Leitsatz
[1] 1. Der Arbeitgeber ist nach § 40 Abs. 2 BetrVG auch dann verpflichtet, dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Büropersonal zur Verfügung zu stellen, wenn er das Betriebsratsbüro mit Personalcomputern ausgestattet hat.
2. Die Entscheidung, ob und ggf. welche im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit anfallenden Bürotätigkeiten einer Bürokraft übertragen werden, obliegt dem Betriebsrat. Dabei hat er nicht nur die Interessen der Belegschaft an einer ordnungsgemäßen Ausübung des Betriebsratsamts, sondern auch berechtigte Belange des Arbeitgebers, auch insoweit sie auf die Begrenzung seiner Kostentragungspflicht gerichtet sind, zu berücksichtigen.
Gesetze: BetrVG § 40 Abs. 2
Instanzenzug: ArbG Mönchengladbach vom LAG Düsseldorf 11 TaBV 33/03 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem antragstellenden Betriebsrat eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zur Verfügung zu stellen und die dadurch anfallenden Kosten zu übernehmen.
Die Arbeitgeberin betreibt ein Tiefdruckunternehmen. Im Januar 2003 waren in ihrem Betrieb in M ca. 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt. In der Folgezeit bis zum kündigte die Arbeitgeberin 130 dieser Arbeitsverhältnisse. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am waren noch ca. 750 Arbeitnehmer dort tätig.
In dem Betrieb ist ein aus 15 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt. Drei Betriebsratsmitglieder sind von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt. Der Betriebsrat ist mit mehreren seiner Mitglieder im Gesamtbetriebsrat und im Wirtschaftsausschuss vertreten. Er hat - neben dem Betriebsausschuss - einen Lohn- und Gehaltsausschuss, einen Sozialausschuss und einen Arbeitsschutzausschuss gebildet. Pro Jahr finden 52 Betriebsratssitzungen, 52 sog. 9.00 Uhr-Sitzungen, ca. 38 Betriebsausschusssitzungen mit der Geschäftsleitung, 52 sog. Überstundensitzungen, ca. vier Sozialausschusssitzungen, ca. vier Lohnausschusssitzungen, vier Wirtschaftsausschusssitzungen mit der Geschäftsleitung, vier Wirtschaftsausschusssitzungen ohne Geschäftsleitung, vier Gesamtbetriebsratssitzungen mit der Geschäftsleitung und ca. acht Gesamtbetriebsratssitzungen ohne Geschäftsleitung statt sowie ca. 10 Geschäftsleitung/Betriebsausschusssitzungen aus besonderen Gründen. Außerdem erfolgen ca. vier bis fünf Betriebs- oder Abteilungsversammlungen sowie bei Bedarf weitere Sitzungen.
Der Betriebsrat verfügt im Betriebsratsbüro über zwei miteinander vernetzte PC-Arbeitsplätze, die von der Arbeitgeberin im Jahr 2001 eingerichtet wurden. Dem Betriebsrat stand bislang keine Bürokraft zur Verfügung. Die anfallenden Büroarbeiten wurden von den Betriebsratsmitgliedern selbst erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin verrichten Sachbearbeiter/innen im Verwaltungsbereich, deren Arbeitsplätze mit PC ausgestattet sind, ihre Schreib- und Ablagearbeiten ebenfalls selbst. Auch den Schichtführern, Abteilungsleitern und Prokuristen ist keine Sekretärin fest zugeordnet.
Der Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom auf, mit ihm über den Einsatz von Büropersonal für die Betriebsratsarbeit zu verhandeln und bat um einen Gesprächstermin. Mit Schreiben vom teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass er in seiner Sitzung vom beschlossen habe, seine Forderung auf Überlassung einer Bürokraft auf gerichtlichem Wege durchzusetzen und einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Nach einem weiteren Schriftwechsel lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom die Überlassung einer Bürokraft ab. Daraufhin leitete der Betriebsrat mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift das vorliegende Beschlussverfahren ein.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zur Verfügung zu stellen. Auf Grund des Arbeitsanfalls, auch im Zusammenhang mit einer im Jahr 2003 erfolgten Betriebsänderung und weiterer umfangreicher betrieblicher Umstrukturierungen sei er nicht mehr in der Lage, neben seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben die anfallenden Büroarbeiten zu erledigen. Die Büroarbeiten seien so umfangreich, dass eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft erforderlich sei. Das ergebe sich bereits daraus, dass sein nicht vollständig freigestellter Schriftführer wegen der Bürotätigkeit kaum an seinem eigentlichen Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zu überlassen und die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen.
Die Arbeitgeberin hat die Zurückweisung des Antrags beantragt.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin weiterhin die Zurückweisung des Antrags. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass dem Betriebsrat trotz der Ausstattung des Betriebsratsbüros mit Personalcomputern nach § 40 Abs. 2 BetrVG grundsätzlich ein Anspruch auf Überlassung von Büropersonal zusteht. Auf Grund der bislang festgestellten Tatsachen konnte der Senat aber nicht abschließend beurteilen, ob der Betriebsrat im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft für erforderlich halten durfte oder ob er eine Teilzeitkraft oder die stundenweise Tätigkeit einer Bürokraft für ausreichend halten musste. Dies ist vom Landesarbeitsgericht aufzuklären.
I.
1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang diese Hilfsmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sind, obliegt dem Betriebsrat. Dieser darf seine Entscheidung allerdings nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers andererseits, auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (st. Rspr., vgl. etwa - BAGE 91, 325 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 87, zu B III 2 a der Gründe; - 7 ABR 33/01 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 76 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe; - 7 ABR 8/03 - BAGE 107, 231 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 79 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 6, zu B I der Gründe). Diese Grundsätze hat der Senat zwar zum Sachmittelanspruch des Betriebsrats entwickelt. Sie gelten jedoch für die Frage, ob und in welchem Umfang der Betriebsrat die Überlassung von Büropersonal verlangen kann, entsprechend. Auch die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Büropersonal zur Durchführung der anstehenden Betriebsratsarbeit erforderlich ist, liegt beim Betriebsrat. Dieser erledigt seine gesetzlichen Aufgaben in eigener Verantwortung. Deshalb hat er grundsätzlich auch selbst darüber zu befinden, auf welche Weise und mit welchen Hilfsmitteln er diese Aufgaben wahrnimmt. Er hat allerdings bei seiner Entscheidung, ob und ggf. welche Büroarbeiten er nicht von seinen Mitgliedern selbst, sondern von Büropersonal erledigen lässt, die Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat sowie die dem Arbeitgeber entstehenden Kosten zu berücksichtigen.
2. Die Entscheidung des Betriebsrats unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das geforderte Büropersonal im begehrten Umfang auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch den berechtigten Belangen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Die Entscheidung des Betriebsrats und die daran anknüpfende Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 2 BetrVG ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats zu beurteilen (vgl. zum Sachmittelanspruch: - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 63 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 90; - 7 ABR 59/96 - BAGE 88, 188 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57 = EzA BetrVG § 40 Nr. 81, zu B I 4 a der Gründe).
3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, ob der Betriebsrat die Überlassung von Büropersonal im verlangten Umfang für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren ebenfalls nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände übersehen worden sind (vgl. zum Sachmittelanspruch: - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 76 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe; - 7 ABR 8/03 - BAGE 107, 231 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 79 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 6, zu B I der Gründe, jeweils mit weiteren Nachweisen).
II. Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat den Begriff der Erforderlichkeit iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG verkannt und wesentliche Umstände bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Größe des Betriebsrats, die Anzahl der von ihm gebildeten Ausschüsse und die Zugehörigkeit seiner Mitglieder zum Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss sprächen "prima facie" dafür, dass der Betriebsrat zur Erledigung seiner Aufgaben eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft benötige. Außerdem habe die Arbeitgeberin selbst zugestanden, dass auf Grund einer im Jahr 2003 erfolgten Betriebsänderung der Arbeitsanfall beim Betriebsrat gestiegen sei, was sich zwangsläufig auch auf den Umfang der Büroarbeiten ausgewirkt habe. Die Arbeitgeberin könne dem Betriebsrat nicht entgegenhalten, dass er nach seiner bisherigen Arbeitsorganisation die anfallenden Schreibarbeiten selbst erledigt hat. Abgesehen davon, dass sich die Tätigkeit einer Bürokraft nicht allein auf Schreibarbeiten beschränke, stehe es dem Betriebsrat frei, seine Arbeitsorganisation zu ändern und die Büroarbeiten einer Bürokraft zu übertragen.
2. Diese Würdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass der Betriebsrat grundsätzlich die Überlassung von Büropersonal verlangen kann und diesem Anspruch die im Jahr 2001 erfolgte Ausstattung des Betriebsratsbüros mit Personalcomputern nicht entgegensteht. Das Landesarbeitsgericht hat aber zum Umfang der anfallenden Büroarbeiten keine tatsächlichen Feststellungen getroffen und ist unter Berücksichtigung auch unmaßgeblicher Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betriebsrat die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft verlangen kann. Außerdem hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob der Betriebsrat bei seiner Entscheidung, die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft zu verlangen, die Verhältnisse im Betrieb und Betriebsrat sowie berechtigte Belange des Arbeitgebers berücksichtigt hat.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Betriebsratsmitglieder entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin grundsätzlich nicht verpflichtet sind, sämtliche Bürotätigkeiten selbst zu erledigen, sondern dass der Betriebsrat zur Erledigung dieser Aufgaben, zu denen nicht nur Schreibarbeiten, sondern auch andere verwaltungstechnische Arbeiten gehören, die Überlassung einer Bürokraft vom Arbeitgeber verlangen kann, soweit dies zur Erledigung der Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Das ergibt sich unmittelbar aus § 40 Abs. 2 BetrVG. Es ist deshalb unerheblich, dass im Betrieb der Arbeitgeberin Sachbearbeiter/innen, deren Arbeitsplätze mit Personalcomputern ausgestattet sind, ihre Schreib- und Ablagearbeiten selbst erledigen.
b) Dem Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung von Büropersonal steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin das Betriebsratsbüro im Jahr 2001 mit Personalcomputern ausgestattet hat. § 40 Abs. 2 BetrVG gewährt dem Betriebsrat einen Anspruch auf Überlassung von Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal und nicht wahlweise eines von beiden. Die technische Ausstattung des Betriebsratsbüros gewinnt lediglich bei der Ermessensentscheidung des Betriebsrats, ob und in welchem Umfang er Büroarbeiten auf Büropersonal überträgt, Bedeutung.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde haben die Beteiligten im Zusammenhang mit der Ausstattung des Betriebsratsbüros mit Personalcomputern im Jahr 2001 auch keine dem nunmehrigen Begehren des Betriebsrats entgegenstehende Regelungsabrede dahingehend getroffen, dass der Betriebsrat auf die zur Verfügungstellung von Büropersonal verzichtet. Es ist zwar grundsätzlich möglich, dass die Betriebspartner Absprachen über den Kosten- und Sachaufwand des Betriebsrats in Form von Regelungsabreden treffen ( - BAGE 91, 325 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 87, zu B III 1 der Gründe; vgl. dazu auch Fitting BetrVG 22. Aufl. § 77 Rn. 220). Die Arbeitgeberin hat aber nicht dargelegt, mit dem Betriebsrat im Zusammenhang mit der Anschaffung der Personalcomputer eine Einigung darüber erzielt zu haben, dass und ggf. für welchen Zeitraum der Betriebsrat auf die Überlassung von Büropersonal verzichtet. Sie hat lediglich vorgetragen, im Rahmen der Ausstattung des Betriebsratsbüros im Jahr 2001 sei mit dem Betriebsrat verhandelt worden, dass dadurch zusätzliche Schreibkräfte überflüssig werden sollten; die Erledigung von Schreibarbeiten durch die Betriebsratsmitglieder sei Voraussetzung für die Ausstattung des Betriebsratsbüros mit Personalcomputern gewesen. Daraus ergibt sich zwar, dass die Arbeitgeberin die subjektive Vorstellung hatte, der Betriebsrat werde im Falle der Ausstattung seines Büros mit Personalcomputern keine zusätzlichen Schreibkräfte benötigen. Dem Vortrag lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Betriebsrat sein Einverständnis zu einer solchen Arbeitsorganisation erklärt hat und für welche Zeit diese Arbeitsorganisation beibehalten werden sollte.
Selbst wenn die Beteiligten im Jahr 2001 die von der Arbeitgeberin behauptete Regelungsabrede getroffen haben sollten, hätte sie der Betriebsrat im Jahr 2002 wirksam gekündigt, indem er die Überlassung einer Bürokraft von der Arbeitgeberin verlangt hat. Regelungsabreden, die die Betriebspartner für längere Zeit binden sollen, sind - wie jedes andere Schuldverhältnis - kündbar. Dabei ist die für Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 5 BetrVG geltende Kündigungsfrist von drei Monaten entsprechend anzuwenden ( - AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 47, zu B II 1 d bb der Gründe). Eine etwaige Regelungsabrede hätte daher auf Grund des Schreibens des Betriebsrats an die Geschäftsleitung vom , mit dem er Verhandlungen über die Überlassung von Büropersonal verlangt hat, drei Monate nach dessen Zugang bei der Geschäftsleitung geendet.
d) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist jedoch rechtsfehlerhaft, weil es auf nicht erhebliche Gesichtspunkte abgestellt und wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat. Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht keine tatsächlichen Feststellungen zum Umfang der beim Betriebsrat anfallenden, einer Bürokraft zu übertragenden Büroarbeiten und damit zum erforderlichen Umfang der Beschäftigung von Büropersonal getroffen.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Prüfung, ob der Betriebsrat die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft verlangen kann, ua. auf den durch die Betriebsänderung im Jahr 2003 angestiegenen Arbeitsanfall abgestellt. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Betriebsänderung für die Beschlussfassung des Betriebsrats überhaupt maßgeblich war. Der Betriebsrat hat den Beschluss, die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft zu verlangen, spätestens in seiner Sitzung am gefasst. Aus dem im Jahr 2002 geführten Schriftwechsel der Beteiligten lässt sich nicht entnehmen, dass eine für das Jahr 2003 geplante Betriebsänderung für das Begehren des Betriebsrats eine Rolle gespielt hätte. Die Beteiligten haben auch nicht behauptet, dass im Juli 2002 die im Jahr 2003 erfolgte Betriebsänderung bereits geplant und dem Betriebsrat bekannt war. Die Verhandlungen zu dieser Betriebsänderung liefen nach dem Vorbringen des Betriebsrats in den Tatsacheninstanzen seit Anfang Januar 2003. Deshalb dürfte der durch die Betriebsänderung verursachte Arbeitsaufwand des Betriebsrats für die Beschlussfassung im Juli 2002 nicht erheblich gewesen sein, so dass das Landesarbeitsgericht diesen Umstand bei der Prüfung, ob der Betriebsrat die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft für erforderlich halten durfte, zu Unrecht berücksichtigt hat.
bb) Rechtsfehlerhaft ist außerdem die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Größe des Betriebsrats und die Zugehörigkeit seiner Mitglieder zu verschiedenen Gremien und Ausschüssen sprächen "prima facie" für die Erforderlichkeit einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft. Auf die Darlegung der Erforderlichkeit gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG kann auch in Betrieben ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl und damit einer bestimmten Betriebsratsgröße nicht verzichtet werden. Mit der Größe des Betriebs und der Anzahl der Beschäftigten steigt zwar regelmäßig die Arbeitsbelastung des Betriebsrats. Das erleichtert die Darlegung von Tatsachen für die Erforderlichkeit vollzeitbeschäftigten Büropersonals, sie erübrigt sich aber nicht (vgl. zum Sachmittelanspruch - BAGE 88, 188 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57 = EzA BetrVG § 40 Nr. 81, zu B I 3 b der Gründe). Ob der Betriebsrat die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft für erforderlich halten darf, hängt vom Umfang der beim Betriebsrat anfallenden Büroarbeiten, die der Bürokraft übertragen werden sollen, ab. Der Betriebsrat hat deshalb darzulegen, welche bei ihm anfallenden Bürotätigkeiten einer Bürokraft übertragen werden sollen und welchen zeitlichen Aufwand diese Bürotätigkeiten erfordern. Das hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
cc) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft, ob der Betriebsrat bei seiner Entscheidung, die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft zu verlangen, nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern auch berechtigte Belange der Arbeitgeberin, insbesondere deren Kostenbelastung, angemessen berücksichtigt hat.
III. Diese rechtsfehlerhafte Würdigung erforderte die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Auf Grund der bislang festgestellten Tatsachen konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Betriebsrat bei seiner Beschlussfassung die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft für erforderlich halten durfte.
1. Das Landesarbeitsgericht hat bislang weder festgestellt, welche konkreten beim Betriebsrat anfallenden Bürotätigkeiten einer Bürokraft übertragen werden sollen, noch, welchen Zeitaufwand deren Erledigung erfordert. Dies hat der Betriebsrat bislang auch nicht hinreichend dargelegt. Er hat zwar in der Anlage zur Antragsschrift Aufgaben einer Bürokraft umfangreich aufgelistet. Die Auflistung enthält jedoch auch Tätigkeiten, die nicht dem Betriebsrat obliegen, sondern anderen betriebsverfassungsrechtlichen Organen, zB dem Gesamtbetriebsrat oder dem Wirtschaftsausschuss. Diese Aufgaben können daher jedenfalls nicht von dem antragstellenden Betriebsrat einer Bürokraft übertragen werden. Außerdem enthält die Liste Tätigkeiten, die nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats gehören (zB "Für die Belegschaft beim Finanzamt Einkommenssteuererklärungen mit den diversen Anlagen avisieren. Die Abholung organisieren. In den eigens dafür angelegten Fächern zu ordnen" oder "Jahreskalender/Kugelschreiber für die Beschäftigten ..."). Zudem lassen sich weder der Auflistung selbst noch dem sonstigen Vorbringen des Betriebsrats Anhaltspunkte dafür entnehmen, welchen zeitlichen Umfang die dem Betriebsrat zuzuordnenden Bürotätigkeiten einnehmen. Der Betriebsrat hat insoweit lediglich vorgetragen, der Umfang der zur erledigenden Büroarbeiten ergebe sich schon daraus, dass der damit befasste Schriftführer für seine eigentliche berufliche Tätigkeit seit seiner Wahl zum Betriebsrat nur ca. drei Wochen zur Verfügung gestanden habe. Das hat die Arbeitgeberin jedoch bestritten. Ausreichende tatsächliche Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht bislang nicht getroffen. Das Landesarbeitsgericht wird daher im Rahmen der neuen Anhörung der Beteiligten aufzuklären haben, welche beim Betriebsrat anfallenden Bürotätigkeiten einer Bürokraft übertragen werden sollen und welchen zeitlichen Umfang diese Tätigkeiten einnehmen.
2. Sollte die neue Anhörung ergeben, dass sämtliche beim Betriebsrat anfallenden Büroarbeiten eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft auslasten, durfte der Betriebsrat die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft dennoch nicht ohne weiteres für erforderlich halten, wovon das Landesarbeitsgericht offensichtlich ausgegangen ist. Vielmehr ist vom Betriebsrat darzulegen, dass er es unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat, insbesondere des Umfangs der anfallenden Betriebsratstätigkeit, der technischen Ausstattung des Betriebsratsbüros, der Kenntnisse und Fähigkeiten seiner Mitglieder und der angespannten wirtschaftlichen Lage des Betriebs als sachgerecht ansehen durfte, sämtliche Bürotätigkeiten von Büropersonal erledigen zu lassen und nicht zumindest einen Teil der Bürotätigkeiten, wie bisher, selbst durchzuführen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 2588 Nr. 47
DB 2005 S. 2754 Nr. 50
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2005 S. 3513
HAAAB-94583
1Für die Amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein