Darlegung des Auswahlermessens bei gesamtschuldnerischer Haftung nach § 71 AO 1977
Haftung für Umsatzsteuer der KG und Zinsen für 1989–1994
Leitsatz
1. Im Falle einer auf § 71 AO beruhenden Haftung ist die Ermessensentscheidung im Sinne der Inanspruchnahme der hierfür verantwortlichen
Personen vorgeprägt, so dass auf die nähere Darlegung der Ermessenserwägungen verzichtet werden kann, wenn außer dem Adressaten
des Haftungsbescheids auch alle weiteren Personen, die den Haftungstatbestand in (mindestens) derselben Verschuldensform verwirklicht
haben, in Anspruch genommen werden.
2. Nimmt das FA hingegen einzelne Teilnehmer einer Steuerhinterziehung als Haftungsschuldner in Anspruch, andere, namentlich
einen oder mehrere Hauptverantwortliche jedoch nicht, ist die Behörde verpflichtet, die Erwägungen, von denen sie sich bei
ihrer Auswahl hat leiten lassen, offen zu legen (hier: Inanspruchnahme des einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführers
und Gesellschafters einer KG aufgrund der Unterzeichnung der wegen Nichterklärung von Schwarzumsätzen unrichtigen Umsatzsteuererklärung,
jedoch nicht des Organisators der Schwarzeinkünfte bzw. von dessen Erben).
3. Wird im Rahmen der Haftung nach § 71 AO 1977 nicht der Haupttäter in Anspruch genommen und der Haftungsbescheid gegenüber
dem Inanspruchgenommenen wegen fehlender Begründung des Auswahlermessens aufgehoben, ist bei der erneuten Entscheidung über
den Umfang der Haftungsinanspruchnahme zugunsten des Haftenden zu berücksichtigen, wenn es aus Gründen der Festsetzungsverjährung
nicht mehr möglich ist, die unterbliebene Haftungsinanspruchnahme des Hauptverantwortlichen nachzuholen und deshalb der Haftende
vom Haupttäter der Steuerhinterziehung keinen Ausgleich im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs erlangen kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2005 S. 662 EFG 2005 S. 662 Nr. 9 NWB-Eilnachricht Nr. 23/2006 S. 1932 ZAAAB-44768
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Online-Dokument
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.01.2005 - 3 K 40/02
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