Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs.; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2; BRAGO § 28
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin ist ein in Düsseldorf ansässiges Versicherungsunternehmen; die Bearbeitung von Regreßansprüchen findet in einer Zweigstelle in Hamburg statt. Sie hat die Beklagte aus zum Teil von ihrer Versicherungsnehmerin übergegangenem und zum Teil von einem Mitversicherer abgetretenem Recht vor dem Amtsgericht Esslingen auf Ersatz von Schäden an Waren ihrer Versicherungsnehmerin, die bei der Beklagten eingelagert waren, in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und der Beklagten dementsprechend auch die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin beantragt, neben den von ihr verauslagten Gerichtskosten und den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in Hamburg angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts in Höhe von 733,70 € festzusetzen. Das Amtsgericht hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen, weil von der Klägerin als einem größeren Unternehmen im Rahmen einer sparsamen Prozeßführung verlangt werden könne, einen Anwalt am Ort des Prozeßgerichts selbst schriftlich zu beauftragen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht lediglich zusätzlich eine Ratsgebühr in Höhe von 85,26 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, bereits bei der Beauftragung des Prozeßbevollmächtigten habe festgestanden, daß ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sein werde. Denn der Regreßprozeß weise die Besonderheit auf, daß die Klägerin die Umstände des schädigenden Ereignisses im Rahmen der Anspruchsanmeldung von ihrer Versicherungsnehmerin mitgeteilt bekommen habe. Die Klägerin trage damit die notwendigen Informationen schon vorab bei der Prüfung ihrer eigenen Haftung aus dem Versicherungsverhältnis zusammen. Insoweit handele es sich um einen in ihrem Geschäftsbetrieb typischerweise auftretenden Vorgang. Dessen Ergebnis lasse sich dann auch schriftlich bzw. ergänzend fernmündlich an einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten weitergeben. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb hier ausnahmsweise doch Bedarf für eine persönliche mündliche Information des Prozeßbevollmächtigten zum Schadenshergang bestanden habe. Etwas anderes gelte nur hinsichtlich der Frage des Gerichtsstands, die im Regulierungsverhältnis keine Rolle spiele. Diese Frage lasse sich aber vorab durch die Einholung des Rates eines Rechtsanwalts klären. Aus diesem Grund seien die vom Amtsgericht festgesetzten Kosten um den Betrag einer Ratsgebühr in Höhe von 85,26 € zu erhöhen.
Hiergegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der diese ihren Kostenfestsetzungsantrag in dem Umfang weiterverfolgt, in dem er vor dem Landgericht keinen Erfolg hatte.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts (§ 53 BRAGO) entstanden sind, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. - VI ZB 41/03, RPfleger 2004, 182 = NZV 2004, 180). Kosten eines Unterbevollmächtigten sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne dieser Vorschrift, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden und als solche erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898, 899). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (BGH NJW 2003, 898, 901; Beschl. v. - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. - I ZB 18/03, WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV). Ein solches Mandantengespräch kann entbehrlich sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.).
2. Im Streitfall verfügt die Klägerin unstreitig nicht über eine eigene Rechtsabteilung.
Der Bundesgerichtshof hat nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts auch dann regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO anzusehen ist, wenn ein Haftpflichtversicherer Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (BGH RPfleger 2004, 182 f.). Dies folgt daraus, daß es im Rahmen der Kostenerstattung auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält (BGH RPfleger 2004, 182). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (, Umdr. S. 5 - Unterbevollmächtigter).
Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch kann aber auch dann entbehrlich gewesen sein, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet worden ist, die in der Lage waren, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Davon kann auszugehen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befaßten Mitarbeitern um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist (vgl. , Umdr. S. 5 - Unterbevollmächtigter).
3. Nach dem bisher festgestellten Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, daß schon im Zeitpunkt der Beauftragung der Hauptbevollmächtigten feststand, daß ein eingehendes Mandantengespräch entbehrlich sein werde. Abweichend von der Ansicht des Beschwerdegerichts kann dies nicht bereits aus dem Umstand geschlossen werden, daß es hier um die Führung eines Regreßprozesses ging. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit zutreffend geltend, daß die Einstandspflicht eines Versicherers nicht von denselben Voraussetzungen abhängt wie sein Regreßanspruch gegenüber dem Schädiger. Einem Versicherungsnehmer ist für einen nachgewiesenen Schaden nach Maßgabe des Versicherungsvertrages Ersatz zu leisten. Für die Führung eines Regreßanspruches sind demgegenüber neben der Feststellung des Schadenseintritts weitere Voraussetzungen zu prüfen wie die Frage, ob den Schädiger ein Verschulden am Schadenseintritt trifft, ob er eine Haftungsbeschränkung geltend machen oder sich etwa auf Verjährung berufen kann.
4. Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die noch erforderlichen Feststellungen trifft.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAB-96594
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein