Instanzenzug: LG Bayreuth Az: 1 KLs 550 Js 2933/23 jug
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwölf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften (Fälle II.1.2 bis 1.11, II.3.b und II.4 der Urteilsgründe), wegen Herstellens kinderpornographischer Schriften in drei Fällen (Fälle II.1.1, II.2 und II.3.a der Urteilsgründe) sowie wegen Besitzes kinderpornographischer Inhalte (Fall II.5 der Urteilsgründe) und wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe (Fall II.6 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf Fall II.2 der Urteilsgründe, zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II.5 der Urteilsgründe (§ 349 Abs. 4 StPO) und zur Änderung des Schuldspruchs entsprechend § 354 Abs. 1 StPO; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Senat hat das Verfahren bezüglich Fall II.2 der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts aus verfahrensökonomischen Gründen eingestellt (§ 154 Abs. 2 StPO). Zwar hat das Landgericht das Vorgehen des Angeklagten in den Fällen II.1.1 bis II.1.11 rechtlich zutreffend als Herstellen kinderpornographischer Schriften gewürdigt. Die bloße Reproduktion von Bildern in Fall II.2 der Urteilsgründe (Fertigung von Standbildern aus einzelnen Videos) unterfällt hingegen nicht dem insoweit einschränkend auszulegenden Tatbestand des § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB. Das Tun des Angeklagten wäre insoweit nur strafbar, wenn er dabei mit der Absicht gehandelt hätte, die Bilder nach § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB weiterzugeben (vgl. BT-Drucks. 18/2601, S. 30; MüKo-StGB/Hörnle, 4. Aufl., § 184b Rn. 31; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 184b Rn. 31), was nicht festgestellt ist.
32. Der Schuldspruch bedarf auch im Übrigen der Änderung. Nach den Feststellungen war der Angeklagte bei seiner Festnahme im Besitz der von ihm selbst erstellten kinderpornographischen Bilder und Videos (Fälle II.1.2 bis 1.11, II.3.b und II.4 der Urteilsgründe) und weiterer kinderpornographischer Bilder (Fall II.5 der Urteilsgründe). Die Bewertung der Strafkammer, der Besitz dieser weiteren Bilder sei eine eigenständige Tat im Sinne des § 53 StGB, trifft nicht zu. Grundsätzlich gilt für das konkurrenzrechtliche Verhältnis zwischen den Tathandlungen des Herstellens und des Besitzes kinderpornographischer Inhalte im Sinne des § 184b StGB Folgendes:
4Dient das Herstellen kinderpornographischer Inhalte – wie hier – zugleich der Verschaffung von Eigenbesitz und fallen deshalb der Herstellungs- und der Beschaffungsakt zusammen, wird das Unrecht der Tat von der nach § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB mit höherer Strafe bedrohten Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Inhalte vollständig umfasst (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 48/21; vom – 3 StR 123/23; vom – 4 StR 140/24; MüKo-StGB/Hörnle, 4. Aufl., § 184b Rn. 61). Von einer tateinheitlichen Begehungsweise (§ 52 StGB) zwischen Herstellen und Besitz ist hingegen dann auszugehen, wenn sich auf den Datenträgern neben den selbst hergestellten noch weitere inkriminierte Dateien befinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 321/19; vom – 2 StR 101/24; BeckOK StGB/Ziegler, 62. Edition, § 184b Rn. 30).
5So verhält es sich hier. Letztgenannte Dateien hatte der Angeklagte nicht selbst hergestellt, sondern anderweitig erhalten. Eine tatmehrheitliche Verurteilung käme in einer solchen Konstellation nur in Betracht, wenn insoweit konkrete Verschaffenstaten festgestellt worden wären (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 264/19, NStZ-RR 2020, 172; vom – 3 StR 301/23, NStZ-RR 2024, 76). Dies ist indes nicht der Fall. Der mithin nur tateinheitlich verwirklichte Besitz hat im Übrigen angesichts der niedrigeren Strafandrohung und der insoweit fehlenden Wertgleichheit der Delikte nicht die Kraft, die festgestellten Missbrauchs- und Beschaffungstaten (Fälle II.1.2 bis 1.11, II.3.b, II.4 der Urteilsgründe) zu einer Tat zu verklammern (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 215/08, BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 1; vom – 2 StR 101/24; vom – 4 StR 132/24).
63. Die Verfahrenseinstellung, die Teilaufhebung und die Änderung des Schuldspruchs berühren den Gesamtstrafenausspruch nicht. Der Senat schließt mit Blick auf die Einsatzstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und die weiteren 14 Freiheitsstrafen, davon zwölf Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und vier Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten, aus, dass die Strafkammer eine mildere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Feilcke Tiemann Fritsche
von Schmettau Arnoldi
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:121124B6STR462.24.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-81430