Ermittlung der Einkünfte i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
Gesetze: EStG § 32 Abs. 4
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die 1980 geborene Tochter S des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) befand sich von August 1998 bis in Berufsausbildung. Sie unterhielt in dieser Zeit neben ihrem Wohnsitz bei den Eltern zusammen mit einer Kollegin eine Wohnung am Ausbildungsort. Ihre Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit betrugen im Jahr 2000 insgesamt 21 946,98 DM und in der Zeit von Januar bis insgesamt 13 034 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (Beklagter) hob mit Bescheid vom die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2000 auf und lehnte mit Bescheid vom den Kindergeldantrag für 2001 ab, weil der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überschritten sei. Das zuviel bezahlte Kindergeld in Höhe von 3 240 DM —zuzügl. monatlich 30 DM für den Wegfall des dritten kindergeldberechtigten Kindes(Zählkindvorteil nach § 66 Abs. 1 EStG)— forderte er zurück. Die Einsprüche blieben erfolglos.
Mit der Klage macht der Kläger geltend:
Für das Jahr 2000
- Werbungskosten und ausbildungsbedingte Aufwendungen in Höhe von 11 534,56 DM. In diesem Betrag sind u.a. Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und dazugehörende Nebenkosten in Höhe von 3 476,66 DM sowie Anschaffungskosten für einen PC in Höhe von 2 343 DM enthalten;
- Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5 049,64 DM.
Für das Jahr 2001
- Werbungskosten in Höhe von 6 914,16 DM. In diesem Betrag sind u.a. Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und dazugehörende Nebenkosten in Höhe von 2 203,38 DM enthalten;
- Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 2 707,55 DM.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zwar reichten die geltend gemachten Werbungskosten und ausbildungsbedingten Mehraufwendungen nicht aus, um die jeweiligen Grenzbeträge zu unterschreiten. Dies werde jedoch durch Anrechnung der Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern erreicht (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2004, 746).
Mit der Revision rügt der Beklagte Verletzung materiellen Rechts (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern könnten nicht von den Einkünften und Bezügen abgezogen werden.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Der Kläger hat für die Zeit von Januar 2000 bis keinen Anspruch auf Kindergeld.
a) Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der für die Kalenderjahre 2000 und 2001 geltenden Fassung wird ein über 18 Jahre altes Kind in Berufsausbildung nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 13 500 DM bzw. 14 040 DM im Kalenderjahr hat (Jahresgrenzbetrag). Dieser Betrag ermäßigt sich nach § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG für jeden Kalendermonat um ein Zwölftel, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen (Kürzungsmonate). Bei der Prüfung, ob der sich danach ergebende Jahresgrenzbetrag bzw. anteilige Jahresgrenzbetrag —im Jahr 2001 (sieben Zwölftel von 14 040 DM =) 8 190 DM— überschritten ist, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG diejenigen Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz, die auf die Kürzungsmonate entfallen. Das sind im Jahr 2001 die Monate August bis Dezember.
b) Die nach § 32 Abs. 4 Sätze 2, 5 und 6 EStG zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge betragen danach
aa) für 2000
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Einnahmen | 21 946,98 DM | |
geltend gemachte Aufwendungen | 11 534,56 DM | |
Kürzungen - doppelte Haushaltsführung | ./. 3 476,66 DM | |
- PC | ./. 2 050,00 DM | 6 007,90 DM |
Summe | 15 939,08 DM |
bb) für 2001
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Einnahmen | 13 034,00 DM | |
geltend gemachte Aufwendungen | 6 914,16 DM | |
Kürzungen - doppelte Haushaltsführung | ./. 2 203,38 DM | |
- Fahrtkosten | ./. 229,50 DM | 4 481,28 DM |
Summe | 8 552,72 DM |
cc) Damit übersteigen die zu berücksichtigenden Einkünfte die jeweiligen Jahresgrenzbeträge. Bei der Ermittlung der Einkünfte ist davon auszugehen, dass
- der Kläger keine Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung seiner Tochter geltend machen kann, weil die Aufwendungen bereits mit dem Jahresgrenzbetrag abgegolten sind (vgl. u.a. , BFHE 199, 283, BStBl II 2002, 695, und vom VIII R 104/03, juris),
- die Anschaffungskosten für den PC auf vier Jahre zu verteilen sind und wegen der Anschaffung im zweiten Halbjahr 2000 nur eine Halbjahres-Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 293 DM zu berücksichtigen ist (vgl. , BFHE 205, 220, und vom VIII R 42/03, juris),
- Fahrtkosten nach den Feststellungen des FG nur für 65 Arbeitstage nachgewiesen sind und
- Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern nicht bei den „Einkünften und Bezügen” i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgezogen werden können (, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566, und vom VIII R 59/03, BFHE 204, 126, BStBl II 2004, 584).
2. Da die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2000 zu Recht aufgehoben worden ist, konnte der Beklagte das für dieses Jahr gezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zurückfordern. Die Forderung umfasst auch den Erhöhungsbetrag von monatlich 30 DM, der dem Kläger nur für ein drittes Kind zusteht (§ 66 Abs. 1 Satz 1 EStG). Diese Voraussetzung ist hier nicht mehr erfüllt, weil S beim Familienleistungsausgleich als Kind nicht mehr berücksichtigungsfähig ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAB-35557