Instanzenzug: LG Traunstein Az: 1 KLs 370 Js 35729/22 jug
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Inhalte und wegen der Besitzverschaffung kinderpornographischer Inhalte in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründete Revision des Angeklagten, die den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg hat. Im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte am Besitz an 20.504 kinderpornographischen und 245 jugendpornographischen Inhalten, die sich auf verschiedenen Datenträgern in seiner Wohnung befanden. Darüber hinaus bezog er in 252 nicht näher aufklärbaren Aktionen insgesamt 1.600 (weitere) kinderpornographische Inhalte, wobei für neun Fälle des Downloads ein konkretes Bezugsdatum festgestellt worden ist.
32. Den vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten zutreffenden Gründen der Erfolg versagt.
43. Das Urteil hält jedoch hinsichtlich der konkurrenzrechtlichen Bewertung der sachlich-rechtlichen Nachprüfung teilweise nicht stand.
5a) Zunächst rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die neun Beschaffungsvorgänge, für die ein konkretes Datum festgestellt werden konnte (Fälle III. 2. der Urteilsgründe), als rechtlich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten gemäß § 184b Abs. 3 StGB gewürdigt, durch die der Angeklagte sich den Besitz von insgesamt zehn – am um 6.22 Uhr wurden zwei Dateien heruntergeladen und sind damit rechtsfehlerfrei als eine Verschaffung gewertet worden – kinderpornographischen Inhalten verschaffte (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 264/19 Rn. 23 und vom – 3 StR 215/08, BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 1 Rn. 4-6; je mwN).
6b) Hingegen hält die weitere Wertung, der am festgestellte Besitz (Fall III. 1. der Urteilsgründe) von weiteren 20.504 Dateien mit kinderpornographischen Inhalten (§ 184b Abs. 3 StGB) und 245 Dateien mit jugendpornographischen Inhalten (§ 184c Abs. 3 StGB) trete tatmehrheitlich neben die vorstehenden Verschaffungshandlungen, der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
7aa) Zwar tritt der Besitztatbestand des § 184b Abs. 3 StGB konkurrenzrechtlich grundsätzlich hinter dem Sichverschaffen kinderpornographischer Inhalte nach § 184b Abs. 3 StGB zurück (vgl. Rn. 10). Jedoch stellt der gleichzeitige Besitz mehrerer kinderpornographischer Inhalte – für jugendpornographische Inhalte gilt nichts Anderes – nur eine Tat dar, selbst wenn sich die Inhalte auf verschiedenen Datenträgern befinden (vgl. Rn. 23 mwN). Dies hat zur Konsequenz, dass bei gleichzeitigem Besitz von sich verschafften kinder- und/oder jugendpornographischen Inhalten und weiteren, darüberhinausgehenden gespeicherten verbotenen Inhalten für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinder- bzw. jugendpornographischer Inhalte kein Raum ist. Vielmehr tritt der weitergehende Besitz kinder- und/oder jugendpornographischer Inhalte in diesem Fall jeweils tateinheitlich neben die selbständigen Verschaffungstaten (vgl. Rn. 6). Dabei hat der Besitz als Auffangtatbestand nicht die Kraft, die erfolgreichen Verschaffungsvorgänge zu einer Tat zu verklammern (vgl. hierzu , BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 1 Rn. 5).
8bb) Da dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (UA S. 12) zu entnehmen ist, dass der Angeklagte sowohl die verschafften als auch die weiteren Inhalte am , dem Tag der Hausdurchsuchung, noch abgespeichert hatte – andernfalls wäre die Auswertung des abgespeicherten Materials nicht möglich gewesen –, scheidet eine tatmehrheitliche Verurteilung des Besitzes der weiteren verbotenen Inhalte aus. Dieser tritt vielmehr tateinheitlich zu den Verschaffungstaten hinzu. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
9c) Aufgrund der geänderten konkurrenzrechtlichen Bewertung entfällt die für die Tat III. 1. verhängte Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, die auch die Einsatzstrafe bildet. Dies führt hier zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Denn die dem bisher tatmehrheitlich abgeurteilten Besitz innewohnende Schuld verteilt sich vielmehr auf die Verschaffungshandlungen und erhöht deren Unwert (vgl. Rn. 9).
104. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
11Aufgrund des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) darf die neue Gesamtfreiheitsstrafe drei Jahre und drei Monate nicht übersteigen. Die Strafkammer ist aber nicht daran gehindert, für die verbleibenden neun Taten höhere Einzelstrafen als bisher auszusprechen. Dies wird sogar naheliegen, weil die bloße Änderung der konkurrenzrechtlichen Beurteilung nicht zu einer anderen Bewertung des Unrechtsgehalts führt. Jedoch wird das neue Tatgericht mit Blick auf das Verschlechterungsverbot zu beachten haben, dass die Summe der neu zu bildenden neun Einzelstrafen die Summe der bisherigen zehn Einzelstrafen nicht übersteigen darf (vgl. Rn. 20; Beschluss vom – 2 StR 200/23 Rn. 16; je mwN).
Jäger Fischer Leplow
Allgayer Welnhofer-Zeitler
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:030425B1STR494.24.0
Fundstelle(n):
FAAAJ-92905