Leitsatz
1. Der Hinweis im Verfassungsschutzbericht eines Landes auf den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen eines Presseverlags kommt einem Eingriff in die Pressefreiheit gleich und bedarf deshalb der Rechtfertigung durch ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. § 15 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen ist ein solches Gesetz.
2. Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung eines Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen eines Presseverlags.
Gesetze: GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 12 Abs. 1
Instanzenzug: OVG Nordrhein-Westfalen 5 A 2055/97 vom VG Düsseldorf 1 K 9318/96 vom
Gründe
A.
I.
1. Die in Berlin ansässige Beschwerdeführerin verlegt die Wochenzeitung "Junge Freiheit". Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen gibt jährlich Verfassungsschutzberichte zur Information der Öffentlichkeit heraus. Rechtsgrundlage dafür ist § 15 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - VSG NRW -) in der Fassung des Gesetzes vom (GV NRW 2003 S. 2), der wie folgt lautet:
Die Verfassungsschutzbehörde darf Informationen, insbesondere Verfassungsschutzberichte, zum Zweck der Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 veröffentlichen, personenbezogene Daten jedoch nur, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Organisationen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person überwiegen.
Der in Bezug genommene § 3 Abs. 1 VSG NRW lautet:
Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
2. bis 4 ..., im Geltungsbereich des Grundgesetzes, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen.
Absatz 3 des § 3 VSG NRW definiert:
Im Sinne dieses Gesetzes sind
a) und b)...,
c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 4 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.
Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder auf Grund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen.
2. In den Berichten über die Jahre 1994 und 1995 wurde die "Junge Freiheit" - ähnlich wie auch in den Folgejahren - im Rahmen der Berichterstattung über rechtsextremistische Bestrebungen ausführlich behandelt. Die in ihr veröffentlichten Beiträge enthielten nach Einschätzung des Landes Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Die Veröffentlichung erfolgte 1994 unter der Rubrik "Rechtsextremismus" mit der Untergliederung "rechtsextremistische Publikationen, Verlage, Vertriebe, Medien" und 1995 unter der Rubrik "rechtsextremistische Organisationen, Gruppierungen und Strömungen".
a) Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1994 sind Artikel aus der "Jungen Freiheit" mit folgenden Themenbereichen auszugsweise zitiert und analysiert:
- Nationalistisch und rassistisch motivierte Fremdenfeindlichkeit / Bestrebungen gegen Gleichheitsgrundrechte - Missachtung der Menschenwürde;
- Antiparlamentarismus / Bestrebungen gegen die parlamentarische Demokratie;
- Mangelnde Distanz zur NS-Herrschaft / Verharmlosung und Relativierung von NS-Verbrechen - Rechtfertigung des Nationalsozialismus;
- Strategische Aussagen / strategische Forderungen.
Weiter enthält der Bericht eine Würdigung der Bewegung "Neue Rechte", deren Gedankengut in der "Jungen Freiheit" propagiert werde. Unter anderem heißt es:
Die durch den Verfassungsschutz NRW vorgenommene Auswertung der bisher erschienenen Ausgaben der JF, insbesondere des Jahres 1994, hat zahlreiche tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen ergeben. Konstant und auffällig ist die JF von Beiträgen durchsetzt, in denen die Verfasser für politische Standpunkte werben oder Forderungen erheben, die mit grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere der Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten und dem Grundsatz der Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, nicht in Einklang stehen.
b) Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1995 wird betont, dass der Verfassungsschutz NRW derzeit keine nachrichtendienstlichen Mittel bei der Beobachtung der "Jungen Freiheit" einsetze. Beobachtung bedeute im Fall der "Jungen Freiheit", dass die Zeitschrift gelesen und bewertet werde und die Ergebnisse dieser Auswertung veröffentlicht würden. Zum Beleg fortbestehender tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen sind Beiträge aus der "Jungen Freiheit" unter folgenden Themenschwerpunkten zusammengestellt: Agitation zum 8. Mai; Revisionismus; Umerziehung und Vergangenheitsbewältigung; Political Correctness (PC); Umwertung von Begriffen "konservativ", "Nation", "Demokratie"; Konservative Revolution; Antiparlamentarismus; Agitation gegen Institutionen und Funktionsträger der freiheitlichen Demokratie; Bestrebungen gegen Grundrechte.
Außerdem wird über die Leserkreise der "Jungen Freiheit", über die Beziehung zur so genannten "JF-Sommeruniversität" und erneut über die "Neue Rechte" berichtet.
II.
Die Beschwerdeführerin klagte vor dem Verwaltungsgericht gegen das Land Nordrhein-Westfalen unter anderem auf Unterlassung der Verbreitung der Verfassungsschutzberichte, wenn nicht die Passagen über die "Junge Freiheit" entfernt würden, auf Feststellung, dass das Land nicht befugt sei, die "Junge Freiheit" in die Rubrik "Rechtsextremismus" einzuordnen, solange es nur einen Verdacht habe, ferner auf Richtigstellung, dass die Einordnung nicht gerechtfertigt gewesen sei, sowie auf Widerruf von Behauptungen.
1. Das Verwaltungsgericht wies die Klage im Jahre 1997 ab.
a) Die Schutzbereiche von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 12 Abs. 1 GG seien bereits nicht berührt. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schütze die Verbreitung von Meinungen und Tatsachen in Druck-erzeugnissen. Der Beschwerdeführerin sei es trotz Veröffentlichung der Verfassungsschutzberichte möglich, die "Junge Freiheit" herzustellen und zu verbreiten und über den Inhalt der von ihr gedruckten Beiträge zu bestimmen. Die geltend gemachten Nachteile wirtschaftlicher Art infolge der in den Verfassungsschutzberichten zum Ausdruck kommenden Kritik seien vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht umfasst.
Ebenso wenig sei das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die Verfassungsschutzberichte und die damit einhergehende Information der Öffentlichkeit tangiert, weil die Redakteure und Mitarbeiter der Beschwerdeführerin ihrer Tätigkeit weiter nachgehen könnten.
b) Die Beschwerdeführerin sei durch die Berichte auch nicht in ihrem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil der in den Berichten liegende Eingriff gerechtfertigt sei. Er finde seine Grundlage in der Ermächtigungsnorm des § 15 Abs. 2 VSG NRW, dessen formelle und materielle Voraussetzungen erfüllt seien. In formeller Hinsicht stehe dem Land die Verbandskompetenz zu, insbesondere sei die Zuständigkeit des beklagten Landes für die Erwähnung der von der Beschwerdeführerin verlegten Zeitung in den Verfassungsschutzberichten gegeben. Ein Personenzusammenschluss mit Sitz in Nordrhein-Westfalen werde nicht vorausgesetzt, vielmehr sei ausreichend, dass die "Junge Freiheit" in Nordrhein-Westfalen verbreitet werde.
Die Veröffentlichung der Verfassungsschutzberichte sei auch materiell rechtmäßig. Die Beschwerdeführerin wolle nicht nur Meinungen äußern, sondern durch ihre Publikationen einen Prozess der Veränderung des öffentlichen Meinungsklimas im Sinne ihrer redaktionellen Grundsätze in Gang bringen. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass diese Verhaltensweise darauf gerichtet sei, zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählende Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Dass dies für die Veröffentlichung in einem Verfassungsschutzbericht ausreiche, sei bereits dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 VSG NRW zu entnehmen, der auf § 3 Abs. 1 VSG NRW und dessen letzten Halbsatz Bezug nehme. Sinn und Zweck der Vorschrift geböten keine Abweichung. Verfassungsschutzberichte dienten der Aufklärung, wie sich unmittelbar aus § 15 Abs. 2 VSG NRW ergebe, der eine Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung vorsehe. Die Vorschrift sei Ausdruck des Prinzips der "wehrhaften Demokratie", das dem Staat von Verfassungs wegen die Pflicht auferlege, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen. Mit der Wahrnehmung dieser Verpflichtung sei die Aufgabe verbunden, die Öffentlichkeit bereits beim Bestehen von Anhaltspunkten für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen effektiv vor Gefahren für die Verfassungsschutzgüter zu warnen. Wäre die Information erst zulässig, wenn Gewissheit bestünde, könnte die Gefahrenabwehr zu spät kommen.
Tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verdacht gegen die Beschwerdeführerin hätten vorgelegen. Die Zeitung eröffne keinen "Markt der Meinungen", da in ihr nicht alles vertreten werden könne und vertreten werde. Die in der Zeitung gedruckten Meinungsäußerungen und Tatsachenmeldungen würden nach den Regeln des Presserechts in der Verantwortung der Redaktion veröffentlicht und seien ihr ohne hinreichend deutliche, in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang erfolgte Missbilligung oder Distanzierung zuzurechnen. Aus einer Gesamtschau aller Artikel ergebe sich die Tendenz der Zeitung, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Absichten erkennen lasse. Abzustellen sei auf alle Artikel einschließlich der von freien Mitarbeitern verfassten und der Leserbriefe. Maßgeblich sei der objektive Erklärungsinhalt einer Verlautbarung so, wie dieser auf einen Dritten, namentlich den Adressatenkreis, wirke.
Auf dieser Grundlage ließen die Berichte darauf schließen, dass die Beschwerdeführerin die Menschenrechte des Grundgesetzes missachte. Ausländer würden als aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen minderwertig und unerwünscht dargestellt. Ein rassistischer Leserbrief unter dem Titel "ASYLyrik" sei ohne zeitnahe Distanzierung veröffentlicht worden. Eine antisemitische Ausrichtung zeige sich in der zynischen Herabwürdigung von Holocaust-Opfern mit satirischen Mitteln. Auch Aids-Opfer würden in einem Jahresrückblick diffamiert, indem sie in einem Atemzug mit Opfern von Tierschlachtungen genannt würden. Weiter seien der Zeitung Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip zu entnehmen. Das Mehrparteiensystem werde in Zweifel gezogen. Es werde eine Staatsform propagiert, in der die Regierung nicht mehr der Volksvertretung gegenüber verantwortlich wäre. Eine demokratiefeindliche Einstellung zeige sich auch darin, dass die Beschwerdeführerin die im Kaiserreich und in der Weimarer Republik vertretene Idee der "Konservativen Revolution" verfechte.
Die Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet und erforderlich, um der Öffentlichkeit Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsschutzrechtlich erheblicher Bestrebungen aufzuzeigen. Sie stehe auch nicht außer Verhältnis zu den geltend gemachten Nachteilen. Zum einen habe die Beschwerdeführerin durch die Verfassungsschutzberichte verursachte wirtschaftliche Nachteile nicht substantiiert dargelegt. Zum anderen seien diese gegenüber dem mit den Berichten verfolgten Anliegen nachrangig und schließlich handele es sich insoweit um eine bloße Folgewirkung der Berichte.
2. Den Antrag auf Zulassung der Berufung wies das Oberverwaltungsgericht im Jahre 2001 zurück.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden nicht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht verletzt, da die Berichte rechtmäßig gewesen seien. Das Land habe für die angegriffenen Maßnahmen die Verbandskompetenz gehabt. Das Verwaltungsgericht, dessen Ausführungen das Oberverwaltungsgericht sich zu Eigen mache, sei auf der Grundlage einer umfassenden Auswertung zahlreicher Veröffentlichungen der "Jungen Freiheit" zu Recht davon ausgegangen, dass bezogen auf die Beschwerdeführerin tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlägen, die eine Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten rechtfertigten. In einer Gesamtschau ergebe sich der Eindruck, die Beschwerdeführerin trete aktiv für die genannten verfassungsfeindlichen Auffassungen ein. Die dagegen erhobenen Einwände der Beschwerdeführerin seien nicht geeignet, den Verdacht auszuräumen. Irrelevant sei, ob die Beiträge auch anders interpretiert werden könnten. Maßgebend sei allein, dass die betreffenden Artikel bei vernünftiger Betrachtung auch und gerade in dem vom Verwaltungsgericht dargelegten Sinne verstanden werden könnten und die Gesamtheit der vom Verwaltungsgericht bewerteten Artikel jedenfalls hinreichenden Anlass für den Verdacht verfassungsfeindlicher Ziele gebe. Die Redaktion habe über einen längeren Zeitraum eine größere Anzahl derartiger Beiträge kommentarlos und ohne Distanzierung veröffentlicht. Darüber hinaus geht das Oberverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung davon aus, dass sich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht feststellen lässt und die Schutzbereiche von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 12 Abs. 1 GG nicht berührt seien. Eine Zulassung der Berufung aus den Gründen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) lehnte das Oberverwaltungsgericht ohne nähere Begründung ebenfalls ab.
III.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Art. 12 Abs. 1 GG durch die beiden Verfassungsschutzberichte und die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze sie zudem in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 und aus Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 4 GG.
1. Ein Eingriff auch in die Presse- und Berufsfreiheit ergebe sich aus der Intensität der Beeinträchtigungen, welche die Beschwerdeführerin in der Folge der Berichte erlitten habe. Dabei sei eine Substantiierung im Einzelnen nicht erforderlich, weil die Aufnahme der Beschwerdeführerin in die Verfassungsschutzberichte ihre Stigmatisierung in der Öffentlichkeit bewirke. Es werde ihr dadurch wesentlich erschwert, Anzeigenkunden zu werben, ihren Vertrieb zu sichern und Leser zu gewinnen. Die Öffentlichkeit differenziere nicht zwischen der Behauptung, die "Junge Freiheit" sei rechtsextremistisch, und der Behauptung, es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte für einen derartigen Verdacht. Die Beschwerdeführerin könne sich wegen der Berichte in privatrechtlichen Auseinandersetzungen nicht erfolgreich gegen die Bezeichnung als rechtsextremistisch wehren. Zu berücksichtigen sei überdies, dass die Verfassungsschutzberichte ihre politische Wirkung in erster Linie über die Massenmedien entfalteten. Die breite Öffentlichkeit lese die Verfassungsschutzberichte nicht; hingegen orientierten sich die Medien in ihrer Berichterstattung und ihren Bewertungen an den Verfassungsschutzberichten, wenn es um die Einstufung politischer Gruppen oder Publikationen als "extremistisch" gehe. Der Umstand, dass im Verfassungsschutzbericht darauf hingewiesen werde, es lägen "tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung" vor, mildere in der Praxis die stigmatisierende Wirkung des Berichts kaum ab. In den Entscheidungen "Osho" und "Glykol" (Hinweis auf BVerfGE 105, 279 und BVerfGE 105, 252) habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass auch Beeinträchtigungen, die nicht die Qualität eines Eingriffs hätten, am Maßstab des betroffenen Spezialfreiheitsrechts zu überprüfen seien. Damit habe sich das Bundesverfassungsgericht von einer früheren Entscheidung (BVerfGE 40, 287) abgekehrt, nach der die indirekten Auswirkungen der Einstufung als extremistisch in einem Verfassungsschutzbericht nur am Willkürverbot zu messen seien.
2. Der Eingriff in ihre Grundrechte sei nicht durch § 15 Abs. 2 VSG NRW gerechtfertigt.
a) In der Auslegung der Norm durch die Gerichte fehle dem Land die Verbandskompetenz für § 15 Abs. 2 VSG NRW. Die Zuständigkeiten der Länder seien auch im Bereich des Verfassungsschutzes territorial begrenzt. Das gelte für die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes in stärkerem Ausmaß als für die Informationserhebung und -verarbeitung. Hier gehe es um eine Stellungnahme zu einer Zeitung aus Berlin. Nur dort könnten überhaupt verfassungsfeindliche "Bestrebungen" entfaltet worden sein. Die bloße Verbreitung der "Jungen Freiheit" auch in Nordrhein-Westfalen könne dagegen nicht als derartige "Bestrebung" angesehen werden, da es um Handlungen von Menschen gehe; das seien hier die in Berlin ansässigen Redaktionsmitglieder, nicht die Leser und Verkäufer in Nordrhein-Westfalen. Durch die Berichte habe das Land in die Bewertungskompetenz des Landes Berlin und des Bundes eingegriffen.
b) § 15 Abs. 2 VSG NRW sei bei Zugrundelegung der von den Gerichten vorgenommenen Auslegung auch materiell verfassungswidrig. Weder handele sich es um ein allgemeines Gesetz noch konkretisiere die Norm eine verfassungsimmanente Schranke der Pressefreiheit. Eine Aufnahme in die Berichte schon beim bloßen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen sei mit den Grundrechten der Beschwerdeführerin sowie mit dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip nicht zu vereinbaren. Zweck der Berichte sei nicht die Information der Öffentlichkeit, sondern der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Deshalb reiche der bloße Verdacht nicht aus. Vielmehr würde die Formulierung von Kampfansagen an Organisationen voraussetzen, dass eine Zielsetzung außerhalb des demokratischen Konsenses tatsächlich feststehe. Auch der Gedanke der Gefahrenabwehr könne nichts anderes ergeben. Werde eine Gruppierung zu Unrecht in einen Verfassungsschutzbericht aufgenommen, so werde die freiheitliche demokratische Grundordnung als Schutzgut der Veröffentlichung beeinträchtigt. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer Aufnahme sei auch eine Analogie zur strafrechtlichen Unschuldsvermutung angezeigt. Der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen könne nur Maßnahmen zur Aufklärung, nicht aber bereits eine Bekämpfung der betroffenen Organisation rechtfertigen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gehe eine Gefahrerforschung möglichen Maßnahmen der Gefahrenabwehr vor. Zumindest sei es nicht erforderlich, die Verdachtsfälle im selben Kapitel sowie mit derselben optischen Aufmachung und Darstellungsweise aufzuführen wie nachweislich verfassungsfeindliche Gruppierungen. Die Bezeichnung als "extremistisch" sei ebenfalls unverhältnismäßig.
c) Die Anwendung des § 15 Abs. 2 VSG NRW auf den vorliegenden Fall sei ebenfalls nicht mit der Verfassung vereinbar. Es bestünden keine tatsächlichen Anhaltspunkte für den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Zielsetzung der "Jungen Freiheit". Die Gerichte hätten die Zitate, die in den angeführten Berichten enthalten seien, in ihrer Aussage überwiegend verkannt. Andere Interpretationsmöglichkeiten seien nicht ausgeschlossen worden. Eine Ausnahme sei der rassistische Leserbrief, welcher der Beschwerdeführerin aber nicht zurechenbar sei und von dem sie sich distanziere.
Auch eine Gesamtbetrachtung der "Jungen Freiheit" rechtfertige die Verfassungsschutzberichte nicht. Der Leserbrief allein sei jedenfalls nicht ausreichend. Das Verwaltungsgericht habe lediglich 16 Zitate herangezogen, von denen sechs nicht aus den Berichtszeiträumen stammten. Angesichts eines Artikelvolumens von mehreren Tausend im Jahr in der "Jungen Freiheit" sei das ein zu geringer Anteil.
Schließlich sei die Veröffentlichung in den Verfassungs-schutzberichten unverhältnismäßig. Die freiheitliche demokratische Grundordnung werde zu Unrecht den Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin als abstrakte Größe gegenübergestellt. Vielmehr hätte die Bedeutung der Handlungen der Beschwerdeführerin für diese Grundordnung ermittelt werden müssen, wofür es etwa auf die Leserzahl und den gesamtgesellschaftlichen Einfluss der Zeitschrift sowie auf die Stabilität der Demokratie in Deutschland ankomme. Die Gerichte hätten auch die immaterielle Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch die Berichte verkannt und überzogene Anforderungen an die Darlegung wirtschaftlicher Nachteile gestellt.
3. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts handhabe die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung in einer gegen Verfahrensgrundrechte verstoßenden Weise. Das Oberverwaltungsgericht habe in der Sache ein Berufungsurteil gefällt, ohne ein Berufungsverfahren durchzuführen. Dadurch sei die Möglichkeit der Beschwerdeführerin zu weiterem Sachvortrag rechtsstaatswidrig verkürzt worden. Zudem rügt die Beschwerdeführerin eine Verfahrensdauer von über vier Jahren in der Berufungsinstanz als überlang, weist allerdings im Schriftsatz vom darauf hin, dass ihr in erster Linie an einer Entscheidung in der Sache liege, da der beabsichtigte Rechtsfrieden nur bei Klärung der verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen einkehren könne.
IV.
Das Land Nordrhein-Westfalen verneint in seiner Stellungnahme die Verletzung materieller Grundrechte der Beschwerdeführerin und führt insbesondere aus, der Verdacht gegen die Beschwerdeführerin sei hinreichend gewesen, um sie in die Verfassungsschutzberichte aufzunehmen. Die "Junge Freiheit" biete zahlreiche tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass die Beschwerdeführerin über diese Zeitung Bestrebungen entfalte, die vor allem gegen die demokratische und parlamentarische Ordnung des Grundgesetzes gerichtet seien. Die Beschwerdeführerin stütze sich teils ausdrücklich, teils stillschweigend auf das antidemokratische und antiparlamentarische Gedankengut der "Konservativen Revolution", neige zu einer Verharmlosung des Nationalsozialismus und des Holocaust, vertrete einen geographischen Revisionismus und verunglimpfe die verfassungsmäßige Ordnung des Grundgesetzes sowie ihre politischen Gegner. Außerdem enthielten zahlreiche Artikel in der "Jungen Freiheit" ausländerfeindliche und tendenziell antisemitische Ausführungen. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz sei berechtigt, einem derartigen Verdacht nachzugehen, da die "Junge Freiheit" auch in Nordrhein-Westfalen verbreitet werde. Er sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, die Information über die "Junge Freiheit" gesondert von Berichten über Organisationen abzudrucken, bei denen mehr als ein Verdacht bestehe.
B.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.
I.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Beschwerdeführerin unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass die Aufnahme von Passagen über die "Junge Freiheit" in die nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzberichte 1994 und 1995 den Schutzbereich der Pressefreiheit nicht berühre. Die gleiche rechtliche Beurteilung ist ein tragendes Argument für die Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Diese Auffassung verkennt die Reichweite des grundrechtlichen Schutzbereichs der Pressefreiheit.
a) Die Beschwerdeführerin als Verlegerin und Herausgeberin einer Wochenzeitung ist durch die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG geschützt. Auch als juristische Person des Privatrechts kann sie sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auf die Meinungs- und Pressefreiheit berufen (vgl. BVerfGE 80, 124 <131>; 95, 28 <34>). Das Grundrecht sichert die Freiheit der Herstellung und Verbreitung von Druckerzeugnissen und damit das Kommunikationsmedium Presse (vgl. BVerfGE 85, 1 <12 f.>). Demgegenüber schützt die Meinungfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG Form und Inhalt von Meinungsäußerungen, auch wenn sie in einem Presseerzeugnis verbreitet werden (vgl. BVerfGE 97, 391 <400>).
Prüfungsmaßstab ist vorliegend die Pressefreiheit. Die staatliche Maßnahme trifft das Presseerzeugnis selbst und beeinflusst die Rahmenbedingungen pressemäßiger Betätigung. Gegenstand der Verfassungsschutzberichte ist der Hinweis auf den Verdacht, dass die Beschwerdeführerin bestrebt sei, mit Hilfe der Zeitung die freiheitliche demokratische Grundordnung in Bund und Ländern zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Die Verfassungsschutzberichte greifen zum Beleg des angenommenen Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen einzelne Artikel aus der "Jungen Freiheit" heraus, um auf dieser Grundlage ein Gesamturteil über die Zeitung und die hinter ihr stehende Gruppierung zu begründen: Die negative Beurteilung der Bestrebungen gilt der Organisation, die sich der Zeitung als Sprachrohr bedient.
In diesem Zusammenhang bewerten die Verfassungsschutzberichte einzelne Meinungsäußerungen je für sich als verfassungsfeindlich und rechnen sie der Beschwerdeführerin zu. Insoweit kann auch die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zum Prüfungsmaßstab werden. Hier wendet sich die Beschwerdeführerin aber nur gegen die aus den Artikeln gezogenen Folgerungen über verfassungsfeindliche Bestrebungen der Beschwerdeführerin als Verlegerin einer Zeitung. Daher hat das Grundrecht auf Meinungsfreiheit keine eigenständige Bedeutung für die verfassungsrechtliche Beurteilung der angegriffenen Entscheidungen im vorliegenden Verfahren.
b) Nicht jedes staatliche Informationshandeln und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung ist als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. BVerfGE 105, 252 <265 ff.> - zu Art. 12 Abs. 1 GG -; 105, 279 <294 ff., 299 ff.> - zu Art. 4 Abs. 1 GG -). Maßgebend ist, ob der Schutzbereich eines Grundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung einen Eingriff oder eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt. Das ist bei der Nennung der Beschwerdeführerin im Verfassungsschutzbericht zu bejahen.
aa) Der Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit bestimmt sich unter Berücksichtigung des Zwecks der grundrechtlichen Verbürgung. Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 <174>). Aufgabe der Presse ist es dementsprechend, umfassende Information zu ermöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten (vgl. BVerfGE 52, 283 <296>). Dies setzt ihre Unabhängigkeit vom Staat voraus. Die Pressefreiheit schützt die Grundrechtsträger daher vor Einflussnahmen des Staates auf die mit Hilfe der Presse verbreiteten Informationen, insbesondere vor negativen oder positiven Sanktionen, die an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen (vgl. BVerfGE 80, 124 <133 f.> - zu Subventionen).
Der Schutz vor inhaltsbezogenen Einwirkungen betrifft nicht allein Eingriffe im traditionellen Sinne (zum herkömmlichen Eingriffsbegriff siehe BVerfGE 105, 279 <300>), sondern kann auch bei mittelbaren Einwirkungen auf die Presse (vgl. BVerfGE 52, 283 <296>) ausgelöst werden, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Eingriffen gleich kommen (vgl. BVerfGE 105, 252 <273>). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt den Trägern der Pressefreiheit daher ein subjektives Abwehrrecht auch gegen Beeinträchtigungen, die mittelbar über eine Einflussnahme des Staates auf Dritte eintreten, etwa dadurch, dass das Verhalten dieser Dritten die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten oder die finanziellen Erträge des Presseorgans in einer Weise nachteilig beeinflusst, die einem Eingriff gleichkommt. Dass über faktische Nachteile des Informationshandelns hinaus rechtliche Auswirkungen an die staatliche Maßnahme geknüpft sein müssen - wie der Zweite Senat im Jahre 1975 für den Bereich des Art. 21 GG angenommen hat (BVerfGE 40, 287 <293>) - ist demgegenüber nicht Voraussetzung dafür, dass die Kommunikationsfreiheit beeinträchtigt sein kann.
bb) Vorliegend dienen die Erwähnung der "Jungen Freiheit" und die kritische Auseinandersetzung mit ihr in den Verfassungsschutzberichten dem in § 3 Abs. 1 und § 15 Abs. 2 VSG NRW umschriebenen Zweck des Verfassungsschutzes, durch Aufklärung der Öffentlichkeit Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes und der Länder abzuwehren. Die im Rahmen dieser Zielsetzung durch einen Verfassungsschutzbericht ausgelösten Wirkungen kommen einem Eingriff gleich.
Der Verfassungsschutzbericht ist kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren (§ 1 VSG NRW) und stammt von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen (vgl. §§ 5 ff. VSG NRW), darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, arbeitenden Stelle. Insofern geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer (vgl. BVerfGE 105, 252 <267 ff.>), hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen die Beschwerdeführerin.
Die Verfassungsschutzbehörde bewertet in den Berichten einzelne Inhalte der Zeitung als verfassungsfeindlich und versieht dies mit Schlussfolgerungen über die Bestrebungen der Beschwerdeführerin. Die Äußerung im Verfassungsschutzbericht hat nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zugleich den Charakter einer Warnung vor der Beschwerdeführerin und der von ihr verantworteten Zeitung (zur Warnfunktion siehe auch OVG NRW, NVwZ 1994, S. 588 f.; Murswiek, NVwZ 2004, S. 769 <771> m.w.N. in Fn 21). Der Verlag und die Redaktion der "Jungen Freiheit" werden durch die Erwähnung in den Verfassungsschutzberichten zwar nicht daran gehindert, die Zeitung weiter herzustellen und zu vertreiben sowie auch zukünftig Artikel wie die beanstandeten abzudrucken. Ihre Wirkungsmöglichkeiten werden jedoch durch den Verfassungsschutzbericht nachteilig beeinflusst. Potenzielle Leser können davon abgehalten werden, die Zeitung zu erwerben und zu lesen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass etwa Inserenten, Journalisten oder Leserbriefschreiber die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht zum Anlass nehmen, sich von der Zeitung abzuwenden oder sie zu boykottieren.
Eine solche mittelbare Wirkung der Verfassungsschutzberichte kommt einem Eingriff in das Kommunikationsgrundrecht gleich.
2. Die Annahme der Behörde und der Gerichte, die allerdings im Rahmen der Prüfung des Art. 2 Abs. 1 GG erfolgt ist, eine solche Beeinträchtigung sei jedenfalls gerechtfertigt, hält verfassungsrechtlicher Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
a) Der Staat ist grundsätzlich nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten von Gruppen oder deren Mitglieder wertend zu beurteilen (vgl. BVerfGE 105, 279 <294> - zu Art. 4 Abs. 1 GG -). Die Verteidigung von Grundsätzen und Wertvorgaben der Verfassung durch Organe und Funktionsträger des Staates kann auch mit Hilfe von Informationen an die Öffentlichkeit und der Teilhabe an öffentlichen Auseinandersetzungen erfolgen. Führt das staatliche Informationshandeln aber zu Beeinträchtigungen, die einem Grundrechtseingriff gleichkommen (vgl. BVerfGE 105, 252 <273>), bedürfen sie der Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 105, 279 <299 ff.> - zu Art. 4 GG -).
aa) Die Pressefreiheit ist nicht unbeschränkt gewährleistet. Sie findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Allgemein sind Gesetze, die sich nicht gegen das Grundrecht an sich oder gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen (vgl. BVerfGE 7, 198 <209 f.>; 97, 125 <146>; stRspr).
§ 15 Abs. 2 VSG NRW ist ein solches allgemeines Gesetz. Die in § 15 Abs. 2 VSG NRW enthaltene Ermächtigung zur Information der Öffentlichkeit in Verfassungsschutzberichten zum Zweck der Aufklärung über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten dient, wie die Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 VSG NRW zeigt, dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Bund und Ländern. Die Ermächtigung ist weder gegen eine bestimmte Meinung noch gegen den Prozess der freien Meinungsbildung oder gegen freie Information als solche gerichtet, sondern zielt auf die Wahrung eines allgemein in der Rechtsordnung, hier der Verfassung, verankerten Rechtsguts, dessen Schutz unabhängig davon ist, ob es durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise gefährdet oder verletzt wird.
bb) Bedenken gegen die formelle Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 VSG NRW bestehen nicht. Insbesondere hat das Land Nordrhein-Westfalen seine Gesetzgebungskompetenz nicht überschritten.
Der Bund hat nach Art. 73 Nr. 10 Buchstabe b GG zwar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder im Bereich des Verfassungsschutzes, nicht aber für den Verfassungsschutz allgemein. Insoweit ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz der Länder aus Art. 70 Abs. 1 GG. Die Länder sind zum Erlass von Gesetzen zur Abwehr von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung befugt, soweit sich diese im jeweiligen Land auswirken und damit dort Gefahren hervorrufen können. Dies kann bei einer Zeitung in jedem Bundesland der Fall sein, in dem sie vertrieben wird. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist nicht entscheidend, ob die Bestrebungen ihren Ausgang in einem anderen Bundesland haben - vorliegend Berlin, dem Sitz von Redaktion und Verlag der "Jungen Freiheit".
Dem Gesetzgeber ist es auch nicht grundsätzlich verwehrt, zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu Maßnahmen zu ermächtigen, deren Wirkungen die Grenzen des Landes unvermeidbar überschreiten. Bei Verfassungsschutzberichten als Druck-erzeugnissen ist niemals auszuschließen, dass die in ihnen enthaltenen Informationen auch in anderen Ländern wahrgenommen oder - etwa über die Berichterstattung in den Medien - weiter verbreitet werden.
cc) Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 VSG NRW, der die Behörde unter näher bezeichneten Voraussetzungen dazu ermächtigt, in dem Verfassungsschutzbericht über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu informieren.
(1) Die Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten ist eine grundsätzlich geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Bei der Nutzung der Ermächtigung des § 15 Abs. 2 VSG NRW zur Veröffentlichung von Informationen im Verfassungsschutzbericht sind die rechtlichen Grenzen des Ermessens zu beachten (vgl. § 40 VwVfG NRW), zu denen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gehört. Das Gebot der Erforderlichkeit wird in § 15 Abs. 2 VSG NRW zwar ausdrücklich nur für die Veröffentlichung personenbezogener Daten erwähnt. Es gilt aber als Bestandteil des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kraft Verfassungsrechts stets bei Eingriffen oder eingriffsgleichen Beeinträchtigungen von Grundrechten und ist daher ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Norm.
(2) Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit einer belastenden Maßnahme werden im Einzelnen durch den Rang des zu schützenden Rechtsguts und die Intensität seiner Gefährdung beeinflusst, aber auch durch die Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen.
Die Verfassungschutzbehörde und die Gerichte haben § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW dahingehend ausgelegt, dass das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreicht. Zum Beleg haben sie sich auf den letzten Satzteil von § 3 Abs. 1 VSG NRW berufen, der die Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde allgemein durch die Worte beschränkt: "soweit tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht solcher Bestrebungen und Tätigkeiten vorliegen". Ungeachtet der in der Literatur an diesem Normenverständnis insbesondere aus systematischen Gründen geäußerten Kritik (vgl. Murswiek, NVwZ 2004, S. 769 <775>) hat das Bundesverfassungsgericht bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der angegriffenen Maßnahmen von der Auslegung durch die Fachgerichte auszugehen, weil gegen sie verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben sind.
(a) Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen allerdings hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigen sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet ist, reichen sie auch nach dieser Auslegung als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stehen die Bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, muss dessen Intensität hinreichend sein, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen.
Unter Bestrebungen im Sinne des § 15 Abs. 2 VSG NRW versteht das Gesetz politisch motivierte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 3 Abs. 4 VSG NRW genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe c VSG NRW). Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt (§ 3 Abs. 3 Satz 2 VSG NRW). Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind nur ausnahmsweise als Bestrebungen im Sinne des Gesetzes zu bewerten, so wenn sie auf die Anwendung von Gewalt gerichtet sind (§ 3 Abs. 3 Satz 2 VSG NRW).
Mit der Definition der Bestrebungen in § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe c VSG NRW greift das Gesetz ein auch in § 92 Abs. 3 Nr. 3 StGB enthaltenes Tatbestandsmerkmal auf. Im Strafrecht ist anerkannt, dass die Missbilligung eines Verfassungsgrundsatzes zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals nicht ausreicht. Vorausgesetzt ist vielmehr, dass bestimmte Personen oder Gruppen sich bemühen, einen der Verfassungsgrundsätze zu beseitigen (vgl. Stree/Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 26. Aufl. 2001, Rn. 16 f. zu § 92). Die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen ist nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit müssen Art und Schwere der Sanktion auf das konkrete Gefahrenpotenzial abgestimmt sein.
(b) Knüpft die Sanktion an Meinungsäußerungen oder Presseveröffentlichungen an, muss ergänzend berücksichtigt werden, dass die Meinungs- und die Pressefreiheit ihrerseits konstituierend für die Demokratie sind, die auch eine kritische Auseinandersetzung mit Verfassungsgrundsätzen und -werten zulässt. Der Schutzgehalt der Kommunikationsgrundrechte kann Auswirkungen sowohl auf die Anforderungen an die Feststellung von Bestrebungen oder eines entsprechenden Verdachts als auch auf die rechtliche Bewertung der ergriffenen Maßnahme haben, insbesondere im Hinblick auf ihre Angemessenheit.
(aa) Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde die Aufnahme in ihren Bericht insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. So dürfen Äußerungen zur Ankündigung einer Straftat zum Anlass für Maßnahmen gegen die Tatverwirklichung werden. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. Der Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG wirkt sich aber bei der Prüfung aus, ob sich die verfassungsfeindliche Bestrebung in der Äußerung manifestiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern.
Dementsprechend reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten nicht als Anlass aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung im Sinne des § 15 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VSG NRW zu bejahen oder allein deshalb die negative Sanktion einer Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten zu ergreifen. Auch sieht § 15 Abs. 2 VSG NRW eine von der Feststellung des Verdachts solcher Bestrebungen abgelöste inhaltliche Bewertung von Artikeln im Verfassungsschutzbericht nicht vor. Einzelne Artikel können allerdings zur Begründung des Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen herangezogen werden, wenn sie aus sich heraus oder im Zusammenwirken mit anderen Befunden darauf hindeuten.
(bb) Die Nutzung der in der Zeitung veröffentlichten Artikel als Anhaltspunkte für entsprechende Bestrebungen der Beschwerdeführerin darf sich auch auf solche Artikel beziehen, die sie oder die Mitglieder ihrer Redaktion nicht selber verfasst haben. Allerdings rechnet § 3 Abs. 3 Satz 1 VSG NRW Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 3 VSG NRW erfüllen, ausdrücklich nicht zu den Bestrebungen im Sinne des Gesetzes, soweit sie nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln. Es bedarf daher besonderer Anhaltspunkte, warum aus den Artikeln von Dritten, die der Redaktion nicht angehören, entsprechende Bestrebungen von Verlag und Redaktion abgeleitet werden können. Dies kann der Fall sein, wenn durch die redaktionelle Auswahl der von Dritten geschriebenen Veröffentlichungen verfassungsfeindliche Bestrebungen von Verlag und Redaktion zum Ausdruck kommen.
Bei der Bewertung ist allerdings zu berücksichtigen, dass Zeitungen sich üblicherweise nicht alle veröffentlichten Inhalte zu Eigen machen, auch wenn sie sich nicht jeweils ausdrücklich von ihnen distanzieren. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, maßgebliche Anhaltspunkte folgten in erster Linie aus Artikeln und Kommentaren der Redaktionsmitglieder selbst sowie der freien Mitarbeiter. Andere Äußerungen schieden jedenfalls aus, soweit die Zeitung ohne eigene Identifikation einen "Markt der Meinungen" eröffne. Sei dies nicht der Fall, könnten Äußerungen Dritter, etwa sonstiger Autoren und Leserbriefschreiber, dem Verlag und der Redaktion zuzurechnen sein, es sei denn, es handele sich nur um einzelne Entgleisungen.
Diese Auffassung ist im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei ihrer Umsetzung ist aber zu beachten, dass es der Zeitung freisteht, Funktion und Reichweite des eröffneten Forums zu begrenzen, etwa auf ein bestimmtes politisches Spektrum. Wird aus dem Abdruck der von Dritten stammenden Artikel oder Leserbriefe der Wille der Redaktion erkennbar, sich nicht auf Beiträge zu beschränken, die einer bestimmten redaktionellen Linie entsprechen, kann aus ihrer Veröffentlichung nicht zwingend geschlossen werden, dass darin zugleich eine Bestrebung von Verlag und Redaktion erkennbar wird. Dazu bedürfte es ergänzender Anhaltspunkte. Versteht sich die Zeitung dagegen nicht auch als "Markt der Meinungen", ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, der Redaktion die in den Artikeln veröffentlichten verfassungsfeindlichen Positionen zuzurechnen, wenn sie sich nicht ausdrücklich von ihnen distanziert. Eine Zurechnung ist ebenfalls möglich, wenn aus der Auswahl der Artikel und Meinungsäußerungen von Dritten eine bestimmte inhaltliche Linie erkennbar wird.
(c) Soweit ein auf Tatsachen gegründeter Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Gruppierung besteht, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Maßstab für die Entscheidung, in welcher Art und Weise darüber berichtet werden darf.
Der Beschränkung der Maßnahme auf das zum Rechtsgüterschutz Erforderliche entspricht es, bei einer Berichterstattung aus Anlass eines Verdachts nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt. Daher ist - etwa in den gewählten Überschriften und der Gliederung des Berichts - deutlich zwischen solchen Organisationen zu unterscheiden, für die nur ein Verdacht besteht, und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind.
Der Grundsatz der Erforderlichkeit gebietet es ferner, bei einer über einen längeren Zeitraum wiederholt erfolgenden Veröffentlichung eines solchen nur auf einzelne Publikationen gestützten Verdachts anderweitige Maßnahmen zu ergreifen, um abzuklären, ob die Bestrebungen tatsächlich bestehen.
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen tragen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts nicht in jeder Hinsicht Rechnung.
aa) Wie ausgeführt, ist es grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen auf Veröffentlichungen in der Zeitung gestützt wird, soweit sie der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind.
(1) Ob bestimmte Artikel in der Zeitung der Beschwerdeführerin Ausdruck ihrer eigenen Bestrebungen sind, lässt sich jedoch entgegen der Auffassung von Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht nicht aus dem Institut der presserechtlichen Verantwortung ableiten. Es dient anderen Zwecken. Die in den Pressegesetzen ausdrücklich geregelte Pflicht zum Impressum und darin unter anderem zur Angabe des Verlags und des verantwortlichen Redakteurs (vgl. § 8 Landespressegesetz NRW) soll die Vereitelung einer straf- und zivilrechtlichen Haftung durch Flucht in die Anonymität verhindern (vgl. Sedelmeier in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl. 1997, Rn. 1 zu § 9 LPG). Diese presserechtliche Verantwortlichkeit führt hingegen nicht zu einer publizistischen Zurechnung aller veröffentlichten Artikel, Leserbriefe und Anzeigen. Auch die Strafbarkeit des verantwortlichen Redakteurs oder Verlegers beruht nicht darauf, dass ihnen strafbare Artikel Dritter zugerechnet werden. Vielmehr machen sie sich eigenständig strafbar, wenn sie strafbare Veröffentlichungen anderer nicht unterbinden (vgl. § 21 Abs. 2 Landespressegesetz NRW).
(2) Der auf Tatsachen beruhende Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen von Verlag und Redaktion muss daher auf andere Weise begründet werden. Die Feststellung solcher Umstände obliegt der Behörde und den Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich, ob verfassungsrechtliche Maßstäbe bei der Tatsachenwürdigung missachtet worden sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f., 96>; 42, 143 <148>; 60, 79 <90>). Dies ist hier teilweise der Fall.
(a) Es ist verfassungsrechtlich allerdings nicht zu beanstanden, dass die Behörde und die Gerichte sich nicht allein auf die Auswertung von Artikeln gestützt haben, die in den Jahren 1994 und 1995 veröffentlicht worden sind. Aufgabe des Verfassungsschutzberichts ist die Information über Bestrebungen einer Gruppierung, ohne dass diese sich notwendig nur aus Artikeln in dem Berichtszeitraum ablesen lassen müssen.
(b) Den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt aber nicht die Begründung, warum die zum Beleg herangezogenen Artikel Ausdruck der verfassungsfeindlichen Bestrebungen von Verlag und Redaktion und nicht nur ihrer Autoren sein sollen. Das Verwaltungsgericht verwirft die Annahme, die "Junge Freiheit" habe einen "Markt der Meinungen" eröffnet, indem es dafür voraussetzt, es müsse dann "alles vertreten werden können und vertreten werden". Von der Pressefreiheit ist auch die Entscheidung erfasst, ein Forum nur für ein bestimmtes politisches Spektrum bieten zu wollen, dort aber den Autoren große Freiräume zu gewähren und sich in der Folge nicht mit allen einzelnen Veröffentlichungen zu identifizieren. Die "Junge Freiheit" ist nach eigener Einschätzung rechtskonservativ, veröffentlicht aber im rechten Spektrum Artikel höchst unterschiedlicher Autoren mit unterschiedlichen Anliegen. Darunter sind zum Teil auch Artikel von prominenten konservativen Politikern und Schriftstellern, die nicht im Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen stehen. Es bedürfte also besonderer Anhaltspunkte dafür, warum die Redaktion sich nicht mit diesen Artikeln, wohl aber mit den von den Gerichten herangezogenen Beiträgen identifiziert, oder aber dafür, dass sie sich dieses Spektrums von Meinungen nur bedient, um in einem solchen Umfeld verfassungsfeindliche Beiträge plazieren und der Öffentlichkeit besser vermitteln zu können. Ausführungen dazu haben die Gerichte offenbar deshalb unterlassen, weil sie irrig davon ausgegangen sind, die "Junge Freiheit" könne allein deshalb nicht als "Markt der Meinungen" verstanden werden, weil sie nur für ein bestimmtes politisches Spektrum offenstehe.
(c) Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen ebenfalls die Annahmen, maßgebend sei der objektive Erklärungsinhalt einer Verlautbarung, wie er auf Dritte wirke (so das Verwaltungsgericht), und dass es darauf ankomme, wie die Artikel bei vernünftiger Betrachtung verstanden werden können (so das Oberverwaltungsgericht). Diese Vorgehensweisen verkennen die Anforderungen an die Feststellung des Verdachts verfassungsfeindlicher Bestrebungen eines Presseverlags. Die gesetzliche Ermächtigung zu den hier maßgeblichen Grundrechtsbeeinträchtigungen knüpft nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchstabe c VSG NRW ausschließlich an die Ziele der Gruppe an, stellt also insofern nicht auf die Wirkung auf Dritte ab.
(d) Ob die tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Beschwerdeführerin auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ausreichen, bedarf der erneuten fachrichterlichen Bewertung.
bb) Die Fachgerichte werden ferner prüfen müssen, ob die Art der Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten 1994 und 1995 den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entsprach.
Obwohl die Behörde nur von tatsächlichen Anhaltspunkten für einen Verdacht ausgegangen ist, hat sie die Beschwerdeführerin unter den Überschriften "Rechtsextremismus", "Rechtsextremistische Publikationen, Verlage, Vertriebe, Medien" beziehungsweise "Rechtsextremistische Organisationen, Gruppierungen und Strömungen" ohne jede Differenzierung in der Gliederung oder in den Überschriften des Berichts auf die gleiche Stufe gestellt wie Gruppen, für die sie verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt hat. Es könnte ein milderes Mittel sein, durch die Gestaltung des Berichts zu verdeutlichen, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen keineswegs festgestellt sind. Zwar wird im Textteil des Berichts nicht behauptet, diese Bestrebungen stünden fest; vielmehr wird nur von tatsächlichen Anhaltspunkten für den Verdacht solcher Bestrebungen gesprochen. Der flüchtige Leser wird diese Differenzierung aber möglicherweise nicht wahrnehmen und könnte dazu durch die fehlende Differenzierung in der äußeren Aufmachung des Berichts verleitet werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Medien bei ihrer Berichterstattung über verfassungsfeindliche Bestrebungen im Text enthaltene Nuancierungen üblicherweise nicht wiederzugeben pflegen, sondern alle im Verfassungsschutzbericht in der gleichen Rubrik aufgeführten Organisationen auf eine Stufe stellen. Es obliegt den weiteren Feststellungen durch die Fachgerichte, ob durch die äußere Aufmachung und die inhaltliche Darstellung im Bericht zweifelsfrei und leicht erkennbar verdeutlicht worden ist, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen nicht erwiesen sind.
II.
Da die Gerichte die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht hinreichend berücksichtigt haben, sind ihre Entscheidungen aufzuheben. Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Ob darüber hinaus weitere Grundrechte, etwa Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG, verletzt worden sind, kann vorliegend dahinstehen. Auch ist eine Entscheidung über die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten entbehrlich. Die Beschwerdeführerin weist in ihrem Schriftsatz vom darauf hin, dass ihr im Interesse der Herstellung von Rechtsfrieden in erster Linie an einer Sachentscheidung durch Klärung der verfassungsrechtlichen Grundsatzfragen liegt.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW 2005 S. 2912 Nr. 40
MAAAB-85200