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BGH Beschluss v. - 3 StR 576/24

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 22 KLs 4/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten Di.       wegen schweren Bandendiebstahls in 22 Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in vier Fällen, „schweren“ Computerbetrugs in zehn Fällen, Nötigung und „Verstoßes gegen das Waffengesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt. Bei ihm hat es einen Schlagring, sichergestellte 2.000 € Bargeld sowie „Wertersatz“ in Höhe von 7.198,94 € als Gesamtschuldner eingezogen. Den Angeklagten De.            hat es wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, „schweren“ Computerbetrugs in zehn Fällen und Beihilfe zum schweren Wohnungseinbruchdiebstahl in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, einen Vorwegvollzug sowie ebenfalls die Einziehung von „Wertersatz“ in Höhe von 7.198,94 € als Gesamtschuldner angeordnet. Den Angeklagten Dö.      hat es wegen schweren Bandendiebstahls in 14 Fällen, „schweren“ Computerbetrugs in acht Fällen und Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und ihn mit der Einziehung von „Wertersatz“ in Höhe von 6.198,94 € als Gesamtschuldner belegt.

2Gegen das Urteil wenden sich die Beschwerdeführer mit jeweils auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

31. Das Landgericht hat, soweit hier von Belang, folgende Feststellungen getroffen:

4Die Angeklagten kamen überein, auf Dauer gemeinsam Autos aufzubrechen, daraus Wertsachen zu entwenden und gegebenenfalls erbeutete Bankkarten an Geldautomaten oder für Einkäufe einzusetzen. In Ausübung der Abrede brachen sie binnen weniger Wochen in wechselnder Besetzung, aber jeweils mindestens zu zweit, in 31 Fahrzeuge ein. Aus diesen entwendeten sie unter anderem Bargeld und EC-Karten, die sie vereinbarungsgemäß nutzten. Mit einer der erbeuteten Karten kauften sie am selben Tag um 11.38 und 11.47 Uhr in einem Supermarkt sechs Gutscheine zu je 150 € (Fälle B. 36 und 37 der Urteilsgründe). Insgesamt erlangten die drei Angeklagten durch die Karteneinsätze gemeinsam 6.198,94 € und die Angeklagten Di.        und De.       zu zweit weitere 1.000 €. Anlässlich der Festnahme des Angeklagten Di.      wurden dessen Schlagring sichergestellt, den er in seinem Fahrzeug lagerte (Fall B. 51 der Urteilsgründe), sowie 2.000 € in bar, die „aus einer oder mehrerer der rechtswidrigen Taten“ stammten. Einer konkreten Straftat hat das Landgericht das Geld nicht zuordnen können.

52. Die „Wertersatzeinziehung“ hat das Landgericht gemäß § 421 Abs. 1 StPO auf das durch die Computerbetrugstaten Erlangte beschränkt und gemäß § 73 Abs. 1, § 73c StGB bei den Angeklagten Geldbeträge eingezogen, die dem entsprechen, was sie durch die abgeurteilten Karteneinsätze erwirtschafteten. Die Einziehung der beim Angeklagten Di.       sichergestellten 2.000 € Bargeld hat die Strafkammer auf § 73a StGB gestützt.

II.

61. Die auf die Sachrügen veranlasste umfassende materiellrechtliche Prüfung des Urteils führt für alle drei Angeklagten zur Reduzierung der Anzahl der Verurteilungen wegen Computerbetrugs nach § 263a Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 5 StGB um eine Tat. Denn die Einkäufe in den Fällen B. 36 und 37 der Urteilsgründe liegen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, räumlich, zeitlich und situativ derart dicht beieinander, dass von einer natürlichen Handlung und damit Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB auszugehen ist. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind Abhebungen mit derselben Bankkarte in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang an demselben Geldautomaten vergleichbar (s. insoweit etwa BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 50/15, wistra 2015, 269; vom – 2 StR 104/24, juris Rn. 6; jeweils mwN).

7Deshalb ist der Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO bei den Angeklagten Di.      und De.        auf jeweils neun statt zehn banden- und gewerbsmäßige Computerbetrugstaten zu ändern (zur Tenorierung s. etwa BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 181/07, juris Rn. 8; vom – 1 StR 214/19, wistra 2020, 108 Rn. 5; vom – 5 StR 368/20, juris Rn. 2), beim Angeklagten Dö.      auf sieben anstelle von acht Taten. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

8Infolgedessen entfallen die für Fall B. 37 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Auswirkungen auf die Gesamtstrafenaussprüche ergeben sich dadurch nicht. Angesichts der Vielzahl und der Höhe der bei allen drei Angeklagten verbleibenden Einzelstrafen ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Rechtsanwendung auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte, zumal eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei – wie hier – unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; s. etwa , juris Rn. 21 mwN).

92. Soweit der Angeklagte Di.        in Fall B. 51 der Urteilsgründe wegen „Verstoßes gegen das Waffengesetz“ verurteilt worden ist, ist er des Führens eines verbotenen Gegenstands (Schlagring) schuldig (zur Tenorierung s. etwa BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 192/24, juris Rn. 6; vom – 2 StR 271/24, juris Rn. 8 mwN). Die vom Landgericht gewählte Urteilsformel reicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) nicht aus (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 115/18, juris Rn. 2; vom – 1 StR 405/24, juris Rn. 10 mwN).

10Ein Schlagring ist ein verbotener Gegenstand im Sinne des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.2 WaffG. Diesen lagerte der Angeklagte in seinem Fahrzeug. Dadurch übte er die tatsächliche Gewalt über ihn außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume und des eigenen befriedeten Besitztums aus. Als Besitztum kommen regelmäßig nur unbewegliche Sachen in Betracht. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist anzunehmen, dass der Wagen nicht auf dem eigenen Grundstück, sondern im öffentlichen Raum abgestellt war. Deshalb liegt die Umgangsform des Führens vor, die diejenige des Besitzes verdrängt (, juris Rn. 4 mwN; s. auch MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 1 WaffG Rn. 195 f.; Steindorf/B. Heinrich, Waffenrecht, 11. Aufl., Anlage 1 Rn. 196).

113. Schließlich hat die Einziehungsentscheidung nicht in vollem Umfang Bestand. Zwar tragen die Urteilsgründe die erweiterte Einziehung der beim Angeklagten Di.      sichergestellten 2.000 € Bargeld gemäß § 73a Abs. 1 StGB, da die Herkunft aus rechtswidrigen Taten feststeht und eine sichere Zuordnung, insbesondere zu den abgeurteilten Taten, nach Ausschöpfung aller Beweismittel ausgeschlossen ist (vgl. , juris Rn. 6; BT-Drucks. 18/9525 S. 65 f.).

12Die Einziehung des Geldes ist jedoch für alle drei Angeklagten auf den überdies nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB eingezogenen Wert der Taterträge anzurechnen. Denn der Umstand, dass das Landgericht die 2.000 € keiner konkreten Tat hat zuordnen können, bedingt, dass das Geld auch aus den abgeurteilten Karteneinsätzen stammen könnte, mittels derer die Angeklagten fünf Tage vor der Sicherstellung gemeinsam 6.198,94 € erbeuteten. Da der gleiche Vermögensvorteil nur einmal eingezogen werden darf, ist in solchen Konstellationen durch eine Minderung des nach § 73 Abs. 1, § 73c StGB einzuziehenden Wertes sicherzustellen, dass es nicht zu einer doppelten Abschöpfung kommt (vgl. etwa , juris Rn. 8 mwN). Somit reduziert sich der bei den Angeklagten eingezogene Wert der Taterträge jeweils um 2.000 €.

134. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der nur geringfügige Erfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, einen der Angeklagten auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

Schäfer                        Erbguth                        Kreicker

                  Voigt                            Munk

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:150425B3STR576.24.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-92545