Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/27 KLs 14/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen Betruges in 10 Fällen“ zu einer „Freiheitsstrafe“ von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch – mit Ausnahme der vorgenommenen Berichtigung – und zu den Einzelstrafaussprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3Die Gewerbsmäßigkeit des Handelns des Angeklagten gehört nicht in die Urteilsformel, weil in diese das Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele für besonders (oder minder) schwere Fälle nicht aufgenommen wird (, NStZ-RR 2009, 248).
42. Die Bildung der Gesamtstrafe hält indes rechtlicher Prüfung nicht stand.
5a) Der Gesamtstrafenbildung des Landgerichts liegen – soweit hier von Bedeutung – folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:
6Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom , rechtskräftig seit dem , wurde gegen den Angeklagten wegen Betruges und Beleidigung eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 60 Euro verhängt. Ob und wann die Geldstrafe vollstreckt wurde, teilt das Urteil nicht mit.
7Am , rechtskräftig seit dem , verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main wegen Betruges (Tatzeit ) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sieben Monaten.
8Die dem hiesigen Verfahren zugrundeliegenden zehn Taten beging der Angeklagte am , , 1., 6. und , , , sowie am 5. und .
9b) Das Urteil leidet im Hinblick auf die Gesamtstrafenbildung an einem Darstellungsmangel.
10aa) Bei einer – wie hier – in Betracht kommenden nachträglichen Gesamtstrafenbildung müssen die Urteilsgründe die einzelnen Taten, die Tatzeiten, (kurz) die ihnen zugrundeliegenden Lebenssachverhalte und die jeweils verhängten Einzelstrafen, das Datum der Verurteilung, gegebenenfalls das Datum der Berufungshauptverhandlung, den Eintritt der Rechtskraft sowie den Vollstreckungsstand mitteilen (vgl. zum Darstellungserfordernis , Rn. 13 mwN). Liegen mehrere Vorverurteilungen vor, kommt es nach § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung auf dasjenige Urteil in dem früheren Verfahren an, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmalig geprüft werden konnten. Das ist jede Entscheidung zur Schuld- und Straffrage, namentlich auch ein Berufungsurteil, wenn wenigstens noch über einen Teil des Strafausspruchs zu befinden war (st. Rspr.; vgl. etwa , Rn. 7 mwN).
11bb) Die Urteilsgründe teilen nicht mit, wann letztmalig die tatsächlichen Feststellungen, die der Verurteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom zugrunde liegen, geprüft wurden. Sollte dies zu einem Zeitpunkt geschehen sein, der innerhalb der vom Landgericht festgestellten Tatserie lag, hätte das Landgericht zwei Gesamtstrafen bilden müssen, sofern der Strafbefehl vom nicht seinerseits Zäsurwirkung entfaltete. Eine (weitere) tatrichterliche Prüfung zwischen dem und dem erscheint nicht ausgeschlossen, da zwischen der Verurteilung am und dem Eintritt der Rechtskraft mehr als ein Jahr und sieben Monate lagen. Sollten die tatsächlichen Feststellungen, beispielsweise aufgrund einer Berufungshauptverhandlung, neuerlich geprüft worden sein, wäre der späteste Zäsurzeitpunkt der , da an diesem Tag die Verurteilung vom rechtskräftig wurde.
12cc) Hinsichtlich des Strafbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst – vom fehlt es überdies an der Mitteilung des Vollstreckungsstandes, so dass nicht erkennbar ist, ob die Vollstreckung erledigt ist. Es besteht deswegen auch die Möglichkeit, dass der Angeklagte die hier abgeurteilten Taten II. 1. bis 7. der Urteilsgründe zwischen zwei ihrerseits untereinander gesamtstrafenfähigen Vorverurteilungen beging. Sollten diese beiden Vorverurteilungen gesamtstrafenfähig sein, ist eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit den hier abgeurteilten Taten II. 1. bis 7. der Urteilsgründe nicht möglich (vgl. , Rn. 6 f. mwN).
13dd) Bei dieser Sachlage kann nicht geprüft und entschieden werden, ob eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung tatsächlich ausschied oder rechtsfehlerfrei unterblieben ist. Eine Beschwer des Angeklagten kann durch eine möglicherweise fehlerhaft unterbliebene Gesamtstrafenbildung nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die für sich genommen rechtsfehlerfrei verhängte Gesamtstrafe war deswegen aufzuheben.
143. Die Feststellungen können aufrechterhalten bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich und – wie ausgeführt – erforderlich; sie dürfen den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
Menges Zeng Meyberg
Zimmermann Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:060525B2STR158.25.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-93247