BGH Beschluss v. - 4 StR 257/24

Instanzenzug: LG Bochum Az: II-9 KLs 40/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unter Einbeziehung der Strafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Maßregel angeordnet. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen und zugleich die Einziehungsentscheidung aus der einbezogenen Vorverurteilung aufrechterhalten. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung im Einziehungsausspruch; im Übrigen ist sie unbegründet.

21. Die Schuldsprüche wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen II. 1, 2, 6 und 7 der Urteilsgründe haben Bestand, obgleich ihnen ein Handeltreiben mit Marihuana zu Grunde liegt.

3a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte bei unbekannt gebliebenen Personen in drei Fällen (Fälle II. 1, 2 und 7 der Urteilsgründe) Marihuana jeweils im mehrstelligen Kilogrammbereich (16 % THC), um dieses gewinnbringend zu verkaufen. Außerdem betrieb er ebenfalls zum gewinnbringenden Weiterverkauf eine Marihuanaplantage mit einer Ernteerwartung von 36,5 kg Marihuana pro Ernte (15 % THC).

4b) Das am in Kraft getretene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) führt nicht zu einer Änderung des Schuldspruchs, weil sich die Neuregelung bei dem gebotenen konkreten Gesamtvergleich vorliegend für den Angeklagten nicht als milder erweist (§ 2 Abs. 3 StGB).

5Das mildere von zwei Gesetzen ist dasjenige, welches anhand des konkreten Falls nach einem Gesamtvergleich des früheren und des derzeit geltenden Strafrechts das dem Angeklagten günstigere Ergebnis zulässt. Hängt die Beurteilung des im Einzelfall milderen Rechts davon ab, ob die Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung genutzt, etwa ein gesetzlich geregelter besonders oder minder schwerer Fall angenommen wird, obliegt die Bewertung grundsätzlich dem Tatgericht, sofern eine abweichende Würdigung nicht sicher auszuschließen ist (vgl. Rn. 4 f.; Rn. 5).

6Vorliegend hat das Landgericht in den Fällen II. 1, 2, 6 und 7 der Urteilsgründe jeweils einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 StGB angenommen und dabei ausdrücklich in den Blick genommen, dass der Strafrahmen damit dem Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG entspricht, den es künftig für die abzuurteilenden Taten heranziehen würde. Der Senat kann damit ausschließen, dass das Landgericht einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 StGB verneint und die Strafe dem milderen Grundstrafrahmen des § 34 Abs. 1 KCanG entnommen hätte.

72. Der Einziehungsausspruch ist analog § 354 Abs. 1 StPO teilweise zu ändern. Die Aufrechterhaltung der in dem Urteil des Landgerichts Bochum vom angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 300 € ist rechtsfehlerhaft.

8a) Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen, so dass über sie durch den Gesamtstrafenrichter neu zu entscheiden ist. Dabei ist er an die Rechtskraft der ursprünglichen Entscheidung gebunden. Sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die frühere Einziehungsentscheidung in das neue Urteil einzubeziehen. Dies geschieht - trotz des auf die Aufrechterhaltung der früheren Entscheidung gerichteten Wortlauts des § 55 Abs. 2 StGB - durch das Zusammenzählen der Beträge aus der früheren und der aktuellen Einziehungsentscheidung. Damit wird die Einziehungsentscheidung in dem früheren Urteil gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB und bedarf keiner Aufrechterhaltung; die entsprechende Anordnung entfällt (vgl. Rn. 6; Beschluss vom ‒ 4 StR 477/18 Rn. 18 f.; Urteil vom – 3 StR 94/08 Rn. 2).

9b) Der Senat setzt den einheitlich einzuziehenden Betrag auf 188.450 € fest. Dies entspricht der Summe der rechtskräftigen Einziehungsentscheidung aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom in Höhe von 300 € und dem Einziehungsbetrag aus den verfahrensgegenständlichen Taten in Höhe von insgesamt 188.150 € (15.900 € aus Fall II. 2; 35.500 € aus Fall II. 3; 68.750 € aus Fall II. 4; 35.000 € aus Fall II. 5 und 33.000 € aus Fall II. 7).

Quentin                         Maatsch                         Scheuß

                 Tschakert                       Gödicke

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:091024B4STR257.24.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-79642