Ordnungsgeldfestsetzung gegen den nicht erschienen Zeugen
Instanzenzug:
Gründe
I. Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Finanzgericht (FG) war die Frage, ob das beklagte Finanzamt die Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes) als nicht erfüllt ansehen und die Klägerin einzeln zur Einkommensteuer veranlagen durfte. Die Klägerin benannte u.a. ihren Bruder (den Beschwerdeführer), der eine Wohnung an die Klägerin vermietet hatte, als Zeugen. Der Beklagte verwies auf die Notwendigkeit, den Ehemann der Klägerin als Zeugen (Zeuge Z) zu hören. Das FG erließ unter dem einen Beweisbeschluss, der die Vernehmung mehrerer Personen —auch des Beschwerdeführers— anordnete. Eine Terminsladung für den (unter Beifügung des Beweisbeschlusses) wurde unter dem gefertigt; die Ladung wurde am zugestellt (Postzustellungsurkunde).
Am ging beim FG per Fax ein Schreiben des Beschwerdeführers vom gleichen Tage ein, in dem er (ohne weitere Gründe zu benennen) darum bat, ihn von der Pflicht, im Termin zu erscheinen, zu entbinden. Durch Fax vom hat der Senatsvorsitzende des FG darauf hingewiesen, dass das Erscheinen des Beschwerdeführers erforderlich sei.
In der mündlichen Verhandlung ist sowohl der Beschwerdeführer als auch der ebenfalls geladene Zeuge Z nicht erschienen. Der Beschwerdeführer hat in einem in der mündlichen Verhandlung dem Gericht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin übergebenen Schreiben auf eine berufliche Verhinderung (Anwesenheitspflicht auf einer Messe) hingewiesen.
Durch den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom hat das FG dem Beschwerdeführer die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt und zugleich ein Ordnungsgeld von 250 € (ersatzweise ein Tag Ordnungshaft) festgesetzt. Der Beschluss wurde am zugestellt (Postzustellungsurkunde).
Am ging beim FG ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom ein, mit dem er sich zum Prozessbevollmächtigten des ebenfalls mit einem Ordnungsgeld belegten Zeugen Z bestellte und Beschwerde gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes gegen Z erhob. Mit Schreiben vom (Eingang beim FG am ) wurde unter Hinweis auf eine Beschwerdeeinlegung („Schreiben vom ”) eine Beschwerdebegründung (betreffend die Festsetzung des Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer) eingereicht. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (dem Beschwerdeführer nicht bekannt gegebener Beschluss vom ). Unter dem (Eingangsstempel des Bevollmächtigten: ) hat das FG den Eingang der Beschwerde des Zeugen Z bestätigt und nach der Darstellung des Beschwerdeführers auf einen Eingang der Beschwerde des Beschwerdeführers am hingewiesen.
Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat unter dem (abgesandt am ) darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde vom beim FG nicht eingegangen sei und dass das Schreiben vom die Beschwerdefrist nicht gewahrt habe. Mit Fax vom wurde daraufhin ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Das Beschwerdeschreiben vom sei vom Prozessbevollmächtigten persönlich —zusammen mit dem Beschwerdeschreiben betreffend den Zeugen Z— in den Hausbriefkasten des FG eingeworfen worden.
II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Auch wenn das Gericht von einer fristgerechten Einlegung der Beschwerde am ausgeht bzw. die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) als erfüllt ansieht (wenn der Fristbeginn betreffend § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO nicht auf den Eingangstag der Empfangsnachricht des FG bezogen wird), kann der Beschwerdeführer mit seinem gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes gerichteten Vorbringen weder dem Grunde noch der Höhe nach durchdringen.
Die öffentlich-rechtliche Pflicht des Zeugen, zum Termin der Beweisaufnahme zu erscheinen, führt im Falle des Ausbleibens dazu, dass dem Zeugen die dadurch verursachten Kosten auferlegt werden und gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt wird (§ 82 FGO i.V.m. § 380 Abs. 1 Zivilprozessordnung —ZPO—). Das FG hat die Voraussetzungen einer solchen Kostenauferlegung und einer Festsetzung von Ordnungsgeld zu Recht bejaht.
Der Beschwerdeführer war vom FG ordnungsgemäß zum Termin geladen worden, da ihm die Ladung rechtzeitig und mit dem in § 82 FGO i.V.m. § 377 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen Inhalt (insbesondere unter Beifügung des Beweisbeschlusses) übermittelt wurde (zu der Voraussetzung ordnungsgemäßer Ladung s. , BFH/NV 2005, 370).
Das FG war dazu verpflichtet (§ 82 FGO i.V.m. § 380 Abs. 1 ZPO), ein Ordnungsgeld festzusetzen, da der Beschwerdeführer nicht i.S. des § 82 FGO i.V.m. § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO „rechtzeitig genügend” entschuldigt war. Auch wenn das FG zugunsten des Beschwerdeführers eine messetagsbezogene Anwesenheitspflicht als ausreichende berufsbezogene Rechtfertigung für das Ausbleiben gewertet hat (obwohl weitere Erläuterungen zu einer Vertretungsregelung und mit Blick auf die nur einen begrenzten Teil des Arbeitstages betreffende Zeugenverpflichtung durch den Beschwerdeführer nicht gegeben wurden), konnte das FG die Entschuldigung zu Recht als „nicht rechtzeitig” ansehen. Denn auch wenn der Beschwerdeführer den Posten eines Vorstandsvorsitzenden der Messegesellschaft erst seit Anfang Januar 2004 bekleiden sollte, hätte mit Blick auf die unmittelbar erkennbare „Kollisionslage” des Messe- und des Verhandlungstermins Gelegenheit bestanden, das Gericht zu informieren. Da der Beschwerdeführer nicht i.S. des § 82 FGO i.V.m. § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft, sind die Voraussetzungen für die Auferlegung der Kosten und des Ordnungsgeldes weiterhin erfüllt.
Die Ordnungsmaßnahme ist auch angemessen. Das FG hat die Höhe der Festsetzung unter Hinweis auf die Bedeutung der Aussage und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers begründet; eine weiter gehende Begründung war bei der im mittleren Bereich des durch Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vorgegebenen Rahmens liegenden Festsetzung nicht erforderlich (, BFH/NV 2002, 1335, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 582 Nr. 3
KAAAB-76198