Zurechnung der Vermietungseinkünfte bei Grundstücksgemeinschaften
Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 026/05
Der BFH hat mit den Urteilen vom – IX R 49/02 – (BStBl 2004 II S. 929) und – IX R 42/01 – (BFH/NV 2005 S. 168) entschieden, dass bei der entgeltlichen Überlassung einer Wohnung an einen Miteigentümer durch die Grundstücksgemeinschaft das Mietverhältnis mit den anderen Miteigentümern anzuerkennen sei und diese entsprechend ihren ideellen Miteigentumsanteilen anteilig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten, wenn der anmietende Miteigentümer das gemeinschaftliche Wohnhaus insgesamt über seinen Miteigentumsanteil hinaus nutze. Die Vermietung an den Ehegatten eines Miteigentümers und die gemeinschaftliche Nutzung durch die Eheleute ist als Selbstnutzung durch den Miteigentümer anzusehen.
Die bisherige Verwaltungsauffassung zur Zurechnung von Mieteinkünften bei Wohnungsüberlassung an einen Miteigentümer und gleichzeitiger Vermietung von Teilen des Gebäudes an Dritte in R 164 Abs. 2 EStR 2003 ist damit überholt und wird entsprechend angepasst werden. Im Hinweisteil zum EStH 2004 werden zudem Ausführungen zu den Stichworten „Mietverhältnis zwischen GdbR und Gesellschafter” sowie „Miteigentum” aufgenommen.
Übersteigt bei der entgeltlichen Überlassung die überlassene Fläche den Miteigentumsanteil, ist hinsichtlich des übersteigenden Teils das Mietverhältnis auch steuerlich anzuerkennen. Die auf den übersteigenden Teil entfallenden Einkünfte sind den überlassenden Miteigentümern im Verhältnis des Miteigentumsanteils zur Summe der Anteile der betroffenen Miteigentümer zuzurechnen.
Erfolgt neben der Eigennutzung durch Miteigentümer auch eine Fremdvermietung durch die Grundstücksgemeinschaft, liegt hinsichtlich der Fremdvermietung eine Vermietung durch alle Miteigentümer vor. Das gilt unabhängig von der Eigennutzung durch einzelne Miteigentümer. Die Einkünfte sind allen Miteigentümern entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zuzurechnen.
Beispiel
(vgl. –, BStBl 2004 II S. 929)
Die Geschwister A und B sind zu je ½ Miteigentümer eines Hauses mit drei gleich großen Wohnungen von jeweils 60 qm Wohnfläche. Die Anschaffungskosten in Höhe von 380.000 € (Grund- und Bodenanteil: 80.000 €) wurden von A und B entsprechend ihren Miteigentumsanteilen getragen. Die Wohnungen werden wie folgt genutzt:
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EG: | Vermietung durch die Grundstücksgemeinschaft an B zu eigenen Wohnzwecken |
I. OG: | Unentgeltliche Überlassung an die Eltern von A und B zu eigenen Wohnzwecken |
II. OG: | Vermietung durch die Grundstücksgemeinschaft an einen fremden Dritten |
Die Miete für die Wohnungen im EG und im II. OG beträgt einschließlich Umlagen jeweils 500 €/Monat. Auf das gesamte Gebäude entfallen Aufwendungen (ohne AfA) i. H. v. 9.000 €
Lösung
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
1.1 Fremdvermietung (Wohnung im II. OG)
Hinsichtlich der Fremdvermietung liegt, unabhängig von der Eigennutzung des EG durch B, eine Vermietung durch alle Miteigentümer vor ( –, BStBl 1999 II S. 360). Die Einkünfte sind A und B zu je ½ zuzurechnen.
1.2 Unentgeltliche Überlassung (Wohnung im I. OG)
Auch diese Wohnung nutzen A und B durch die unentgeltliche Überlassung an die Eltern gemeinschaftlich. Mangels Einkunftserzielungsabsicht bleiben die auf diese Wohnung entfallenden Aufwendungen allerdings außer Ansatz.
1.3 Vermietung an Miteigentümer B (Wohnung im EG)
Die Nutzung dieser Wohnung durch B zu eigenen Wohnzwecken führt nicht mehr zum vorrangigen „Verbrauch” seines Miteigentumsanteils. Bei gemeinschaftlichem Bruchteilseigentum wird die Sache selbst weder real noch ideell geteilt; geteilt wird nur die Rechtszuständigkeit am gemeinschaftlichen Gegenstand. Dementsprechend ist nicht das Gebäude, sondern – im Rahmen einer Vereinbarung nach § 745 Abs. 1 BGB – das Nutzungsrecht am Gebäude zwischen A und B aufgeteilt worden. A hat B – abweichend von § 743 Abs. 2 BGB – einen weiter gehenden Gebrauch der gemeinschaftlichen Sache eingeräumt. Hier stünde A ein Entschädigungsanspruch aus § 745 Abs. 2 BGB zu. Stattdessen hat er zugunsten von B gegen Entgelt auf sein Mitgebrauchsrecht verzichtet und B die Wohnung im EG zur Alleinnutzung überlassen.
Da es sich um eine entgeltliche Überlassung einer Wohnung an einen Miteigentümer durch die Gemeinschaft handelt, ist das Mietverhältnis insoweit steuerrechtlich anzuerkennen, als die entgeltliche Überlassung den ideellen Miteigentumsanteil des B übersteigt. Der ideelle Miteigentumsanteil des B an der Wohnung im EG beträgt ½, während die Nutzung zu 1/1 erfolgt, so dass das Mietverhältnis zur Hälfte anzuerkennen ist. A erzielt insoweit allein Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
1.4 Ermittlung der Einkünfte
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A | B | Summe | |
Einnahmen | |||
– EG: ½ von 500 € = 250 € × 12 (Zurechnung nur bei A) = | 3.000 € | – | 3.000 € |
– I. OG: | – | – | – |
– II. OG: 500 € × 12 = | 3.000 € | 3.000 € | 6.000 € |
Summe der Einnahmen | 6.000 € | 3.000 € | 9.000 € |
./. Werbungskosten | |||
– AfA EG: 2 % von 100.000 € = 2.000 €, Ansatz nur bei A zu ½ = | 1.000 € | – | 1.000 € |
– AfA I. OG: kein Ansatz mangels Einkunftserzielungsabsicht | – | – | – |
– AfA II. OG: wie EG = 2.000 €, Ansatz bei A und B zu je ½ = | 1.000 € | 1.000 € | 2.000 € |
– Sonstige WK EG:
1/3 von 9.000 € = 3.000 €, Ansatz nur bei A zu ½ = | 1.500 € | – | 1.500 € |
– Sonstige WK I. OG:
1/3 = 3.000 €, kein Ansatz | – | – | – |
– Sonstige WK II. OG:
1/3 = 3.000 €, Ansatz bei A und B zu je ½ = | 1.500 € | 1.500 € | 3.000 € |
Summe der Werbungskosten | 5.000 € | 2.500 € | 7.500 € |
= Einkünfte | 1.000 € | 500 € | 1.500 € |
2. Evtl. Eigenheimzulagenförderung
2.1 Selbstnutzung der Wohnung im EG durch B
Infolge der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nach § 4 Satz 1 EigZulG kann B nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EigZulG höchstens ½ des anteiligen Fördergrundbetrags in Anspruch nehmen (Rz 56 Satz 5 i. V. m. Rz 94 des BStBl 2005 I S. 305), sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
2.2 Unentgeltliche Überlassung der Wohnung im I. OG an die Eltern
Infolge der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (§ 4 Satz 2 EigZulG i. V. m. § 15 AO) kann bei A und/oder B eine Zulagenförderung i. H. v. jeweils ½ des anteiligen Fördergrundbetrags in Betracht kommen, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen (insbesondere bei B Objektbeschränkung prüfen) erfüllt sind.
Oberfinanzdirektion Koblenz v. - S
2253 A
Fundstelle(n):
NAAAB-52606