BFH Beschluss v. - II B 11/04

Versehentliche Beschränkung der Aufhebung auf den letzten Änderungsbescheid im Tenor der Vorentscheidung

Gesetze: FGO § 115

Instanzenzug: VSt

Gründe

I. Im Juni 1998 erklärte die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) Zinserträge für 1990 bis 1997 nach und reichte u.a. berichtigte Vermögensteuererklärungen auf den und 1993 sowie eine Vermögensübersicht für 1994 ein. Dies führte im Januar 2000 zunächst zu vorläufigen Änderungsbescheiden gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und im März 2000 zu endgültigen Bescheiden gemäß § 165 Abs. 2 AO 1977 auf den , 1993 und 1994, mit denen die Vermögensteuer auf 1 065 DM bzw. 1 420 DM und 1 835 DM festgesetzt wurde. Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin u.a. auf Festsetzungsverjährung berief, hatten nur insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) die Änderung der Vermögensteuerfestsetzung auf den aufhob. Im Übrigen blieb die Klage erfolglos, weil das FG einen Hinterziehungsvorsatz der Klägerin annahm und daher eine zehnjährige Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 zugrunde legte.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen folgender Rechtsfragen zu:

1. Tritt bei einer Selbstanzeige allein durch die Einleitung eines alsbald eingestellten Steuerstrafverfahrens die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO 1977 mit der Folge ein, dass die Ablaufhemmung nach Abs. 9 der Vorschrift nicht mehr zum Tragen kommt?

2. Kann allgemein unterstellt werden, dass den Steuerpflichtigen aufgrund der öffentlichen Diskussion in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren und aufgrund der Form der getätigten Geldanlagen die Ausgestaltung der Vermögensteuerpflicht im Einzelnen bekannt gewesen ist?

Außerdem rügt die Klägerin eine Abweichung der Vorentscheidung von den Entscheidungen des (BFHE 188, 286, BStBl II 1999, 478) sowie vom VII B 277/00 (BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306).

II. Die Beschwerde ist hinsichtlich der Vermögensteuer auf den unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Hinsichtlich der Vermögensteuer auf den ist die Beschwerde unzulässig, weil die Klägerin durch die Vorentscheidung des FG bezüglich der Vermögensteuerfestsetzung auf den nicht formell beschwert ist. Insoweit ist ihrem Begehren nämlich durch die Vorentscheidung voll entsprochen worden (vgl. dazu , BFHE 120, 348, BStBl II 1977, 62, 64). Zwar hat es das FG versäumt, im Tenor seiner Entscheidung auch die vorausgegangenen Vermögensteuerbescheide auf den vom 10. Februar und aufzuheben; aus den Urteilsgründen ergibt sich jedoch eindeutig, dass das FG sämtliche im Jahr 2000 ergangenen Vermögensteuerbescheide auf den aufheben wollte. So heißt es auf S. 7 unten der Vorentscheidung, dass sich ein Hinterziehungsvorsatz der Klägerin für den Stichtag nicht feststellen lasse. Diese Feststellung wirkt sich unter dem Gesichtspunkt der Festsetzungsverjährung auf sämtliche im Jahr 2000 ergangene Vermögensteuerbescheide auf den in gleicher Weise aus.

2. Bezüglich der Vermögensteuer auf den und 1994 ist die Beschwerde unbegründet.

a) Soweit die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist die Beschwerde unbegründet, weil sich die aufgeworfenen Rechtsfragen im Streitfall nicht stellen und damit nicht klärungsfähig sind. Unter der Annahme des FG, dass die Klägerin mit Steuerhinterziehungsvorsatz gehandelt hat, scheidet eine Festsetzungsverjährung allein wegen der gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist aus. Auf Fragen einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO 1977 oder Abs. 9 der Vorschrift kommt es dabei nicht an.

Die zweite Rechtsfrage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung ist im Streitfall nicht klärungsfähig, weil das FG den Hinterziehungsvorsatz der Klägerin nicht allein auf der Grundlage der in dieser Frage aufgeführten Indizien bejaht hat, sondern zusätzlich auf den Bildungsgrad der Klägerin abgestellt hat.

b) Die gerügte Abweichung der Vorentscheidung des FG von dem BFH-Urteil in BFHE 188, 286, BStBl II 1999, 478 liegt schon deshalb nicht vor, weil das FG keine Entscheidung zu § 171 Abs. 5 AO 1977 getroffen hat. Auch die geltend gemachte Abweichung der Vorentscheidung von dem Beschluss des BFH in BFHE 194, 26, BStBl II 2001, 306 liegt nicht vor. Bereits aus den von der Klägerin einander gegenübergestellten Rechtssätzen aus den Entscheidungen des BFH einerseits und des FG andererseits ergibt sich, dass der BFH von banküblichen Anlageformen spricht und das FG u.a. von Tafelpapieren „als weiteres Beweisanzeichen” —d.h. als eines von mehreren— (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom VII B 11/00, BFHE 195, 40, BStBl II 2001, 624, sowie vom VII B 290/99, BFHE 196, 4, BStBl II 2001, 665).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung. Die Nichterhebung der Gerichtskosten bezüglich der Vermögensteuer auf den beruht auf § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1340 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 23/2006 S. 1932
PAAAB-53690