übersandte sie dieser. Die Vermieterin gab ihm mit Schreiben vom die Rechnung zurück, verwies auf die vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Kostentragung und bat um Rechnungslegung gegenüber der Klägerin, wobei sie eine Kopie dieses Schreibens an die Klägerin zu Händen ihres Rechtsanwalts schickte.
Der Beklagte erstellte daraufhin eine gleichlautende Kostenberechnung auf die Klägerin und sandte diese Rechung mit Schreiben vom an den Rechtsanwalt der Klägerin mit der Bitte um Weiterleitung an diese. Der Rechtsanwalt der Klägerin beanstandete in einem an die Vermieterin gerichteten - dem Beklagten in Kopie übersandten - Schreiben vom den Ansatz einer Entwurfsgebühr und fügte hinzu, er könne der Klägerin nicht empfehlen, die Kostenrechnung zu begleichen. Mit Schreiben vom bat die Buchhaltung der Klägerin, die offenbar die Rechnung von Februar 2001 nicht erhalten hatte, um Erstellung einer an die Klägerin gerichteten Rechnung. Daraufhin erteilte der Beklagte der Klägerin eine weitere, auf den datierte, auf Euro (15.497,96 €) umgestellte Rechnung. Im September 2002 leistete die Klägerin hierauf eine Abschlagszahlung in Höhe von 5.000 €.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung. Sie macht geltend, der Ansatz einer Entwurfsgebühr sei nicht berechtigt, überhaupt sei die Klägerin im Verhältnis zum Notar nicht Kostenschuldnerin.
Amtsgericht und Landgericht haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.
Gründe
Die - zulässige, nicht durch § 17a Abs. 5 GVG gehinderte (vgl. BGHZ 121, 367, 370 ff; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 17a GVG Rn. 18 m.w.N.) - Revision führt zur Verweisung der Sache an das zuständige Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 156 KostO).
1. Die Vorinstanzen haben mit Recht den von der Klägerin mit der Klage beschrittenen Weg zur ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit als unzulässig angesehen. Der gegen den beklagten Notar geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung gezahlter Notarkosten kann nicht in einem Zivilprozeß verfolgt werden, sondern nur mit der für "Einwendungen gegen die Kostenberechnung" vorgesehenen Beschwerde im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 156 KostO; vgl. auch § 157 Abs. 1 Satz 1 KostO; - MDR 1961, 395, - VI ZR 39/65 - NJW 1967, 931, 933 und vom - IX ZR 175/86 - NJW 1988, 563 f; Hartmann, Kostengesetze 34. Aufl. § 156 KostO Rn. 3, 5, 6 ff; Bengel/Tiedke, in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO 15. Aufl. § 156 Rn. 6; Rohs, in Rohs/Wedewer, KostO 2. Aufl. [August 2004] § 156 Rn. 17, 17a).
a) Das Berufungsgericht meint, der Weg, Einwendungen gegen die Kostenberechnung des Beklagten im Verfahren nach §§ 156 ff KostO geltend zu machen, stehe der Klägerin deshalb offen, weil sie Kostenschuldnerin des Beklagten nach § 3 Nr. 2 KostO sei. Nach dieser Vorschrift ist Kostenschuldner des Notars (auch) derjenige, der die Kosten durch eine vor dem Notar abgegebene oder diesem "mitgeteilte" Erklärung übernommen hat (vgl. SchlHOLG JurBüro 1982, 894 f; BayObLG DNotZ 1985, 563 f). Allein die Verpflichtung in einem Vertrag, (Notar-)Kosten zu übernehmen, wirkt allerdings, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, nur zwischen den Vertragspartnern (Hartmann aaO § 3 KostO Rn. 5 m.w.N.). Das Berufungsgericht nimmt indes im Ansatz mit Recht an, daß eine Kostenübernahmeerklärung im Sinne des § 3 Nr. 2 KostO auch in der Weise erfolgen könnte, daß der Vertrag, in dem ein Teil - zunächst im Innenverhältnis - die notariellen Kosten übernimmt, mit dem Wissen und Wollen dieses Vertragspartners dem Notar mitgeteilt wird (Hartmann aaO § 3 KostO Rn. 4).
aa) Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Begründung des Berufungsgerichts für die Annahme, ein solcher Tatbestand liege hier vor, trägt. Das Berufungsgericht führt hierzu aus, die Klägerin habe ihre Zustimmung - gemeint ist: zu dem Hinweis der Vermieterin gegenüber dem Notar auf die Kostenübernahmeverpflichtung der Klägerin im Mietvertrag - dadurch zum Ausdruck gebracht, "daß sie der alsbald an sie gerichteten Kostenrechnung nur wegen eines Gebührentatbestandes widersprochen hat, ohne sich darauf zu berufen, daß sie selbst nicht Kostenschuldnerin sei und deshalb überhaupt nicht in Anspruch genommen werden könne".
bb) Zwar sind an den Inhalt der Kostenübernahmeerklärung keine zu hohen Anforderungen zu stellen, sie muß aber mit Deutlichkeit hervorheben, daß die Übernahme gegenüber dem Notar gewollt ist (BayObLG aaO; BayObLG MittBayNot 1994, 467, 468; Waldner, in Rohs/Wedewer aaO [Sept. 2000] § 3 Rn. 12)
Vorliegend dürfte es, wie der Revision zuzugeben ist, im Zusammenhang mit dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom , das an die Vermieterin gerichtet und dem Beklagten zur Kenntnisnahme übersandt worden war, an einer (positiven) Erklärung der Klägerin bzw. ihres Rechtsanwalts in Richtung Notar fehlen, durch die - etwa im Sinne eines "Anerkenntnisses dem Grunde nach" - die Verpflichtung, gegenüber dem Notar eine Zahlungspflicht eingehen zu wollen, zum Ausdruck kam.
Eine andere - vom Berufungsgericht aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüfte - Frage ist die, ob die Klägerin durch ihr Gesamtverhalten, einschließlich der weiteren Vorgänge im August und September 2002, die Kostentragungspflicht gegenüber dem Beklagten übernommen hat.
Das kann letztlich offenbleiben.
b) Denn die Beschwerdebefugnis (§ 20 Abs. 1 FGG) der Klägerin für eine gegen die Kostenberechnung des Beklagten gerichtete Beschwerde im Sinne des § 156 Abs. 1 KostO folgt schon daraus, daß der Beklagte eine an die Klägerin gerichtete Kostenberechnung erstellt, die Klägerin hieraus in Anspruch genommen hat und auch im gerichtlichen Verfahren die Klägerin nach wie vor als seine Kostenschuldnerin ansieht (vgl. Hartmann aaO § 156 KostO Rn. 15; Bengel/Tiedke aaO § 156 Rn. 9, 13). Damit ist genau die Situation gegeben, für die das Gesetz die (ausschließliche) funktionelle Zuständigkeit des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Beschwerdeinstanz zur Überprüfung der Kostenberechnung des Notars vorsieht; in diesem Verfahren ist unter anderem zu klären, ob der Beklagte die Klägerin zu Recht als Kostenschuldnerin herangezogen hat. Soweit gemeinhin gesagt wird, wer nicht Kostenschuldner sei, sei nicht beschwerdeberechtigt (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1990, 40), betrifft dies die Beschwerdeeinlegung durch Dritte.
2. Die Vorinstanzen hätten jedoch, statt die Klage als unzulässig zu verwerfen, die Streitigkeit entsprechend § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG von Amts wegen an das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, das zur Entscheidung über die Notarbeschwerde nach § 156 KostO zuständig ist, verweisen müssen.
a) Die §§ 17 bis 17b GVG sind im Verhältnis der streitigen ordentlichen Gerichtsbarkeit zur freiwilligen Gerichtsbarkeit - jedenfalls soweit es sich, wie hier, um echte Streitsachen handelt - entsprechend anwendbar (vgl. Senatsbeschluß vom - III ZB 48/00 - NJW 2001, 2181; Kissel/Mayer, GVG 4. Aufl. § 17 Rn. 55 f m.w.N.).
b) Den betreffenden Mangel im Verfahren der Instanzgerichte muß der Senat im Revisionsverfahren auch ohne Rüge der Revision berücksichtigen (vgl. § 557 Abs. 3; siehe Zöller/Gummer aaO § 557 Rn. 8 m.w.N.). Eine Klageabweisung als unzulässig mangels Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist nämlich seit der Neufassung der Vorschriften über die Rechtswegverweisung durch das Vierte Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom (BGBl. I S. 2809) nicht mehr vorgesehen ( - LM DDR-ZGB § 66 Nr. 1; vgl. Begründung zu §§ 17 und 17a GVG, BT-Drucks. 11/7030 S. 37; Kissel/Mayer aaO Rn. 35) und von der Rechtsprechung nur in einzelnen Ausnahmefällen als möglich anerkannt worden (vgl. - NJW 1993, 332 ; Musielak/ Wittschier ZPO 4. Aufl. § 17a GVG Rn. 5 m.w.N.).
c) Die gebotene Verweisungsentscheidung hat der Senat selbst zu treffen. Hat ein oberster Gerichtshof des Bundes - wie hier - auf das gegen eine inhaltlich unrichtige (hier: die Klage als unzulässig abweisende) Instanzentscheidung eingelegte Rechtsmittel über die Rechtswegfrage zu entscheiden, so folgt daraus die Kompetenz auch zur Verweisung an das Gericht des zulässigen Rechtsweges (BSG NVwZ-RR 2000, 648). Die Entscheidung ergeht, da mit der Verweisung zugleich die angefochtenen Prozeßurteile aufgehoben werden und die Aufhebung eines Urteils wiederum grundsätzlich in Urteilsform geschieht, in Form eines Urteils (vgl. BSG aaO; Senatsbeschluß vom - III ZB 25/97 - NJW 1998, 2745). Die Entscheidung des - NJW 1998, 2057, 2058), in der nicht beanstandet wurde, daß das Berufungsgericht ein erstinstanzliches Urteil in Beschlußform aufgehoben und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen hatte, steht nicht entgegen. Es handelte sich dort um die (erstmalige) Entscheidung eines Oberlandesgerichts im Vorabverfahren gemäß § 17a Abs. 2 bis 4 GVG. Um eine solche Vorabentscheidung geht es hier nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAB-98603
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja