Einkommensteuer | Unzulässige Richtervorlage zur Höhe des Kinderfreibetrages im Jahr
2014 (BVerfG)
Das BVerfG hat die Unzulässigkeit
einer Richtervorlage zu § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 und Sätze 2 und 3 EStG in
der 2014 geltenden Fassung festgestellt. Die Vorlage des Niedersächsischen FG
betrifft die Frage, ob der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum
eines Kindes für das Jahr 2014 der Höhe nach verfassungsrechtlichen
Anforderungen gerecht wird (;
veröffentlicht am ).
Hintergrund: Eltern
erhalten unter bestimmten Voraussetzungen für ihre Kinder entweder Kindergeld
oder es werden bei der Einkommensteuerveranlagung Freibeträge berücksichtigt,
unter anderem der Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Im
Jahr 2014 war altersunabhängig je Kind ein Kinderfreibetrag von 4.368 €
zu berücksichtigen.
Sachverhalt: Die Klägerin
des Ausgangsverfahrens hat zwei Töchter. Bei der Einkommensteuerfestsetzung
2014 berücksichtigte das Finanzamt für beide Kinder jeweils unter anderem den
Kinderfreibetrag. Die Klägerin hielt dessen Höhe für verfassungswidrig und
legte gegen den Steuerbescheid erfolglos Einspruch ein. Das Niedersächsische FG
setzte das nachfolgende Klageverfahren aus und legte dem
Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vor, ob der Kinderfreibetrag
2014 der Höhe nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt
(; s. hierzu unsere
Online-Nachricht v.
5.12.2016). Nicht verfahrensgegenständlich ist hingegen der
ebenfalls in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG geregelte zusätzliche Freibetrag für den
Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.
Die Richter des
BVerfG wiesen die Vorlage als unzulässig ab:
Das vorlegende Gericht legt
nicht in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise dar, weshalb es von
der Verfassungswidrigkeit der in § 32 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 EStG
festgelegten Höhe des Kinderfreibetrags 2014 überzeugt ist. Die Ausführungen
des vorlegenden Gerichts sind insgesamt nicht nachvollziehbar und lassen
überdies nicht erkennen, dass es die Frage der Verfassungsmäßigkeit der
Vorschrift – wie geboten – sorgfältig geprüft
hat.
Die Ausführungen im
Vorlagebeschluss verfehlen bereits ihrer Struktur nach die Anforderungen, die
an eine nachvollziehbare Darlegung der Überzeugung von der
Verfassungswidrigkeit der betroffenen Rechtsnorm zu stellen sind. Für keinen
der vom vorlegenden Gericht angenommenen Verfassungsverstöße lässt sich dem
Vorlagebeschluss eine in sich schlüssige, zusammenhängende und damit insgesamt
nachvollziehbare Begründung entnehmen.
Darüber hinaus lassen die
seitens des vorlegenden Gerichts im Kern erhobenen verfassungsrechtlichen
Einwendungen nicht erkennen, dass es die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift
hinreichend sorgfältig geprüft hat.
Das vorlegende Gericht befasst
sich wiederholt mit den im Neunten Existenzminimumbericht niedergelegten
Erwägungen und versucht ausgehend von diesen, die Verfassungswidrigkeit des
Kinderfreibetrags 2014 zu begründen. Es erörtert jedoch bereits nicht, weshalb
es überhaupt auf die dort niedergelegten Erwägungen ankommen sollte.
Dergleichen ist auch nicht ersichtlich.
Die Bedeutung der
Existenzminimumberichte der Bundesregierung liegt im Sinne einer
Erkenntnisquelle darin, zum einen – vornehmlich – in tatsächlicher
Hinsicht die Höhe der für die Bemessung des steuerfrei zu stellenden
Existenzminimums maßgeblichen Teilbeträge aufzuzeigen, zum anderen –
nachrangig – diese Beträge unter Beachtung der etablierten
(verfassungs-)rechtlichen Vorgaben hin zum Existenzminimum zusammenzufassen.
Die Existenzminimumberichte erlauben aber weder unbesehen
einen Rückschluss darauf, welche Erwägungen der Festlegung des
Kinderfreibetrags im parlamentarischen Verfahren zugrunde gelegen haben, noch
begründen etwaige Mängel der Existenzminimumberichte bei der rechnerischen
Konkretisierung des Existenzminimums einen
Verfassungsverstoß.
Ebenso wenig lassen die in
verschiedene Zusammenhänge gestellten, sich wiederholenden Ausführungen des
vorlegenden Gerichts zur angeblichen Verfassungswidrigkeit des Ansatzes eines
– nach der Anzahl der Altersjahrgänge bis zur Vollendung des 18.
Lebensjahres gewichteten – altersunabhängigen Durchschnittsbetrags für
den Kinderfreibetrag 2014 erkennen, dass es die verfassungsrechtliche
(Un-)Bedenklichkeit dieser Regelung sorgfältig geprüft hätte. Denn es setzt
sich in diesem Zuge nicht in einer den Darlegungsanforderungen gerecht
werdenden Weise mit der zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung des BVerfG
und des BFH auseinander.
Auch soweit das vorlegende
Gericht davon ausgeht, dass der Kinderfreibetrag 2014 jedenfalls (ausgehend vom
Neunten Existenzminimumbericht) um jährlich 72 € zu niedrig bemessen
sei, befasst es sich nicht hinreichend mit den Erwägungen des BVerfG und der
Rechtsprechung des BFH. Entsprechendes gilt hinsichtlich seiner Annahme, eine
Saldierung des Kinderfreibetrags mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und
Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf eines Kindes nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG
komme nicht in Betracht, weil die Freibeträge ihrer Konzeption nach anders
geartete Teile des Existenzminimums beträfen, für die auch nicht ersichtlich
sei, in welchem Umfang eine Saldierung statthaft sei.
Hinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist
auf der
Homepage des
BVerfG veröffentlicht.