BFH Beschluss v. - VIII B 199/03

Entstehen eines Auflösungsverlusts S. 15

Gesetze: EStG § 17 Abs. 4

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, jedenfalls unbegründet. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben weder den gerügten Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.

1. Die Kläger rügen einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) der Art, dass das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt habe (§ 96 Abs. 1 FGO), indem es bei der Würdigung des Prozessstoffes die Tatsache außer Acht gelassen habe, dass die Insolvenzgläubiger nur mit einer Quote haben rechnen können. Entgegen der Rüge der Kläger lässt sich eine derartige „Tatsache” den Akten nicht entnehmen. Wie die Kläger vielmehr selbst vortragen, hat der Insolvenzverwalter in seinem Bericht lediglich ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass die Insolvenzgläubiger mit einer Quote rechnen konnten. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das FG diese Prognose des Insolvenzverwalters nicht zur Kenntnis genommen hat. Der Umstand, dass das FG seiner Entscheidung den dieser Prognose des Insolvenzverwalters vorangegangenen Satz, dass sich das Ergebnis des Verfahrens noch nicht abschließend prognostizieren lasse, zugrunde gelegt hat, lässt darauf schließen, dass es auch die Prognose zur Kenntnis genommen und daraus lediglich nicht die von den Klägern gewünschten Schlüsse gezogen hat.

Soweit die Kläger meinen, dem Gericht habe sich aufdrängen müssen, dass an den Kläger auf seine nachrangigen Forderungen keine Zahlungen mehr hätten erfolgen können, beruht dies auf einer nach Meinung des FG unzutreffenden Auslegung der Prognose des Insolvenzverwalters.

2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beziehen die Kläger auf die abstrakte Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt ein Auflösungsgewinn oder -verlust gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden ist, wenn über das Vermögen einer GmbH das Insolvenzverfahren unter der Geltung der Insolvenzordnung (InsO) eröffnet worden ist und bereits eine sog. „übertragende Sanierung” stattgefunden hat. Die Kläger legen jedoch nicht schlüssig dar, aus welchen Gründen die Klärung dieser Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (stellvertretend Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 122/01, BFH/NV 2003, 64; vom VII B 244/02, BFH/NV 2003, 833). Vorliegend ergibt sich dieses allgemeine Interesse nicht schon schlüssig aus den von den Klägern dargelegten Unterschieden zwischen Konkursordnung (KO) und InsO, die auch Anknüpfungspunkte der gefestigten Rechtsprechung des BFH zur Bestimmung des Zeitpunkts des Entstehens eines Auflösungsgewinns bzw. -verlusts nach § 17 Abs. 2, 4 EStG betreffen. Soweit die Kläger darlegen, dass die Rechtsprechung des BFH zum Entstehen eines Auflösungsgewinns oder -verlusts i.S. des § 17 Abs. 4 EStG, insbesondere soweit sie sich auf den Zwangsvergleich beziehe, unter Geltung der InsO nicht deckungsgleich auf die Möglichkeit eines Insolvenzplans übertragen werden könne, übersehen sie, dass die Möglichkeit eines Zwangsvergleichs nur einer von mehreren Gründen ist, aus denen ausnahmsweise das Entstehen eines Auflösungsverlusts vor Beendigung des Liquidationsverfahrens ausscheidet. Tragende Überlegungen des BFH für die Entstehung eines Auflösungsverlusts vor Beendigung der Liquidation ist, dass mit Zuteilungen und Rückzahlungen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist und feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden (, BFH/NV 1994, 364). Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass sich dies bei Auflösung der Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation beurteilen lässt (, BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286), und dass ausnahmsweise ein Verlust schon vor Abschluss der Liquidation realisiert sein kann, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits festgestellten Verlustes nicht mehr zu rechnen ist (, BFH/NV 2001, 761, m.w.N.). Der Zwangsvergleich ist in diesem Kontext nur insoweit von Bedeutung, als sich die letztgenannte Feststellung bei einer Auflösung der Gesellschaft wegen der Eröffnung des Konkursverfahrens regelmäßig noch nicht treffen lässt, indem die zivilrechtliche Auflösung der Gesellschaft nach der Konzeption der KO nicht notwendig zu deren Vollbeendigung führt, weil selbst bei erheblicher Überschuldung der Gesellschaft bis zur Schlussverteilung ein Zwangsvergleich möglich ist (, BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343, zu II.2.b bb).

Vorliegend ist nicht schlüssig dargelegt, inwieweit die grundlegenden Aussagen des BFH zu dem Zeitpunkt, in dem ein Veräußerungsverlust realisiert ist, nicht auch auf die Rechtslage unter Geltung der InsO übertragbar sind und inwieweit dies für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich ist.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1772 Nr. 10
AAAAB-58218