Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe in Nordrhein-Westfalen
Gesetze: KiStG NRW § 4 Abs.1 Nr. 5
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit des besonderen Kirchgelds.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 2001 Mitglied der evangelischen Kirche im Rheinland; ihr Ehemann gehörte keiner Kirche an. Die Eheleute wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkünfte der Klägerin betrugen 21 995 DM, die des Ehemannes 98 438 DM. Auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens der Eheleute von 109 477 DM wurde gegen die Klägerin evangelische Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgelds in Höhe von 540 DM festgesetzt. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Erhebung des besonderen Kirchgelds gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) und gegen den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) verstoße.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die ihm zugrunde liegende Einspruchsentscheidung aufzuheben und die evangelische Kirchensteuer 2001 unter Abänderung des Bescheids vom auf 124,11 DM herabzusetzen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (die Evangelische Kirchensteuerstelle X —Beklagter—) beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Der angefochtene Kirchensteuerbescheid ist rechtmäßig.
1. a) Gemäß § 1 des Gesetzes über die Erhebung von Kirchensteuern im Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom —KiStG NW— (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen —GVBl NW— 1975, 438), zuletzt geändert durch Gesetz vom (GVBl NW 2001, 103), erheben die Katholische Kirche und die Evangelische Kirche im Land Nordrhein-Westfalen Kirchensteuern aufgrund eigener Steuerordnungen. Kirchensteuerpflichtig sind nach § 3 Abs. 1 KiStG NW alle Angehörigen der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt i.S. der §§ 8 und 9 der Abgabenordnung (AO 1977) im Land Nordrhein-Westfalen haben. Von Kirchensteuerpflichtigen, deren Ehegatte nicht kirchensteuerpflichtig ist, können Kirchensteuern gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 5 KiStG NW als besonderes Kirchgeld erhoben werden; diese Regelung ist durch das genannte Änderungsgesetz vom geschaffen worden. Gemäß § 16 Abs. 1 KiStG NW bedürfen Kirchensteuerordnungen und -beschlüsse der staatlichen Anerkennung.
b) Auf der Grundlage von § 1 KiStG NW haben die evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen eine Kirchensteuerordnung (KiStO NW) erlassen, die zum in Kraft getreten ist. Auch diese bestimmt, dass die Kirchensteuer bei kirchensteuerpflichtigen Gemeindegliedern, deren Ehegatte nicht kirchensteuerpflichtig ist, als besonderes Kirchgeld erhoben werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 KiStO NW). Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten, das sich bei entsprechender Anwendung des § 51a Abs. 2 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergibt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 KiStO NW). Das besondere Kirchgeld wird nach Maßgabe einer besonders festzulegenden Steuertabelle erhoben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 KiStO NW). Staffelung und Bemessungsgrundlage werden durch einen Kirchensteuerbeschluss festgelegt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 KiStO NW).
c) Der für das Streitjahr 2001 maßgebliche Kirchensteuerbeschluss vom ist am staatlich genehmigt und am im Kirchlichen Amtsblatt veröffentlicht worden (vgl. auch BStBl I 2001, 625). Ausgehend von einer in dreizehn Stufen gestaffelten Bemessungsgrundlage legt dieser Beschluss mit Wirkung zum ein sich progressiv erhöhendes Kirchgeld von 180 DM bis höchstens 7 200 DM fest. Bei Einkommen unter 60 000 DM fällt kein besonderes Kirchgeld an, bei Einkommen zwischen 60 000 DM und 74 999 DM ein Kirchgeld in Höhe von 180 DM. Der Höchstsatz gilt für Einkommen von 600 000 DM und mehr. Maßgeblich ist das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 KiStO NW. Aufgrund dieser Anknüpfung wird das besondere Kirchgeld nur dann erhoben, wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden (§§ 26, 26b EStG; vgl. auch Finanzministerium NRW vom , Steuer-Eildienst 2001, 573).
d) Ausgehend von diesen Bestimmungen hat der Beklagte gegen die Klägerin zutreffend, bei einer Bemessungsgrundlage von 109 477 DM, ein besonderes Kirchgeld in Höhe von 540 DM festgesetzt.
2. Die genannten Bestimmungen sind verfassungsgemäß. Sie verletzen weder die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), noch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) —auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines strukturellen Vollzugsdefizits— und ebenso wenig die Grundrechte der Klägerin aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (Glaubensfreiheit) und Art. 6 GG (Ehe und Familie). Sie verstoßen darüber hinaus auch nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Rückwirkungsverbot. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten nimmt der erkennende Senat auf sein Urteil vom I R 76/04 (BStBl II 2006, 274) Bezug.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAB-90501