BFH Beschluss v. - VI R 14/99

Instanzenzug:

Gründe

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) machten im Klageverfahren einen Grundfreibetrag für Verheiratete in Höhe von 16 000 DM geltend. Sie brachten vor, der Grundfreibetrag sei im Streitjahr 1987 in Höhe von 9 072 DM zu niedrig und verfassungswidrig. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Mit der Revision verfolgten die Kläger zunächst ihr Begehren weiter.

Mit Schriftsatz vom teilten die Kläger mit, ihre Revision richte sich nunmehr gegen einen zu geringen Kinderfreibetrag. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am beantragten sie „weitere Kinderfreibeträge in Höhe von insgesamt 6 928 DM” zu berücksichtigen. Betragsmäßig entsprach dies dem zuvor gestellten Antrag auf Berücksichtigung eines höheren Grundfreibetrages (16 000 DM ./. 9 072 DM = 6 928 DM).

Gegen das Urteil des Senats, mit dem die Revision als unbegründet zurückgewiesen wurde, legten die Kläger Verfassungsbeschwerde ein. Mit Beschluss vom 2 BvR 1852/97 u.a. (BStBl II 1999, 194) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) der Beschwerde der Kläger stattgegeben und entschieden, dass § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes 1986/1988 vom (BGBl I, 1153) in seiner Anwendung auf den Veranlagungszeitraum 1987 mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar ist, soweit er die Aufwendungen für Kinderunterhalt für zwei Kinder regelt.

Die Geschäftsstelle des Senats hat nach Ergehen weiterer Entscheidungen des BVerfG zum Familienleistungsausgleich und nach In-Kraft-Treten des § 53 EStG beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) angefragt, ob eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1987 in Betracht komme und ob der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt werde. Nach Erlass des Änderungsbescheids, der zu einer Erstattung in Höhe von 312 DM geführt hat, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu entscheiden.

Die Kosten des Klage- als auch des Revisionsverfahrens waren dem FA aufzuerlegen, obwohl die Kläger nur teilweise obsiegt haben. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom VI R 123/94 (DStR 2005, 2116). Hat ein Steuerpflichtiger nach einer Entscheidung des BVerfG für die Vergangenheit einen verfassungswidrigen Rechtszustand hinzunehmen und wird deshalb ein Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entspricht es grundsätzlich billigem Ermessen, dem FA die Verfahrenskosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Steuerpflichtige bezüglich des verfassungswidrigen Sonderopfers nicht hat obsiegen können.

Diese Rechtslage trifft im Streitfall nicht nur hinsichtlich der beiden Kinderfreibeträge, sondern auch des Grundfreibetrages zu. Denn das (BStBl II 1993, 413) die Grundfreibeträge u.a. in der für die Veranlagungszeiträume 1986 und 1988 geltenden Fassung als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt; der Gesetzgeber wurde verpflichtet, mit Wirkung (erst) ab 1996 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen. Auch für das Streitjahr 1987 ist nach Maßgabe der Entscheidungsgründe im Beschluss in BStBl II 1993, 413 von einer verfassungswidrigen Besteuerung auszugehen.

Im Übrigen haben die Kläger sowohl bezüglich des Grundfreibetrages als auch der Kinderfreibeträge sachgerechte Anträge gestellt. Auch insoweit verweist der Senat auf seinen Beschluss vom VI R 123/94 unter 2. (a.E.) der Gründe.

Die Festsetzung und Ermittlung des Streitwerts beruhen auf § 25 Abs. 2 und § 14 des Gerichtskostengesetzes.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 100 Nr. 1
WAAAB-69121