BGH Urteil v. - II ZR 129/04

Leitsatz

[1] Die nach Eintragung der GmbH in das Handelsregister eingreifende Unterbilanzhaftung ist auch dann als reine Innenhaftung ausgestaltet, wenn die GmbH vermögenslos ist oder nur einen Gesellschafter hat.

Gesetze: GmbHG § 11; GmbHG § 13

Instanzenzug: OLG Zweibrücken 7 U 13/03 vom LG Landau in der Pfalz 2 O 297/02 vom

Tatbestand

Die Beklagte zu 1 errichtete durch notarielle Urkunde vom als deren Alleingesellschafterin die Beklagte zu 2, ein in der Rechtsform einer GmbH geführtes Bauunternehmen. Am schloss der Kläger mit der - als GmbH in Gründung bezeichneten - Beklagten zu 2 einen Generalunternehmervertrag über die Erstellung eines Mehrfamilienhauses und einer landwirtschaftlichen Gerätehalle. Das von der Beklagten zu 2, die am in das Handelsregister eingetragen wurde, Ende Mai 2000 begonnene Bauwerk ist mit verschiedenen - ihrer Ursache nach streitigen - Mängeln behaftet. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 2 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts W. vom mangels Masse abgelehnt.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 62.417,47 € in Anspruch. Das Landgericht hat durch Teilurteil die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Beklagten zu 1.

Gründe

Die Revision der Beklagten zu 1 hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

I. Das Oberlandesgericht hat gemeint, der Anspruch gegen die Beklagte zu 1 sei unter dem Gesichtspunkt der Unterbilanzhaftung begründet. Sie sei in dem hier vorliegenden Fall einer vermögenslosen Einpersonengesellschaft nicht als Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft, sondern als Außenhaftung gestaltet.

II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend unterwirft das Berufungsgericht die Beklagte zu 1 nach Eintragung der Beklagten zu 2 in das Handelsregister der Unterbilanzhaftung, die - wie es richtig sieht - nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 134, 333, 339 m.w.Nachw.) als Innenhaftung gestaltet ist. Verfehlt ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, bei einer GmbH, die vermögenslos ist oder nur einen Gesellschafter besitzt, könnten die Gläubiger die Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen. Zu Unrecht glaubt das Berufungsgericht, es könne die von dem Senat bei der Entwicklung der Verlustdeckungshaftung anerkannte Durchbrechung des Innenhaftungsprinzips (vgl. BGHZ 134, 333, 341) auch auf die Unterbilanzhaftung übertragen. Es verkennt dabei, dass sich beide Haftungsinstrumente, auch wenn sie von dem Senat als Erscheinungsformen einer einheitlichen Gründerhaftung bezeichnet worden sind, grundlegend dadurch unterscheiden, dass mit der Eintragung die GmbH als solche und damit ein von seinem Gesellschafter zu trennender Vermögensträger entstanden ist. Dieses gerade in der Insolvenz der Gesellschaft wirksam werdende Trennungsprinzip (§ 13 Abs. 2 GmbHG) darf nicht dadurch durchbrochen werden, dass dem Gesellschaftsgläubiger der unmittelbare Zugriff - und sei es auch nur in Höhe einer auszugleichenden Unterbilanz - gestattet wird. Ebenso wenig rechtfertigt die Tatsache, dass die Gesellschaft nur einen Gesellschafter besitzt, dessen unmittelbare Inanspruchnahme. Denn für die eingetragene GmbH gilt nach § 1 GmbHG das sonst für die GmbH anwendbare Haftungsregime auch dann, wenn nur ein Gesellschafter vorhanden ist (vgl. auch Art. 2 der 12. Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts vom , ABl. EG Nr. L 395, S. 40 = EuZW 1990, 57). Dementsprechend ist der Kläger als Gläubiger der Gesellschaft darauf verwiesen, im Wege der Forderungspfändung den Anspruch der Beklagten zu 2 gegen die Beklagte zu 1 aus der Unterbilanzhaftung geltend machen bzw. einen Antrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens gegen die Beklagte zu 2 zu stellen (vgl. , NZG 2005, 278).

2. Es kommt danach nicht darauf an, dass auch auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts der Erlass eines Teilgrundurteils gegen die Beklagte zu 1 rechtsfehlerhaft war. Wegen der im ersten Rechtszug gegen die Beklagte zu 2 anhängigen Klage könnte die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht ausgeschlossen werden (, NJW 1999, 1035 m.w.Nachw.).

Fundstelle(n):
BB 2005 S. 2773 Nr. 51
DB 2005 S. 2809 Nr. 51
DNotZ 2006 S. 215 Nr. 3
DStR 2005 S. 2197 Nr. 51
DStZ 2006 S. 55 Nr. 1
GmbH-StB 2006 S. 6 Nr. 1
GmbHR 2006 S. 88 Nr. 2
NJW-RR 2006 S. 254 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 9/2006 S. 657
SJ 2006 S. 39 Nr. 4
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2006 S. 288
WM 2005 S. 2396 Nr. 50
WPg 2006 S. 102 Nr. 3
ZIP 2005 S. 2257 Nr. 50
QAAAB-97723

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja