BFH Urteil v. - X R 59/00 BStBl 2006 II S. 661

Leitsatz

Die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung; vgl. dazu insbesondere , BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115; vom VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362; vom VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662).

Gesetze: GewStG § 2 Abs. 1GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. cEStG § 15 Abs. 2

Instanzenzug: (EFG 2001, 86)

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Alleinerbin ihres im Jahre 1992 verstorbenen Ehemannes Dr. X. Dieser hatte zum psychiatrische Wohn- und Pflegeheime erworben. Der Grundbesitz umfasst…Häuser mit insgesamt ... Betten sowie ein Gebäude für Arbeitstherapie und ein Bürogebäude.

Mit Vertrag vom verpachtete Dr. X diesen Grundbesitz nebst Inventar an die von ihm als alleinigem Gesellschafter gegründete C-GmbH. Die C-GmbH betreibt seither auf dem gepachteten Grundbesitz ein psychiatrisches Wohn- und Pflegeheim. Sie erfüllt die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).

Seit dem Tod ihres Ehemannes führt die Klägerin das Pachtverhältnis fort und hält sämtliche Anteile an der C-GmbH.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, die Klägerin sei mit ihrem Verpachtungsbetrieb nicht deshalb von der Gewerbesteuer befreit, weil die C-GmbH (Betriebsgesellschaft) die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt habe. Er erließ deshalb gegenüber der Klägerin die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 1990 bis 1996.

Mit der nach erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage begehrte die Klägerin, die Gewerbesteuermessbeträge auf null DM festzusetzen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2001, 86).

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 3 Nr. 20 GewStG). Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG entschieden, dass die gewerbliche Betätigung der Klägerin und —zuvor— ihres Ehemannes in den streitigen Erhebungszeiträumen gemäß § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG von der Gewerbesteuer befreit war.

1. Zu Recht hat das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten angenommen, dass zwischen dem bis zu dessen Tod vom Ehemann der Klägerin und anschließend von ihr selbst betriebenen Verpachtungsunternehmen und der C-GmbH in den streitigen Erhebungszeiträumen eine (unechte) Betriebsaufspaltung bestand. Dies hat zur Folge, dass die hier in Rede stehende Verpachtungstätigkeit der Klägerin und —zuvor— ihres Ehemannes als gewerblich zu qualifizieren war.

In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) folgt der erkennende Senat der Vorentscheidung im Ergebnis darin, dass diese Verpachtungstätigkeit nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG gewerbesteuerfrei war.

2. Nach § 3 Nr. 20 GewStG sind unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime sowie —seit dem Erhebungszeitraum 1994— auch Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen.

a) Diese Voraussetzungen haben bei der mit dem Verpachtungsunternehmen der Klägerin bzw. ihres verstorbenen Ehemannes personell und sachlich verflochtenen C-GmbH nach der zutreffenden Auffassung des FG vorgelegen. Die C-GmbH betrieb auf den vom Besitzunternehmen gepachteten Grundstücken seit 1989 ein psychiatrisches Wohn- und Pflegeheim mit einem Wohnheim.

b) Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG kommt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur dem Betriebsunternehmen, sondern auch dem Besitzunternehmen zugute (ebenso auch Söffing, Die Betriebsaufspaltung, 3. Aufl., S. 271 ff.; derselbe, Betriebs-Berater —BB— 1998, 2289; Seer, BB 2002, 1833; Seer/Söffing, Der Betrieb —DB— 2003, 2457; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl., § 3 Rz. 2; L. Schmidt, Finanz-Rundschau —FR— 1984, 128; Wehrheim, BB 2001, 913; Bitz, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2002, 597; Gosch, Die steuerliche Betriebsprüfung —StBp— 2002, 216; Petersen, Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System, S. 72 ff.; anderer Auffassung Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 3 Anm. 1; Blümich/von Twickel, § 3 GewStG Rz. 13).

c) Allerdings hat die bisherige Rechtsprechung des BFH in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Erstreckung der Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG und vergleichbarer gewerbesteuerrechtlicher Regelungen auf Besitzunternehmen abgelehnt.

Im Urteil vom I R 187/79 (BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115) hat der I. Senat des BFH entschieden, dass einem Besitzunternehmen, welches ein Sanatorium an die Betriebsgesellschaft verpachtet hatte, die Gewerbesteuerbefreiung nach § 11 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) 1968 nicht zustehe. Der I. Senat begründete diese Ansicht mit der Erwägung, dass ein Besitzunternehmen trotz seiner sachlichen und personellen Verflechtung mit der als Krankenanstalt tätigen Betriebskapitalgesellschaft ein selbständiger, gewerbesteuerlich für sich zu qualifizierender Verpachtungsbetrieb sei (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63), der nicht dadurch zur Krankenanstalt werde, dass er mit einer solchen sachlich und personell verflochten sei. Eine Krankenanstalt betreibe im Streitfall —der eine echte Betriebsaufspaltung betraf— nur die Betriebs-GmbH.

Dem hat sich der VIII. Senat des BFH in seinem Urteil vom VIII R 282/82 (BFH/NV 1986, 362) für eine nach § 3 Nr. 13 GewStG befreite Internatsschule mit derselben Begründung angeschlossen.

Damit im Einklang steht auch der ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren betreffende Beschluss des IV. Senats vom IV B 21/91 (BFH/NV 1992, 333). Im dortigen Sachverhalt hatte die Betriebs-GmbH ein nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreites Alten- und Pflegeheim betrieben. FA und FG hatten die Erstreckung des Befreiungstatbestands auf die Besitzgesellschaft abgelehnt. Der IV. Senat verneinte die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage mit dem Hinweis darauf, durch die Rechtsprechung des BFH sei „hinreichend geklärt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen und das Betriebsunternehmen grundsätzlich als rechtlich selbständige Gewerbebetriebe zu behandeln (seien)”.

Auf dieser Linie liegt auch der Beschluss des erkennenden Senats vom X B 133/97 (BFH/NV 1998, 743). Dort hat es der Senat im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV) betreffend den hier zu beurteilenden Streitfall für nicht ernstlich zweifelhaft gehalten, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG nur der Betriebs-GmbH, nicht dagegen auch dem Besitzunternehmen zukomme. Besitz- und Betriebsunternehmen seien trotz ihrer personellen und sachlichen Verflechtung als zwei verschiedene Rechtssubjekte im Sinne des Gewerbesteuergesetzes zu behandeln. Hieraus folge, dass zwischen dem Steuergläubiger und dem Besitzunternehmen einerseits und dem Betriebsunternehmen andererseits zwei voneinander unabhängige, jeweils selbständig zu beurteilende Steuerschuldverhältnisse i.S. der §§ 37 ff. der Abgabenordnung (AO 1977) bestünden mit der weiteren Konsequenz, dass beide Steuerrechtssubjekte auch hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände (§ 38 AO 1977) grundsätzlich steuerlich getrennt zu behandeln seien. Daraus, dass im Investitionszulagenrecht in Fällen der Betriebsaufspaltung bisweilen auf die wirtschaftliche Einheit abgestellt werde, könnten schon wegen der speziellen Zwecksetzung und tatbestandsmäßigen Ausgestaltung des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) keine allgemeinen, in Fällen der hier zu beurteilenden Art verwertbaren Rückschlüsse gezogen werden.

In seinem Urteil vom VIII R 57/99 (BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662) hat der VIII. Senat des BFH an dieser Rechtsprechung festgehalten. Sie beruhe darauf, dass auch im Falle einer Steuerbefreiung des Betriebsunternehmens eine (echte oder unechte) Betriebsaufspaltung vorliege, weil das Betriebsunternehmen nach Art seiner Tätigkeit ein Gewerbe betreibe. Das führe dazu, dass die ihrer Art nach vermögensverwaltende Tätigkeit des Vermietens oder Verpachtens auch beim Besitzunternehmen zu einem Gewerbebetrieb werde, wenn dieses mit dem Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten sei. Die Möglichkeit, über die personelle und sachliche Verflechtung in einem für die Betriebsführung des Betriebsunternehmens wesentlichen Bereich beherrschenden Einfluss auf beide Unternehmen auszuüben, sei die Grundlage für eine in wertender Betrachtungsweise als gewerblich zu qualifizierende Tätigkeit des Besitzunternehmens. Diese Verflechtung habe indessen weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Einheit der beiden Unternehmen zur Folge noch führe sie dazu, dass die Tätigkeit des Betriebsunternehmens dem Besitzunternehmen zuzurechnen sei. Beide Unternehmen blieben nach Zivil- und Steuerrecht selbständige Unternehmen und unterlägen einer eigenen steuerrechtlichen Beurteilung. Dementsprechend könnten auch die jedem der beiden Unternehmen anhaftenden Merkmale und die von ihnen verwirklichten steuerrechtlichen Tatbestandsmerkmale nicht ohne weiteres dem anderen Unternehmen zugerechnet werden. Für jenen Streitfall bedeute dies, dass die für die jeweilige Tätigkeit der Unternehmen im Gewerbesteuergesetz getroffene Regelung zu beachten sei. Danach sei zwar in § 3 Nr. 20 GewStG der eigentliche Krankenhausbetrieb steuerfrei gestellt, nicht aber (auch) der Verpachtungsbetrieb des Besitzunternehmens.

Auf die abweichende Rechtsprechung des BFH zur Investitionszulage und dieser folgend die Regelungen der Finanzverwaltung zu den erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen besonders förderungswürdiger Wirtschaftsgüter im Einkommensteuerrecht (, BStBl I 1985, 683, und vom , BStBl I 2000, 451) könnten sich die Kläger nicht berufen. Die Zurechnung steuerrechtlicher Merkmale der Betriebsgesellschaft zur Besitzgesellschaft in diesen Fällen solle gewährleisten, dass der mit diesen steuerrechtlichen Fördermaßnahmen erstrebte Investitionsanreiz auch dann erhalten bleibe, wenn das Besitzunternehmen in Wirtschaftsgüter investiere, die dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassen würden. Mit diesen Förderungsmaßnahmen seien die Steuerbefreiungen des § 3 GewStG nicht ohne weiteres vergleichbar.

3. Die von der bisherigen Rechtsprechung gegen eine Erstreckung des in Rede stehenden gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestandes auf das Besitzunternehmen angeführten Argumente vermögen aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen.

a) Der Hinweis auf die zivil- und steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen ist zwar zutreffend, rechtfertigt aber für sich genommen nicht die Versagung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG.

aa) Zwar hat sich der Große Senat des BFH in seinem grundlegenden Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 von der bis dahin in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herrschenden Vorstellung vom Besitz- und Betriebsunternehmen als einem in wirtschaftlicher Betrachtung einheitlichen Unternehmen gelöst. Dies ändert aber nichts daran, dass trotz Vorhandenseins zweier —zivil- wie steuerrechtlich— eigenständiger Unternehmen beide Organisationseinheiten —per definitionem— sowohl personell als auch sachlich miteinander verflochten sind. In diesem Sinne hebt bereits der Große Senat in dem zitierten Beschluss als entscheidenden, die Betriebsaufspaltung konstituierenden Umstand hervor, dass „die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters”. Diesen Gesichtspunkt hatte auch schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 1 BvR 136/62 (BVerfGE 25, 28, 37) betont: Ein Mietverhältnis, dessen Vertragsparteien —wie in den Fällen der Betriebsaufspaltung— wirtschaftlich identisch seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, könne ohne Verfassungsverstoß anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten seien. Bei der Betriebsaufspaltung würden die eine wesentliche Betriebsgrundlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft stelle die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nähmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und trügen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft.

bb) Auch die im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 ergangene —neuere— Rechtsprechung des BFH folgt dieser Argumentationslinie.

b) Diese Rechtsprechung lässt sich dahin gehend zusammenfassen, dass ungeachtet der stets betonten (steuer-)rechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen die „genuin” vermögensverwaltende Tätigkeit der Vermietung und Verpachtung beim Besitzunternehmen nur deshalb als gewerbliche qualifiziert wird, weil das Besitzunternehmen sachlich und personell mit dem gewerblich tätigen Betriebsunternehmen verflochten ist und das Besitzunternehmen als Folge dieser wirtschaftlichen Verflochtenheit „über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt” (vgl. z.B. , BFHE 136, 287, BStBl II 1982, 662, unter 2., und vom XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281, unter II.1.) bzw. „über das Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen Betätigung gerichtet ist” (vgl. z.B. , BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39, unter 2.a, und vom I R 178/77, BFHE 137, 67, BStBl II 1983, 136, unter 1.).

c) Hieran wird deutlich, dass der gewerbliche Charakter der „an sich” vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens nicht in einer isolierenden Sichtweise ausschließlich aus Merkmalen abgeleitet werden kann, die allein dem Besitzunternehmen anhaften. Eine Betriebsaufspaltung und damit eine Umqualifizierung der genuin vermögensverwaltenden Tätigkeit des Besitzunternehmens in eine gewerbliche lässt sich vielmehr nur unter Heranziehung von Gegebenheiten begründen, die außerhalb des Besitzunternehmens liegen.

aa) Dies betrifft zum einen solche Merkmale, die allein das Betriebsunternehmen kennzeichnen.

So kommt eine Betriebsaufspaltung nach herrschender und zutreffender Auffassung (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 131, 388, BStBl II 1981, 39, und vom IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254; Schmidt, EStG, 24. Aufl., § 15 Rz. 856; anderer Auffassung Reiß in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 15 Rn. 87) nur dann in Betracht, wenn das Betriebsunternehmen einen Gewerbebetrieb (sei es kraft originärer Tätigkeit, kraft Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—, kraft gewerblicher Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder kraft Rechtsform gemäß § 8 Abs. 2 des KörperschaftsteuergesetzesKStG—) unterhält.

Des Weiteren ist die für eine Betriebsaufspaltung zwingend erforderliche Voraussetzung der sachlichen Verflechtung nur dann erfüllt, wenn die vom Besitzunternehmen zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter im Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen.

bb) Auch das weitere die Betriebsaufspaltung konstituierende Erfordernis der personellen Verflechtung wird durch Gegebenheiten begründet, die außerhalb des Besitzunternehmens angesiedelt sind, namentlich dadurch, dass dieselben Personen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen beherrschen und damit einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen entfalten. In dieser „Personalunion” und der dadurch eröffneten Möglichkeit durch die Inhaber beider zwar rechtlich selbständiger, aber sachlich verflochtener Unternehmen, deren beider Vermögen und Ertragskraft zu koordinieren und in der Weise zu instrumentalisieren, dass sie zur Verwirklichung eines einheitlichen Zwecks —im Streitfall: dem Betrieb eines als solchen gemäß § 3 Nr. 20 GewStG steuerbefreiten Wohn- und Pflegeheims— eingesetzt werden, liegt die eigentliche sachliche Rechtfertigung für die von der Rechtsprechung „in wertender Betrachtungsweise” (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662) vorgenommene und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich angeordnete Umqualifizierung der —isoliert betrachtet— vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens in eine gewerbliche (siehe auch Woerner, BB 1985, 1609, 1612: „Die Qualifikation des Besitzunternehmens ist letztlich bestimmt durch den Endzweck, zu dem es von dem Unternehmer oder den Unternehmern eingesetzt wird.”).

d) Vor diesem Hintergrund vermag die von der bisherigen Rechtsprechung des BFH zur Ablehnung der Ausdehnung des Gewerbesteuerbefreiungstatbestandes angeführte, im Formalen verhaftete Begründung, Betriebs- und Besitzunternehmen seien (steuer-)rechtlich selbständige Unternehmen und daher hinsichtlich der Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände grundsätzlich streng auseinander zu halten, schon deshalb nicht zu überzeugen, weil eine solche „strikte Trennung” dem (ohnehin nicht unumstrittenen, vgl. z.B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, 9. Aufl., S. 864 ff., m.w.N.) Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung letztlich insgesamt den Boden entzöge (zustimmend Drüen, GmbHR 2005, 69, 80; zur Kritik an der Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 und des Steuersenkungsgesetzes 2001/2002, vgl. z.B. Strahl, Steuerberater-Jahrbuch —StbJb— 2001/2002, S. 137 ff.).

Wie bereits die bisherigen Ausführungen verdeutlichen, beruht das von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Institut der Betriebsaufspaltung gerade auf einer Absage an eine isolierte Betrachtungsweise, welche beide Unternehmen strikt auseinander hält und je für sich behandelt. Diese Rechtsprechung bezieht ihre gesetzliche Legitimation aus dem Blickwinkel der personellen und sachlichen Verflechtung beider Unternehmen. Setzt eine Betriebsaufspaltung und damit die Umqualifizierung einer vermietenden oder verpachtenden Tätigkeit zur gewerblichen u.a. zwingend voraus, dass das Betriebsunternehmen seinerseits einen Gewerbebetrieb unterhält (vgl. oben II.3.b), so lässt sich dies nicht anders interpretieren, als dass die gewerbliche Betätigung des Betriebsunternehmens unbeschadet und trotz der rechtlichen Eigenständigkeit beider Unternehmen und entgegen der These von deren strikter Trennung die —isoliert betrachtet— vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens im Wege der „Infektion” oder „Abfärbung” in eine gewerbliche wandelt (vgl. auch Wehrheim, BB 2001, 913).

Dann aber erscheint es vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich sanktionierten Gebots der folgerichtigen Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung (, BVerfGE 84, 239, 271; Beschluss vom 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 94 ff.) nur konsequent, den zur Begründung der Betriebsaufspaltung und damit zur Umqualifizierung der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens in eine gewerbliche Tätigkeit bemühten Gedanken der „wirtschaftlichen Verflochtenheit” ebenso bei der Beantwortung der Frage heranzuziehen, ob sich die Gewerbesteuerbefreiung der Betätigung des Betriebsunternehmens auch auf das Besitzunternehmen erstreckt. Gegen dieses, aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der Folgerichtigkeit verstieße es, wenn einerseits für den die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens konstituierenden „Belastungsgrund” maßgebend auf den Gesichtspunkt der „wirtschaftlichen Verflochtenheit” und andererseits für den die Gewerbesteuerbefreiung auslösenden „Entlastungsgrund” auf den Aspekt der „rechtlichen Trennung” abgestellt würde (vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1835; Söffing, BB 1998, 2289, rechte Spalte f.; Drüen, GmbHR 2005, 69, 79 f.).

e) Diente im Streitfall die Betätigung des Besitzunternehmens —wiewohl sie sich bei vordergründig-formaler und isolierter Betrachtung in einer bloßen Verpachtung an das Betriebsunternehmen erschöpfte— letztlich —wenn auch mittelbar, über das Betriebsunternehmen— der Erfüllung des von den beherrschenden Inhabern (Gesellschaftern) beider Unternehmen bestimmten gemeinsamen Zwecks, ein (gewerbesteuerfreies) Wohn- und Pflegeheim zu betreiben, und wurden die vom Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassenen Grundstücke und Gebäude —wie im Streitfall— als wesentliche Betriebsgrundlagen auch tatsächlich zur Ausübung des nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG steuerbegünstigten Betriebes eingesetzt, so gebieten es Sinn und Zweck des genannten Befreiungstatbestandes, diesen auch auf die im Besitzunternehmen erzielten Erträge auszudehnen (zustimmend Drüen, GmbHR 2005, 69, 74, mit eingehender rechtsmethodischer Begründung.

aa) Zur schlüssigen Begründung einer dahin gehenden weiten Auslegung des § 3 Nr. 20 GewStG bedarf es nicht der Aufgabe der seit dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 in der ständigen Rechtsprechung des BFH zum Ausdruck gelangten Vorstellung von der (zivil- ebenso wie steuer-)rechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen. Die sachliche und personelle Verflechtung der beiden Betriebe vermag nicht dazu zu führen, dass Besitz- und Betriebsunternehmen im steuerrechtlichen Sinne als ein einziges Unternehmen zu qualifizieren wären mit der Folge, dass der in beiden Organisationseinheiten erzielte und z.B. additiv ermittelte Gesamtgewinn einheitlich der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterworfen würde. Genauso wenig bedarf es dazu der Heranziehung der ebenfalls verfehlten Sichtweise, dass das in einem Unternehmen erzielte Ergebnis (Gewinn oder Verlust) dem anderen Unternehmen zuzurechnen sei, wie dies in den Fällen (der körperschaftsteuer- und gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft geschieht.

bb) Der sozial- und wirtschaftspolitisch motivierte Zweck dieser sachlichen Steuerbefreiung liegt darin, die bestehenden Strukturen bei der Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern (vgl. z.B. , BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67). Die Vorschrift soll zur Kostenentlastung bei den Trägern von Krankenhäusern, Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen beitragen. Sie schafft damit mittelbar auch einen Anreiz für die Vornahme von Investitionen in diesem Bereich.

cc) Die mit § 3 Nr. 20 GewStG verfolgten Zwecke werden in den Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht, sofern man —mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH— eine Erstreckung der entsprechenden Befreiungstatbestände auf das Besitzunternehmen verneint. Denn solchenfalls unterliegen der Gewerbesteuer nicht allein nur diejenigen Erträge, welche das Besitzunternehmen aus den vom Betriebsunternehmen entrichteten Mieten und Pachten erzielt. Vielmehr gilt dies im Grundsatz auch für den gesamten im Betriebsunternehmen erwirtschafteten Gewinn und Gewerbeertrag. Dieser bleibt zwar vorläufig —d.h. soweit und solange die Betriebs-GmbH die in ihrem Betrieb erwirtschafteten Gewinne (Gewerbeerträge) thesauriert— von Gewerbesteuer unbelastet, wird aber spätestens in dem Augenblick beim Besitzunternehmen in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterworfen, in welchem er an das Besitzunternehmen oder an dessen Inhaber bzw. an deren Gesellschafter ausgeschüttet wird. Letzteres folgt aus dem Umstand, dass die Anteile des Besitzunternehmers oder der Besitzgesellschafter an der Betriebskapitalgesellschaft zu ihrem notwendigen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen gehören und die Ausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft beim Besitzunternehmen mangels Eingreifens des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs (vgl. § 9 Nr. 2a GewStG), dessen Anwendung die hier nicht bestehende Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaft voraussetzt, ungeschmälert der Gewerbesteuer unterliegen.

Sachliche Gründe für eine solche —vor dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht haltbare— Benachteiligung der Betriebsaufspaltung gegenüber anderen Unternehmensorganisationsformen bestehen nicht (vgl. auch Drüen, GmbHR 2005, 69, 77).

f) Die vom erkennenden Senat befürwortete Erstreckung des § 3 Nr. 20 GewStG auf das Besitzunternehmen findet ihre Bestätigung nicht zuletzt in der ständigen Judikatur des III. Senats des BFH zum Investitionszulagenrecht (ebenso ausführlich Söffing, BB 1998, 2289, 2280 ff.; derselbe, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 271 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836; Wehrheim, BB 2001, 913). In seinem grundlegenden Urteil vom III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, unter 3.a) führt der III. Senat aus:

„Ließe man hier (meint: in den Fällen der Betriebsaufspaltung) die Gewährung der Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt sind.”

In weiteren Entscheidungen (, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723, und , BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75) hat der III. Senat diese Aussagen dahin gehend konkretisiert, dass in dem —auch im Streitfall vorliegenden— „Normalfall” der Betriebsaufspaltung, in welchem Besitz- und Betriebsunternehmen betriebsvermögensmäßig miteinander verflochten sind und die Anteile der Inhaber bzw. Gesellschafter des Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft (Sonder-) Betriebsvermögen beim Besitzunternehmen darstellen, eine Ausnahme von den strengen gewerblichen Bindungen des begünstigten Wirtschaftsguts an den Betrieb des Investors möglich sei. Denn in einem solchen Fall könne trotz der tatsächlichen Nutzung der betreffenden Wirtschaftsgüter im Betriebsunternehmen noch ein zulagenrechtliches Verbleiben im Besitzunternehmen unterstellt werden; auch sei es möglich und zulässig, „die an sich gegebene rechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen zu vernachlässigen und dem Prinzip der 'wirtschaftlichen Einheit' der verflochtenen Unternehmen, von dem das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung auch geprägt ist (...), im Investitionszulagenrecht den Vorrang einzuräumen” (BFH-Urteil in BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75, unter II.3.c).

Diesen von der ständigen Rechtsprechung des III. Senats des BFH entwickelten Grundsätzen (neben den zitierten Entscheidungen vgl. die umfangreichen Nachweise der Rechtsprechung bei Seer, BB 2002, 1833, 1836 Fn. 45) folgt auch die Finanzverwaltung (vgl. BStBl I 1977, 246 Tz. 104, und vom , BStBl I 1985, 683).

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung, welche die rechtliche Relevanz dieser zur Investitionszulage getroffenen Aussagen im Bereich der gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestände mit dem nicht näher begründeten Hinweis auf die spezielle Zwecksetzung und tatbestandsmäßige Ausgestaltung des Investitionszulagenrechts verneint hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 743; BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662), hält der Senat die Heranziehung dieser Erwägungen durchaus auch zur Beantwortung der hier zu beurteilenden Streitfrage für tragfähig (ebenso —mit ausführlicher und überzeugender Begründung— Söffing, BB 1998, 2289, 2290 ff.; derselbe, Die Betriebsaufspaltung, a.a.O., S. 272 ff.; Seer, BB 2002, 1833, 1836; ferner auch Bitz, GmbHR 2004, 1033).

g) Wie bereits ausgeführt (oben II.3.e, bb), dient der gesundheits- und wirtschaftspolitisch motivierte Gewerbesteuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG der Kostenentlastung bei den Trägern der dort begünstigten Einrichtungen. Diese Vorschrift ist mithin eine Sozialzwecknorm, die —ebenso wie das Investitionszulagenrecht— zum Wirtschaftsrecht gehört (Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl., S. 77 f.; Seer, BB 2002, 1833, 1836) und die als sog. Verschonungssubvention in ihrer Wirkung durchaus mit offenen Subventionen vergleichbar ist (siehe auch Seer, a.a.O.). Der Zweck solcher Steuerbefreiungen (und Steuervergünstigungen) ist letztlich der gleiche wie bei den direkten Subventionen (z.B. Investitionszulagen), nämlich Anreize zur Verwirklichung eines bestimmten vom Gesetzgeber gewünschten Verhaltens des Steuerpflichtigen zu schaffen (Söffing, BB 1998, 2289, 2291). Für eine Gleichbehandlung des Problems der „Merkmalsübertragung” bei der Investitionszulage und anderen Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen spricht überdies der Umstand, dass die im Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom III R 130/80, BFHE 143, 192, BStBl II 1985, 309, und vom III R 110/80, BFHE 145, 482, BStBl II 1986, 367) nach steuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen sind (Söffing, BB 1998, 2289, 2291 f.).

h) Mit dieser Sichtweise steht des Weiteren auch im Einklang, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 683 (unter V.) die von der Rechtsprechung des III. Senats zur Investitionszulage entwickelten und auch in der Verwaltungspraxis angewendeten Grundsätze auch auf andere indirekte Subventionen (Steuervergünstigungen) ausgedehnt hat, namentlich auf die Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG), erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen (§ 7d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG), die Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude (§ 7e Abs. 1 Satz 1 EStG), die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG), erhöhte Absetzungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter in einer Berliner Betriebsstätte (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und die Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen (§ 82d der Einkommensteuer-DurchführungsverordnungEStDV—). Im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 451 befürwortet die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auch für die Gewährung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz (FördG).

i) Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung findet eine Stütze auch in dem zur „Abfärberegelung” des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergangenen (BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152).

Im dortigen Urteilsfall betrieben drei Ärzte in Form einer GbR sowohl eine —für sich genommen als freiberuflich zu qualifizierende— Gemeinschaftspraxis als auch eine —als gewerblich einzustufende, aber nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG steuerbefreite— Augenklinik. Sei die Klägerin (GbR) demnach teilweise gewerblich und teilweise freiberuflich tätig gewesen —so führt der IV. Senat dort aus—, lasse der Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG eine andere Rechtsfolge als die der „Infizierung” der freiberuflichen durch die gewerblichen Einkünfte nicht zu. Dennoch seien die Einkünfte aus der ärztlichen Gemeinschaftspraxis ebenso nach § 3 Nr. 20 GewStG gewerbesteuerfrei zu belassen wie die Einkünfte aus dem Klinikbetrieb. Denn der Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bestehe u.a. darin zu verhindern, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen den beiden Tätigkeiten gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen würden. „Daraus lässt sich jedoch schließen, dass sich die 'Abfärbung' auch auf die Gewerbesteuerfreiheit der Einkünfte erstreckt (...). Denn eine Gewerbesteuerpflicht, die nicht besteht, kann auch nicht gefährdet werden.”

Der Senat verkennt nicht, dass der dortige Streitfall lediglich eine Ausdehnung der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG innerhalb ein und desselben Unternehmens —der GbR— betraf, wohingegen es in der hier zu beurteilenden Konstellation der Betriebsaufspaltung um eine Erstreckung des Befreiungstatbestandes über die Unternehmensgrenzen der Betriebsgesellschaft hinweg auf das rechtlich selbständige Besitzunternehmen geht. Abstrahiert man von diesem —mehr formalen und angesichts der personellen und sachlichen Verquickung von Besitz- und Betriebsunternehmen in den Hintergrund tretenden— Unterschied, so sprechen die vom IV. Senat angestellten Erwägungen auch im Streitfall für eine Anwendung des Befreiungstatbestands auch auf die Tätigkeit des Besitzunternehmens (vgl. auch Seer, BB 2002, 1833, 1836 f.; Gosch, StBp 2002, 216, 217, rechte Spalte; Kempermann, FR 2002, 674). Auch bei der richterrechtlichen Schaffung des Instituts der Betriebsaufspaltung ging es —wie dessen Entstehungsgeschichte (vgl. etwa Seer, BB 2002, 1833, rechte Spalte f.) belegt— wesentlich auch darum zu verhindern, dass der Gewerbesteuer durch eine organisatorische Aufteilung des zur Verwirklichung der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens auf zwei eigenständige Rechtsträger ausgewichen werde.

Die nach wie vor bestehende Aktualität dieser Erwägung wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass —wie schon ausgeführt (oben II.3.c, aa)— der gewerbliche Charakter des Betriebsunternehmens für die Betriebsaufspaltung schlechterdings konstituierend ist: Unterhält die Betriebsgesellschaft weder aufgrund ihrer genuinen Betätigung noch Kraft Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, Kraft gewerblicher Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG oder Kraft Rechtsform gemäß § 8 Abs. 2 KStG einen Gewerbebetrieb, sondern etwa ein freiberufliches oder land- und forstwirtschaftliches Unternehmen, so kommt es auch nicht zu einer „Infektion” und damit zu einer Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Einkünfte des potenziellen Besitzunternehmens in gewerbliche Einkünfte (vgl. oben II.3.c, aa, m.w.N.). Die Notwendigkeit für die Anwendung der Betriebsaufspaltungsgrundsätze wird in derartigen Fällen offensichtlich deswegen nicht gesehen, weil hier eine Umgehung der Gewerbesteuerpflicht durch eine Aufspaltung des Betriebes von vornherein nicht in Betracht kommt.

Die vom IV. Senat des BFH für eine Erstreckung der Abfärbewirkung auch auf die Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 20 GewStG angeführten Argumente liefern nach Auffassung des erkennenden Senats einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Erstreckung des in Rede stehenden Gewerbesteuerbefreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen: Wo wegen § 3 Nr. 20 GewStG eine Gewerbesteuerpflicht gar nicht besteht, kann eine solche auch nicht umgangen werden. Im Kern geht es bei der Betriebsaufspaltung darum, eine Besserstellung des aufgespaltenen Unternehmens gegenüber dem „Einheitsunternehmen” zu verhindern. Dieser Zweck ist obsolet, wenn das als Alternative zur Betriebsaufspaltung gedachte Einheitsunternehmen (gemäß § 3 Nr. 20 GewStG) von der Gewerbesteuer befreit wäre (vgl. auch Bitz, GmbHR 2002, 597; Drüen, GmbHR 2005, 69, 76 f.; Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 3 Rz. 2).

j) Die vom erkennenden Senat im Streitfall befürwortete Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen wird schließlich auch nicht durch das (BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244) in Frage gestellt. Dort hat der I. Senat des BFH entschieden, dass sich die Befreiung einer Organgesellschaft von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 GewStG auch dann nicht auf eine andere, die Befreiungsvoraussetzungen ihrerseits nicht erfüllende Organgesellschaft (Schwestergesellschaft) desselben Organkreises erstrecke, wenn die Tätigkeiten der Gesellschaften sich gegenseitig ergänzten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gesetzlichen Steuerbefreiung müssten von der jeweiligen Organgesellschaft selbst erfüllt werden.

Die im hier vorliegenden Streitfall zu beurteilende Konstellation der Betriebsaufspaltung ist mit dem dort gewürdigten Fall der (gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft nicht vergleichbar. Gemeinsamkeiten weisen die beiden Konstellationen zwar insoweit auf, als es hier wie dort um die Beurteilung des Verhältnisses zweier rechtlich selbständiger Unternehmen zueinander geht, die zudem personell miteinander verflochten sind. Anders als bei der hier zu beurteilenden Betriebsaufspaltung fehlte es im dort entschiedenen Organschaftsfall bereits an einer sachlichen Verflechtung der beiden Schwester- und Organgesellschaften im Sinne der zur Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze, wenngleich auch die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwesterunternehmen, von denen das eine ein nach § 3 Nr. 20 GewStG befreites Krankenhaus und das andere ein —jedenfalls isoliert betrachtet— nicht gewerbesteuerfreies Thermalwasserbad zur Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlung betrieb, einander ergänzt haben mögen. Vor allem kommt aber hinzu, dass der im Betriebsaufspaltungsfall eingreifende —wie dargelegt ein sehr gewichtiges Argument für die Ausdehnung des Befreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen liefernde— „Abfärbe- bzw. Infektionsgedanke” (vgl. oben II.3.d), wonach der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens durch die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens determiniert wird, im vom I. Senat zu beurteilenden Organschaftsfall, in dem beide Schwestergesellschaften unabhängig voneinander jeweils gewerbliche Unternehmen betrieben, keine Rolle spielte.

Ein weiterer —nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls wesentlicher— Unterschied zwischen dem die „klassische” Konstellation der Betriebsaufspaltung betreffenden Streitfall, in welchem das Besitzunternehmen die Rechtsform eines Personenunternehmens (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) besitzt und als Betriebsunternehmen einer Kapitalgesellschaft fungiert, und dem vom I. Senat entschiedenen Sachverhalt der Organschaft besteht darin, dass im letztgenannten Fall die Anteile an der einen Schwestergesellschaft nicht etwa der anderen (gleichgeordneten) Schwestergesellschaft zuzuordnen sind, sondern vielmehr die Anteile an beiden Gesellschaften der gemeinsamen Muttergesellschaft (Organträgerin) gehören. Anders stellt sich die Lage hingegen bei der Betriebsaufspaltung dar. Hier gehören die Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter zum notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen mit der bereits beschriebenen Folge, dass im Falle einer Ablehnung der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen entgegen der vom Gesetzgeber mit der Gewerbesteuerbefreiung verfolgten Intention eine Nachversteuerung des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfindet, soweit und sobald der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an den oder die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen ausgeschüttet wird (vgl. oben II.3.e, cc).

4. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat von den Urteilen des I. Senats in BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115, und des VIII. Senats in BFH/NV 1986, 362, und in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 sowie von dem Beschluss des IV. Senats in BFH/NV 1992, 333 ab. Die betroffenen Senate haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie der Abweichung zustimmen (vgl. Beschlüsse des I. und des IV. Senats vom I ER -S- 3/03, und vom IV ER -S- 6/03, sowie nunmehr auch des VIII. Senats des VIII ER -S- 1/06).

Fundstelle(n):
BStBl 2006 II Seite 661
BB 2006 S. 1434 Nr. 26
BB 2006 S. 1543 Nr. 28
BBK-Kurznachricht Nr. 16/2006 S. 864
BFH/NV 2006 S. 1407 Nr. 7
BStBl II 2006 S. 661 Nr. 15
DB 2006 S. 1352 Nr. 25
DB 2007 S. 7 Nr. 27
DStR 2006 S. 1129 Nr. 26
DStRE 2006 S. 829 Nr. 13
EStB 2006 S. 236 Nr. 7
FR 2006 S. 783 Nr. 17
GStB 2006 S. 31 Nr. 8
GmbH-StB 2006 S. 193 Nr. 7
GmbHR 2006 S. 771 Nr. 14
HFR 2006 S. 791 Nr. 8
INF 2006 S. 528 Nr. 14
KÖSDI 2006 S. 15149 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 15/2007 S. 1232
NWB-Eilnachricht Nr. 26/2006 S. 2156
SJ 2006 S. 12 Nr. 16
StB 2006 S. 283 Nr. 8
StBW 2006 S. 4 Nr. 13
StuB-Bilanzreport Nr. 13/2006 S. 516
ZAAAB-88045