Einkommensteuer | Abgeltung eines Urlaubsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (FG)
Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber bei Beendigung des
Arbeitsverhältnisses eine Abgeltungszahlung für den Urlaubsanspruch mehrerer
Jahre, handelt es sich dabei um außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34
Abs. 2 Nr. 4 EStG, die nach Maßgabe von § 34 Abs. 1 EStG begünstigt zu
besteuern sind (; Revision
zugelassen).
Sachverhalt: Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand der Klägerin - nach einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht - ein Anspruch auf Abgeltung des bis zum Beendigungszeitpunkts noch zustehenden Erholungsurlaubs für die Jahre 2018, 2019 und 2020 zu gegen ihren Arbeitgeber zu. Daneben erhielt die Klägerin eine Abfindung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Für beide Zahlungen (Abfindung und Urlaubsabgeltung) begehrte sie im Streitjahr 2020 die begünstigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG.
Das Finanzamt erkannte die gezahlte Urlaubsabgeltung nicht als außerordentliche Einkünfte für die Tarifermäßigung des § 34 EStG an. Mangels Schadens läge weder eine Entschädigung im Sinne von §§ 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG vor. Der Urlaubsanspruch sei jeweils in den Vorjahren separat entstanden und lediglich im Veranlagungszeitraum ausgezahlt worden.
Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Bei der Abgeltung des Urlaubsanspruchs handelt es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die gemäß § 34 Abs. 1 EStG begünstigt zu besteuern ist.
Der Umstand, dass sich die zugeflossene Vergütung aus mehreren Beträgen zusammensetzt, die jeweils einem bestimmten Einzeljahr zugerechnet werden können, steht einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nicht entgegen.
Da der Urlaubsanspruch von drei Jahren wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten wird, ist dieser untrennbar an das bestehende Arbeitsverhältnis geknüpft und stellt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein (zusätzliches) Entgelt für die geleistete "Mehrarbeit" dar.
Dies zeigt auch die Berechnung anhand des durchschnittlichen Arbeitsentgelts. Diese Vergütung ist der Klägerin zusammengeballt im Streitjahr zugeflossen.
Dass die Klägerin im abgegoltenen Zeitraum vom Arbeitgeber freigestellt war und die Tätigkeit damit nicht ausgeübt hat, steht der Behandlung als außerordentliche Einkünfte nicht entgegen.
Der 12. Senat des FG Münster hat die Revision zum BFH zugelassen. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.
Quelle: FG Münster, Newsletter Dezember 2025 (il)
Fundstelle(n):
EAAAK-06574