Leistungen für die Zukunftssicherung von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und von Vorstandsmitgliedern einer AG oder eines VVaG
1. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer
Arbeitgeberbeiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei. Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer liegt arbeitsrechtlich kein Arbeitsverhältnis vor, so dass der Arbeitgeber gesetzlich nicht zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen verpflichtet ist (vgl. BStBl 2002 II S. 886).
Ob es sich um einen beherrschenden, nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführer oder um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer handelt, beurteilt sich allein nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Entscheidung trifft die zuständige Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger. Sie ist infolge ihrer Tatbestandswirkung auch im Besteuerungsverfahren zu beachten, sofern sie nicht offensichtlich rechtswidrig ist.
Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu der GmbH liegt sozialversicherungsrechtlich i.d.R. nicht vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH ausüben kann. Das ist i.d.R. der Fall, wenn der Anteil am Stammkapital der GmbH mindestens 50 v.H. beträgt. Das Gleiche gilt auch bei einem Kapitalanteil von weniger als 50 v.H., wenn aufgrund des Gesellschaftsvertrags für Beschlüsse der Gesellschaft eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist und dieser Anteil eine Sperrminorität darstellt, die ausreicht, eine Beschlussfassung zu verhindern oder wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist und seine Tätigkeit wirtschaftlich gesehen nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt.
Die beigefügte Übersicht (Anlage) gibt versicherungsrechtliche Entscheidungen zur Behandlung von Gesellschafter-Geschäftsführern, mitarbeitenden Gesellschaftern und Geschäftsführern wieder. Für den Fall, dass noch keine Entscheidung der zuständigen Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger vorliegen sollte, kann sie als Entscheidungshilfe herangezogen werden.
Zukunftssicherungsleistungen, die nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind, zählen aber nur zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, soweit keine verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen. Um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt es sich z.B., wenn die Arbeitgeberanteile nicht klar und eindeutig in den Dienstverträgen festgelegt sind. Das Gleiche gilt, wenn die Gesamtausstattung der Tätigkeitsvergütungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer unangemessen hoch ist. Ob es sich im Zweifelsfall um Arbeitslohn oder um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt, ist im Einvernehmen mit der für die GmbH zuständigen VerSt zu entscheiden.
2. Vorstandsmitglieder einer AG oder eines VVaG
Vorstandsmitglieder einer AG unterliegen nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI rentenversicherungspflichtig, wenn sie nicht durch § 1 Satz 4 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.
Sie sind als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen, wenn sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhaben. Ihnen fehlt es an einem echten unternehmerischen Risiko, das eine selbständige Tätigkeit auszeichnet. Vielmehr unterliegen sie der Kontrolle der Aufsichtsräte, die in der Regel jährlich eine Entlastung der Vorstandsmitglieder der AG’en von der persönlichen Haftung für ihre unternehmerischen Entscheidungen aussprechen und sie damit vom Unternehmerrisiko befreien. Vorstandsmitglieder der AG’en können mit Chefärzten eines Krankenhauses verglichen werden, die ihre fachlichen Entscheidungen ebenfalls ohne Weisung der Krankenhausverwaltung treffen und dennoch als abhängig Beschäftigte betrachtet werden. Eine andere Beurteilung ist nur vorzunehmen, wenn Vorstandsmitglieder selbst eine Mehrheitsbeteiligung an der AG halten.
Vorstandsmitglieder haben Anspruch auf einen Zuschuss zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 SGB V und zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag nach § 61 SGB XI. Sie erhalten diese Zuschüsse steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG, da sie aufgrund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden und im Übrigen die Finazverwaltung der Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungsträgers grundsätzlich zu folgen hat ( BStBl 2003 II S. 34).
Auch Vorstandsmitglieder einer großen WaG sind grundsätzlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.
Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten.
3. Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften
Für Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften ( SozR-2940 § 3 Nr. 1, NZA 1990, 950) und angestellte Vorstandsmitglieder öffentlicher Sparkassen ( SozR 3-2940 § 3 Nr. 2) hat das BSG die Arbeitnehmereigenschaft bejaht. Hinsichtlich der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen und deren Verbände gehen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger davon aus, dass es sich um abhängig Beschäftigte i.S. des § 7 SGB IV handelt. Arbeitgeberzuschüsse zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie die gesetzlichen Ansprüche auf Arbeitgeberzuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Rahmen des § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.
Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten.
Versicherungsrechtliche Beurteilung: Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH/GmbH-Geschäftsführer
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Beurteilungskriterien | Entscheidung | Arbeitnehmer |
Fallgruppe I: Kapitalanteil unter 50 v. H. | ||
Beispiel 1: | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil unter 50 v.H. Anstellungsvertrag, keine Sperrminorität, keine Verhinderung von Gesellschafterbeschlüssen Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Be- trieb. | Ein aufgrund eines Anstellungsvertrages tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist versicherungspflichtig, wenn er als Gesellschafter keinen maß- gebenden Einfluss auf die Gesellschaft hat. Das ist der Fall, wenn der Geschäfts- führer weniger als die Hälfte der Ge- schäftsanteile besitzt und auch nicht hin- sichtlich wesentlicher Gesellschaftsbe- schlüsse eine Sperrminorität besitzt. | ja |
Beispiel 2: | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 33,3 v.H. des Gesamtkapitals, vertretungsberechtigt mit einem weiteren zu einem Drittel beteiligten Ge- schäftsführer, kein anderer Gesellschafter hat mehr als ein Drittel des Gesamtkapitals, keine Wei- sungsgebundenheit nach den tatsächlichen Verhält- nissen, freie Bestimmung der Tätig- keit (Arbeitszeit, Urlaub usw.). | Ein GmbH-Geschäftsführer, der an der GmbH mit einem Drittel am Kapital betei- ligt ist und die GmbH mit einem weiteren zu einem Drittel beteiligten Geschäftsfüh- rer gemeinschaftlich vertritt, unterliegt nicht der Versicherungspflicht. | nein |
Entscheidend ist: Der Gesellschaftsführer trägt nach der tatsächlichen Gestaltung der Tätigkeit das volle Unternehmerrisiko, unterliegt keinerlei Weisungen und kann seine Tätigkeit nach den Belangen des Unternehmens, die in Wirklichkeit mit seinen eigenen Belangen übereinstim- men, selbst frei bestimmen. | ||
Bei freier Bestimmung über Arbeits- und Urlaubszeit nimmt er als Geschäftsführer weitgehend unternehmerische Funktio- nen wahr und steht nicht in einem per- sönlichen Abhängigkeitsverhältnis. | ||
Beispiel 3: | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Alleinvertretungsberechti- gung, Kapitalanteil unter 50 v.H., Anstellungsvertrag, keine Beschränkung in Gestaltung und Ausführung der Arbeit durch Vertrag oder nach den tatsächli- chen Verhältnissen, keine Weisungsgebunden- heit. | Ein alleinvertretungsberechtigter Ge- schäftsführer, der vertraglich seine Arbeit uneingeschränkt gestalten und ausführen kann (besonders hinsichtlich der Arbeits- zeit), unterliegt nicht der Versicherungs- pflicht. Die tatsächliche Durchführung des Vertrags muss aber dieser Vereinba- rung entsprechen. | nein |
Beispiel 4: | ||
Gesellschafter, kein Geschäftsführer, Führung des Unternehmens wegen seiner Branchen- kenntnisse, Geschäftsanteil ein Drittel des Gesamtkapitals, keine Beschränkung in Gestaltung und Ausführung der Arbeit, keine Weisungsgebunden- heit, ohne ausdrücklichen Ge- sellschafterbeschluss oder schriftlichen Anstellungs-, Arbeits-, Dienstvertrag tätig. | Ein beschäftigter Gesellschafter mit ei- nem Drittel Kapitalbeteiligung, der auf- grund stillschweigender Übereinkunft wegen seiner einschlägigen Branchen- kenntnisse maßgeblich bei der Führung des Unternehmens mitwirkt, die Gesell- schaft nach außen ohne ausdrücklichen Gesellschafterbeschluss oder schriftli- chen Anstellungsvertrag vertritt und in der Gestaltung seiner Arbeit und der Be- stimmung seiner Arbeitszeit keinen Wei- sungen unterliegt, steht nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Der Gesellschafter ist nicht wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb einge- gliedert, sondern tatsächlich als Mitinha- ber des unter seinem Namen in der Rechtsform einer GmbH geführten Un- ternehmens tätig. | nein |
Beispiel 5: | ||
Ehegatten-GmbH, Gesellschafterin, Geschäftsführerin, Kapitalanteil unter 50 v.H., Ehegatte als weiterer Ge- sellschafter mit restlichem Kapitalanteil, keine Weisungsgebunden- heit. | Eine als Geschäftsführerin tätige Ehe- frau, die gleichzeitig Gesellschafterin der GmbH ist (sie unter, Ehemann über 50 v.H. Kapitalanteil), steht nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäfti- gungsverhältnis, wenn sie an keine Ar- beitszeit und an keine Weisungen ge- bunden ist. Das gilt auch, wenn ihr Ge- halt steuerrechtlich als Betriebsausgabe behandelt wird. | nein |
Die unterschiedliche Kapitalbeteiligung von Ehegatten an einer GmbH ist nicht das ausschlaggebende Merkmal für die Beurteilung der Sozialversicherungs- pflicht. Für die Frage der Sozialversiche- rungspflicht sind Kapitalanteile von Ehe- gatten nicht zusammenzurechnen. | ||
Fallgruppe II: Kapitalanteil 50 v.H. | ||
Beispiel 1: | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 50 v.H. | Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit 50 v.H. Kapitalbeteiligung kann durch sein Stimmrecht bei Gesellschafterbe- schlüssen einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der GmbH aus- üben. Er steht nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zur Gesellschaft, auch wenn er aufgrund eines Dienstvertrages mit monatlich feststehender Vergütung, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw. tätig wird. | nein |
Beispiel 2: | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil 50 v.H. ein weiterer Geschäftsfüh- rer mit 50 v.H. Kapitalanteil. | Zwei Geschäftsführer, die je zur Hälfte am Stammkapital einer GmbH beteiligt sind und die Gesellschaft gemeinschaft- lich vertreten, können nur übereinstim- mend handeln. Daraus ergibt sich: Es besteht kein persönliches Abhängigkeits- verhältnis zu der Gesellschaft im Sinne einer Weisungsgebundenheit oder eines entsprechenden Direktionsrechts. Jeder der beiden Geschäftsführer hat insoweit eine unabhängige Stellung, als ohne ihn keine Beschlüsse gefasst werden kön- nen. | nein |
Beispiel 3: | ||
Gesellschafter, leitender Angestellter (kein Geschäftsführer), Kapitalanteil 50 v.H., in der Angestelltentätigkeit leistungsbezogenes Ent- gelt, ein weiterer Gesellschafter mit 50 v.H. Kapitalanteil. | Ein leitender Angestellter (Prokurist), dessen Gehalt vertraglich „entsprechend der erbrachten Leistung” festgesetzt wird, unterliegt nicht der Versicherungspflicht. Beide zu je 50 v.H. Beteiligte haben glei- chen Anteil an den Entscheidungen der Gesellschaft, keiner der Gesellschafter ist gegenüber der GmbH weisungsgebun- den. | nein |
Fallgruppe III: Kapitalanteil über 50 v.H. | ||
Gesellschafter, Geschäftsführer, Kapitalanteil über 50 v.H. | Ein in einer GmbH als Geschäftsführer tätiger Gesellschafter, der Geschäftsan- teile von mehr als 50 v.H. besitzt und allein in dem Unternehmen tätig ist, steht nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. | nein |
Fallgruppe IV: ohne Kapitalanteil | ||
kein Gesellschafter, Geschäftsführer, Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschaf- terversammlung, monatlich gleich bleibende Vergütung, persönliche und wirtschaftliche Abhängig- keit. | Ein nicht an einer Gesellschaft beteiligter Geschäftsführer, der nach seiner Ar- beitsplatzbeschreibung der Gesellschaf- terversammlung im Rahmen des GmbH- Gesetzes und des Gesellschaftervertrags unterstellt ist, dem die allgemeine Verwal- tung der GmbH obliegt, dabei nur im Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse handeln darf und insoweit der Prüfung und Überwachung durch die Gesellschaf- ter unterliegt, für seine Tätigkeit eine mo- natliche gleich bleibende Vergütung so- wie bezahlten Urlaub erhält, steht in ei- nem abhängigen, d.h. sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigungsverhält- nis. | ja |
Senatsverwaltung für Fin Berlin v. - III A - S 2333 - 3/2005
Fundstelle(n):
YAAAB-89308