Keine Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen bei Kleintierzucht S. 12
Leitsatz
Die Züchtung und das Halten von Kleintieren, wie Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamstern, Ratten und Mäusen, die als Haustiere oder als Lebendfutter für andere Tiere verwendet werden, stellen ungeachtet einer vorhandenen Futtergrundlage eine gewerbliche Tätigkeit dar, nicht aber eine land- und forstwirtschaftliche Tierzucht und -haltung, die zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG berechtigen würde.
Gesetze: EStG § 13EStG § 13aEStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2
Instanzenzug: (EFG 2004, 493) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewirtschaftet ein eigenes Grundstück von 0,7 ha sowie zugepachtete Flächen von 5,88 ha, auf denen er Futter wie z.B. Gras, Heu, Topinambur, Grünkohl, Markstammkohl, Runkelrüben und Grünmais für seine Tiere anbaut. Damit deckt der Kläger den Futterbedarf seiner Kleintierzucht zu ca. 80 v.H.; hinzugekauft wird nur Kraftfutter. Die Tiere, zu 80 v.H. Meerschweinchen, ferner Zwergkaninchen, Hamster, Ratten und Mäuse, werden hauptsächlich an Zoohandlungen zum Verkauf als Haustiere, aber auch als Lebendfutter an zoologische Gärten geliefert.
Da der Kläger trotz Aufforderungen für die Streitjahre (1996 bis 1998) keine Steuererklärungen abgab, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977). Für 1997 erließ das FA zunächst einen Einkommensteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem es bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft eine Gewinnermittlung nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu Grunde legte. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 1996 sowie 1997 und 1998 setzte das FA für die Kleintierzucht Einkünfte aus Gewerbebetrieb, daneben aber auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft an.
Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Besteuerung auch seiner Gewinne aus Kleintierzucht nach § 13a EStG begehrte, hatten keinen Erfolg. Auch das Finanzgericht (FG) sah in der Zucht von Kleintieren, die als Haustiere oder Lebendfutter für andere Tiere bestimmt sind, eine gewerbliche Betätigung. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 493 abgedruckt.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt vor, er verfüge über ausreichende landwirtschaftliche Flächen, mit deren Bewirtschaftung er sich zweifelsfrei landwirtschaftlich betätige. Diese Flächen seien aber zugleich die Futtergrundlage für seine Tierzucht. Insoweit sei die beispielhafte Aufzählung der Tierarten in den Anlagen 1 und 2 zum Bewertungsgesetz (BewG) sinngemäß zu erweitern, wie dies auch von der Rechtsprechung bereits für Pelztiere anerkannt sei (, BFHE 132, 29, BStBl II 1981, 210, und vom VIII R 272/83, BFHE 151, 408, BStBl II 1988, 264). Schließlich habe auch die Finanzverwaltung den Katalog der Tierarten, die zur landwirtschaftlichen Tierzucht und -haltung zählen, ständig erweitert und den landwirtschaftlichen Tierbeständen auch Kaninchen, Damwild, Alpakas, Lamas sowie Strauße zugeordnet (R 124a Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien —EStR—).
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und den Einkommensteuerbescheid 1996 vom sowie die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 vom in der Fassung des Einspruchsbescheids vom ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat die Kleintierzucht des Klägers im Ergebnis zu Recht als Gewerbebetrieb beurteilt mit der Folge, dass die daraus bezogenen Einkünfte nicht in die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG einzubeziehen waren.
1. Gewerbebetrieb ist jede selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird; Voraussetzung ist ferner, dass es sich weder um eine land- und forstwirtschaftliche noch um eine freiberufliche Betätigung oder eine andere selbstständige Arbeit handelt (§ 15 Abs. 2 EStG). Streitig ist hier allein, ob der Kläger mit seiner Kleintierzucht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat, die die Annahme gewerblicher Einkünfte ausschließen würde.
a) Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören auch Einkünfte aus der Tierzucht und Tierhaltung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Tierbestände den in dieser Vorschrift angegebenen Umfang nicht übersteigen. Dies entspricht der Regelung in § 51 Abs. 1a BewG, wonach diese Tierbestände auch bewertungsrechtlich der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen sind. Darüber hinaus ordnet § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG die Anwendung des § 51 Abs. 2 bis 5 BewG an und verweist damit zugleich auf die in § 51 Abs. 4 BewG erwähnten Anlagen 1 und 2 des Bewertungsgesetzes zur Umrechnung der im Einzelnen aufgeführten bodenabhängigen Tierbestände in Vieheinheiten. Schließlich werden durch § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 62 BewG verschiedene flächenunabhängige Sonderformen der Tiererzeugung und -haltung zu Zwecken der menschlichen Versorgung der landwirtschaftlichen Nutzung zugeordnet.
b) Diesem Regelungsgefüge lässt sich entnehmen, dass die Zucht und Haltung von Tieren nur dann zur Landwirtschaft gehören, wenn die Tiere dort entweder als Arbeitstiere gehalten bzw. bodenunabhängig sind und der menschlichen Ernährung dienen oder bodenabhängig sind und nach der Verkehrsanschauung der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden (vgl. Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 8. Aufl. 2001 Rdnr. 182). Die Verwendung selbst erzeugter Pflanzen als Futter zur Tierzucht und Tierhaltung ist landwirtschaftliche Veredelung und rechtfertigt so eine Zuordnung dieser Tätigkeit zur Urproduktion, durch die sich der land- und forstwirtschaftliche Betrieb vom Gewerbebetrieb unterscheidet (Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, Berlin 1927, § 6 Anm. 11). Dementsprechend wird der Bezug zur Urproduktion bei der flächenunabhängigen Tierzucht und -haltung durch ihren Zweck der Versorgung der Bevölkerung hergestellt. Aus diesem Grunde etwa sind die Tiere einer Wanderschäferei als Woll- und Fleischlieferanten der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen, während die Zucht von Zierfischen nach dem Willen des Gesetzgebers gewerblich ist (, BFHE 149, 288, BStBl II 1987, 467).
2. Für den Streitfall folgt hieraus, dass die vom Kläger gezüchteten Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamster, Ratten und Mäuse weder der Kategorie flächenunabhängiger Tierbestände angehören noch der Gruppe flächenabhängiger Tierbestände zuzuordnen sind. Sie dienen weder der Versorgung der Bevölkerung noch sind sie ungeachtet der Verwendung selbsterzeugten Futters nach der Verkehrsanschauung der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. Dabei kann dahinstehen, ob Meerschweinchen in Südamerika —wie der Kläger vorgetragen hat— von Indios verzehrt zu werden pflegen. In Deutschland dienen diese Tiere jedenfalls nicht der menschlichen Ernährung. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG wurden sie daher auch als Lebendfutter an zoologische Gärten verkauft oder in den Handel mit Haustieren gebracht.
a) Einer Zuordnung zu den flächenabhängigen Tierbeständen steht bereits entgegen, dass sämtliche vom Kläger gezüchteten Tierarten weder in der Anlage 1 zum BewG noch in R 124a EStR 1986/ 1988 aufgeführt sind. Nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist diese Aufzählung zwar nicht abschließend (BFH-Urteil in BFHE 132, 29, BStBl II 1981, 210; R 124a Abs. 1 EStR). Gleichwohl können nur solche flächenabhängige Tierbestände der landwirtschaftlichen Nutzung zugeordnet werden, die nach der Verkehrsanschauung der Land- und Forstwirtschaft angehören. Dies folgt aus dem Gesetz, das in der Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 BewG —wenn auch beispielhaft— nur das Vieh aufführt, das traditionell zur deutschen Landwirtschaft gehört. Zutreffend ist daher auch die Vorinstanz von einer Zuordnung solcher Tierbestände zur landwirtschaftlichen Nutzung ausgegangen, die nach der Verkehrsauffassung in einem Bezug zur Urproduktion stehen.
b) Ob unter diesem Gesichtspunkt der Verkehrsanschauung die Erweiterung des Katalogs der in Vieheinheiten umzurechnenden Tierbestände durch die EStR (R 124a Abs. 1 EStR) um Alpakas, Lamas und Strauße noch als eine zutreffende Auslegung des Gesetzes zu beurteilen ist, mag zweifelhaft sein.
Die Frage, ob diese Erweiterung des landwirtschaftlichen Viehbestands um nach hiesiger Anschauung exotische Tiere durch bloße Verwaltungsanweisung rechtmäßig ist, kann im Streitfall jedoch dahinstehen. Zu Unrecht hat sich der Kläger auf diese Erweiterung des Katalogs der in Vieheinheiten umzurechnenden Tierbestände berufen. Denn im Unterschied zu den von ihm gezüchteten und gehaltenen Kleintieren, dienen die von R 124a Abs. 1 EStR erfassten Alpakas, Lamas und Strauße der menschlichen Versorgung und weisen so einen Bezug zu den Zwecken der Urproduktion auf, der Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamstern, Ratten und Mäusen nicht zukommt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2005 II Seite 347
BB 2005 S. 593 Nr. 11
BFH/NV 2005 S. 624
BFH/NV 2005 S. 624 Nr. 4
BStBl II 2005 S. 347 Nr. 9
DB 2005 S. 536 Nr. 10
DStRE 2005 S. 384 Nr. 7
FR 2005 S. 546 Nr. 10
HFR 2005 S. 415
KÖSDI 2005 S. 14585 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 27/2006 S. 2251
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2006 S. 2676
StB 2005 S. 122 Nr. 4
EAAAB-43965