Instanzenzug: Az: 5 Ni 26/19 (EP) Urteil
Tatbestand
1Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 3 068 077 (Streitpatents), das aus der Teilung einer Stammanmeldung vom hervorgegangen ist, eine US-amerikanische Priorität vom beansprucht und einen Netzwerkknoten betrifft.
2Patentanspruch 1, auf den 14 weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
A network node (20) for use with a multicast source (24) in a packet-switched network, the node comprising:
three or more physical ports (28a, 28b, 28c, 28d, 28e) for communicating with other nodes in the packet-switched network, the ports are grouped into multiple distinct groups (32a, 32b), where each group comprises one or more physical ports, each port is part of a single group, and at least one group comprises two or more physical ports;
a first port different from the grouped physical ports connectable to the multicast source (24) for receiving a multicast packet therefrom having a multicast destination address; and
a switching fabric (40) coupled between the first port and to the grouped physical ports for switching packets received at one port to be output by one or more other ports,
wherein the node assigns (54) an identifier to the received multicast packet, wherein the switching fabric selects a single port in each of the multiple distinct groups in response to the identifier, and wherein the multicast packet is output (56) via the selected ports in each of the multiple distinct groups.
3Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in elf geänderten Fassungen verteidigt.
4Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit dessen Gegenstand über die Fassung nach Hilfsantrag 6 hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
5Dagegen richten sich die Berufungen beider Parteien, die jeweils ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent ergänzend mit einem weiteren Hilfsantrag.
Gründe
6Beide Rechtsbehelfe sind zulässig. Das Rechtsmittel der Klägerin ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents. Das Rechtsmittel der Beklagten erweist sich dagegen als unbegründet.
7I. Das Streitpatent betrifft einen Netzwerkknoten, der mit einer Multicast-Quelle eingesetzt werden kann.
81. Das Streitpatent beschreibt einleitend die für die Übertragung von Daten in Netzwerken vorgesehenen Standards VPLS und LAG.
9VPLS (virtual private local area network service) sei ein Punkt-zu-Multipunkt-Dienst, der die Funktionalität eines lokalen Netzwerks (local area network, LAN) über die Netzwerke von Dienstleistern emuliere (Abs. 2).
10LAG (Link Aggregation) sei eine Technik, durch die eine Gruppe von parallelen physischen Verbindungen zwischen zwei Endpunkten in einem Datennetzwerk zu einer einzigen logischen Verbindung zusammengefasst werden könne (Abs. 3).
11Netzwerkknoten umfassten typischerweise mehrere Leitungskarten, die durch eine Vermittlungsstruktur miteinander verbunden seien. Einige Ziele seien zu LAG-Gruppen zusammengefasst (Abs. 18). Ein Netzwerkknoten, der VPLS unterstütze, müsse häufig Pakete zu einer Vielzahl von Zielen weiterleiten, zu denen auch LAG-Gruppen gehörten (Abs. 19).
12Bei einem aus dem US-amerikanischen Patent 6 510 749 bekannten Verfahren werde ein für mehrere Endpunkte bestimmter Rahmen (multi-destination frame) an jeden Ausgangsport einer Link-Aggregationsgruppe gesendet. Jeder Anschluss (port) bestimme sodann, ob er den Rahmen sende oder verwerfe (Abs. 4). Dies führe zu unnötigem Datenverkehr auf der Eingangskarte und der Vermittlungsstruktur (Abs. 23).
13Die europäische Patentanmeldung 1 713 316 schlage einen Mechanismus zur Verteilung von Rahmen auf die einzelnen Anschlüsse vor (Abs. 5). Solche Mechanismen führten häufig zu einer unausgewogenen Verteilung des Datenverkehrs (Abs. 34).
142. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, die Weiterleitung von Multicast-Verkehr in Kommunikationsnetzwerken effizienter zu gestalten.
153. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Anspruch 1 einen Netzwerkknoten vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
174. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung.
18a) Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, geben die Merkmale 1 und 1.2 nicht zwingend vor, dass der Netzwerkknoten nur einen einzigen Anschluss für eine Multicast-Quelle umfasst.
19Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, sind Multicast-Pakete im Sinne von Merkmal 1.2 Datenpakete, die von nur einer Quelle - der Multicast-Quelle - gesendet werden und für mehrere Zieladressen bestimmt sind. Die Beschreibung führt als Beispiele hierfür Internet Protocol Television (IPTV), Near Video on Demand (NVOD) und Videokonferenzen an (Abs. 25).
20Daraus ergibt sich lediglich, dass ein Anschluss, über den ein Multicast-Paket eingeht, nur mit einer einzigen Quelle verbunden sein darf. Nicht ausgeschlossen ist hingegen, dass es mehrere Anschlüsse dieser Art gibt und dass jeder Anschluss von einer anderen Quelle gespeist wird.
21Ebenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass der Anschluss für die Multicast-Quelle daneben auch Pakete entgegennimmt, die nur für eine einzige Zieladresse (unicast) oder für das gesamte Netzwerk (broadcast) bestimmt sind.
22b) Zur Weiterleitung der Pakete an andere Knoten sieht Merkmalsgruppe 1.1 mindestens drei physische Anschlüsse vor, die in mehrere Gruppen eingeteilt sind, wobei jeder Anschluss nur einer Gruppe zugehört und zumindest eine Gruppe mehr als einen Anschluss umfasst.
23Bei diesen Gruppen kann es sich um LAG-Gruppen handeln. Zwingend vorgegeben ist dies durch Patentanspruch 1 nicht.
24c) Patentanspruch 1 ist nicht auf VPLS beschränkt. Das Verfahren kann vielmehr in jeder Anwendung verwendet werden, in der Pakete multipliziert oder dupliziert und an eine Gruppe von Schnittstellen oder Zielen gesendet werden (Abs. 64 f.).
25d) Von zentraler Bedeutung für die angestrebte Steigerung der Effizienz ist Merkmalsgruppe 1.4.
26aa) Nach den Merkmalen 1.4.1 und 1.4.2 leitet die Vermittlungsstruktur ein Multicast-Paket jeweils nur einem einzigen Anschluss pro Empfängergruppe zu.
27Bei Gruppen, die aus mehreren Anschlüssen bestehen, wird auf diese Weise unnötiger Rechenaufwand und Datenverkehr vermieden, der entsteht, wenn Duplikate eines Pakets erzeugt, über die Vermittlungsstruktur geleitet und auf der Ausgangsseite verworfen werden (Abs. 23).
28bb) Die Zuweisung eines Multicast-Pakets zu einem einzigen Anschluss erfolgt gemäß den Merkmalen 1.4 und 1.4.1 anhand einer Kennung (identifier), die der Knoten dem Paket zuweist.
29(1) Welche Komponente diese Zuweisung vornimmt, ist in Anspruch 1 nicht festgelegt. Die Zuweisung muss aber erfolgen, bevor die Vermittlungsstruktur den Ziel-Anschluss auswählt, weil die Auswahl in Reaktion auf die Kennung erfolgt.
30(2) Art und Inhalt der Kennung sind in Patentanspruch 1 ebenfalls nicht vorgegeben.
31Die Kennung kann in einer fabric multicast identification (FMID) bestehen, wie sie in der Beschreibung geschildert wird. Zwingend ist dies nicht.
32Eine FMID kann zum Beispiel zugeordnet werden durch Erzeugen eines Hashwerts aus Feldern des Datenpakets (Abs. 12, Abs. 40) oder durch Zuordnen bestimmter Header-Informationen (Abs. 12), etwa Ziel-IP-Adressen oder Paaren von Quell- und Ziel-IP-Adressen (Abs. 41), zu bestimmten Werten.
33Die Zuordnung der Kennungen zu den Anschlüssen kann zum Beispiel dadurch erfolgen, dass jedem Anschluss eine bestimmte Anzahl von Kennungen zugewiesen wird, oder dadurch, dass die Paketverarbeitungslogik die zugeordneten FMID-Werte auf die möglichen FMID-Werte in dem Bereich verteilt, so dass die Verkehrslast zwischen den Ports in der Teilmenge ausgeglichen ist (Abs. 11).
34cc) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass ein Multicast-Paket, das für mehrere Gruppen von Empfängern bestimmt ist, für jede Gruppe eine unterschiedliche Kennung erhalten kann.
35(1) Der Wortlaut von Merkmal 1.4, der vorsieht, dass einem empfangenen Multicast-Paket "eine Kennung" (an identifier) zugewiesen wird, schließt die Zuweisung weiterer Kennungen nicht zwingend aus.
36(2) Die in Merkmal 1.4.1 vorgegebene Funktion der Kennung, die Auswahl eines einzelnen Anschlusses für jede Gruppe zu ermöglichen, erfordert, dass ein Paket für jede Gruppe, an die es weitergeleitet werden soll, nur eine Kennung enthält, damit eine Zuweisung an zwei zu derselben Gruppe gehörende Anschlüsse ausgeschlossen ist.
37Wenn ein Paket für weitere Gruppen bestimmt ist, hängt die Auswahl eines Anschlusses in der zweiten und jeder weiteren Gruppe hingegen nicht zwingend davon ab, welcher Anschluss für die erste Gruppe ausgewählt worden ist. Dies lässt die Möglichkeit offen, für jede Gruppe eine gesonderte Kennung zuzuweisen, die ausschließlich für die Auswahl in der jeweiligen Gruppe maßgeblich ist.
38Da Patentanspruch 1 die inhaltliche Ausgestaltung der Kennung und deren Verwendung zur Auswahl des einzelnen Anschlusses nicht näher vorgibt, bleibt entgegen der Ansicht der Beklagten auch die Möglichkeit offen, eine Kennung so auszugestalten, dass jeweils nur Teile davon für die Zuweisung des jeweiligen Anschlusses für die einzelnen Gruppen eingesetzt werden.
39(3) Dass diese Vorgehensweise im Stand der Technik bekannt war und mit höherem Ressourcenverbrauch verbunden sein kann, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
40Der Umstand, dass sich ein Patent von einer im Stand der Technik bekannten Lösung abgrenzt, kann zwar für die Auslegung eines Patentanspruchs von Bedeutung sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Patent von einer konkreten Entgegenhaltung abgrenzt und hinreichend deutlich zu erkennen ist, welche Merkmale dieser Abgrenzung dienen. Keine dieser beiden Voraussetzungen ist beim Streitpatent erfüllt.
41In der Beschreibung wird allerdings ausgeführt, die FMID werde durch die Eingangskarte zugewiesen und ein Paket, das für mehrere LAG-Gruppen bestimmt sei, werde gegebenenfalls durch die Vermittlungsstruktur dupliziert (Abs. 20). Diese Ausgestaltung mag effizienter sein, weil sie die mehrfache Übermittlung eines Pakets von der Eingangskarte an die Vermittlungsstruktur vermeidet. Das Streitpatent grenzt sich in diesem Zusammenhang aber nicht von einer konkreten Entgegenhaltung ab. Zudem hat die Anforderung, dass die Kennung bereits in der Eingangskarte zugewiesen wird und ein gegebenenfalls erforderliches Duplizieren erst in der Vermittlungsstruktur erfolgt, in Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden.
42II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
43Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und der Stammanmeldung hinaus.
44Die in Merkmal 1.4 genannte Kennung (identifier) sei als Begriff weder in den Anmeldungsunterlagen des Streitpatents noch in der Stammanmeldung genannt. Dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der technischen Konzeption und Umsetzung von praxistauglichen Multicast-Kommunikationssystemen einschließlich der dort auftretenden Fragen hinsichtlich eines load-balancing, sowie Fachkenntnissen betreffend den Aufbau von Switches, sei bekannt, dass die Weiterleitung von Datenpaketen in Switches entweder mit einer verbindungsorientierten oder mit einer adressorientierten Kennung erfolge. Der Fachmann entnehme der Anmeldung lediglich eine adressorientierte Kennung in Form einer FMID. Dagegen umfasse Merkmal 1.4 nach fachmännischem Verständnis auch eine verbindungsorientierte Kennung. Diese sei nicht ursprünglich offenbart.
45Zudem sei der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem US-amerikanischen Patent 7 023 797 (NK13) nicht neu. Dieses lehre eine identifier-basierte Zuordnung von LAG-Gruppen im Multicast-Modus. Zwar zeige das vereinfachte Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 die Verarbeitung eines Unicast-Pakets. Der Fachmann entnehme aber den Ausführungen zum Legacy-Fall nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 und mehreren weiteren Stellen, dass die Forwarding Mask des dort beschriebenen Switches auch mehr als einen einzigen Eintrag haben könne und somit ein Multicast-Paket parallel an mehrere LAG-Gruppen weitergeleitet werde. Die gegenüber dem Unicast-Beispiel gemäß Figur 4 für ein Multicast-Paket erforderliche Adressierung lese der Fachmann in der Gesamtschau von NK13 zwanglos mit.
46Die mit den Hilfsanträgen 1, 5 und 5a verteidigten Gegenstände gingen ebenfalls über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und der Stammanmeldung hinaus. Zudem seien die mit den Hilfsanträgen 1 bis 5a verteidigten Gegenstände nicht patentfähig.
47Hingegen sei der mit Hilfsantrag 6 verteidigte Gegenstand rechtsbeständig. Der anspruchsgemäße identification value weise dadurch, dass ein zweiter Kennwert kleiner sei als ein erster Kennwert, nunmehr die Eigenschaft einer (virtuellen) adressbezogenen Kennung im Sinne einer FMID auf. Er sei damit ursprünglich offenbart. Auch werde der mit Hilfsantrag 6 verteidigte Gegenstand weder durch NK13 noch durch die US-amerikanischen Patentanmeldungen 2005/0238018 (NK14) oder 2006/0114876 (NK16) vorweggenommen. Diesen Entgegenhaltungen sei eine kaskadenartige Zuweisung von ersten und zweiten Kennungswerten, die zu einer effizienten Lastverteilung bei der Zustellung von Multicast-Paketen führten, nicht zu entnehmen. Eine Kombination dieser Entgegenhaltungen lege den mit Hilfsantrag 6 verteidigten Gegenstand auch nicht nahe.
48III. Diese Beurteilung hält den Berufungsangriffen der Beklagten stand.
491. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in NK13 vollständig offenbart ist.
50a) NK13 betrifft die Link-Aggregation in Port-Masken-basierten Netzwerk-Switches (Sp. 1 Z. 10-12).
51aa) NK13 führt aus, ein Switch sei üblicherweise ein Rechner mit einer Reihe von Komponenten (z.B. Karten), die miteinander verbunden seien.
52Jede Karte könne eine bestimmte Anzahl an Ports umfassen, die die Verbindung mit verschiedenen Medien ermöglichten, etwa Ethernet, Lichtwellenleiter (Fiber Distributed Data Interface, FDDI) oder Token Ring. Eine Netzwerkeinheit könne aus einer Quelle bestehen, die Daten über diese Medien übertrage, oder einer Senke, die Daten empfange (Sp. 1 Z. 15-25).
53Ein Datenrahmen werde häufig an mehr als einen, aber an weniger als alle Ports des Switches übertragen. Solche Multicast-Übertragungen führten regelmäßig zu einer Verschlechterung der Leistung eines Switches. Die mehrfachen Output-Kopien verbrauchten zusätzliche Bandbreite und für die Entscheidung über die Weiterleitung müsse Software einbezogen werden (Sp. 1 Z. 26-39).
54Wenn der Weiterleitungsteil eines Switches einen Datenrahmen empfange, müsse er entscheiden, an welche(n) von mehreren Output-Ports dieser gesendet werde. Werde Link-Aggregation eingesetzt, sollte der Weiterleiter versuchen, die Last gleichmäßig auf jeden Satz der aggregierten Output-Verbindungen zu verteilen, wobei ein Satz jeweils einen einzigen "logischen" Port darstelle. Für jede zur Weiterleitung ausgewählte Aggregat-Gruppe sei ein Rahmen nur an eine einzige Verbindung auszugeben. Bei Port-Masken-basierten Switch-Vorrichtungen geschehe dies durch die Kombination von zwei Port-Masken, nämlich einer Weiterleitungsmaske, die angebe, an welche Aggregat-Gruppe(n) der Rahmen ausgegeben werde, und einer Aggregationsmaske, die angebe, welcher Port im jeweiligen Aggregat zu verwenden sei (Sp.1 Z. 45-56).
55Bei einem aktuellen Verfahren zur Verteilung von Datenrahmen werde anhand des weiterzuleitenden Rahmens ein Aggregationscode (z.B. ein numerischer Wert) abgeleitet. Der Aggregationscode werde dann als Index für eine Aggregationstabelle verwendet. Die Aggregationstabelle gebe einen Port an, an den der Rahmen für jeden Aggregationscode auf jeder aggregierten Verbindung zu senden sei (Sp. 1 Z. 57-63).
56Der Aggregationscode könne auf verschiedene Weise aus den Informationen im Rahmen abgeleitet werden. Sogenannte Legacy-Methoden leiteten den Aggregationscode üblicherweise aus der Media Access Control (MAC)-Adresse der Quelle ab. Modernere Verfahren basierten auf anderen aus dem Rahmen extrahierten Feldern, wie etwa der IP-Adresse der Quelle. Der Aggregationscode werde als Index für die Aggregationstabelle verwendet, um den geeigneten Port für eine bestimmte aggregierte Gruppe nachzuschlagen (Sp. 1 Z. 64 bis Sp. 2 Z. 16; Sp. 5 Z. 1 ff.).
57Moderne Aggregationsmethoden seien mit den Legacy-Methoden nicht kompatibel. In Netzwerken mit Legacy-Switches und fortschrittlicheren Switches würden möglicherweise Legacy-Methoden für die Link-Aggregation für alle Switches verwendet. Die Wahrscheinlichkeit einer gleichmäßigen Verteilung des Netzwerkverkehrs an den Switches sei dadurch geringer (Sp. 2 Z. 24-30).
58bb) Um Kompatibilität zwischen den beiden Methoden zu erreichen und dabei eine gleichmäßige Verteilung des Netzwerkverkehrs zu gewährleisten, schlägt NK13 vor, den Port, an den ein Datenrahmen übermittelt wird, anhand eines Indexwerts zu bestimmen.
59Dieser Wert kann aus dem Inhalt des Rahmens abgeleitet werden, etwa den beiden unteren Bits der Quell-MAC-Adresse, der Ziel-MAC-Adresse oder ähnlicher Informationsstrings.
60Für jeden Indexwert und jede LAG-Gruppe wird in einer Tabelle der Port festgelegt, an den der zugehörige Datenrahmen übermittelt wird.
61(1) Eine solche Tabelle ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 für ein Legacy-Verfahren beispielhaft dargestellt.
62Für jeden Indexwert (0 bis 7) und jede LAG-Gruppe (1 und 2) wird jeweils einer der zugehörigen Ports (a bis d bzw. a bis h) durch den Wert 1 als Ausgangsport festgelegt (Sp. 4 Z. 40-59). Durch eine weitere, in diesem Zusammenhang nicht näher geschilderte Operation wird ermittelt, welche der LAG-Gruppen die Daten empfangen sollen (Sp. 4 Z. 60-62).
63(2) NK13 schlägt vor, die Ausgabemaske so auszugestalten, dass sie mehrere Aggregationsmethoden unterstützt (Sp. 5 Z. 10-16).
64Ein Ausführungsbeispiel für eine solche Aggregationstabelle ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt.
65Die Felder dieser Tabelle enthalten den Wert 1, wenn die jeweilige Aggregationsgruppe die angegebene Aggregationsmethode nutzt und die Ausgabe über den betreffenden Port erfolgen soll oder wenn die jeweilige Gruppe die angegebene Methode nicht nutzt (Sp. 5 Z. 26-38). Daraus geht hervor, dass die Methode 1 in dem dargestellten Beispiel nur von der LAG-Gruppe 1 genutzt wird und die Methode 2 nur von der LAG-Gruppe 2.
66Bei einem Rahmen, für den beide Aggregationsmethoden zur Anwendung kommen sollen, werden die beiden einschlägigen Tabellenzeilen durch logische und-Verknüpfung miteinander kombiniert. Dies ist beispielhaft in der nachfolgend wiedergegebenen Tabelle dargestellt (Sp. 6 Z. 2-17).
67In diesem Beispiel wird der Datenrahmen in der LAG-Gruppe 1 gegebenenfalls auf Port c ausgegeben und in der LAG-Gruppe 2 gegebenenfalls auf Port e.
68Auch in diesem Beispiel wird in einem zweiten Schritt festgelegt, an welche LAG-Gruppen der Rahmen übermittelt wird. Hierzu wird die im ersten Schritt erhaltene Aggregationsmaske mit einer Weiterleitungsmaske verknüpft. Dies ist in der nachfolgend wiedergegebenen Tabelle dargestellt (Sp. 6 Z. 18-33).
69In diesem Beispiel erfolgt die Weiterleitung nur an LAG-Gruppe 2 und zwar, wie im ersten Schritt festgelegt, an deren Port e (Sp. 6 Z. 34 f.).
70b) Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, sind damit die Merkmale 1 bis 1.3 offenbart.
71c) Die Merkmale 1.4.1 und 1.4.2 sind ebenfalls offenbart.
72aa) Wie auch die Beklagte im Ansatz nicht verkennt, offenbart NK13, dass ein Datenrahmen, der für eine LAG-Gruppe bestimmt ist, jeweils nur an einen zu der Gruppe gehörenden Port übermittelt wird.
73bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten beziehen sich diese Ausführungen auch auf Multicast-Pakete, die für mehrere LAG-Gruppen bestimmt sind.
74Wie oben aufgezeigt wurde, befasst sich NK13 einleitend mit Paketen, die an mehrere, aber nicht an alle Ziele in einem Netzwerk weitergeleitet werden. Diese Pakete werden ausdrücklich als Multicast-Rahmen bezeichnet.
75Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus den oben wiedergegebenen Ausführungen zu den Beispielen hinreichend deutlich, dass die dort geschilderten Vorgehensweisen auch und insbesondere für Multicast-Pakete zur Anwendung kommen sollen.
76Wie die Beklagte im Ansatz zutreffend geltend macht, werden Multicast-Pakete in den Erläuterungen zu den Ausführungsbeispielen allerdings nicht ausdrücklich angesprochen. Dies gilt auch für die Angabe, mehrere Pakete (multiple frames) könnten auf eine Reihe von mit dem Switch verbundene Link-Aggregationsgruppen verteilt werden (Sp. 4 Z. 57 ff.); diese kann sich bei isolierter Betrachtung auch auf eine Reihe von aufeinanderfolgenden Paketen beziehen.
77Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich jedoch aus dem Gesamtzusammenhang hinreichend deutlich, dass die einleitenden Bemerkungen, in denen Multicast-Pakete hervorgehoben werden, und die sich daran anschließenden Ausführungen zu den Beispielen nicht beziehungslos nebeneinanderstehen, sondern dass diese Beispiele auch und gerade zur Lösung der eingangs aufgezeigten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Multicast-Paketen dienen sollen.
78Die Kombination von Aggregations- und Weiterleitungsmasken wird schon in den einleitenden Bemerkungen als Mittel angegeben, um zu bestimmen, an welchen Port innerhalb einer Gruppe und an welche Gruppe(n) (group(s)) ein Rahmen weitergeleitet werden soll (Sp. 1 Z. 53 f.). Die optionale Pluralform lässt erkennen, dass ein Rahmen nicht nur an jeweils eine Gruppe weitergeleitet werden kann, sondern bei Bedarf auch an mehrere oder alle Gruppen, wie dies in den eingangs geschilderten Szenarien erforderlich ist.
79Die Ausführungen zu dem in Figur 4 dargestellten Beispiel stehen in innerem Zusammenhang damit und lassen erkennen, dass dort eine Weiterleitungsmaske eingesetzt wird, die den genannten Vorgaben entspricht.
80Wenn die Weiterleitungsmaske die Werte gemäß der oben wiedergegebenen Tabelle aufweist, erfolgt die Weiterleitung zwar nur an eine der beiden Gruppen. Aus dem damit zugleich offenbarten Grundprinzip, wonach eine Weiterleitung erfolgt, wenn die der jeweiligen Gruppe zugeordneten Bits den Wert 1 aufweisen, ergibt sich aber, dass eine Weiterleitung an beide Gruppen möglich ist, wenn auch die ersten vier Bits den Wert 1 aufweisen.
81Eines ausdrücklichen Hinweises auf diesen Zusammenhang bedarf es vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht. Er ist schon dadurch unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die Ausführungen zu Figur 4 erkennbar an die einleitenden Bemerkungen anknüpfen und eine auch für Multicast-Pakete geeignete Vorgehensweise vorschlagen.
82cc) Angesichts all dessen vermag das Argument, NK13 könne eine Weiterleitung von Multicast-Paketen mittels einer einheitlichen Kennung nicht offenbaren, weil eine solche Vorgehensweise nach den Ausführungen im Streitpatent im Stand der Technik nicht bekannt gewesen sei, nicht zu verfangen.
83Aus NK13 ergibt sich, dass die in der Patentschrift geäußerte Einschätzung nicht zutrifft.
84d) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch Merkmal 1.4 offenbart.
85Bei der in Ausführungsbeispiel 4 geschilderten Vorgehensweise wird zwar für jede Aggregationsmethode eine gesonderte Kennung übermittelt. Dies steht der Offenbarung von Merkmal 1.4 aber nicht entgegen, weil dieses Merkmal eine solche Vorgehensweise aus den oben dargestellten Gründen nicht ausschließt.
86Unabhängig davon wird bei der in Ausführungsbeispiel 3 geschilderten Vorgehensweise für beide Gruppen dieselbe Kennung verwendet.
872. Für den mit Hilfsantrag 1 verteidigten Gegenstand gilt nichts anderes.
88a) Nach Hilfsantrag 1 soll Patentanspruch 1 wie folgt gefasst werden (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hervorgehoben):
90b) Die sich daraus ergebenden Konkretisierungen führen zu keiner abweichenden Beurteilung in Bezug auf die Patentfähigkeit. Insbesondere ist das Patentgericht zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die Begriffe "identifier" und "identification value" ihrem Gehalt nach gleichzusetzen sind.
91Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem in Merkmal 1.4' verwendeten Begriff "identification value" und der in Merkmal 1.4a zusätzlich definierten Anforderung, dass dieser Wert aus einem Bereich möglicher Werte ausgewählt ist, von denen jeder mit einem der Anschlüsse in jeder der Gruppen verknüpft ist, nicht, dass einem Paket für jede Gruppe zwingend derselbe Wert zugeordnet werden muss. Vielmehr bleibt auch nach der Fassung von Hilfsantrag 1 offen, wie der einem Paket zugewiesene Wert inhaltlich ausgestaltet ist und in welcher Weise er zur Auswahl eines einzelnen Pakets innerhalb einer Gruppe eingesetzt wird.
92Deshalb ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 auch in dieser Fassung durch NK13 vollständig vorweggenommen.
933. Entsprechendes gilt für Hilfsantrag 2.
94a) Nach Hilfsantrag 2 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 um folgendes Merkmal ergänzt werden:
96b) Mit dieser Beschränkung ist der Gegenstand des Streitpatents zwar auch ausgehend vom rechtlichen Ausgangspunkt des Patentgerichts ursprünglich offenbart. Hinsichtlich der Patentfähigkeit ergibt sich aber keine abweichende Beurteilung.
97Die Ableitung des Kennungswerts aus IP- oder MAC-Adressen ist in NK13 offenbart.
98Die abweichende Auffassung der Beklagten beruht auf deren Annahme, die in NK13 vorgeschlagene Vorgehensweise beziehe sich nicht auf Multicast-Pakete. Diese Annahme trifft aus den oben dargelegten Gründen nicht zu.
994. Hilfsantrag 2a unterliegt im Ergebnis keiner abweichenden Beurteilung.
100a) Nach Hilfsantrag 2a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 dahin ergänzt werden, dass vor den Wörtern "value of a header field" das Wort "hashed" eingefügt wird.
101b) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Bildung eines Hashwerts in NK13 zwar nicht offenbart, ausgehend von dieser Entgegenhaltung aber nahegelegt.
102NK13 schlägt unter anderem vor, die Auswahl des Ports, über den ein Paket versendet wird, aus Adressinformationen abzuleiten und hierbei auch komplexe Operationen einzusetzen (Sp. 5 Z. 1-10). Die Bildung von Hashwerten ist ein gebräuchliches Mittel, um eindeutige Werte aus anderen Informationen abzuleiten.
1035. Der mit Hilfsantrag 3 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
104a) Nach Hilfsantrag 3 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 wie folgt geändert werden:
106b) Eine gleichmäßige Auslastung der Verkehrslast durch die Verteilung der Pakete auf die zu einer Gruppe gehörenden Ports ist auch in NK13 offenbart (Sp. 4 Z. 18-21).
1076. Für Hilfsantrag 3a gilt nichts anderes.
108Nach Hilfsantrag 3a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 3 in der in Hilfsantrag 2a vorgesehenen Weise modifiziert werden. Diese Ausgestaltung war aus den im Zusammenhang mit Hilfsantrag 2a dargelegten Gründen ausgehend von NK13 naheliegend.
1097. Der mit Hilfsantrag 4 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
110a) Nach Hilfsantrag 4 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 3 wie folgt modifiziert werden:
112b) Dieses Merkmal ist, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, in NK13 offenbart.
113NK13 führt aus, fortgeschrittene Aggregationsmethoden könnten komplexere Operationen ausführen, etwa eine boole'sche Verknüpfung von ausgewählten Bits der IP-Adresse der Quelle oder der MAC-Adresse von Ziel oder Quelle (Sp. 5 Z. 4-10). Dies entspricht der zweiten der beiden in Merkmal 1.4b' alternativ beanspruchten Vorgehensweisen. Darüber hinaus ist dadurch auch eine Kombination der IP-Adressen von Ziel und Quelle nahegelegt.
1148. Für Hilfsantrag 4a gilt nichts anderes.
115Nach Hilfsantrag 4a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 4 in der in Hilfsantrag 2a vorgesehenen Weise modifiziert werden. Diese Ausgestaltung ist auch in diesem Zusammenhang aus den oben aufgezeigten Gründen naheliegend.
1169. Der mit Hilfsantrag 5 verteidigte Gegenstand geht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.
117a) Nach Hilfsantrag 5 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 3 wie folgt modifiziert werden:
119b) Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht.
120Wie das Streitpatent (Abs. 58-62) führen bereits die Stammanmeldung (S. 14 Z. 13 bis S. 16 Z. 1) und die Teilanmeldung (Abs. 55-59) aus, die Anzahl der in der Vermittlungsstruktur zuweisbaren FMID könne geringer sein als die Anzahl der FMID für die Anschlusskarten. In diesem Zusammenhang werden Möglichkeiten aufgezeigt, aus dieser Diskrepanz resultierende Ineffizienzen möglichst gering zu halten.
121Daraus geht nicht hervor, dass sich die Menge der in der Vermittlungsstruktur und in den Anschlusskarten verfügbaren FMID auch in anderer Weise voneinander unterscheiden kann, etwa dergestalt, dass die erste Menge größer ist als die zweite oder dass die beiden Mengen zwar gleich groß sind, aber unterschiedliche Werte enthalten.
12210. Für Hilfsantrag 5a gilt nichts anderes.
123Hilfsantrag 5a sieht eine Kombination der Modifikationen aus den Hilfsanträgen 5 und 2a vor. Dieser Gegenstand geht aus denselben Gründen über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus wie der mit Hilfsantrag 5 verteidigte Gegenstand.
124IV. Die Berufung der Klägerin ist begründet.
1251. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts geht der mit Hilfsantrag 6 verteidigte Gegenstand über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.
126a) Nach Hilfsantrag 6 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Patentanspruch 5 wie folgt geändert werden:
128b) Merkmal 1.4a''' konkretisiert das Verhältnis zwischen den Bereichen, aus denen der erste und der zweite Kennungswert ausgewählt werden können, dahin, dass der zweite Bereich kleiner sein muss als der erste.
129Dies entspricht dem bereits erwähnten Ausführungsbeispiel, bei dem die Anzahl der verfügbaren C-FMID geringer ist als die Anzahl der LC-FMID.
130Die nach Merkmal 1.4a''' erforderliche Verknüpfung zwischen dem zweiten Kennungswert und einem (einzigen) Port ist gegeben, wenn dieser Kennungswert eindeutig auf einen Port verweist.
131c) Der damit verteidigte Gegenstand geht über den Inhalt der Stammanmeldung hinaus.
132aa) Wie auch die Klägerin nicht verkennt, schildert die Stammanmeldung (S. 14 Z. 13 bis S. 16 Z. 1) - ebenso wie die Teilanmeldung (Abs. 55-59) und das Streitpatent (Abs. 58-62) - allerdings Ausgestaltungen, bei denen die Anzahl der zur Verfügung stehenden FMID in der Vermittlungsstruktur (central FMID, C-FMID) geringer ist als die Anzahl der FMID in den Anschlusskarten (line card FMID, LC-FMID).
133In diesen Fällen ist die C-FMID ein zweiter Identifikationswert im Sinne von Merkmal 1.4a''', der aus einem Bereich ausgewählt wird, der kleiner ist als der Bereich der LC-FMID.
134bb) Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, kann bei diesen Ausgestaltungen die C-FMID jedoch mit mehr als einem Port verknüpft sein.
135(1) Nach den bereits oben wiedergegebenen Ausführungen wird die C-FMID in den genannten Fällen aus den Bits der LC-FMID mit der höchsten oder geringsten Wertigkeit (MSB oder LSB) abgeleitet. Dies führt dazu, dass es mehrere LC- FMID geben kann, die die in der C-FMID festgelegte Bitfolge enthalten.
136Die Stammanmeldung (S. 14 Z. 32 bis S. 15 Z. 6) zeigt zwar - ebenso wie die Teilanmeldung (Abs. 57) und das Streitpatent (Abs. 59-61) - Möglichkeiten auf, die Anzahl der Fälle, in denen es deshalb zu einer unnötigen Duplizierung von Datenpaketen kommt, möglichst gering zu halten. Zudem führt sie den Einsatz von MSB oder LSB ausdrücklich lediglich als Beispiel an. Es wird jedoch nicht unmittelbar und eindeutig als Alternative aufgezeigt, eine anderweitige Zuordnung zwischen C-FMID oder LC-FMID so auszugestalten, dass jede C-FMID auf einen einzigen Port verweist.
137Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine solche Ausgestaltung auch nicht der Angabe zu entnehmen, die geschilderte Situation könne durch eine Modifikation der LC-FMID vermieden werden (NK3 S. 15 Z. 5 f.). Diese Ausführungen beziehen sich auf den Umstand, dass ein Rückgriff auf die Bits mit der geringsten Wertigkeit (LSB) unweigerlich zur Folge hat, dass eine große Anzahl von Paketen dupliziert wird. Die Situation, deren Vermeidung die vorgeschlagene Modifikation der LC-FMID dient, ist also nicht die Entstehung von Duplikaten schlechthin, sondern die Entstehung einer besonders großen Anzahl von Duplikaten. Eine Ausgestaltung, bei der Duplikate generell ausgeschlossen sind, ist auch damit nicht offenbart.
138(2) Ob eine eindeutige Zuordnung auf anderem Wege möglich ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine Vorgehensweise, mit der dieses Ziel erreicht werden kann, ist in der Stammanmeldung jedenfalls nicht offenbart.
139(3) Aus den in der Stammanmeldung formulierten Ansprüchen 21, 27 und 28, die in der Beschreibung von Teilanmeldung und Streitpatent mit gleicher Nummerierung als "items" aufgeführt sind, ergibt sich kein weitergehender Offenbarungsgehalt.
140Die Ansprüche 21 und 27 sehen allerdings vor, dass eine FMID mit einem Port verknüpft ist, wie dies auch Merkmal 1.4a''' vorsieht. Aus Anspruch 28, der ergänzend die Zuordnung einer LC-FMID und C-FMID vorsieht, ergibt sich aber nicht, dass auch jede C-FMID - und damit jeder zweite Wert im Sinne von Merkmal 1.4a''' - eindeutig einem Port zugeordnet ist.
141cc) Damit fehlt es zugleich an einer Offenbarung der Merkmale 1.4.1'' und 1.4.2''.
142(1) Da die Anmeldung keine eindeutige Zuordnung zwischen der C-FMID und einem einzelnen Port offenbart, zeigt sie auch nicht auf, dass die Festlegung dieses Kennungswerts dazu genutzt wird, einen einzigen Port pro Gruppe auszuwählen.
143(2) Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorbringt, die duplizierten Pakete würden lediglich an die Ausgangskarten ausgegeben, nicht dagegen an die Ausgangsports, mag dies zwar zutreffen. Merkmal 1.4.1'' gibt insoweit allerdings vor, dass (bereits) die Vermittlungsstruktur einen einzigen Anschluss in jeder der mehreren verschiedenen Gruppen als Reaktion auf den zweiten Kennungswert auswählt. Dies ist in der Anmeldung nicht offenbart.
1442. Für Hilfsantrag 6a gilt nichts Abweichendes.
145Hilfsantrag 6a sieht eine Kombination der Modifikationen aus den Hilfsanträgen 6 und 2a vor. Dieser Gegenstand geht aus denselben Gründen über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus wie der mit Hilfsantrag 6 verteidigte Gegenstand.
1463. Hilfsantrag 6b unterliegt ebenfalls keiner abweichenden Beurteilung.
147a) Nach Hilfsantrag 6b sollen in Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 6 in Merkmal 1.4b''' die Wörter "and wherein the first and second identification value is based on a value of a header field in the multicast packet" entfallen.
148b) Auch dieser Gegenstand ist nicht ursprünglich offenbart, weil er das Merkmal 1.4a''' umfasst.
149V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG sowie § 97 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:101224UXZR128.22.0
Fundstelle(n):
QAAAJ-85082