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Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2024

KAAG | Verfassungsmäßigkeit von § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAGG i.d.F. des UntStFG (BFH)

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAAG) i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes v. (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) gegen Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG verstößt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Parteien streiten darüber, ob Wertpapier-Sondervermögen Gewinne aus vor dem veräußerten Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften, die auf Ebene des Sondervermögens zunächst thesauriert wurden (ausländische Altveräußerungsgewinne), ab dem steuerfrei an körperschaftsteuerpflichtige Anleger ausschütten konnten:

Die Klägerin, eine AG, hielt im Streitjahr 2001 sämtliche Anteilscheine an den Wertpapier-Sondervermögen der X Spezialfonds im Direktbestand. Anfang Dezember 2001 beschlossen die X Spezialfonds Zwischenausschüttungen, in denen ausländische Altveräußerungsgewinne enthalten waren. Diese Ausschüttungen wurden der Klägerin am gutgeschrieben. Die Klägerin behandelte die Ausschüttungen zunächst nach Maßgabe des § 43 Abs. 14 Satz 3 KAGG i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) in voller Höhe als steuerpflichtige Beteiligungserträge.

Später legte sie gegen den erklärungsgemäß ergangenen Körperschaftsteuerbescheid 2001 Einspruch ein und begehrte eine außerbilanzielle Kürzung nach § 43 Abs. 14 Satz 2, § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 KStG, alle jeweils i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) v. (BGBl I 2000, 1433), in Höhe der ausgeschütteten ausländischen Altveräußerungsgewinne. Sie ist der Auffassung, dass dass § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAGG i.d.F. des UntStFG aufgrund einer unzulässigen Rückwirkung verfassungswidrig sei. Ihre Klage hatte in erster Instanz Erfolg ().

Auf die Revision des FA setzten die Richter des BFH das Verfahren aus und legten dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vor, ob § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAAG i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) gegen Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG verstößt:

  • Zur Überzeugung des Senats verstößt die Regelung des § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAGG i.d.F. des UntStFG gegen Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG.

  • § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAGG i.d.F. des UntStFG zur zeitlichen Anwendbarkeit des § 40 Abs. 1 KAGG i.d.F. des StSenkG ist unter Überschreitung der dem Vermittlungsausschuss durch Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG gesetzten Grenzen seines Tätigkeitsbereichs zustande gekommen. Aufgrund der Evidenz des Verfassungsverstoßes führt dieser zur Nichtigkeit der Vorschrift.

  • Der Vermittlungsausschuss hat die Regelung in seinen Einigungsvorschlag aufgenommen, obwohl ihr Regelungsgegenstand nicht Teil des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens gewesen ist.

  • Der festgestellte Mangel im Gesetzgebungsverfahren berührt die Gültigkeit des § 43 Abs. 14 KAGG i.d.F. des UntStFG, weil er evident war. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe waren spätestens durch das geklärt (s. BVerfG, Beschlüsse v. 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104, Rz 77 und v. - 2 BvL 1/09, BVerfGE 150, 345, Rz 57).

  • Für die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe war im Streitjahr bei verständiger Würdigung erkennbar, dass das Verfahren der Änderung des § 43 Abs. 14 KAGG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz mit dem Grundgesetz nicht vereinbar war.

  • Ob und inwieweit § 43 Abs. 14 Satz 2 und 3 KAGG i.d.F. des UntStFG, wie von der Klägerin gerügt, auch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das sog. Rückwirkungsverbot (s. z.B. zu einer Änderung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften durch das sog. Korb II Gesetz: , BStBl II 2020, 281) verfassungswidrig ist, kann hier offenbleiben: Die zuvor dargestellte Unvereinbarkeit mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG reicht aus, um die Vorlage zu rechtfertigen.

  • Die Beurteilung sonstiger verfassungsrechtlicher Fragen und Vorfragen obliegt allein dem BVerfG. Sie gehört nicht zur Begründung des Vorlagebeschlusses (vgl. allgemein , BVerfGE 93, 121 und , BVerfGE 120, 56, dort unter III. der Gründe).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
GAAAJ-80817