BFH Beschluss v. - X S 9/03

Anforderungen an den Antrag auf PKH eines nicht vertretenen Rechtsmittelführers

Gesetze: FGO § 142

Instanzenzug:

Gründe

I. Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung ergingen gegen die Antragsteller erstmalige Einkommensteuerbescheide für 1991 bis 1997 sowie gegen den Antragsteller erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für 1991 bis 1996. Das Einspruchsverfahren, in dem die Antragsteller —ohne dies näher zu konkretisieren— geltend machten, die der Besteuerung zugrunde gelegten Unterlagen seien unvollständig gewesen, blieb erfolglos.

Mit der Klage begehrten die Antragsteller, „die Einspruchsentscheidungen so lange auszusetzen„, bis sie nähere Abrechnungen vorlegen könnten. Nachdem der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) den Antragstellern eine Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens gesetzt hatte, die ohne nähere Erläuterungen seitens der Antragsteller verstrich, wies das FG die Klage mangels Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens als unzulässig ab.

Gegen das am zugestellte Urteil hat der Antragsteller, der sich als „Betriebswirt„ bezeichnet, am Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt; dies auch als Bevollmächtigter der Antragstellerin. Gleichzeitig beantragten die Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Es gehe „im Grunde„ nur darum, eine angemessene Frist für die Nachreichung von Unterlagen zu erhalten.

Auf einen entsprechenden Hinweis der Senatsgeschäftsstelle reichte der Antragsteller am eine Faxkopie der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Gleichzeitig beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil ihm nicht klar gewesen sei, dass der PKH-Antrag mit der Beschwerde einzureichen sei, und er infolge psychischer Beeinträchtigungen weitgehend unfähig sei, Termine einzuhalten.

II. Der Antrag ist unbegründet.

Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

1. Die vorliegend durch die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Dies folgt zwar noch nicht allein daraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem Bundesfinanzhof (BFH) vertretungsbefugte Person oder Gesellschaft i.S. des § 62a FGO erhoben worden ist. Denn einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden.

Dies erfordert allerdings, dass der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das —hier in seiner Mittellosigkeit liegende— Hindernis zu beheben. Er muss innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen (ausführlich , BFH/NV 1986, 557, unter 3. a; ferner BFH-Beschlüsse vom X S 3/87, BFH/NV 1988, 179; vom X S 1/99, BFH/NV 1999, 1355, und vom X S 4/02 (PKH), BFH/NV 2003, 73).

2. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob der Antragsteller, um diese Anforderungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung zu erfüllen, bereits innerhalb der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels wenigstens in laienhafter Weise sein Rechtsmittelbegehren so substantiieren muss, dass seine Ausführungen die Beurteilung ermöglichen, ob ein Grund für die Zulassung der Revision gegeben sein könnte (ausführlich BFH-Beschluss in BFH/NV 1988, 179; ferner BFH-Beschlüsse vom V S 2/00, BFH/NV 2000, 1212; vom X S 5/02 (PKH), BFH/NV 2002, 1608; in BFH/NV 2003, 73, und vom X S 8/02 (PKH), BFH/NV 2003, 653), oder ob die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu der in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Rechtsschutzgleichheit für Bemittelte und Unbemittelte (vgl. dazu , unter II. 1. a, mit zahlreichen weiteren Nachweisen) von Amts wegen anhand der Vorentscheidung und des Protokolls über die mündliche Verhandlung zu prüfen sind (so , BFHE 163, 123, BStBl II 1991, 366; vgl. zur Streitfrage mit zahlreichen Nachweisen auch , V R 8/96, BFH/NV 1996, 847; auf einer solchen Prüfung von Amts wegen beruht im Ergebnis auch der (PKH), BFH/NV 2003, 194).

Gleiches gilt für die Frage, ob im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des BVerfG weiter daran festgehalten werden kann, dass einem Antragsteller, der nicht wusste, dass die Rechtsprechung des BFH die Einreichung der nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO vorgeschriebenen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ebenfalls innerhalb der Rechtsmittelfrist fordert (BFH-Beschlüsse vom VIII S 17/81, BFH/NV 1986, 355; in BFH/NV 2000, 1212, und in BFH/NV 2003, 653, unter II. 3.), deshalb keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) gewährt werden kann (, BFH/NV 1997, 800, m.w.N.), oder ob die Rechtsschutzgleichheit in Fällen unverschuldeten Rechtsirrtums über die sich hier nicht aus dem Gesetz, sondern allein aus der —insoweit für einen Laien kaum zugänglichen und sich ihm ohne fachkundige Hilfe nicht unmittelbar erschließenden— Rechtsprechung des BFH ergebenden Fristgebundenheit die Möglichkeit der Wiedereinsetzung eröffnet.

3. Denn auch eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision führt hier zu dem Ergebnis, dass keiner dieser Gründe vorliegt.

Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH. Die Revisionszulassung ist insbesondere nicht im Hinblick auf das (BFHE 201, 409, BStBl II 2003, 606) geboten, mit dem die Rechtsprechung zu der Frage, wann der Gegenstand des Klagebegehrens i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO „bezeichnet„ ist, präzisiert worden ist. Denn die Antragsteller haben vorliegend auch im Einspruchsverfahren nicht erkennen lassen, in welchem Umfang sie eine Änderung der angefochtenen Bescheide begehren. Schließlich ist aus den Akten auch kein Verfahrensfehler des FG ersichtlich.

4. Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 221 Nr. 2
ZAAAB-13819