1. Bei Prüfungsentscheidungen
ist hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolle zwischen der Überprüfung
von fachlichen Fragen einerseits und der Kontrolle prüfungsspezifischer
Wertungen andererseits zu unterscheiden. Die umfassende gerichtliche Kontrolle
beschränkt sich nur auf die fachlichen Fragen.
2. Soweit die Prüfer
prüfungsspezifische Fragen beurteilen, steht ihnen ein Bewertungsspielraum
zu, der gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar ist,
ob die Prüfungsbehörde Verfahrensfehler begangen hat, anzuwendendes
Recht verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist,
allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt hat oder sich von
sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.
3. Prüfungsspezifischen
Wertungen müssen im Gesamtkontext des Prüfungsverfahrens getroffen
werden. Prüfungsnoten sind daher nicht isoliert zu sehen. Im Hinblick auf
Art. 12 Abs. 1 GG erhält ein Prüfling das Recht, ein Überdenken
der ursprünglichen Bewertungen unter maßgeblicher Beteiligung der
ursprünglichen Prüfer zu erreichen. Führen die Einwände
eines Prüflings gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen im
verwaltungsinternen Kontrollverfahren nicht zum Erfolg und damit nicht zu einer
Änderung des Prüfungsergebnisses, so hat das Gericht in dem
betreffenden Klageverfahren nur noch eine (zusätzliche)
Rechtmäßigkeitskontrolle der Prüfungsentscheidung vorzunehmen.
4. Ob und in welcher Weise bei
Anwendung eines Punkteschemas Punkte jeweils zu vergeben und wie einzelne
Prüfungsbestandteile zu gewichten sind, ist in weitgehendem Umfang der
finanzgerichtlichen Kontrolle entzogen. Bei der Vergabe von Punkten verbleibt
dem Prüfer ein weiter Beurteilungsspielraum. Eine von der
Prüfungsbehörde erstellte Musterlösung und die in ihr für
die einzelnen Lösungsschritte vorgeschlagenen Punkte sind keine für
die Prüfer verbindlichen Vorgaben, die deren höchstpersönlichen
Bewertungsspielraum einschränkten. Ob missverständliche,
fragmentarische, unpräzise, mehr oder weniger falsche Antworten (noch)
einen Punkt verdienen, ist der Kontrolle des Gerichts entzogen.
5. Es stellt keinen Verfahrensfehler
dar, wenn der zweite und dritte Prüfer in Kenntnis der Bewertung durch den
Erstprüfer ihre Beurteilung abgegeben haben. Denn ein Prüfling hat im
verwaltungsinternen Überdenkungsverfahren keinen Anspruch auf sogenannte
verdeckte Bewertungen. Vielmehr entspricht es allgemeinen
Prüfungsgrundsätzen, wenn sich ein Zweitprüfer dem
Beurteilungsvorschlag des Erstprüfers anschließt. Es ist nicht zu
beanstanden, wenn die Prüfer auch halbe Punkte vergeben.
Fundstelle(n): EFG 2003 S. 731 EFG 2003 S. 731 Nr. 10 SAAAB-06916
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FG des Landes Brandenburg, Urteil v. 19.02.2003 - 2 K 316/02
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