Anwendung der §§ 3 und 6 GrEStG in Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG
Bezug:
Kapitalgesellschaften
Nach der Rechtsprechung des BStBl 1982 II S. 424 – und – BStBl 1988 II S. 785 –) können personenbezogene Befreiungsvorschriften in Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG) nicht angewendet werden. Der BFH hat dies damit begründet, dass beim Anteilserwerb derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt werde, als habe er ein Grundstück von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Dies gilt sinngemäß auch für die ab geltende Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG.
Für die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG haben die Urteile keine Bedeutung. Da die Grundstücke einer Gesellschaft, deren Anteile zu mindestens 95 vom Hundert in einer Hand vereinigt sind, grunderwerbsteuerrechtlich diesem Gesellschafter zugerechnet werden, ist bei einer Übertragung der Anteile davon auszugehen, dass der neue Gesellschafter die Grundstücke von dem früheren Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft erwirbt. Für die Fälle, in denen mindestens 95 vom Hundert der Anteile einer Gesellschaft von einem Gesellschafter auf einen anderen übertragen werden, steht somit der Anwendbarkeit personenbezogener Befreiungsvorschriften nichts entgegen.
In allen Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG findet die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG keine Anwendung, weil der Erwerb des Grundstücks von der Gesellschaft auf einer durch § 1 Abs. 3 GrEStG angeordneten Fiktion und damit nicht auf einer Schenkung beruht. Insoweit liegen zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge vor, so dass auch keine Doppelbesteuerung desselben Vorgangs gegeben ist.
Personengesellschaften
Zu den Gesellschaften i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG gehören auch Personengesellschaften ( BStBl 1969 II S. 400 –, – BStBl 1975 II S. 834 – und – BStBl 1995 II S. 736 –). Dabei ist aber zu beachten, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG bei Personengesellschaften unter „Anteil an der Gesellschaft” die gesamthänderische Mitberechtigung und nicht die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftskapital zu verstehen ist (vgl. BStBl 1995 II S. 736 –). § 1 Abs. 2a GrEStG ist vorrangig anzuwenden. Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG werden beispielsweise verwirklicht, wenn bei einer GmbH & Co. KG mit Grundbesitz einer der Kommanditisten sowohl die anderen Kommanditanteile als auch mindestens 95 vom Hundert der Anteile an der Komplementär-GmbH erwirbt.
Für Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG bei Personengesellschaften sind die personenbezogenen Befreiungsvorschriften zu beachten. Die unter Buchst. a genannten und vom sind jeweils zur Anteilsvereinigung bei einer Kapitalgesellschaft ergangen. Die Schlussfolgerungen aus diesen Urteilen können nicht gleichermaßen für Personengesellschaften gezogen werden. Personengesellschaften sind weder zivilrechtlich noch grunderwerbsteuerrechtlich (vgl. §§ 5, 6 GrEStG) uneingeschränkt als selbständig anzusehen. Eigentümer des Vermögens einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die besondere Rechtsnatur der Personengesellschaften rechtfertigt es daher auch, persönliche Eigenschaften der Gesellschafter im Grundstücksverkehr mit der Gesellschaft, d.h. mit der Gesamtheit der Gesellschafter, zu berücksichtigen (vgl. BStBl 1980 II S. 217 – zu einem Erwerbsfall des § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 6 GrEStG sowie BStBl 2003 II S. 528 –).
Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG findet hier ebenfalls keine Anwendung.
§ 6 Abs. 2 und 3 GrEStG ist anwendbar, da derjenige, in dessen Hand sich die Vereinigung der Anteile i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG vollzieht, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt wird, als habe er das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Für den Anwendungsbereich des § 6 GrEStG liegen somit fiktive Grundstücksübertragungen von der GmbH & Co. KG auf den künftigen Alleinkommanditisten bzw. die Personengesellschaft vor. Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG können hiernach gleichzeitig sowohl nach einer personenbezogenen Befreiungsvorschrift als auch nach § 6 GrEStG (unter Beachtung der Beschränkungen des § 6 Abs. 4 GrEStG) begünstigt sein.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und tritt an die Stelle des Bezugserlasses.
Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 - S 4505/18
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
GAAAB-53025