BFH Beschluss v. - III B 162/03

Eigenheimzulage bei doppelter Haushaltszugehörigkeit von Kindern getrennt lebender Eltern

Gesetze: EigZulG § 9 Abs. 5; EStG § 34f

Instanzenzug:

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist von grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsfrage, ob eine doppelte Haushaltszugehörigkeit von Kindern nicht mehr verheirateter und nicht in der gleichen Wohnung lebender Elternteile mit der Folge angenommen werden kann, dass entweder einem oder auch beiden Elternteilen die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) gewährt wird.

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) darüber erforderlich, ob im Falle getrennt lebender Elternteile die Definition der Haushaltszugehörigkeit in der Entscheidung des (BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776) oder diejenige im Urteil vom X R 24/99 (BFHE 197, 296, BStBl II 2002, 244) anzuwenden sei, bei der die Frage des Lebensmittelpunktes keine bzw. eine untergeordnete Rolle spiele.

Nach einer Anweisung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt vom EZ 1230 A-1-St II 34 (juris) könnten beide Elternteile, die nicht miteinander verheiratet seien, dauernd getrennt lebten oder geschieden worden seien, in Ausnahmefällen Anspruch auf Gewährung der Kinderzulage haben, wenn ihnen das Sorgerecht gemeinsam zustehe und die Kinder tatsächlich in beide Haushalte eingegliedert seien.

2. Die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte sind nicht geeignet, die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) zu rechtfertigen. Beide Zulassungsgründe setzen voraus, dass die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig ist (z.B. , BFH/NV 2002, 652). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn auf den Sachverhalt durch die Rechtsprechung geklärte Rechtsgrundsätze anzuwenden und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute höchstrichterliche Prüfung und Entscheidung der Frage geboten erscheinen lassen (z.B. , BFH/NV 2003, 208).

3. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage auf Gewährung der Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 EigZulG abgewiesen, weil beide Kinder des Klägers im Streitzeitraum auch nach dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt nicht zu seinem Haushalt, sondern zu dem seiner geschiedenen Ehefrau gehört hätten.

Die vom Kläger selbst genannten Aufenthaltszeiten reichten nicht aus, eine Eingliederung der Kinder in den Haushalt des voll berufstätigen Klägers parallel zu der —unzweifelhaft gegebenen— Haushaltszugehörigkeit bei der nicht berufstätigen Mutter anzunehmen. Es handele sich vielmehr um —regelmäßige— Besuche der Kinder zur Aufrechterhaltung des Kontakts mit dem Vater. Der Umfang des regelmäßigen Aufenthalts der Kinder in seiner Wohnung trete weit hinter den Zeiten der Betreuung durch die Kindesmutter in deren Wohnung zurück, wo sie im Einvernehmen beider Elternteile aus erzieherischen und praktischen Gründen lebten. Der Ort des überwiegenden Aufenthaltes und der Lebensmittelpunkt der Kinder sei damit klar umrissen.

4. Mit diesen Ausführungen befindet sich das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH und der Auffassung der Finanzverwaltung zur Haushaltszugehörigkeit eines Kindes.

a) Mit Urteil in BFHE 197, 296, BStBl II 2002, 244 hat der BFH den Begriff der Haushaltszugehörigkeit als Voraussetzung der Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 3 Satz 2 des EinkommensteuergesetzesEStG— (sog. Baukindergeld im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG), der die Kinderzulage gemäß § 9 Abs. 5 Satz 5 EigZulG gleichsteht, neu definiert. Mit diesem Begriff der Haushaltszugehörigkeit sei ein komplexer Sachverhalt umschrieben, den Merkmale verschiedener Art prägten und der z.B. in § 4 Abs. 2 Satz 1 des Wohngeldgesetzes und § 18 Abs. 1 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung in der ab geltenden Fassung (BGBl I 2001, 2376) als Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bezeichnet werde. Danach entstehe Haushaltszugehörigkeit aus dem Zusammenwirken örtlicher Gegebenheiten sowie materieller und immaterieller Faktoren. So verlange Haushaltszugehörigkeit eine Familienwohnung, die vom Steuerpflichtigen und der Person, die zu seinem Haushalt gehöre, genutzt werde. Haushaltszugehörigkeit erfordere ferner, dass der Steuerpflichtige Verantwortung für das materielle Wohl des Haushaltsangehörigen trage und dass zwischen den Personen familiäre Bindungen bestünden und unterhalten würden, was sich auch in der Fürsorge für den Haushaltsangehörigen niederschlage.

Mit dieser im Sozialrecht verwendeten Begriffsbestimmung ist der BFH zwar insoweit von der bisherigen Rechtsprechung abgerückt, als nunmehr auf eine einheitliche Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen als Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit verzichtet wird. Der BFH hält aber an der bisherigen Rechtsprechung fest, dass bloße Besuche des Kindes bei dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil keine auf Dauer angelegte Haushaltszugehörigkeit begründen. Auch wenn das Sorgerecht den Eltern gemeinsam zustehe, sei das Kind im Regelfall dem Haushalt zuzuordnen, in dem es sich überwiegend aufhalte und wo sich der Mittelpunkt seines Lebens befinde. In Ausnahmefällen könne jedoch auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebe und nach den tatsächlichen Umständen des einzelnen Falles als in beide Haushalte eingegliedert anzusehen sei (, BFHE 188, 330, BStBl II 1999, 594 und X R 121/95, BFH/NV 2000, 16).

Dementsprechend bedeutet der vergleichbare Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG für den BFH die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Danach gehöre ein Kind dann zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort wohne, versorgt und betreut werde, so dass es sich in der Obhut dieses Elternteils befinde. Formale Gesichtspunkte, z.B. die Sorgerechtsregelung oder die Eintragung in ein Melderegister, könnten bei der Beurteilung, in welchen Haushalt das Kind aufgenommen sei, allenfalls unterstützend herangezogen werden. Ein Obhutverhältnis in dem geschilderten Sinne bestehe allerdings dann nicht, wenn sich das Kind nur für einen von vornherein begrenzten, kurzfristigen Zeitraum bei einem Elternteil befinde, etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien (, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713, m.w.N.).

b) Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen (z.B. , ESt-Kartei ND § 9 EigZulG Nr. 4).

5. Das FG ist auf der Grundlage des vom Kläger vorgetragenen tatsächlichen Geschehensablaufes zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Aufenthalten der Kinder bei ihm um bloße Besuche handelte, die —noch— keine Haushaltszugehörigkeit begründeten. Der Kläger ist diesen Feststellungen nicht mit einer Verfahrensrüge i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO entgegengetreten. Der Senat ist daran und auch an die Sachverhaltsbewertung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), denn sie widerspricht weder den gesetzlichen Auslegungsregeln noch den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen, sie ist vielmehr möglich und nachvollziehbar. Sie ist auch vom Kläger letztlich nicht substantiiert angegriffen worden. Vielmehr hat er lediglich seine Sachverhaltswürdigung an die Stelle derjenigen —möglichen— des FG gesetzt.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

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Fundstelle(n):
BFH/NV
BFH/NV 2005 S. 673 Nr. 5
QAAAB-44194