BFH Beschluss v. - IX B 187/03

Keine Korrektur nach § 174 AO bei widersprüchlicher Beurteilung desselben Sachverhalts bei verschiedenen Steuerpflichtigen

Gesetze: AO § 174

Instanzenzug:

Gründe

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wenden sich dagegen, dass ihre Nutzung der auf dem Firmengelände des Arbeitgebers gelegenen Wohnung als Arbeitslohn (Sachbezug) des Klägers besteuert, der Mietwert dieser Wohnung aber gleichwohl bei seinem Schwiegervater, dem Geschäftsführer der arbeitgebenden Firma, als Einnahme erfasst worden ist. Sie vertreten die Auffassung, der Begriff „bestimmter Sachverhalt” i.S. von § 174 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) sei in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht geklärt und beantragen, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt sinngemäß, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Nach den von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entwickelten Maßstäben kann die unterschiedliche Beurteilung der Wohnungsüberlassung in den bestandskräftigen Steuerbescheiden des Klägers und in denen seines Schwiegervaters nicht gemäß § 174 Abs. 1 AO 1977 korrigiert werden. Zwar deckt sich der Sachverhalt, der im angefochtenen Bescheid beim Kläger geregelt wurde (Überlassung der dem Schwiegervater gehörenden Wohnung zur Nutzung) mit demjenigen, der in einem anderen Bescheid (beim Schwiegervater des Klägers) berücksichtigt wurde. Dieser Sachverhalt ist aber nicht —wie § 174 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 außerdem verlangt— doppelt erfasst worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen. Dieses Merkmal ist nur gegeben, wenn die mehrfachen Berücksichtigungen des streitigen Sachverhalts zueinander in einem wechselseitigen Ausschließlichkeitsverhältnis stehen, das jeweils die weitere Berücksichtigung desselben Sachverhalts bei einem anderen Steuerpflichtigen, bei einer anderen Steuerart oder in einem anderen Veranlagungszeitraum denkgesetzlich ausschließt (, BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126).

Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil die von den Klägern angegriffene Ungereimtheit allein darin liegt, dass die in Frage stehende Wohnungsüberlassung steuerrechtlich beim Kläger als Arbeitslohn, bei seinem Schwiegervater hingegen als Selbstnutzung in Form der Überlassung an Angehörige beurteilt worden ist. Ein solcher Widerspruch in der steuerrechtlichen Beurteilung lässt sich nur unter den besonderen, hier nicht gegebenen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO 1977 beseitigen, wenn ausnahmsweise die Möglichkeit eröffnet ist, aus der vom Steuerpflichtigen erstrittenen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auch gegenüber Dritten die richtigen steuerlichen Folgerungen zu ziehen; der demgegenüber enger gefasste Korrekturtatbestand des § 174 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist indes nicht anwendbar (vgl. , BFHE 174, 1, BStBl II 1994, 597, m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1489 Nr. 9
WAAAB-57324