Instanzenzug: Az: AR 8/21 Not
Gründe
11. Der Kläger hat gegen den Beklagten, der 1992 als Rechtsanwalt zugelassen und am zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts bestellt worden war, Disziplinarklage mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Amt erhoben. Nachdem der Kläger den Beklagten auf dessen Antrag mit Wirkung vom aus dem Amt des Notars entlassen und das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren in der Folge eingestellt hat, hat er das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widersprochen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 3 BDG, § 161 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
22. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten ist das Verfahren entsprechend § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 3 BDG, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch Beschluss einzustellen (vgl. 2 AV 3.09, BeckRS 2015, 50822); das in erster Instanz ergangene Urteil des Kammergerichts ist entsprechend § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 3 BDG, § 173 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 ZPO wirkungslos.
33. a) Über die Kosten des Verfahrens ist nach übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 BNotO, §§ 3, 77 Abs. 1 BDG, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden, wobei eine summarische Prüfung genügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom - NotZ(Brfg) 2/14, juris Rn. 3; vom - NotZ 33/07, juris Rn. 1 und vom - NotZ 5/06, juris Rn. 1).
4b) Es entspricht billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
5ahierfür
6b
7Der disziplinarisch bereits erheblich und einschlägig vorbelastete Beklagte hat, wie sich schon weitgehend aus der Urkundenlage ergibt und er auch selbst mit seinen Einlassungen nur teilweise in Abrede gestellt hat, über einen längeren Zeitraum vielfach und schwerwiegend gegen notarielle Kernpflichten verstoßen Er hat insbesonderewiederholt seine aus § 14 Abs. 2 BNotO folgende Pflicht zur Ablehnung unrechtmäßiger und unredlicher Amtshandlungen sowie die Neutralitätspflicht aus § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO und die Pflichten zur notariellen Beratung und Belehrung aus § 17 Abs. 1 BeurkG verletzt. Auch hat er gegen die der Durchführung von Verwahrungsgeschäften dienenden notariellen Verfahrensvorschriften sowie gegen die Prüf- und Aussetzungspflicht aus § 1597a Abs. 2 BGB verstoßen. Durch verschiedene Amtspflichtverletzungen des Beklagten wurden Vermögensinteressen Dritter konkret gefährdet. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller objektiven und subjektiven Umstände wäre daher eine weniger eingriffsintensive Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Amt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNotO) voraussichtlich nicht in Betracht gekommen.
8So liegt schon unter Berücksichtigung der urkundlich belegten und vom Beklagten nicht bestrittenen Umstände die Annahme nahe, dass der Beklagte das Vertrauen der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Rechtmäßigkeit seiner Amtsführung endgültig verloren hat und die durch sein gravierendes Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsstandes der Notare und der Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege bei einer Fortsetzung der Amtstätigkeit des Beklagten nicht wiedergutzumachen gewesen wäre.
9Überdies hätte voraussichtlich aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden müssen, der Beklagte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Amtspflichten verstoßen, zumal er selbst die Einleitung des der Klage zugrundeliegenden Disziplinarverfahrens nicht zum Anlass genommen hat, nunmehr seinen Amtspflichten zu entsprechen. Dass die Vernehmung der zum ursprünglich anberaumten Verhandlungstermin geladenen Zeugen Umstände zutage gefördert hätte, die in der Gesamtschau trotz der aufgeführten Tatsachen eine positive Prognose hätten rechtfertigen können, ist nach einer - im Rahmen der Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Hauptsache ausnahmsweise zulässigen - Antizipation des mutmaßlichen Beweisergebnisses (vgl. zu § 91a ZPO OLG Dresden, Beschluss vom - 4 U 420/16, juris Rn. 6 mwN; , NJW-RR 2017, 1149 Rn. 19 mwN; siehe auch , juris Rn. 16) - auch mit Blick auf den substanzarmen Vortrag des Beklagten zur angeblich nachhaltigen Änderung seiner Beurkundungspraxis und den mit Schriftsatz des Klägers vom vorgelegtenKurzbericht des Präsidenten des Landgerichts Berlin II vom 17. Januar 2024über die Ergebnisse der Prüfung der Amtsgeschäfte des Beklagten vom 9. bis - derart unwahrscheinlich, dass der nicht abschließend zu beurteilende Ausgang der ursprünglich beabsichtigten Beweisaufnahme eine Kostenbeteiligung des Klägers nicht zu rechtfertigen vermag.
10cc) Ungeachtet dessen und damit als selbständig tragendem Grund entspricht die volle Kostenbelastung des Beklagten auch deshalb billigem Ermessen, weil der Beklagte durch seinen nach der Verfügung des Senats vom gestellten Antrag auf Entlassung aus dem Amt des Notars die Erledigung des Verfahrens aus eigenem Willensentschluss herbeigeführt und damit seinem mit erheblicher Wahrscheinlichkeit bevorstehenden Unterliegen im Verfahren zuvorgekommen ist(vgl. , juris Rn. 2).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:101224BNOTST.BRFG.1.23.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-86257