BFH Beschluss v. - VIII B 212/04

Ermittlung des stl. Existenzminimums eines Kindes

Gesetze: EStG § 32 Abs. 6

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehren die Zulassung der Revision mit der Begründung, dass entgegen der Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG) der Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 des EinkommensteuergesetzesEStG—) für das Jahr 1998 nicht zur Abdeckung des Existenzminimums eines Kindes ausreiche und daher verfassungswidrig sei (Art. 6 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—). Sie machen geltend, das FG habe bei seiner Berechnung der Höhe des Existenzminimums eines Kindes für das Streitjahr 1998 ihren Vortrag übergangen, dass sie allein 220 DM Versicherungskosten pro Monat und Kind zu zahlen gehabt hätten.

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Revision ist nicht zur Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) zuzulassen. Die von den Klägern für klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob bei der Ermittlung des steuerlichen Existenzminimums eines Kindes Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen sind, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits konkludent entschieden.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG gebietet Art. 6 Abs. 1 GG, bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei zu belassen; dabei bildet das sozialhilferechtlich definierte Existenzminimum die Grenze für das einkommensteuerliche Existenzminimum, die über-, aber nicht unterschritten werden darf (Beschluss vom 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174).

Dieser Beschluss des BVerfG ist aufgrund eines Vorlagebeschlusses des III. Senats des (BFHE 171, 534, BStBl II 1993, 755) ergangen. Der III. Senat des BFH hatte jedoch vor der Entscheidung des BVerfG die in seinem Vorlagebeschluss aufgestellten Grundsätze in einem Urteil vom III R 194/90 (BFHE 173, 528, BStBl II 1994, 429, 432) dahin fortentwickelt und konkretisiert, dass nach seiner Auffassung bei der Ermittlung der Höhe des Existenzminimums eines Kindes im Jahre 1986 u.a. auch ein Mindestvorsorgebetrag von 200 DM zu berücksichtigen sei.

Das BVerfG ist in seinem Beschluss in BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174 auf die Problematik der Vorsorgeaufwendungen nicht ausdrücklich eingegangen. Es hat ausgeführt, dass die verfassungsrechtlich vorgegebene Maßgröße des sozialhilferechtlich anerkannten existenznotwendigen Mindestbedarfs sich auf der Grundlage des Bundesozialhilfegesetzes (BSHG) in folgenden Positionen errechne (vgl. unter C. I. 3. a der Gründe):

1. Regelsatz gemäß § 22 Abs. 3 BSHG

2. Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 der Regelsatzverordnung

3. Einmalbeihilfen für zusätzlichen Grundbedarf, der nicht durch laufende Leistungen gedeckt ist

4. Mehrbedarf gemäß § 23 Abs. 4 Nr. 1 BSHG zur Berücksichtigung der durch die Erwerbstätigkeit bedingten erhöhten privaten Bedürfnisse.

Wenn das BVerfG in seiner Entscheidung nicht auf die Vorsorgeaufwendungen und die den Vorlagebeschluss ergänzenden Ausführungen des III. Senats eingegangen ist und stattdessen genau festgelegt hat, welche Positionen bei der Ermittlung des steuerfrei zu belassenden Existenzminimums zu berücksichtigen sind, dann hat es damit konkludent entschieden, dass nach seiner Auffassung die Kosten für die Vorsorgeaufwendungen für ein Kind nicht in das steuerfrei zu belassende Existenzminimum aufzunehmen sind. Deshalb liegt insoweit entgegen der Auffassung der Kläger ein weiterer Klärungsbedarf, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, nicht vor.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 338
BFH/NV 2005 S. 338 Nr. 3
YAAAB-40853