Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Instanzenzug: LG Frankenthal vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision insoweit, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere (§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) verneint hat. Der Angeklagte greift das Urteil mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, insgesamt an. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Jahre 1988 in einer Kaserne in S. stationiert. Als er am Morgen des in Bundeswehruniform, auf der sein Namensschild aufgenäht war, mit seinem privaten Pkw eine Landstraße befuhr, bemerkte er in der Ferne auf dem rechts parallel zur Straße verlaufenden Wirtschaftsweg die 16jährige Schülerin Annette K. , die ihm mit ihrem Fahrrad entgegenkam. Er entschloss sich, die junge Frau zu überfallen und sich in ihrer Gegenwart sexuell zu befriedigen. Er hielt sein Fahrzeug an, stieß die Schülerin vom Fahrrad, verfolgte sie in ein Kornfeld, unterband ihre Abwehrversuche, zog ihr Hose und Slip herunter, kniete sich zwischen ihre gewaltsam gespreizten Beine und onanierte bis zum Samenerguss, wobei das Ejakulat auf die Joggingjacke der sich wehrenden Geschädigten tropfte. Weil er befürchtete, dass das Schreien des Mädchens andere alarmieren könnte und er verhindern wollte, anhand einer von der Geschädigten abgegebenen Täterbeschreibung - insbesondere wegen seiner Uniform und des daran befindlichen Namensschildes - identifiziert zu werden, entschloss er sich, Annette K. zu töten. Er würgte sie und tötete die Schülerin schließlich mit seinem Bundeswehr-Klappmesser, das er in seiner Uniform mit sich führte. Sodann floh er.
Der Angeklagte wurde erst im Jahre 2004 auf Grund eines DNA-Gutachtens als Täter ermittelt. Nach seiner Festnahme am legte er sowohl bei der Polizei als auch bei der Ermittlungsrichterin ein Geständnis ab. In der Hauptverhandlung hat er die Geständnisse widerrufen.
Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Im Jahre 1990 wurde gegen ihn wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung eine zwischenzeitlich erledigte Geldstrafe verhängt. 1993 wurde er wegen in den Jahren 1991/1992 begangenen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt; im selben Jahr wurde gegen ihn außerdem wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr auf eine weitere Freiheitsstrafe mit Bewährung erkannt. Beide Strafen wurden - in den Jahren 1995/1996 - erlassen.
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verdeckungsmordes (§ 211 Abs. 2 letzte Alt. StGB) zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten vermochte es aus folgenden Gründen nicht festzustellen:
Es lägen keine Umstände von erheblichem Gewicht im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB vor, die einer Strafrestaussetzung nach Verbüßung von 15 Jahren Freiheitsstrafe von vornherein entgegenstünden. Zwar liege dem Verdeckungsmord eine schwerwiegende Anlasstat, nämlich eine sexuelle Nötigung, zugrunde; zu berücksichtigen sei aber, dass die Ermittlungs- und Verfahrensdauer mit 17 Jahren ungewöhnlich lang gewesen sei, dass hinsichtlich der Anlasstat bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten sei, dass das - nach der Tat - im Jahre 1993 abgeurteilte Sexualdelikt nicht zu Lasten des Angeklagten in die Schuldabwägung einzubeziehen sei und der Angeklagte nur ein Mordmerkmal verwirklicht habe. Auch der in der Tat zum Ausdruck gekommene "Vernichtungswille" könne nicht zum Nachteil des Angeklagten Berücksichtigung finden, weil die der Geschädigten beigebrachten Verletzungen unmittelbar auf eine rasche und sichere Tötung abgezielt und - ohne erhebliche Qualen zu verursachen - binnen kürzester Frist zu deren Tod geführt hätten. Ohne schuldsteigernde Wirkung sei auch, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung seine zuvor abgelegten Geständnisse widerrufen habe, weil es sich insoweit um ein zulässiges Verteidigungsverhalten gehandelt habe. In diesem Zusammenhang könnten auch die Beweisanträge des Angeklagten, die auf eine Untermauerung seiner Behauptung abgezielt hätten, Annette K. habe sich ihm freiwillig hingegeben und auch im Übrigen Männerbekanntschaften unterhalten, sowie sein scheinbar emotional unbeteiligtes Auftreten in der Hauptverhandlung nicht schulderhöhend gewertet werden.
II.
Revision der Staatsanwaltschaft
Die - vom Generalbundesanwalt vertretene - zulässig (vgl. BGHSt 41, 57) auf die Ablehnung der Schuldschwerefeststellung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Die Verneinung der besonderen Schuldschwere ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, obliegt dem Tatrichter. Er hat unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB abzuwägen; dem Revisionsgericht ist insoweit eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat die tatrichterliche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227; BGH NStZ 2005, 88; - und vom - 1 StR 159/05).
Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs weist die tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat die wesentlichen erschwerenden und mildernden Umstände der Tat, die der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrunde liegen, in seine Gesamtwürdigung einbezogen, wenn auch - was der Revision zuzugeben ist - einzelne Formulierungen im Urteil die Besorgnis begründen könnten, dass es seiner Entscheidung nicht den richtigen Maßstab zugrunde gelegt hat; davon bliebe aber - selbst wenn dies der Fall wäre - das Ergebnis der Abwägung unberührt (vgl. BGHSt 41, 57, 63): Die schuldrelevanten Umstände des abgeurteilten Geschehens sind einerseits dadurch geprägt, dass die dem Verdeckungsmord zugrunde liegende Anlasstat (sexueller Übergriff auf offener Straße auf eine zufällig vorbeikommende junge Frau) schwerwiegend war, dass andererseits aber seit der Tat mehr als 17 Jahre vergangen sind. Beide Gesichtspunkte hat das Landgericht gesehen und - mit weiteren Umständen - erörtert und gegeneinander abgewogen. Hinzu kommt - mildernd -, was das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte nach seiner Festnahme sofort geständig war und sich die Beweiswürdigung maßgeblich auf die Geständnisse stützt, auch wenn der Angeklagte sie später widerrufen hat.
Soweit die Staatsanwaltschaft ihre eigenen Schuldschwereerwägungen an die Stelle derer des Tatgerichts setzt, kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden.
III.
Revision des Angeklagten
1. Die Verfahrensrügen haben - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat - keinen Erfolg. Ergänzend ist lediglich zu bemerken, dass die Verfahrensrüge Nr. 6 (Ablehnung des Antrags auf DNA-Abgleich des sichergestellten Haares mit dem DNA-Muster des Angeklagten) nicht nur unbegründet, sondern auch unzulässig erhoben ist, weil das Gutachten des Bundeskriminalamts vom (Bd. III Bl. 737 ff. d.A.) nicht mitgeteilt wurde.
2. Im Hinblick auf die Sachrüge hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch insoweit verweist der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom .
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAB-95657
1Nachschlagewerk: nein