OFD Magdeburg - G 1498 - 3 - St 213

Gewerbesteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen;
Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen

Bezug:

Das (BStBl 2003 I, S. 240) zur Frage der ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen sowie zur Steuerstundung und zum Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen Stellung genommen. Danach ist im Ergebnis vorgesehen, Sanierungsgewinne nach Verrechnung mit Verlusten oder negativen Einkünften nicht zu besteuern, damit insoweit kein Hindernis für sinnvolle Sanierungsmaßnahmen besteht.

1. Abweichende Festsetzung des Steuermessbetrags

Die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, schließt auch die Befugnis zu Maßnahmen nach § 163 Satz 1 AO (abweichende Festsetzung) ein, soweit für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt worden sind (vgl. § 184 Abs. 2 Satz 1 AO). Das enthält insoweit keine Befugnis zur abweichenden Festsetzung nach § 163 Satz 1 AO.

Nach § 163 Satz 2 AO kann mit Zustimmung des Steuerpflichtigen bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden (vgl. auch § 184 Abs. 2 Satz 2 AO). Eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages aus Billigkeitsgründen (durch das Finanzamt) ist auf der Grundlage des o. g. BMF-Schreibens und des § 163 Abs. 2 AO nur ausnahmsweise denkbar. Grund hierfür könnte nur sein, dass Verluste unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen sind. Die in Rdnr. 8 Satz 3 des BMF-Schreibens genannten Beschränkungen finden für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrags jedoch nur sehr eingeschränkt Anwendung. Betroffen können nur einzelne Fälle sein, bei denen die eingeschränkte Verlustverrechnung unselbständige Einkunftsteile ein und desselben Gewerbebetriebs erfasst (z. B. Beteiligungen an einem Verlustzuweisungsfonds im Betriebsvermögen). Gleichzeitig dürfen der Berücksichtigung dieser Verluste nicht bereits gewerbesteuerliche Vorschriften entgegenstehen (z. B. Verluste aus ausländischen Betriebsstätten wegen § 2 Abs. 1 GewStG oder Verluste aus mitunternehmerischer Beteiligung wegen § 8 Nr. 8 GewStG). Sollten diese Voraussetzungen ausnahmsweise gegeben sein, wirkt die vorzeitige Berücksichtigung entsprechender Verluste nach § 163 Satz 2 AO für die Einkommen- und Körperschaftsteuer auch mindernd für den Gewerbeertrag als Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags (§ 184 Abs. 2 Satz 2 AO).

2. Unterrichtung der Gemeinde

Das Betriebsfinanzamt teilt im Rahmen der Erteilung des Gewerbesteuermessbescheids im Verfahren nach § 184 Abs. 3 AO der Gemeinde

  1. die Grundlagen einer möglicherweise abweichenden Festsetzung des Gewerbeertrags,

  2. die Höhe des Sanierungsgewinns und

  3. in Zerlegungsfällen zusätzlich die anteilige Verteilung auf die einzelnen zerlegungsberechtigten Gemeinden mit.

Die durch das Betriebsfinanzamt getroffene Qualifikation als Sanierungsgewinn hat keine bindende Wirkung im Hinblick auf mögliche Billigkeitsmaßnahmen durch die Gemeinde.

3. Entscheidung der Gemeinde über Billigkeitsmaßnahmen

Entsprechend Abschnitt 3 Abs. 1 GewStR 1998 obliegt die Feststellung und Erhebung der Gewerbesteuer einschließlich Stundung, Niederschlagung und Erlass allein der hebeberechtigten Gemeinde. Diese Grundsätze werden durch das nicht berührt (vgl. Randziffer 15 Satz 1). Das bedeutet, dass jede Gemeinde in eigener Zuständigkeit gehalten ist, für Zwecke der Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer zu prüfen, ob ein Sanierungsgewinn vorliegt und inwieweit eine sachliche oder persönliche Unbilligkeit für den Gewerbetreibenden anzunehmen ist.

4. Notifizierungspflicht nach Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag

Ein etwaiger Steuererlass stellt keine notifizierungspflichtige Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag dar. Der Beihilfecharakter ist zu verneinen, soweit es sich um eine „allgemeine Maßnahme” handelt, die allen Unternehmen in gleicher Weise offen steht und nicht – etwa aufgrund einer Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde – einzelnen Unternehmen oder Unternehmensgruppen verweigert werden kann.

OFD Magdeburg v. - G 1498 - 3 - St 213

Fundstelle(n):
DStZ 2006 S. 169 Nr. 5
HAAAB-73059