BFH Urteil v. - I R 8/03

Aktivierung von Ansprüchen aus einer kongruenten Pensionsrückdeckungsversicherung

Gesetze: EStG § 6a, § 6 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist, mit welchem Betrag Ansprüche aus einer Pensionsrückdeckungsversicherung zu aktivieren sind.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH und Rechtsnachfolgerin einer E GmbH. Diese ist gegenüber verschiedenen Arbeitnehmern Pensionsverpflichtungen eingegangen, für die sie in der Bilanz zum Pensionsrückstellungen gebildet hat. Zur Abdeckung der sich aus den Versorgungszusagen ergebenden Belastungen schloss die E GmbH eine kongruente Rückdeckungsversicherung ab. Der Versicherungsvertrag war entsprechend der den Arbeitnehmern erteilten Pensionszusagen im Wesentlichen in Form einer Rentenversicherung ausgestaltet und sah im Fall der vorzeitigen Kündigung eine Rückkaufsmöglichkeit grundsätzlich nicht vor; durch Kündigung wandelte sich die Versicherung regelmäßig lediglich in eine beitragsfreie um.

In ihrer Bilanz zum aktivierte die E GmbH die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung unter den sonstigen Vermögensgegenständen im Umlaufvermögen. Dabei begrenzte sie den Aktivwert der Rückdeckungsversicherungen auf den Betrag der ausgewiesenen Pensionsrückstellung. Demgegenüber vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die Auffassung, dass der Ansatz der jeweiligen Rückdeckungsversicherung sich nach dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital des Versicherers zu richten habe. Dementsprechend erließ das FA nach einer Außenprüfung einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1996 (Streitjahr).

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Die Vorentscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 764 abgedruckt.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und die Abweisung der Klage.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Zu Unrecht hat das FG entschieden, dass die Klägerin die Rückdeckungsansprüche der E GmbH gegen die Versicherung entsprechend dem passivierten Wert der Pensionsverpflichtungen zu bilanzieren hat. Die Rückdeckungsansprüche sind vielmehr in Höhe der verzinslichen Ansammlung der von der E GmbH geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien zu bewerten.

1. a) Die Rückdeckung einer Pensionsverpflichtung des Arbeitgebers dient der Sicherstellung der Erfüllbarkeit der gegebenen Pensionszusage bei Erreichen des Pensionsalters sowie bei vorzeitigen Versorgungsfällen wie Invalidität oder Tod des Aktiven. Hierzu sind in der Regel gleichbleibende Prämien pro Versicherungsjahr an den Versicherer zu leisten. Davon dient neben der Deckung der Verwaltungskosten des Versicherers (zuzüglich Gewinnaufschlag) ein Teil der Abdeckung der vorzeitigen Versorgungsfälle im Kollektiv (Risikoprämie). Er begründet Aufwand des betreffenden Wirtschaftsjahres, da der damit abgegoltene Teil des Versicherungsschutzes zeitlich nicht über dieses Wirtschaftsjahr hinausreicht.

Der im Versicherungsjahr nicht verbrauchte Teil der Versicherungsprämie dient der Sparkomponente der Versicherung (Sparanteil); er steht dem Versicherungsnehmer unmittelbar zur Finanzierung der auf Grund der erteilten Pensionszusage zu zahlenden Versorgungsrenten zur Verfügung. Dabei wird er mit dem vertraglich garantierten (rechnungsmäßigen) Zinssatz verzinst. Der damit erworbene Anspruch auf Rückdeckung (Erstattung) der zu leistenden Renten ist —insoweit unbestritten— als Forderung (§ 194 des Bürgerlichen GesetzbuchsBGB—) des Kaufmanns gegen den Versicherer unter den sonstigen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens i.S. des § 266 Abs. 2 B II 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu bilanzieren. Der Sparanteil der Versicherungsprämie und der rechnungsmäßige Zins werden damit nicht aufwandswirksam.

b) Der Rückdeckungsanspruch einerseits und die jeweilige Pensionsverpflichtung andererseits stellen —wovon auch die Vorentscheidung ausgeht— unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter dar. Eine Saldierung beider ist daher gemäß § 246 Abs. 2 HGB auch bei Rückdeckung in voller Höhe (kongruente Rückdeckung) nicht zulässig (, BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251; vom I R 227-228/80, nicht veröffentlicht —n.v.—; vom IV R 41/00, BFHE 196, 94, BStBl II 2002, 724; vom II R 92/93, BFHE 180, 166, BStBl II 1996, 348, zur Einheitsbewertung des Betriebsvermögens; vgl. auch Ahrend/Förster/Rößler, Steuerecht der betrieblichen Altersversorgung, 4. Aufl., 2. Teil Rdnr. 374; Beck'scher Bilanzkommentar, 5. Aufl., § 249 HGB Rdnr. 248).

c) Zwar ist in der Rechtsprechung des BFH die Berücksichtigung von Rückgriffsmöglichkeiten bei der Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Forderungen bejaht worden (, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437; vom I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349). Dabei handelte es sich jedoch, anders als vorliegend, jeweils um künftig entstehende und damit noch nicht aktivierbare Rückgriffsansprüche.

2. a) Forderungen sind gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben, soweit sie diesem einzeln zugeordnet werden können. Bei den Rückdeckungsansprüchen trifft dies zunächst für die bis zum jeweiligen Bilanzstichtag vom Versicherungsnehmer aufgewendeten Sparanteile der Versicherungsprämien (Sparbeiträge) zu. Zu Anschaffungskosten führt auch die rechnungsmäßige Verzinsung dieser Sparbeiträge, die vertraglich garantiert wurde und daher entsprechende Zinsansprüche des Versicherungsnehmers begründete (vgl. dazu , BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 400; vgl. Wichmann, Betriebs-Berater —BB— 1989, 1228, 1231, Der Betrieb —DB— 1992, 2005 f.). Weitere als Anschaffungskosten zu aktivierende Aufwendungen sind im Streitfall nicht ersichtlich.

b) Der (als Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers zu aktivierenden) verzinslichen Ansammlung der geleisteten Sparbeiträge entspricht auf der Seite des Versicherers unter Zugrundelegung einer retrospektiven Betrachtung zum jeweiligen Bilanzstichtag begrifflich und betragsmäßig dessen geschäftsplanmäßiges Deckungskapital (vgl. , BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101; vom I 221/60 U, BFHE 75, 407, BStBl III 1962, 416; vom I R 227-228/80, n.v.; in BFHE 196, 94, BStBl II 2002, 724; Abschn. 41 Abs. 26 der Einkommensteuer-RichtlinienEStR— 1993; , BB 1994, 112; vgl. auch Ahrend/Förster/ Rößler, a.a.O., Rdnr. 376). Am jeweiligen Bilanzstichtag prospektiv betrachtet ist dies der (nämliche) Betrag, den der Versicherer in Höhe des Barwerts der künftigen Verpflichtungen aus dem jeweiligen Vertrag abzüglich des Barwerts der künftig eingehenden Nettobeiträge passivieren muss —Deckungsrückstellung des Versicherers— (vgl. dazu § 341f HGB i.d.F. des Versicherungsbilanzrichtlinie-Gesetzes vom ). Das vom Versicherer jeweils nachgewiesene Deckungskapital (Deckungsrückstellung) ist somit auch Bewertungsgrundlage und -maßstab für den korrespondierenden Rückdeckungsanspruch des Versicherungsnehmers zu dessen Anschaffungskosten. Soweit zwischen der oben definierten „eigentlichen” Deckungsrückstellung oder „Nettodeckungsrückstellung” des Versicherers und einem durch die aufsichtsrechtliche Praxis mittlerweile modifizierten Begriff der Deckungsrückstellung unterschieden wird, bei dem bestimmte Positionen zusätzlich zu berücksichtigen sind, wird gleichzeitig eingeräumt, dass es sich insoweit regelmäßig um geringfügige Abweichungen handelt, denen keine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. z.B. Rautenberg, Betriebliche Versicherungen und ihre Bilanzierung, 1973, 167, 184, 185).

c) Unstreitig übersteigen die so definierten Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers (vorliegend der E GmbH) den von diesem gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 EStG zu passivierenden Teilwert der Pensionsverpflichtung; dies gilt auch bei kongruenter Rückdeckung wie im Streitfall. Diese unterschiedliche Bewertung folgt systematisch aus den verschiedenen zugrunde zu legenden Rechnungsgrundlagen. So ist z.B. bei der Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung ein Zinsfuß von 6 % anzuwenden (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG), während bei der Kalkulation der Versicherungsprämien durch den Versicherer ein niedrigerer Zinsfuß (von nunmehr höchstens 4 %) zugrunde zu legen ist (vgl. § 11, § 65 des Versicherungsaufsichtsgesetzes —VAG—, § 2 Abs. 1 der Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellung —DeckRV— vom , BGBl I 1996, 670; für zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der DeckRV laufende Verträge galt gemäß § 2 Abs. 2 DeckRV der bislang verwendete Rechnungszins von regelmäßig 3,5 % weiter, vgl. dazu die Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen —VerBAV— 1986, 200, 1988, 3 f.). Aus dem niedrigen Zinsfuß resultieren höhere Prämien und damit auch Anschaffungskosten des Rückdeckungsanspruchs.

3. Ein unter den Anschaffungskosten liegender Teilwert der Rückdeckungsansprüche der E GmbH i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1996 scheidet aus.

a) Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb (in der gleichen Weise) fortführt wie der Steuerpflichtige, in dessen Betriebsvermögen das betreffende Wirtschaftsgut zu bewerten ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG). Die Annahme, die Rückdeckungsansprüche seien einem „nicht betriebsnotwendigen Vermögen” zuzuordnen, für das die Fortführungsfiktion nicht gelte und das daher mit dem gemeinen Wert zu bewerten sei (vgl. dazu Rautenberg, a.a.O., 175), ist mit der gesetzlichen Teilwertdefinition nicht vereinbar. Aufgrund dieser Definition ist vielmehr zu unterstellen, dass der gedachte Erwerber des Betriebs auch in die Pensionsverpflichtungen und die dafür abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen eintreten und daher zwangsläufig die vom Versicherer kalkulierten und als dessen Deckungskapital verzinslich angesammelten Sparbeiträge entgelten würde. Denn sie entsprechen dem marktgerechten Entgelt für den Erwerb des jeweiligen Rückdeckungsanspruches und damit auch dessen Teilwert (vgl. Rau, Der Betrieb —DB— 1962, 1620, 1621). Die vom FG betonte „Deckungsgleichheit” von Ansprüchen und Verpflichtungen aus dem Versicherungsverhältnis ist nicht entscheidend.

Selbst wenn der Pensionsverpflichtete erst nach Eintritt eines Versorgungsfalles (Rentenbeginn) eine Rückdeckungsversicherung abschließen würde —um ein für ihn bestehendes Risiko abzusichern, dass der betreffende Rentner eine erhöhte Lebenserwartung aufweist— würde der Versicherer eine (Einmal-)Prämie mindestens in Höhe seines Deckungskapitals erheben. Dies entspricht daher auch im bezeichneten Fall betragsmäßig nicht nur den Anschaffungskosten, sondern auch dem Teilwert des Rückdeckungsanspruchs.

b) Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass der Erwerber des Betriebes als Kaufmann unter Zugrundelegung einer betriebswirtschaftlichen Sicht Forderungen unter Zugrundelegung des maßgeblichen (höheren) Zinssatzes des Kapitalmarktes und damit niedriger bewerten würde (vgl. Glade, DB 1963, 215, 216).

Auch die Tatsache, dass der Rückkaufswert einer Versicherung das angesammelte Deckungskapital regelmäßig unterschreitet, rechtfertigt keine Teilwertabschreibung auf diesen Wert, solange der Rückkauf nicht beabsichtigt ist (BFH-Urteil in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101). Nichts anderes kann gelten, wenn —wie im Streitfall— ein Rückkauf nicht vorgesehen ist.

c) Somit käme eine Teilwertberichtigung der Rückdeckungsansprüche nur in Frage, wenn besondere Anhaltspunkte vorlägen, die den Abschluss der Rückdeckungsversicherung als geschäftliche Fehlmaßnahme erscheinen lassen. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, Entsprechendes hat die Klägerin auch nicht vorgetragen.

d) Da sich der Ansatz eines unter den Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs liegenden Teilwerts bereits aus dessen Definition in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG verbietet, kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob bei dessen Bemessung auch mögliche (nach dem jeweiligen Bilanzstichtag entstehende) Ansprüche der E GmbH auf Überschussbeteiligung einzubeziehen wären.

4. Auch aus dem der Vorentscheidung zugrunde gelegten Gedanken einer kompensatorischen Bewertung im Rahmen sog. Bewertungseinheiten (vgl. dazu allgemein Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 252 HGB Rdnr. 48) ist der Ansatz der Rückdeckungsansprüche der E GmbH nicht auf den Betrag der passivierten Pensionsrückstellung zu begrenzen. Diese Wertbestimmung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die Ansprüche aus der Versicherung —mangels Rückkaufsmöglichkeit wie im Streitfall— allein der Entlastung von den Pensionsverpflichtungen dienten (a.A. allerdings Ahrend/Förster/ Rößler, a.a.O., Rdnr. 374 a.E.; Gronenborn, Steuerberater-Jahrbuch —StbJb— 1961/1962, 219, 232; Baumgartner, DB 1962, 916, 917; vgl. auch das —nicht veröffentlichte— Schreiben des Instituts der Wirtschaftsprüfer —IdW— vom , 437, 407).

a) Gemäß § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB (§ 39 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB a.F.) sind Vermögensgegenstände und Schulden zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres einzeln aufzunehmen und gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Gleichermaßen geht § 6 Abs. 1 EStG von der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter aus. Diese Vorschriften konkretisieren das Bezugselement sowohl für die Bilanzierung als auch für die Bewertung des Betriebsvermögens. Die grundlegende gesetzliche Forderung nach Bilanzierung und Bewertung der „einzelnen” Wirtschaftsgüter macht die Betrachtung des kleinsten Sachverhalts erforderlich, der nach der Verkehrsanschauung als selbständig realisier- und bewertbar angesehen wird ( BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249). Dies ist vorliegend einerseits die jeweilige Pensionsverpflichtung (als einheitlich zu betrachtendes Wirtschaftsgut), andererseits der korrespondierende Rückdeckungsanspruch.

b) Vom Grundsatz der Einzelbewertung darf —ebenso wie von den anderen in § 252 Abs. 1 HGB kodifizierten allgemeinen Bewertungsgrundsätzen— nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden (§ 252 Abs. 2 HGB). Ein solcher Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn im Zuge der Einzelbewertung einzelner Bilanzpositionen Wertveränderungen berücksichtigt würden, die systematisch im Sinne einer gegenläufigen Korrelation mit Wertänderungen anderer Bilanzpositionen verbunden sind, es sich also um objektübergreifende identische wertbildende Faktoren handelt (vgl. dazu Kupsch, StbJb 1994/1995, 131, 134), die sich gegenläufig neutralisieren. In derartigen Fällen kann eine lediglich einseitige Berücksichtigung wertverändernder Faktoren auch unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zu einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Bild der Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft (§ 264 Abs. 2 HGB) führen. Diese Voraussetzungen mögen bei „geschlossenen” Positionen aus Forderungen und Verbindlichkeiten in gleicher ausländischer Währung gegeben sein (Kompensations- oder Deckungsgeschäfte im Hinblick auf bestehende Währungsrisiken; vgl. dazu etwa die Stellungnahme des Bankenfachausschusses —BFA— des IdW 1/75, Die Wirtschaftsprüfung —WPg— 1975, 664).

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen indessen bereits deshalb nicht vor, weil es im Hinblick auf die Pensionsverpflichtungen einerseits und die Rückdeckungsansprüche andererseits an gegenläufigen wertbeeinflussenden Korrelationen fehlt. Zwischen den ausgewiesenen Bilanzpositionen bestehen keine systematischen wertmäßigen Abhängigkeiten, vielmehr ergeben sich, wie oben (2.c) ausgeführt, Unterschiede der jeweiligen bilanziellen Ansätze aus zwingenden normierten Besonderheiten der jeweiligen Bewertung. Die von der Klägerin beanstandete Bewertungsdifferenz ist daher nicht Folge eines zu hohen Ansatzes der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung, sondern der sich aus § 6a EStG ergebenden gesetzgeberischen Absicht, den bilanziellen Ausweis von Pensionsverpflichtungen bestimmten Maßgaben —etwa der Anwendung eines Zinsfußes von 6 %— zu unterwerfen und damit wertmäßig bewusst nur in einer Höhe zuzulassen, der jedenfalls unter dem bei dem Versicherungsunternehmen angesparten Deckungskapital liegt; auch für rückgedeckte Pensionsverpflichtungen hat der Gesetzgeber keine Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte Konsequenz darf nicht durch Bildung entsprechender Bewertungseinheiten ausgeglichen werden. Gerade dies würde aber geschehen, wenn die Pensionsverpflichtung (jedenfalls im Ergebnis) mit dem Wert des Deckungskapitals gleichgesetzt würde. Angesichts der vorgeschriebenen unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen kann auch weder auf eine bestehende wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Ansprüchen aus der Rückdeckung und den Pensionsverpflichtungen (vgl. das BFH-Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251), ihre „Deckungsgleichheit” noch auf die —unwidersprochene— Tatsache verwiesen werden, dass die Heranziehung gleicher Rechnungsgrundlagen zu vergleichbaren Wertansätzen führen würde (vgl. Heubeck, DB 1963, 10, 11).

Im Übrigen spiegelt der unter Beachtung der Vorgaben des § 6a EStG bilanzierte Wert einer Pensionsverpflichtung nicht deren Verkehrs- oder gemeinen Wert wider, auf den der Wert des Rückdeckungsanspruchs unter Hinweis auf eine funktional-wirtschaftliche Verknüpfung mit der Pensionsverpflichtung allenfalls zu begrenzen wäre. Dies erweisen insbesondere die Passivierungsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 EStG (Schriftlichkeits-, Mindestalterserfordernis), wonach der Ausweis einer zivilrechtlich bestehenden Pensionsverpflichtung in der Steuerbilanz überhaupt entfallen kann.

c) Die getrennte Bewertung der Rückdeckungsansprüche und der Pensionsverpflichtungen führt schließlich entgegen der Vorentscheidung nicht zu einem Verstoß gegen das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Das daraus resultierende Gebot, Gewinne erst auszuweisen, wenn sie am Abschlussstichtag reaIisiert sind, kann nicht zu der Konsequenz führen, Wirtschaftsgüter, die lediglich wirtschaftlich oder kausal verknüpft sind, nach gleichen Grundsätzen oder in gleicher Höhe zu bewerten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251).

d) Eine korrespondierende Bilanzierung des Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers ist demgegenüber systemgerecht im Hinblick auf die entsprechende Verpflichtung des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis.

5. Mit der vorliegenden Entscheidung folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des BFH seit den Urteilen in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101 und in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251. Dass in den genannten Urteilsfällen einerseits eine Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr, andererseits eine Versicherung, die eine Kapitalzahlung beinhaltete, zu beurteilen waren, ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Entscheidend ist, dass die Versicherungen in beiden Fällen —wie auch im Streitfall— eine Sparkomponente und die Prämien damit Sparanteile beinhalteten, die nach den aufgezeigten Grundsätzen zu behandeln waren.

Der Anwendung der Grundsätze der genannten Urteile auf den Streitfall steht auch nicht entgegen, dass mit Geltung des § 28 des Einführungsgesetzes zum HGB i.d.F. des Bilanzrichtlinien-Gesetzes vom (BGBl I 1985, 2355) für Pensionsverpflichtungen nicht mehr ein Passivierungswahlrecht, sondern Passivierungspflicht besteht. Die jeweiligen Entscheidungen des BFH, wonach eine getrennte Bilanzierung der Pensionsverpflichtungen einerseits und der Rückdeckungsansprüche andererseits zu erfolgen hat, beruhen erkennbar auf der Anwendung der GoB, insbesondere des Grundsatzes der Einzelbewertung. Der Hinweis im Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251 auf das dem Kaufmann (im betreffenden Streitjahr) noch eingeräumte Wahlrecht, von einer Passivierung von Versorgungsverpflichtungen abzusehen, diente lediglich der Relativierung der betragsmäßigen Auswirkung der geforderten getrennten Bilanzierung; er war hingegen nicht geeignet, die Anwendung der GoB und damit des Grundsatzes der Einzelbewertung auch im Falle einer positiven Ausübung des Passivierungswahlrechts in Zweifel zu ziehen.

Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit die zum erfolgte Erhöhung des bei der Bewertung der Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zugrunde zu legenden Zinsfußes von 5,5 % auf 6 % die Anwendung der aufgezeigten Grundsätze der Rechtsprechung in Frage stellen sollte.

6. Nach alledem konnte die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann durchentscheiden, die Klage war abzuweisen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1234
BFH/NV 2004 S. 1234 Nr. 9
DB 2005 S. 6 Nr. 34
ZAAAB-23753