Erhebung von Vergnügungsteuer nach dem Bremischen Vergnügungssteuergesetz (VergnStG BR) in den Streitjahren 2015 bis 2018
für Spiel- und Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit verfassungs- und unionsrechtskonform: Gesetzgebungskompetenz für
Vergnügungsteuer als örtliche Aufwandsteuer
kein strukturelles Erhebungsdefizit und kein Verstoß gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
Leitsatz
1. Das Land Bremen hat die Gesetzgebungskompetenz zur Erhebung von Vergnügungsteuer nach dem Bremischen Vergnügungssteuergesetz
als örtlicher Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG für Spiel- und Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit (Anschluss
an ). Aus dem BVerfG-Beschluss ; ; ; ergibt sich nicht, dass Vergnügungssteuern dann, wenn sie eine mehr als nur geringfügige Belastungswirkung haben, verfassungswidrig
sind.
2. Die Erhebung der Vergnügungssteuer nach dem Bremischen Vergnügungssteuergesetz auf Spielautomaten mit manipulationssicherem
Zählwerk und Spielautomaten ohne manipulationssicheres Zählwerk aufgrund unterschiedlicher Besteuerungsmaßstäbe (Einspielergebnis
einerseits und Stückzahlmaßstab andererseits) verletzt einen Betreiber von Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk
nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
3. Soweit die Betreiber von sogenannten „Fun Games” – Spielautomaten ohne Bauartzulassung nach § 13 SpielV und ohne manipulationssicheres
Zählwerk, die grundsätzlich dem Tatbestand des § 3 Abs. 2 VergnStG BR unterfallen – entweder aufgrund eines bestehenden geringen
Entdeckungsrisikos mangels hinreichender Kontrollen der zuständigen Behörden oder infolge ausbleibender Übermittlung der Ergebnisse
von Kontrollen der zuständigen Behörden an die Finanzbehörden oder wegen fehlender steuerlicher Auswertung übermittelter Ergebnisse
durch die Finanzbehörden keiner Besteuerung unterliegen und damit gegenüber einem seine Glücksspielumsätze korrekt versteuernden
Steuerpflichtigen ungleich bessergestellt sind, ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keinen
Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf eine „Gleichheit im Unrecht” vermittelt (vgl.
).
4. Die vergnügungssteuerrechtlich unterschiedliche Behandlung der Nutzung von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit einerseits
außerhalb und andererseits innerhalb von Spielbanken verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und die Wettbewerbsgleichheit
(Art. 3 Abs. 1 GG; im Streitfall: kein verfasungsrechtlicher Anspruch eines Aufstellers von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit
in Bremen auf Gleichbehandlung mit der Spielbank in Bremen).
5. Eine Vergnügungssteuer in Höhe von 20 % des Einspielergebnisses stellt keinen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 12
Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit dar und verstößt auch weder gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit
des Art. 56 AEUV noch gegen die EU-Grundrechtecharta (Festhaltung an ).
6. Die Regelungen zur Vergnügungssteuer im Bremischen Vergnügungssteuergesetz verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit
der Rechtsordnung (vgl. hierzu , ). Das
mit der Vergnügungssteuer nach dem Bremischen Vergnügungssteuergesetz vom bremischen Landesgesetzgeber als Lenkungszweck verfolgte
Ziel der Verminderung der Zahl der Spielautomaten und Aufstellorte steht nicht im Widerspruch zu vom Bundesgesetzgeber verfolgten
Zielen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass gerade wegen der im Bremischen Vergnügungssteuergesetz vorgesehenen
Besteuerung von Spielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk nach dem Einspielergebnis und Spielautomaten ohne manipulationssicheres
Zählwerk nach einem Stückzahlmaßstab, dessen Höhe vom Aufstellort abhängt, das terrestrische Automatenspiel in einem solchen
Umfang im unerlaubten Schwarzmarkt stattfindet, dass wesentliche Steuereinnahmen nicht erzielt oder die Suchtprävention und
der Jugendschutz konterkariert würden.
7. Soweit im Land Bremen tatsächlich wie von der Klägerin behauptet ein (Groß-)Teil der Betreiber von illegalen Spielautomaten
(„Fun Games”) diese nicht bei der zuständigen Behörde anmeldet und das tatsächliche Entdeckungsrisiko so gering ist, dass
die Vergnügungssteuer vielfach endgültig nicht erhoben wird, hätte dies seinen Grund jedenfalls nicht in einer materiellen
Steuernorm – hier: § 3 Abs. 2 VergnStG BR –, sodass insoweit kein strukturelles Vollzugsdefizit bestünde.
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