Instanzenzug: Az: 50 KLs 36/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 13 Fällen, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen Computerbetrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Weiter hat es die Einziehung des Werts von Taterträgen in Höhe von 213.150 € angeordnet.
2Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
31. Die Annahme von jeweils selbständigen realkonkurrierenden Tathandlungen in den Fällen 6 und 7, 8 und 9, 12 und 13, 16 und 17, 18 und 19 sowie 20 und 21 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4a) Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte, der bei einer Sparkasse angestellt war, die Auszahlung oder Überweisung von Geldern von Kundenkonten ohne Kenntnis und Zustimmung der jeweiligen Kontoinhaber, um den Geldforderungen unbekannter Hintermänner nachzukommen. Dabei nutzte der Angeklagte auch Kundenkonten seiner Familienmitglieder.
5aa) Für die Ausführung einer Überweisung benötigte der Angeklagte die Freigabe eines zweiten Mitarbeiters, der in eigener Verantwortung zu überprüfen hatte, ob ein entsprechender Auftrag des Kunden vorlag. In neun Fällen nutzte der Angeklagte, der sich ein Zimmer mit einem Auszubildenden teilte, den Umstand aus, dass sein Kollege bei kurzen Abwesenheiten seinen Computer nicht sperrte, und nahm die Überweisungen von diesem Computer unter Verwendung der Zugangsdaten des Auszubildenden vor. Anschließend gab er sie von seinem eigenen Computer aus frei und umging damit die Sicherheitsvorkehrungen seiner Arbeitgeberin.
6So überwies der Angeklagte am um 11:25 Uhr unter Nutzung des Computers des Auszubildenden nach Buchung eines Überziehungskredites in dieser Höhe vom Konto seiner Mutter 25.000 € auf ein ihm zuvor von den unbekannt gebliebenen Hintermännern genanntes Konto. Die Überweisung gab er um 11:29 Uhr von seinem eigenen Rechner aus frei (Fall 6 der Urteilsgründe). Im selben zeitlichen Zusammenhang führte der Angeklagte eine Überweisung vom Konto seines Bruders nach Buchung eines entsprechenden Überziehungskredites in Höhe von 24.900 € durch (Fall 7 der Urteilsgründe). Dem gleichen Muster folgend veranlasste der Angeklagte ebenfalls am Überweisungen vom Konto seiner Schwester in Höhe von 24.850 € (Fall 8 der Urteilsgründe) und vom Konto eines weiteren Familienmitglieds in Höhe von 27.500 € (Fall 9 der Urteilsgründe), die er beide um 11:51 Uhr freigab. Am machte der Angeklagte sich erneut eine kurzfristige Abwesenheit des Auszubildenden zunutze und nahm um 11:56 Uhr und um 11:57 Uhr jeweils eine Überweisung in Höhe von 60.000 € vom Konto des Kunden W. H. vor (Fälle 16 und 17 der Urteilsgründe). Beide Überweisungen gab der Angeklagte um 12:06 Uhr unter Verwendung seiner eigenen Zugangsdaten frei. Um 12:22 Uhr nutzte der Angeklagte erneut das Konto des Kunden für zwei Überweisungen in Höhe von jeweils 41.000 €. Diese Überweisungen gab er um 12:26 Uhr von seinem Computer aus frei (Fälle 18 und 19 der Urteilsgründe).
7Ebenfalls am forderte der Angeklagte den Auszubildenden auf, eine Überweisung vom Konto des Kunden J. W. in Höhe von 64.000 € vorzunehmen, was dieser im Glauben, es liege tatsächlich ein entsprechender Auftrag des Kunden vor, auch tat (Fall 12 der Urteilsgründe). Nur zwei Minuten später äußerte der Angeklagte eine gleichlautende Forderung, der der Auszubildende wiederum nachkam (Fall 13 der Urteilsgründe). Beide Überweisungen in Höhe von jeweils 64.000 € gab der Angeklagte sodann von seinem eigenen Computer frei.
8bb) Auch bei 5.000 € übersteigenden Bargeldauszahlungen benötigte der Angeklagte die Freigabe durch einen weiteren Mitarbeiter der Sparkasse. Den erforderlichen Auszahlungsschein füllte der Angeklagte oder ein weiterer Tatbeteiligter, der als Abholer des Bargelds fungierte, in weiteren abgeurteilten Fällen ohne Kenntnis und Zustimmung des jeweiligen Kunden aus und unterschrieb ihn mit dem Namen des Kunden. Am legte der Angeklagte einem Kollegen die Auszahlungsscheine für die Konten von G. H. in Höhe von 39.450 € und S. H. über einen Betrag von 37.750 € vor (Fälle 20 und 21 der Urteilsgründe), die der Kollege des Angeklagten beide um 16:04 Uhr freigab.
9b) Die Strafkammer hat die Fälle 6, 7, 8, 9, 16, 17, 18 und 19 der Urteilsgründe als eigenständige Fälle des Computerbetrugs und die Fälle 12, 13, 20 und 21 als eigenständige Fälle des Betrugs, davon in den Fällen 20 und 21 in Tateinheit mit Urkundenfälschung gewürdigt. Der Generalbundesanwalt weist mit Recht darauf hin, dass die Tathandlungen 6 und 7, 8 und 9, 12 und 13, 16 und 17, 18 und 19 sowie 20 und 21 bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise als ein zusammengehöriges Tun und damit rechtlich als eine Tat im Sinne von § 52 StGB anzusehen sind. Eine natürliche Handlungseinheit ist dann anzunehmen, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich bedeutsamer Betätigungen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint und die einzelnen Betätigungsakte auch durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (vgl. , Rn. 3, mwN). In den zuvor genannten Fällen stehen die Taten in engstem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass die Taten 6 und 7, 8 und 9, 12 und 13, 16 und 17, 18 und 19 sowie 20 und 21 der Urteilsgründe jeweils auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhten.
10Der Angeklagte ist damit des Betrugs in elf Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie des Computerbetrugs in fünf Fällen schuldig; der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
112. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung und zum Wegfall der Einzelstrafaussprüche in den Fällen 7, 9, 13, 17, 19 und 21 der Urteilsgründe. Die in den Fällen 6, 8, 12, 16, 18 und 20 verhängten Einzelstrafen bleiben bestehen. Die Gesamtfreiheitsstrafe kann trotz Wegfalls der genannten sechs Einzelstrafen aufrechterhalten bleiben. Angesichts der Einsatzstrafe von einem Jahr und zwei Monaten (Fall 5 der Urteilsgründe) sowie der weiteren verbleibenden 15 Einzelfreiheitsstrafen von einmal sechs Monaten, sechsmal sieben Monaten, fünfmal acht Monaten, einmal neun Monaten und zweimal einem Jahr kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. , Rn. 7), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
123. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Menges Appl Zeng
Zimmermann Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:290824B2STR90.24.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-78647