Gründe
1I. Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass die ihr mit Bescheid vom erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) auch ihre bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübte Beschäftigung im Zeitraum vom bis umfasst.
2Klage und Berufung gegen die ablehnenden Verwaltungsentscheidungen sind insoweit erfolglos geblieben. Der 12. Senat des BSG hat auf die mündliche Verhandlung vom auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Urteil ist ihren damaligen Prozessbevollmächtigten am zugestellt worden.
3Dagegen richtet sich die Anhörungsrüge der Klägerin vom . Sie sieht das Urteil vom als Überraschungsentscheidung an, weil sie nach Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung durch den 12. Senat des BSG nicht damit habe rechnen müssen, dass dieser zur Begründung im Wesentlichen nur auf die bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung verweise. Zudem habe der 12. Senat des BSG selbst die Kernpunkte ihres Sach- und Rechtsvortrags nicht ausreichend berücksichtigt.
4II. 1. Der erkennende Senat ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BSG für das Jahr 2025 zur Entscheidung über die Anhörungsrüge berufen. Eine spezielle Regelung für Rügen nach § 178a SGG existiert dort nicht. Der gesetzlichen Regelung selbst ist lediglich zu entnehmen, dass "das Gericht", "dessen Entscheidung angegriffen wird", die Rüge verwirft bzw zurückweist oder ihr abhilft, "indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist".
5Dafür ist der 10. Senat des BSG zuständig, der seit dem ua über "Streitigkeiten betreffend die Versicherungsbefreiung nach § 6 SGB VI" zu entscheiden hat (Teil A, Abschnitt I des Geschäftsverteilungsplans RdNr 11 unter Nummer 10). Das gilt nicht nur für seit diesem Tag neu eingegangene Revisionsverfahren in diesen Angelegenheiten. Vielmehr hat das Präsidium des auf den im Geschäftsverteilungsplan des BSG für das Jahr 2025 ausdrücklich Bezug genommen wird, hinsichtlich der Bestände bis einschließlich Folgendes angeordnet: "Mit den neuen Zuständigkeiten nach den Ziffern 6 bis 12 in Randnummer 11 und nach Randnummer 12 (Streitigkeiten nach §§ 28a, 173, 174 SGB III) gehen jeweils auch die entsprechenden Bestände des 5. und des 12. Senats am auf den 10. und 11. Senat über, mit Ausnahme der Bestände des C-Registers". Diese Regelung lässt eindeutig erkennen, dass nur Anhörungsrügen, die bis einschließlich erhoben worden sind, sodass es sich zum Jahreswechsel bereits um "Bestände des C-Registers" gehandelt hat, in der Zuständigkeit des 12. Senats verbleiben sollten. Für nach diesem Tag eingegangene Rügen - wie im vorliegenden Fall - bleibt es dagegen bei der allgemeinen Zuständigkeit des Senats, der auch zur Entscheidung in der Sache berufen ist. Für Revisionsverfahren ist dies - unabhängig vom Eingangsdatum des Rechtsmittels - der 10. Senat des BSG (vgl zur Maßgeblichkeit des aktuellen Geschäftsverteilungsplans auch - juris RdNr 2 f).
6Dem steht nicht entgegen, dass das Ausgangsverfahren am bereits rechtskräftig abgeschlossen war, sodass es zunächst nicht zu den Beständen gehörte, die mit Ablauf dieses Tages auf den 10. Senat übergegangen sind. Zwar stellt das Rügeverfahren einen Annex zu diesem bereits beendeten Verfahren dar ( - juris RdNr 12); das Revisionsverfahren wird nur insoweit fortgeführt, als die Voraussetzungen des § 178a Abs 1 Satz 1 SGG erfüllt sind. Nur in diesem Fall, also bei einem Erfolg der Anhörungsrüge, lebt die Rechtshängigkeit des Hauptsacheverfahrens wieder auf ( - juris RdNr 2). Der maßgebende Präsidiumsbeschluss vom knüpft indes nicht an den Fortbestand der Rechtshängigkeit an. Er ist vielmehr so zu verstehen, dass der 10. Senat alle ausstehenden Entscheidungen in Verfahren zu treffen hat, die Streitsachen betreffen, für die er seit dem Jahresbeginn 2025 neu zuständig geworden ist (mit der einzigen Ausnahme der am im C-Register eingetragenen Verfahren).
7Ein anderes Ergebnis folgt schließlich nicht aus dem Umstand, dass der zum durch das Anhörungsrügengesetz (BGBl I 2004, S 3220) eingeführte außerordentliche Rechtsbehelf der richterlichen Selbstkorrektur dient (vgl BT-Drucks 15/3706, S 15). Denn damit ist weniger der Richter als handelnde Person gemeint als vielmehr das Gericht, das die angegriffene Entscheidung getroffen hat. Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist nämlich die seinerzeit vom BVerfG geforderte fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für Fälle entscheidungserheblicher Verstöße gegen das grundrechtsgleiche Recht auf rechtliches Gehör (vgl - BVerfGE 107, 395).
82. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet und nach § 178a Abs 4 Satz 2 SGG durch Beschluss außerhalb der mündlichen Verhandlung ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (vgl - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 7 f) zurückzuweisen. Ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung ist nicht gegeben (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und die Rüge ist auch innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben worden (§ 178a Abs 2 Satz 1 SGG). Ob die Klägerin eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung in der gebotenen Weise dargelegt hat (§ 178a Abs 2 Satz 5 SGG), kann dahinstehen.
9Die Anhörungsrüge ist unbegründet, denn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) liegt in der Sache nicht vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass Beteiligte mit ihrem Vortrag "gehört", nicht aber zwingend auch "erhört" werden ( - juris RdNr 8; Voelzke in Schlegel/ Voelzke, jurisPK SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 172 mwN). Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl nur BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12 f mwN). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (stRspr; zB BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 2 BvR 2139/21 - juris RdNr 14 f, auch zum Folgenden). Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen, sich in den Gründen der Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Besondere Umstände liegen etwa vor, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (siehe zum Ganzen - juris RdNr 4).
10Vorliegend sind solche besonderen Umstände nicht erkennbar. Der 12. Senat des BSG hat sich mit dem aus seiner Sicht bedeutsamen Revisionsvorbringen der Klägerin hinreichend auseinandergesetzt. Sein Urteil stellt auch keine Überraschungsentscheidung dar.
11a) Die Klägerin macht zunächst geltend, der 12. Senat des BSG habe die entscheidungserheblichen Unterschiede im Tatsächlichen verkannt, die einer Übertragung der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Fortdauer von Befreiungsentscheidungen auf ihren Fall entgegenstünden. Der ihre Befreiung von der Rentenversicherungspflicht anordnende Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten unterscheide sich sowohl in seinem Wortlaut als auch in seinem Aufbau und seiner Gestaltung wesentlich von den Bescheiden, die Gegenstand früherer Urteile des BSG gewesen seien. Insbesondere fehle es in ihrem Fall an einer ausdrücklichen Beschränkung der Befreiungsentscheidung auf die "jeweilige" Beschäftigung. Vielmehr enthalte ihr Bescheid die Formulierung, die Befreiung gelte auch für weitere berufsspezifische Beschäftigungen.
12Dieses - auch in RdNr 7 des Urteils vom erwähnte - Revisionsvorbringen hat der 12. Senat des BSG nicht übergangen. Es steht vielmehr im Mittelpunkt seiner Auslegung des Befreiungsbescheids. So wird in RdNr 16 des Urteils ausgeführt, dass die von der Anhörungsrüge angeführten allgemeinen Ausführungen zur Dauer und zur Geltung der Befreiung als Hinweise, nicht aber als Teil des Verfügungssatzes zu qualifizieren seien. Dieses Ergebnis wird sodann - anders als die Klägerin meint - nicht nur auf die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt, sondern im Folgenden eigenständig begründet. Insbesondere geht das Urteil auf die äußere Gestaltung des Bescheids ein. Die Formulierung, auf die sich die Klägerin stützt, wird sodann in RdNr 22 des Urteils ausführlich gewürdigt. Soweit die Klägerin eine Erwähnung des Umstands vermisst, dass in ihrem Befreiungsbescheid nicht von der "jeweiligen" Beschäftigung die Rede ist, lässt sie unberücksichtigt, dass der 12. Senat des BSG sowohl in RdNr 19 als auch in RdNr 24 seines Urteils ausdrücklich die gesetzliche Regelung des § 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI in Bezug nimmt, um die Reichweite des Verwaltungsakts zu ermitteln. Vor dem Hintergrund, dass sich danach eine Befreiung schon von Gesetzes wegen "auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt", lässt die Anhörungsrüge auch die Entscheidungserheblichkeit des vermeintlich übergangenen Vortrags nicht erkennen.
13b) Das gilt auch für die daran anknüpfende Rüge, der 12. Senat des BSG habe übersehen, dass sich der ursprüngliche Befreiungsantrag nicht auf die damals ausgeübte Beschäftigung, sondern allgemein auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin bezogen habe. Soweit sich die Klägerin dazu auf ihre Angaben im "Abschnitt 3 des Formularantrags" bezieht, zeigt sie bereits nicht auf, dass diese im Revisionsverfahren berücksichtigungsfähig gewesen wären. Denn insoweit fehlt es an tatsächlichen Feststellungen des LSG, die der 12. Senat des BSG seiner Entscheidung hätte zugrunde legen können (§ 163 SGG). Vielmehr war das LSG zu folgender Überzeugung gelangt: "In diesem Antrag hat die Klägerin - unter Verwendung eines Vordrucks der BfA - persönlich nur ihre konkrete, seit dem ausgeübte berufsspezifische Beschäftigung (Referentin in der Rechtsabteilung) bei ihrem damaligen Arbeitgeber benannt; Ansätze für einen darüber hinaus reichenden Antragsgegenstand sind nicht ersichtlich." ( - juris RdNr 47). Dem ist die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen entgegengetreten.
14c) Soweit die Klägerin geltend macht, der 12. Senat des BSG habe ihren Vortrag zur früheren Verwaltungspraxis der Beklagten übergangen, ist ihre (im Übrigen inhaltlich von der Revisionsbegründung abweichende) Anhörungsrüge bereits unschlüssig. Denn sie vermisst einerseits die Berücksichtigung dieser ständigen Verfahrensweise der Rentenversicherungsträger, beruft sich aber andererseits darauf, in ihrem Fall sei davon abgewichen worden, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten - anders als bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern üblich - in dem ersten Verwaltungsverfahren keine Arbeitsplatzbeschreibung angefordert habe. Daraus möchte sie ableiten, dass die ihr erteilte Befreiung so zu verstehen sei, dass sie sich auch auf weitere Beschäftigungen bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern bezieht. Eine solche Verwaltungspraxis hat indes zu keiner Zeit existiert, wie sich nicht nur der von der Klägerin zitierten Quelle, sondern auch den ausdrücklichen tatsächlichen Feststellungen des LSG ( - juris RdNr 56), an die der 12. Senat des BSG gebunden war (§ 163 SGG) und der Revisionsbegründung entnehmen lässt. Darauf ist er im Übrigen in seinem Urteil vom auch explizit eingegangen, indem er in RdNr 32 klargestellt hat, dass sich die Verwaltungspraxis auf "klassische berufsspezifische Tätigkeiten, also bei anwaltlichen Arbeitgebern" beschränkt habe. Dass die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung von einem anderen begrifflichen Verständnis ausgegangen ist, indem sie meinte, bei ihrem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber "unstreitig" einer berufsspezifischen Beschäftigung nachzugehen, begründet keinen Gehörsverstoß.
15d) Dasselbe gilt im Ergebnis für die Rüge der Klägerin, der 12. Senat des BSG habe ihren Vortrag übergangen, die Prüfmitteilung der Beklagten an die Beigeladene zu 1. vom , wonach die Betriebsprüfung hinsichtlich ihrer Person beanstandungsfrei verlaufen sei, habe einen Vertrauenstatbestand zu ihren Gunsten begründet. Denn auch diese Rechtsansicht ist im Urteil vom ausdrücklich erwähnt (RdNr 33). Der 12. Senat des BSG ist ihr lediglich unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung entgegengetreten, indem er darauf hingewiesen hat, der Prüfmitteilung fehle es an der erforderlichen Verwaltungsaktsqualität. Damit fehlt es zugleich an der Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Gehörsverletzung, die nach den materiell-rechtlichen Maßstäben der angefochtenen Entscheidung zu beurteilen ist (vgl - juris RdNr 21; - juris RdNr 12).
16e) Schließlich hat der 12. Senat des BSG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör auch nicht durch den Erlass einer Überraschungsentscheidung verletzt. Davon ist nur auszugehen, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; zB - juris RdNr 20 mwN; BVerfG <Kammer> - BVerfGK 19, 377 - juris RdNr 18). Das scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil die angefochtene Entscheidung argumentativ im Wesentlichen dem Urteil des LSG im vorangegangenen Berufungsverfahren entspricht. Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Tatsache, dass der 12. Senat des BSG die Revision mit Beschluss vom ausdrücklich wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hatte. Dagegen spricht bereits der abweichende Entscheidungsmaßstab des Beschwerdeverfahrens, das sich auf die Frage des Vorliegens eines Zulassungsgrunds gemäß § 160 Abs 2 SGG beschränkt. Darüber hinaus hat der 12. Senat des BSG am auch in einer anderen Besetzung entschieden als am . Ohnehin kann und darf ein Kollegialgericht den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung das Ergebnis der Entscheidung, das in seiner nachfolgenden Beratung erst gefunden werden soll, nicht vorab mitteilen ( - juris RdNr 20 mwN).
173. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 178a Abs 4 Satz 4 SGG).
195. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 178a Abs 4 Satz 3 SGG).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:250325BB10R125C0
Fundstelle(n):
LAAAJ-92206