BAG Urteil v. - 7 AZR 600/00

Leitsatz

[1] Nach Ablauf eines wirksam befristeten Arbeitsvertrags besteht, sofern nicht tarifvertraglich oder einzelvertraglich etwas anderes vereinbart ist, grundsätzlich kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung.

Gesetze: BGB § 620

Instanzenzug: ArbG Hannover 11 Ca 493/99 Ö LAG Niedersachsen 5 Sa 289/00

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am geendet hat. Hilfsweise begehrt der Kläger die Wiedereinstellung.

Der 1952 geborene Kläger war beim beklagten Land als studentische Hilfskraft in der Universität Hannover vom bis zum in der Bibliothek sowie vom bis zum in der Studienberatung tätig. Ab war er auf Grund sechs befristeter Arbeitsverträge als Studienberater zunächst in Vollzeit sowie ab 1993 in Teilzeit beschäftigt. Der letzte, am geschlossene Arbeitsvertrag war für die Zeit vom bis befristet. Der Kläger vertrat während seiner gesamten Tätigkeit als Studienberater die planmäßige Stelleninhaberin Frau B. Diese gehörte seit Jahren dem Personalrat und dem Gesamtpersonalrat an. Sie war ab 1984 vollständig sowie ab 1993 zur Hälfte ihrer Arbeitszeit von der Arbeit freigestellt. Die Dauer der Befristungen und die mit dem Kläger vereinbarte Arbeitszeit orientierten sich an den Amtsperioden des Personalrats und am Umfang der Freistellung der Frau B. Im Frühjahr 2000 wurde Frau B erneut in den Personalrat gewählt und freigestellt. Das beklagte Land lehnte eine Weiterbeschäftigung des Klägers über den hinaus ab und stellte zur Vertretung für Frau B eine jüngere Angestellte ein.

Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung des letzten Arbeitsvertrags sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das beklagte Land habe bei Abschluß des letzten Arbeitsvertrags berücksichtigen müssen, daß Frau B mit hoher Wahrscheinlichkeit als Personalratsmitglied wiedergewählt und erneut freigestellt werden würde. Außerdem habe sich das beklagte Land bei Frau B nach deren Zukunftsplänen erkundigen müssen. Zumindest stehe dem Kläger ein Anspruch auf Wiedereinstellung zu.

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung endet, sondern über den hinaus unbefristet zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom fortbesteht,

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf Abschluß eines bis zum befristeten Arbeitsvertrags zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom mit Wirkung ab Rechtskraft des vorliegenden Verfahrens anzunehmen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, die Vertretung eines freigestellten Personalratsmitglieds sei ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertreter. Bei der Personalratsarbeit handele es sich um eine auf die Wahlperiode begrenzte Aufgabe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Klageanträge weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auf Grund wirksamer Befristung am geendet. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Wiedereinstellung.

A. Die Vorinstanzen haben den Hauptantrag, mit welchem der Kläger die in § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG (in der vom bis geltenden Fassung; seitdem § 17 Satz 1 TzBfG) vorgesehene gerichtliche Feststellung begehrt, sein Arbeitsverhältnis habe nicht auf Grund Befristung am geendet, zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Befristung des letzten Arbeitsvertrags war durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

I. 1. Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats als Befristungsgrund anerkannt. Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer solchen Befristungsabrede liegt darin, daß der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis ( - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226 = EzA BGB § 620 Nr. 174, zu II 1 der Gründe mwN). Teil des Sachgrunds der Vertretung ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs. Diese Prognose hat sich darauf zu beziehen, ob der zu vertretende Mitarbeiter seinen Dienst wieder antreten wird. Dagegen braucht bei der Prognoseentscheidung grundsätzlich keine Rücksicht darauf genommen zu werden, zu welchem Zeitpunkt mit der Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters zu rechnen ist. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, kann der Arbeitgeber in Fällen der Krankheitsvertretung ebenso wie in Fällen der Urlaubsvertretung grundsätzlich davon ausgehen, daß die zu vertretende Stammkraft zurückkehren wird. Er muß daher vor Abschluß des befristeten Vertrags mit der Vertretungskraft grundsätzlich nicht von sich aus Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung des Erkrankten oder über die Planungen des beurlaubten Arbeitnehmers einholen. Nur wenn der Arbeitgeber auf Grund der ihm vorliegenden Informationen erhebliche Zweifel daran haben muß, ob die zu vertretende Stammkraft überhaupt wieder zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, daß der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist ( - aaO, zu II 1 a der Gründe).

Das gilt auch bei wiederholten Befristungen. Zwar können die Häufigkeit der Befristungen und die bisherige Gesamtbefristungsdauer grundsätzlich Indizien für das Fehlen eines Sachgrunds sein. Bei wiederholten Befristungen wegen Vertretung einer mehrfach ausfallenden Stammkraft ist aber die Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs auch nur dann in Frage gestellt, wenn sich dem Arbeitgeber bei Abschluß des letzten Vertrags erhebliche Zweifel daran aufdrängen mußten, ob die Stammkraft ihre Tätigkeit überhaupt wieder aufnehmen wird.

Die vertraglich vereinbarte Befristungsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Dem Arbeitgeber steht es frei, den Arbeitsausfall überhaupt zu überbrücken. Deshalb verbleibt ihm auch die Entscheidung, die Vertretung nur für kürzere Zeit zu regeln. Der Befristungsdauer kommt nur insofern Bedeutung zu, als sie neben anderen Umständen darauf hinweisen kann, daß der Sachgrund für die Befristung vorgeschoben ist ( - aaO, zu II 1 b der Gründe mwN).

2. Für die Fälle der Vertretung eines freigestellten Betriebs- oder Personalratsmitglieds gilt grundsätzlich nichts anderes. Die Situation ist in diesen Fällen gekennzeichnet durch die Gewißheit, daß die Amtszeit des Betriebs- bzw. Personalrats ablaufen wird. Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit der Vertretungskraft ist damit nicht etwa die Ungewißheit des Ausgangs der nächsten Wahl sowie einer erneuten Freistellung des vertretenen Betriebs- oder Personalratsmitglieds, sondern der bei Abschluß des befristeten Vertrags nur bis zum Ablauf der Amtsperiode zu prognostizierende Vertretungsbedarf. Zur Wirksamkeit der Befristungsabrede bedarf es daher grundsätzlich auch keiner Erkundigungen des Arbeitgebers bei dem zu vertretenden Betriebs- bzw. Personalratsmitglieds über dessen künftige berufliche Planungen. Erst besondere Umstände - wie etwa eine weit über die jeweilige Amtsperiode hinausreichende Befristungsdauer oder eine Befristung zum Ende der Amtsperiode trotz voraussichtlich weit früheren Ausscheidens der Stammkraft - können dafür sprechen, daß der Sachgrund der Vertretung lediglich vorgeschoben ist.

II. Hiernach ist das Landesarbeitsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Befristung des letzten zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt war. Der Kläger war im Umfang der Freistellung des Personalratsmitglieds Frau B zu deren unmittelbaren Vertretung als Studienberater eingestellt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien stand fest, daß die Amtsperiode des Personalrats spätestens im April 2000 enden würde. Damit konnte das beklagte Land den Vertretungsbedarf für Frau B bis zu diesem Zeitpunkt prognostizieren. Dagegen war das beklagte Land nicht gehalten, Erwägungen über die Wahrscheinlichkeit einer Wiederwahl der Frau B sowie deren erneute Freistellung anzustellen. Vielmehr konnte es bei Abschluß des Vertrags mit dem Kläger davon ausgehen, daß der zu diesem Zeitpunkt zu prognostizierende Vertretungsbedarf bis längstens April 2000 besteht. Anhaltspunkte für die Annahme, der Sachgrund der Vertretung sei nur vorgeschoben, sind nicht gegeben. Vielmehr orientierten sich sowohl die Dauer der Befristung wie auch die zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitszeit des Klägers an der Amtsperiode des Personalrats sowie am Umfang der Freistellung der Frau B.

B. Das Landesarbeitsgericht hat auch den Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Wiedereinstellung nicht zu.

I. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das beklagte Land soll zur Abgabe einer auf den Abschluß eines Arbeitsvertrags gerichteten Willenserklärung verurteilt werden. Der Inhalt dieses Vertrags ist in dem Antrag hinreichend bezeichnet. Der Vertrag soll zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom zustandekommen und bis zum befristet sein. Er soll - in Beachtung der bisherigen Senatsrechtsprechung (vgl. - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6, zu I B der Gründe; - 7 AZR 47/00 - nv., zu A II 1 der Gründe) - nicht für die Vergangenheit geschlossen werden, sondern mit Rechtskraft eines dem Antrag entsprechenden Urteils zustandekommen.

II. Der Antrag ist unbegründet. Nach Ablauf eines wirksam befristeten Arbeitsverhältnisses besteht, sofern nicht tarifvertraglich oder einzelvertraglich etwas anderes vereinbart ist, grundsätzlich kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung. Dies gilt auch dann, wenn sich entgegen der bei Vertragsschluß gestellten Prognose auf Grund neuer Umstände eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung ergibt.

1. Ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den bisherigen Arbeitgeber, mit ihm im Anschluß an die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen erneuten Arbeitsvertrag zu schließen, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Vielmehr folgt aus der negativen Vertragsfreiheit des Arbeitgebers, daß dieser grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, ob er dem bisherigen Arbeitnehmer ein erneutes Angebot zum Abschluß eines Arbeitsvertrags macht oder dessen Angebot annimmt. Ein Kontrahierungszwang besteht hierbei grundsätzlich nicht.

a) Allerdings entspricht es der weitgehend einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, daß dem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen kann, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt ( - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6, zu II B 1 bis 3 der Gründe mit zahlreichen Nachweisen). Der erkennende Senat hat diesen Anspruch aus einer vertraglichen, den Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes und der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung tragenden Nebenpflicht hergeleitet ( - 7 AZR 904/98 - aaO, zu II B 2 und 3 der Gründe). Er hat den Wiedereinstellungsanspruch verknüpft mit dem durch § 1 KSchG intendierten Bestandsschutz ( - 7 AZR 904/98 - aaO, zu II B 3 a der Gründe) und ihn als notwendiges Korrektiv für die Fälle erachtet, in denen sich die betriebsbedingte Kündigung auf Grund des maßgeblichen Prüfungszeitpunkts ihres Ausspruchs zwar als wirksam erweist, die maßgeblichen Umstände sich aber noch während der Kündigungsfrist entgegen der ursprünglichen Prognose nachträglich ändern ( - 7 AZR 904/98 - aaO, zu II B 2 der Gründe).

b) Diese Rechtsprechung zum Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung ist auf befristete Arbeitsverträge nicht übertragbar. Allerdings dient die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle ebenso wie das staatliche Kündigungsschutzrecht der dem Staat obliegenden Schutzpflicht für den Bestand von Arbeitsverhältnissen (vgl. etwa - BAGE 88, 118 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 11, zu 3 b der Gründe; - 7 AZR 700/96 - BAGE 88, 162 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 12, zu III 2 b der Gründe mwN). Auch ist nicht zu verkennen, daß ebenso wie bei betriebsbedingten Kündigungen häufig auch bei Befristungsabreden vom Arbeitgeber eine Prognose zu treffen ist, die noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine unvorhergesehene Entwicklung eine Korrektur erfahren kann. Diese Parallelen genügen jedoch nicht, um im Falle einer derartigen Korrektur auch bei einer wirksamen Befristungsabrede einen Wiedereinstellungsanspruch zu begründen. Vielmehr bestehen bei der gerichtlichen Kontrolle von Kündigungen und Befristungsabreden sowohl methodisch-systematisch als auch in der kündigungs- und grundrechtlichen Wertung entscheidende Unterschiede.

aa) Zum einen dürfen, wie der Senat schon wiederholt betont hat, methodisch-systematisch Kündigungsschutz- und Befristungskontrollrecht nicht gleichgesetzt werden (vgl. - AP BGB § 620 Bedingung Nr. 24 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 13, zu I 1 der Gründe; - 7 AZR 200/00 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226 = EzA BGB § 620 Nr. 174, zu II 1 b der Gründe). Die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle dient der Prüfung, ob die Arbeitsvertragsparteien eine grundsätzlich statthafte Vertragsgestaltung objektiv funktionswidrig zu Lasten des Arbeitnehmers verwendet haben. Sie erfolgt nicht im Wege eines fiktiven Kündigungsschutzprozesses. Ihr Gegenstand ist nicht die Überprüfung einer hypothetischen, später vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung. Aus der Wirksamkeit einer derartigen hypothetischen Kündigung kann nicht auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer früher vereinbarten Befristung geschlossen werden. Es kommt für die Wirksamkeit einer Befristungsabrede nicht darauf an, ob der Arbeitgeber gerade zu dem vereinbarten Fristende wirksam hätte kündigen können ( - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226 = EzA BGB § 620 Nr. 174, zu II 1 b der Gründe). Schon deshalb gibt es auch für die Frage eines Wiedereinstellungsanspruchs nach Befristung keine notwendige Parallelität zum Wiedereinstellungsanspruch nach Kündigung.

bb) Zum anderen geriete ein Wiedereinstellungsanspruch nach wirksamer Befristung auch in Widerspruch zu befristungsrechtlichen Grundsätzen. So entspricht es insbesondere beim Sachgrund der Vertretung der gefestigten Rechtsprechung des Senats, daß es dem Arbeitgeber grundsätzlich freisteht, ob er den durch den Ausfall einer Stammkraft entstehenden Vertretungsbedarf überhaupt sowie ggf. für den gesamten Zeitraum oder nur für einen Teil durch die befristete Einstellung eines Arbeitnehmers überbrücken will ( - EzA BGB § 620 Nr. 172, zu B II 2 a aa der Gründe mwN; - 7 AZR 200/00 - aaO, zu II 1 b der Gründe). Für die in § 21 Abs. 1 BErzGG geregelten Fälle hat dies der Gesetzgeber sogar ausdrücklich normiert. Wenn es hiernach somit dem Arbeitgeber unbenommen ist, einen von ihm bereits vorhergesehenen weiteren Vertretungsbedarf nicht durch Einstellung einer Ersatzkraft abzudecken, wäre es widersprüchlich, ihm diese Freiheit im Falle eines sich überraschend ergebenden weiteren Vertretungsbedarfs zu nehmen und ihn zur Wiedereinstellung der bisherigen Vertretungskraft zu verpflichten.

cc) Der letztlich entscheidende, für die kündigungs- und grundrechtliche Wertung maßgebliche Gesichtspunkt ist aber der geringere arbeitsvertragliche Bestandsschutz, den ein Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis gegenüber einem Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis erwirbt. Durch die Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wird dem Arbeitnehmer ein auf Dauer angelegter Besitzstand entzogen. Einen entsprechenden vertraglichen Besitzstand hat der in einem wirksam befristeten Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer nicht. Er befindet sich auf Grund eigener privater Disposition in einem Arbeitsverhältnis von begrenzter Dauer. Durch die ursprüngliche Befristung - dies gilt allerdings nicht ohne weiteres für die nachträgliche Befristung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses - wird anders als bei der Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses kein vorhandener Besitzstand beseitigt. Während der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses eine Rechtsposition einräumt, auf Grund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, daß er ohne seine Zustimmung seinen Arbeitsplatz nur bei Vorliegen eines nach dem Kündigungsschutzgesetz anerkannten Kündigungsgrundes verlieren kann, ist dies bei einer wirksamen Befristungsabrede nicht der Fall. Hier muß vielmehr der Arbeitnehmer davon ausgehen, daß er auch bei einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse seinen Arbeitsplatz verlieren wird und der Arbeitgeber nach Ablauf der Befristung in seiner Entscheidung frei ist, mit dem Arbeitnehmer einen erneuten Vertrag zu schließen oder dies nicht zu tun. Dieser Unterschied in dem vertraglich erworbenen Besitzstand ist so gewichtig, daß es gerechtfertigt ist, bei wirksamen Befristungsabreden einen Wiedereinstellungsanspruch als vertragliche Nebenpflicht grundsätzlich abzulehnen.

2. Hiernach hat der Kläger keinen aus einer vertraglichen Nebenpflicht folgenden Wiedereinstellungsanspruch gegen das beklagte Land. Dem steht nicht entgegen, daß die vom Kläger vertretene Stammkraft Frau B im Frühjahr 2000 erneut in den Personalrat gewählt und freigestellt wurde. Das beklagte Land konnte sich vielmehr frei entscheiden, ob es zur Vertretung der Frau B überhaupt eine Vertretungskraft sowie ggf. welche einstellte. Ein tarifvertraglicher Wiedereinstellungsanspruch oder eine einzelvertragliche Wiedereinstellungszusage ist weder behauptet noch ersichtlich. Der Kläger hat auch nicht dargetan, daß das beklagte Land durch sein Verhalten ein Vertrauen des Klägers auf den erneuten Abschluß eines Arbeitsvertrags begründet hätte. Es kann daher dahinstehen, ob ein derartiges, enttäuschtes Vertrauen des Arbeitnehmers überhaupt Anspruchsgrundlage für einen Wiedereinstellungsanspruch sein könnte.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
BB 2002 S. 1648 Nr. 32
DB 2002 S. 1448 Nr. 27
KAAAB-94731

1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Ja