Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: InsO § 113; InsO § 125; UmwG § 323 Abs. 1; KSchG § 1; BetrVG § 102
Instanzenzug: LAG München 11 Sa 29/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung vom zum und um Annahmeverzugsansprüche.
Die am geborene Klägerin war seit bei der D GmbH & Co. KG als Kontoristin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.229,78 Euro beschäftigt. Für dieses Unternehmen war ein Betriebsrat gebildet.
Am vereinbarten die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung BV Nr. 03/2001 zur Regelung der Arbeitszeit im Rahmen einer Jahresarbeitszeit im Bereich Akzidenz. Nr. 7 lautet:
"Den Arbeitnehmern, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallen, wird für die Dauer von zwei Jahren, beginnend mit dem Tag an dem diese Betriebsvereinbarung in Kraft tritt, eine Beschäftigung garantiert. In dieser Zeit dürfen aus betriebsbedingten Gründen lediglich Änderungskündigungen ausgesprochen werden. Verhaltens- und personenbedingte Kündigungen bleiben uneingeschränkt zulässig. Eine Nachwirkung ist ausgeschlossen."
Die Betriebsvereinbarung trat am in Kraft.
Im August 2001 wurden aus der D GmbH & Co. KG drei rechtlich selbstständige Unternehmen ausgegliedert. Es entstanden die V GmbH & Co. KG, die den Zeitungsverlag einschließlich Zeitungsdruck fortführte, die C GmbH & Co. KG (Schuldnerin), und die A. GmbH & Co. KG, die das Buchhandelsgeschäft fortführte. Neben diesen drei Unternehmen blieb die D GmbH & Co. KG als Holdinggesellschaft bestehen. In dieser Gesellschaft verblieben die Bereiche Personal und Recht, Finanz- und Rechnungswesen, EDV und Immobilien. Auch nach der Ausgliederung bildeten die Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb.
Das Arbeitsverhältnis der im Bereich der Druckerei beschäftigten Klägerin war der C GmbH & Co. KG zugeordnet. Am stellte diese einen Insolvenzantrag. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom - unterzeichnet vom Beklagten als dem vorläufigen Insolvenzverwalter sowie dem Geschäftsführer L der Schuldnerin -hörte die Schuldnerin den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung aller Mitarbeiter wegen einer Stilllegung des Betriebes zum an.
Am 12.00 Uhr wurden das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am selben Tag schlossen der Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, auf der auch die Klägerin aufgeführt ist. § 3 des Interessenausgleichs lautet:
"Es wird vorsorglich vereinbart, daß frühere Vereinbarungen, die dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung entgegenstehen, außer Kraft treten und durch diese Vereinbarung ersetzt werden."
Mit Schreiben vom kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum .
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen gemäß der Betriebsvereinbarung BV Nr. 03/2001 bestehe fort. Diese Betriebsvereinbarung sei nicht durch die Vereinbarung vom aufgehoben worden. Sie gehe auch dem Kündigungsrecht nach § 113 InsO vor. Der Beklagte habe keine ordnungsgemäße Sozialauswahl vorgenommen, weil diese sich entsprechend dem Schutzgedanken des § 323 UmwG auf den Zustand vor der Spaltung habe beziehen müssen. Unabhängig davon habe eine Sozialauswahl bezogen auf den Gemeinschaftsbetrieb durchgeführt werden müssen, da dieser auch durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin nicht aufgelöst worden sei. Eine Sozialauswahl sei auch deshalb erforderlich gewesen, weil der Beklagte den Arbeitnehmern etappenbedingt entsprechend dem Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist gekündigt habe. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei dem Beklagten durch die Kündigung vom nicht aufgelöst wird;
2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.689,34 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.229,78 Euro seit , aus 1.229,78 Euro seit und aus 1.229,78 Euro seit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung BV Nr. 03/2001 sei durch die Vereinbarung im Interessenausgleich vom aufgehoben worden. Jedenfalls habe das Kündigungsverbot wegen § 113 InsO nicht beachtet werden müssen. Im Zeitpunkt der Kündigung habe kein Gemeinschaftsbetrieb der verschiedenen Unternehmen mehr vorgelegen. Es habe deshalb keine unternehmensübergreifende Sozialauswahl durchgeführt werden müssen. Dies ergebe sich auch nicht aus § 323 UmwG.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
I. Es hat ausgeführt, die Kündigung vom sei nicht wegen der Beschäftigungsgarantie in Nr. 7 der BV Nr. 03/2001 vom ausgeschlossen. Zwar habe die Betriebsvereinbarung auch nach der Spaltung weiter gegolten, da der Betrieb unter gemeinsamer Leitung fortgeführt worden sei. Es könne dahinstehen, ob die BV Nr. 03/2001 durch den Interessenausgleich vom aufgehoben worden sei, da das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 113 InsO einer Beschäftigungsgarantie vorgehe. § 113 InsO schließe nicht nur individualvertraglich vereinbarte Kündigungsverbote aus, sondern auch tarifvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche. Das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters gehe auch der Besitzstandsregelung des § 323 Abs. 1 UmwG vor. Die Verschlechterung der kündigungsrechtlichen Position beruhe nämlich nicht auf der Spaltung des Betriebs, sondern auf der (späteren) Insolvenz. Gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO werde vermutet, dass die Kündigung der namentlich bezeichneten Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Die Sozialauswahl sei nicht auf den bisherigen Gemeinschaftsbetrieb zu erstrecken gewesen, da dieser durch die Insolvenzeröffnung aufgelöst worden sei. Die Pflicht zu einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl folge auch nicht aus § 323 Abs. 1 UmwG. Diese kündigungsschutzrechtliche Besitzstandsregelung erfasse nicht die Sozialauswahl, weil nach der Spaltung der (neue) Arbeitgeber keinen Einfluss auf die Arbeitsplätze im Betrieb der anderen Unternehmen habe.
II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis und im Wesentlichen auch in ihrer Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Der Beklagte konnte das Arbeitsverhältnis gemäß § 113 InsO kündigen.
a) Nach § 113 Satz 1 InsO kann ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. § 113 Satz 2 InsO verdrängt längere Fristen, und zwar sowohl einzelarbeitsvertragliche als auch tarifvertragliche. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden ( - 4 AZR 70/99 - AP InsO § 113 Nr. 5 = EzA InsO § 113 Nr. 10, zu II 2 der Gründe), dass auch eine tarifvertragliche Unkündbarkeit als "vereinbart" im Sinne dieser Norm anzusehen ist. Der Zweck der Regelung besteht darin, im Interesse der Insolvenzmasse eine allzu lange Bindung an nicht mehr sinnvolle Arbeitsverhältnisse zu verhindern. Dem widersprechen (tarifvertragliche) Unkündbarkeitsklauseln. Nichts anderes gilt, wenn diese Bestandteil einer Betriebsvereinbarung sind. Auch diese werden vereinbart und stehen dem Zweck von § 113 InsO entgegen. Der Beklagte war daher nicht auf Grund von Nr. 7 BV Nr. 03/2001 gehindert, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Die Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 113 InsO sind unbegründet. § 113 Satz 1 InsO verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG, indem die Vorschrift Kündigungen durch den Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung zulässt. Die allgemeine Handlungsfreiheit ist durch die verfassungsmäßige Ordnung, dh. die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell verfassungsmäßig sind, beschränkt (ErfK/Dieterich 5. Aufl. Art. 2 GG Rn. 16). Hierzu gehört auch die InsO.
Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt der in Nr. 7 BV 03/2001 enthaltene Ausschluss ordentlicher Kündigungen für die Dauer von zwei Jahren auch keine eigentumskräftig geschützte Rechtsposition iSv. Art. 14 GG dar. Es handelt sich nicht um ein vermögenswertes Recht, das dem Inhaber ebenso ausschließlich wie Eigentum an einer Sache zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet ist (vgl. ErfK/Dieterich 5. Aufl. Art. 14 GG Rn. 4).
b) § 323 Abs. 1 UmwG steht einer Kündigung durch den Beklagten nicht entgegen. Die Regelung gilt nur für Verschlechterungen, die auf Grund der Spaltung eingetreten sind. Dies ist der Fall, wenn sie sich als unmittelbare Folge einer Spaltung darstellen (KR-Friedrich 7. Aufl. §§ 322, 323, 324 UmwG Rn. 47; APS/Steffan 2. Aufl. § 323 UmwG Rn. 9; Joost in Lutter UmwG 3. Aufl. § 323 Rn. 21; Dehmer UmwG UmwStG 2. Aufl. § 323 UmwG Rn. 4; Willemsen in Kallmeyer UmwG 2. Aufl. § 323 Rn. 3). Nachfolgende Entwicklungen werden von § 323 Abs. 1 UmwG nicht erfasst und können sich durchaus nachteilig für den Arbeitnehmer auswirken. Wird etwa ein abgespaltener Betrieb von dem neuen Rechtsträger später stillgelegt, ist eine Kündigung auf Grund der Stilllegung möglich (Joost in Lutter UmwG 3. Aufl. § 323 Rn. 21). Dies ist hier der Fall. Die Kündigung erfolgte nicht auf Grund der Spaltung des Unternehmens, sondern wegen der späteren insolvenzbedingten Betriebsstilllegung.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Revision besteht kein "Konkurrenzverhältnis" zwischen § 323 Abs. 1 UmwG und § 113 InsO. Diese Normen haben jeweils eigene Regelungsbereiche, die sich nicht überschneiden. § 323 UmwG regelt die kündigungsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers nach einer Spaltung des Unternehmens. § 113 InsO regelt die Kündigungsmöglichkeit von Dienstverhältnissen in der Insolvenz und die dabei zu beachtende Frist. Die rechtliche Stellung der Arbeitnehmer hat sich auf Grund der Spaltung nicht verschlechtert. § 113 InsO beanspruchte sowohl vor als auch nach der Spaltung Geltung.
Es kann dahinstehen, ob es rechtsmissbräuchlich ist, wenn ein Unternehmer sein Unternehmen spaltet, um hinsichtlich des abgespaltenen Teils sodann Insolvenzantrag zu stellen, oder ob er insoweit nur die ihm vom Gesetz eingeräumten unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten nutzt, um ein verbleibendes Unternehmen zu sanieren. Die Spaltung erfolgte im August 2001. Mehr als ein Jahr später, im September 2002, wurde hinsichtlich des abgespaltenen Teils Insolvenzantrag gestellt. Bereits diese zeitliche Abfolge des Geschehens spricht dafür, dass die ehemalige Arbeitgeberin und spätere Holdinggesellschaft nicht schon zum Zeitpunkt der Spaltung auf die (insolvenzbedingte) Stilllegung des abgespaltenen Unternehmens hinwirkte. Jedenfalls hat die Klägerin eine solche Absicht ihrer ehemaligen Arbeitgeberin weder substantiiert dargelegt noch auch nur behauptet.
c) Darauf, ob Nr. 7 BV Nr. 03/2001 durch § 3 Interessenausgleich außer Kraft gesetzt wurde, kommt es daher nicht an.
2. Die Kündigung vom ist sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Auf Grund der namentlichen Benennung der Klägerin in der Namensliste des Interessenausgleichs wird nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO vermutet, dass die Kündigung vom durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Da die Klägerin keine der Vermutung widersprechenden Tatsachen dargetan hat, ist vom Vorliegen eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes ohne weiteres auszugehen.
3. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt. Auf Grund der namentlichen Benennung der Klägerin in der Namensliste des Interessenausgleichs vom kann die soziale Auswahl nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Beklagte musste, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, keine Sozialauswahl vornehmen.
a) Nach § 323 Abs. 1 UmwG verschlechtert sich die kündigungsrechtliche Stellung auf Grund der Spaltung für die Dauer von zwei Jahren nicht. Dies führt jedoch nicht dazu, dass hinsichtlich der Sozialauswahl auf die Verhältnisse vor Wirksamwerden der Spaltung abzustellen ist (KR-Friedrich 7. Aufl. §§ 322, 323, 324 UmwG Rn. 42, anders noch die Vorauflage; APS/Steffan 2. Aufl. § 323 UmwG Rn. 7; ErfK/Ascheid 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 476; Joost in Lutter UmwG 3. Aufl. § 323 Rn. 18; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG UmwStG 3. Aufl. § 323 UmwG Rn. 10; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch UmwG UmwStG § 323 UmwG Rn. 11; Willemsen in Kallmeyer UmwG 2. Aufl. § 323 Rn. 10; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 2. Aufl. H 154; aA: v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 23 Rn. 9d, e; Kittner/Däubler/Zwanziger-Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 323 UmwG Rn. 4; Düwell NZA 1996, 393, 397; Bachner NJW 1995, 2881, 2884; Däubler RdA 1995, 136, 143). Bloße indirekte bzw. reflexartige Vorteile, die sich allein aus der tatsächlichen Situation im Ursprungsbetrieb ergeben haben, betreffen nicht die rechtliche Stellung des Arbeitnehmers. Um einen derartigen indirekten Vorteil handelt es sich, wenn der gekündigte Arbeitnehmer bezogen auf den Ursprungsbetrieb mit weiteren Arbeitnehmern vergleichbar wäre und eine hierauf bezogene Sozialauswahl zu seinen Gunsten ausfiele. Ob in einem Betrieb mehr oder weniger schutzbedürftige Arbeitnehmer beschäftigt werden, ist eine die Tatsachenebene betreffende Frage, die nur anhand der konkreten Gegebenheiten im jeweiligen Betrieb beurteilt werden kann. Eine rechtliche Stellung iSv. § 323 Abs. 1 UmwG wird hierdurch nicht begründet (Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 2. Aufl. H 154). Hierfür spricht auch die Systematik des § 1 Abs. 3 KSchG. Die Sozialauswahl dient dazu, den Arbeitnehmer herauszufinden, hinsichtlich dessen ein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung auf Grund einer Unternehmerentscheidung entfallen ist. Von einer im abgespaltenen Unternehmen getroffenen Unternehmerentscheidung werden die im Ursprungsunternehmen verbliebenen Arbeitnehmer nicht berührt. Die in dessen Betrieb bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten werden hierdurch nicht beeinträchtigt (APS/Steffan 2. Aufl. § 323 UmwG Rn. 7). Eine Sozialauswahl scheitert zudem daran, dass ein Austausch zwischen Arbeitnehmern des Ursprungsbetriebs und des Betriebs des abgespaltenen Unternehmens ohne Änderung des Arbeitsvertrags regelmäßig nicht möglich ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Rechtsträger des abgespaltenen Unternehmens Arbeitnehmern des Ursprungsbetriebs in der Regel nicht kündigen kann. Eine Sozialauswahl zwischen Arbeitnehmern des abgespaltenen Unternehmens und des Ursprungsbetriebs findet daher nur dann statt, wenn die Unternehmen nach der Spaltung weiterhin einen gemeinsamen Betrieb führen ( - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 72 = EzA KSchG § 1 Nr. 48).
b) Eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl ist dann nicht vorzunehmen, wenn der Gemeinschaftsbetrieb im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr besteht ( - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 72 = EzA KSchG § 1 Nr. 48; APS/Kiel 2. Aufl. § 1 KSchG Rn. 665; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 609; Kittner/Däubler/Zwanziger-Kittner KSchR 6. Aufl. § 1 KSchG Rn. 436; KPK-Schiefer/Meisel 3. Aufl. § 1 Rn. 1066 f.; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 347; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 436; aA Annuß/Hohenstatt NZA 2004, 420, die eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl auch im Gemeinschaftsbetrieb ablehnen). Ist im Zeitpunkt der Kündigung einer der Betriebe, die einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben, stillgelegt, so sind damit in der Regel die Arbeitgeberfunktionen im Bereich der sozialen und personellen Angelegenheiten sowie die unternehmerischen Funktionen im Bereich der wirtschaftlichen Angelegenheiten dem vormals einheitlichen Leitungsapparat der beteiligten Unternehmen entzogen, der Gemeinschaftsbetrieb aufgelöst. In diesem Fall ist die gemeinsame Klammer, die eine unternehmensübergreifende Sozialauswahl veranlasst hat, entfallen.
c) Gleiches gilt regelmäßig, wenn im Zeitpunkt der Kündigung einer der Betriebe, die zusammen einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben, zwar noch nicht stillgelegt ist, auf Grund einer unternehmerischen Entscheidung, die bereits greifbare Formen angenommen hat, aber feststeht, dass er bei Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers stillgelegt sein wird. Kündigungsgrund ist in einem solchen Fall das dringende betriebliche Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem stillzulegenden Betrieb nach Ablauf seiner Kündigungsfrist entgegensteht. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem zwischen beiden Unternehmen gebildeten Gemeinschaftsbetrieb kommt damit nicht mehr in Betracht. Wird, wie dies regelmäßig geschieht, mit der Stilllegung des einen Betriebs auch die gemeinsame Leitungsstruktur beseitigt, so besteht ab dem Stilllegungszeitpunkt nur noch ein Betrieb fort, in dessen Führung durch den Unternehmer, dessen Betrieb stillgelegt worden ist, nicht mehr eingegriffen werden kann. Der Inhaber des stillzulegenden Betriebs ist damit nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung seiner Arbeitnehmer, denen wegen der Stilllegung betriebsbedingt zu kündigen ist, in dem fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens rechtlich durchzusetzen (vgl. - AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 12). Damit fehlt es für eine Sozialauswahl zwischen den Arbeitnehmern des ursprünglichen Gemeinschaftsbetriebs an der Vergleichbarkeit ( - BAGE 109, 40; - 2 AZR 214/04 - AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 59, zu B II 2 c der Gründe).
d) Danach hatte der Beklagte keine Sozialauswahl vorzunehmen. Nach der im Jahr 2001 erfolgten Spaltung wurden die den nunmehr rechtlich selbstständigen Unternehmen zugeordneten Betriebsteile als gemeinsamer Betrieb weitergeführt. Nachdem die Schuldnerin Insolvenzantrag gestellt hatte und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war, beschlossen die Schuldnerin und der Beklagte, den Betrieb zum stillzulegen. Dieser Entschluss nahm auch greifbare Formen an, denn der Beklagte vereinbarte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und kündigte die Arbeitsverhältnisse. Damit kam eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in dem bis zur Stilllegung des einen Betriebsteils zwischen beiden Unternehmen gebildeten Gemeinschaftsbetrieb nicht mehr in Betracht. Der Beklagte war nicht mehr in der Lage, die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer der Schuldnerin in dem unter anderer Leitung stehenden Betrieb der anderen Unternehmen durchzusetzen. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt von dem der Entscheidung des Zweiten Senats vom (- 2 AZR 214/04 - AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 59) zugrunde liegenden. Dort waren sämtliche den Gemeinschaftsbetrieb bildenden Unternehmen insolvent, so dass in Person des Insolvenzverwalters weiterhin eine einheitliche personelle Leitung bestand.
e) Der Beklagte musste auch keine Sozialauswahl zwischen der Klägerin und den übrigen - zu einem späteren Termin gekündigten Arbeitnehmern - vornehmen. Der Schutzzweck des § 1 Abs. 3 KSchG geht dahin, sozial schutzbedürftigen Arbeitnehmern den Arbeitsplatz längerfristig zu erhalten, nicht jedoch solchen Arbeitnehmern längere Kündigungsfristen einzuräumen ( - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 116, zu B II 3 a der Gründe). Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hier keine sog. etappenweise Betriebsstilllegung vor, da diese nicht in mehreren Abschnitten (vgl. dazu: - AP KO § 22 Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 18), sondern auf Grund eines einheitlichen Kündigungsentschlusses erfolgte.
4. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
a) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Betriebsratsanhörung vom vom damals noch vorläufigen Insolvenzverwalter und dem Geschäftsführer der Schuldnerin gemeinsam unterzeichnet war. Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Erst mit Insolvenzeröffnung tritt der Insolvenzverwalter in dessen Stellung ein. Die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG stellt auch - im Gegensatz zum Ausspruch einer Kündigung - keine Verfügung iSv. § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO dar, denn hierdurch wird noch nicht unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis eingewirkt, indem Forderungsrechte und Verbindlichkeiten aufgehoben werden (vgl. für den Ausspruch der Kündigung: - BAGE 103, 123, zu B II 1 b bb der Gründe). Jedenfalls dann, wenn der Betrieb auf Grund des durch den vorläufigen Insolvenzverwalter erstatteten Gutachtens stillgelegt werden soll, reicht es für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats iSv. § 102 BetrVG aus, wenn die Anhörung zu der für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung vorgesehenen Kündigung schon durch den Geschäftsführer der Schuldnerin und den vorläufigen Insolvenzverwalter erfolgt, sofern dieser auch zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt wird, wie es hier der Fall war. Unter diesen Umständen erfolgte die Kündigung nämlich nicht auf Grund eines neuen, von der dem Betriebsrat mitgeteilten Kündigungsabsicht unabhängigen Kündigungsentschlusses des Beklagten.
b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Betriebsrat mit dem Anhörungsschreiben vom ausreichend über die Kündigungsgründe informiert wurde. Dem Betriebsrat wurde die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs zum mitgeteilt und dass auf Grund der Kündigung aller Arbeitnehmer keine Sozialauswahl stattfinden werde. Die Anlage zum Anhörungsschreiben enthielt die Namen aller zu kündigenden Arbeitnehmer und die Kündigungstermine.
5. Da das Arbeitsverhältnis auf Grund der Kündigung vom zum endete, stehen der Klägerin für den Anschlusszeitraum keine Annahmeverzugsansprüche gem. § 615 Satz 1 BGB zu.
III. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
PAAAB-94524
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