BFH Beschluss v. - VIII B 32/03

Ausübung des Wahlrechts nach § 6b EStG im anhängigen Klageverfahren; Berichtigung des Tatbestands nach § 108 FGO

Gesetze: EStG § 6b; FGO § 108

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Divergenz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in seinem Urteil vom IV R 30/99 (BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49) nicht über den Buchnachweis (§ 6b Abs. 4 Nr. 5 des EinkommensteuergesetzesEStG—) bzw. die an dessen Stelle tretenden vergleichbaren laufenden Verzeichnisse (§ 6c Abs. 2 EStG) als Voraussetzung der Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG bzw. § 6c EStG zu entscheiden; das Urteil befasst sich nur mit der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht nach § 6c EStG —und Entsprechendes gilt für § 6b EStG— ausgeübt werden kann. Vor allem aber hat das Finanzgericht (FG) keinen von dieser Entscheidung abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Im Streitfall, in dem das FG erkennbar von der Rechtsauffassung des BFH ausgegangen ist, könnte deshalb allenfalls eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsauffassung des BFH auf die Besonderheiten des Streitfalles vorliegen. Das reicht zur Begründung der Beschwerde nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. , BFH/NV 1996, 137, m.w.N.).

2. Grundsätzliche Bedeutung

Auch dieser Zulassungsgrund ist nicht schlüssig dargelegt.

a) Der BFH hat in seinem Urteil in BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49 (dort unter II.2.a der Gründe) ausgeführt, dass das Wahlrecht auch nach Ergehen eines finanzgerichtlichen Urteils, in dem über die Zuordnung der veräußerten Grundstücksflächen zum Betriebsvermögen entschieden wurde, ausgeübt werden könne. Wird das Wahlrecht bereits im anhängigen Klageverfahren im Rahmen eines Hilfsantrags ausgeübt, sind auch die weiteren Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung nach § 6b EStG (zu den erforderlichen Aufzeichnungen vgl. u.a. Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 6b Rz. 100) hilfsweise zu erfüllen. Die nach dem Urteil eröffnete Möglichkeit, diese Voraussetzungen rückwirkend auch noch nach Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils zu schaffen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der AbgabenordnungAO 1977—), vermeidet eine solche, ggf. unnötige Mehrarbeit.

b) Die Frage würde zudem nur von Bedeutung und wäre damit nur klärungsfähig, wenn der Veräußerungsgewinn bereits im Wirtschaftsjahr 1992 realisiert worden wäre; denn nur in diesem Fall wäre das Ersatzgrundstück —wie dies § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG voraussetzt— „im vorangegangenen Wirtschaftsjahr” angeschafft worden. Das FG ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass es zu einer Gewinnrealisierung erst im Streitjahr 1993 gekommen ist. Es hat dabei mit Recht auf die ständige Rechtsprechung des BFH verwiesen, nach der der Gewinn erst mit der Erfüllung des Kaufvertrages durch den zur Sachleistung verpflichteten Vertragspartner (hier: den Verkäufer) erfüllt und diese Leistung erst mit dem Übergang des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums erbracht ist (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz. 608, und , BFHE 202, 320, BStBl II 2003, 751, m.w.N.). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat nicht dargelegt, dass insoweit neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat (vgl. dazu u.a. , BFH/NV 1998, 451).

3. Verfahrensfehler

Das FG ging bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass Aufwendungen in Höhe von 74 938 DM unstreitig für die Kanal- und Wasseranschlüsse entstanden seien. Das ist eine —vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) bestätigte— Feststellung zum Sachverhalt, hinsichtlich der die Klägerin eine Tatbestandsberichtigung hätte beantragen müssen, wenn sie aus ihrer Sicht nicht zutrifft (§ 108 FGO; vgl. u.a. , BFH/NV 2000, 1105, zu II.6. der Gründe). Das gilt auch für solche Tatsachen, die lediglich in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt werden, aber entscheidungserheblich sind (vgl. u.a. , BFH/NV 1995, 1063, m.w.N.); Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 108 Rz. 2). Mit dem insoweit neuen Sachverhalt, dass diese Aufwendungen auf Betriebsvorrichtungen entfallen seien, kann die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht mehr gehört werden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1261 Nr. 8
QAAAB-53924