Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 1 KLs 13/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Haschisch, Marihuana, Kokain) in nicht geringer Menge in 18 Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Kokain)“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Während die Feststellungen ohne Rechtsfehler getroffen sind, bedarf der Schuldspruch in den Fällen 1, 3 und 5 bis 16 der Urteilsgründe in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung, weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom (KCanG; BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten ist und die neue Rechtslage bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall für den Angeklagten günstiger ist als die Rechtslage nach Tatzeitrecht. Denn das Landgericht hat in den Fällen 1, 3 und 5 bis 16 der Urteilsgründe den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zugrunde gelegt, der für den Angeklagten ungünstiger ist als der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG.
3Soweit der Angeklagte ausschließlich oder auch mit Marihuana und/oder Haschisch gehandelt hat, bezog sich das Handeltreiben auch unter Geltung des Konsumcannabisgesetzes jeweils auf eine nicht geringe Menge, die weiterhin bei 7,5 Gramm THC anzusetzen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24, NJW 2024, 1968, 1969 ff. Rn. 7 ff.; vom – 5 StR 153/24, NStZ-RR 2024, 216 ff., und vom – 2 StR 480/23, StV 2024, 587, 589 Rn. 27 ff.). Dieser Grenzwert war vorliegend bei allen Taten um ein Vielfaches überschritten. Das Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ ist im Schuldspruch jedoch nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich insoweit um ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt.
4In den Fällen 13 und 16 der Urteilsgründe liegt hinsichtlich des tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dagegen eine nicht geringe Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nunmehr bezogen allein auf das Kokain – nicht vor (vgl. , Rn. 5).
5Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der überwiegend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
62. Der Strafausspruch hat ungeachtet der Schuldspruchänderung Bestand. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung der geänderten Bewertung des Umgangs mit Cannabis nach dem Konsumcannabisgesetz eine geringere Strafe verhängt hätte. Denn das Landgericht hat bei der Strafzumessung die unmittelbar bevorstehende Gesetzesänderung bereits im Blick gehabt und ausgeführt, dass es auch bei Berücksichtigung der dem Konsumcannabisgesetz „zugrundeliegende[n] Gefährlichkeitseinschätzung des Gesetzgebers bzgl. Cannabis“ aufgrund der erheblichen strafschärfenden Umstände nicht zu niedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre.
Menges Meyberg Grube
Schmidt Zimmermann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090125B2STR273.24.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-92560