Instanzenzug: LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 1 KLs 90/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt sowie unter anderem die Einziehung sichergestellter Betäubungsmittel angeordnet. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin führt zu einer Änderung des Schuldspruchs, soweit die Straftaten den Umgang mit Marihuana betreffen und die nach Urteilsverkündung durch das Cannabisgesetz vom (BGBl. I Nr. 109) mit Wirkung vom geschaffenen Straftatbestände gegenüber den vom Landgericht angewendeten günstiger und daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO maßgeblich sind. Dies entzieht dem Strafausspruch teilweise die Grundlage.
3a) In Bezug auf die Taten unter II. 2 und II. 4 der Urteilsgründe, bei denen der Angeklagte im Jahr 2023 jeweils rund 2 Kilogramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von mindestens 200 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) beziehungsweise 233,87 Gramm THC zum gewinnbringenden Weiterverkauf erwarb und es in einem Fall vollständig, im anderen teilweise absetzte, ist der Schuldspruch jeweils in Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG zu ändern. Diese Strafvorschrift ist, selbst unter Berücksichtigung des Regelbeispiels für einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 4 KCanG, milder als der vom Landgericht insoweit herangezogene Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (vgl. etwa , juris Rn. 5 f. mwN).
4b) Bei der Tat unter II. 5 der Urteilsgründe, bei welcher der Angeklagte am neben 30,43 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 21,17 Gramm Kokainhydrochlorid zum gewinnbringenden Weiterverkauf rund 64 Gramm einer 0,56 Gramm THC enthaltenden Substanz sowie 6,85 Gramm Marihuana mit 0,9 Gramm THC zum Eigenkonsum vorrätig hielt, tritt nunmehr zu dem unveränderten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) tateinheitlich der Besitz von Cannabis - statt zuvor von Betäubungsmitteln - hinzu (vgl. zum Günstigkeitsvergleich nach § 2 Abs. 3 StGB bei Tateinheit , juris Rn. 5). Die Gesamtmenge des vom Angeklagten an seinem Wohnsitz besessenen Cannabis im Sinne des § 1 Nr. 8 KCanG beträgt mehr als 60 Gramm und erfüllt mithin den Tatbestand des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG.
5c) Im Übrigen ist der Schuldspruch nicht zu beanstanden. Insbesondere weist die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, es seien insgesamt fünf in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander stehende Taten gegeben, keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Dadurch, dass er am neben den zuvor genannten Rauschmitteln noch nicht verkaufte Mengen Ecstasy, Amphetamin und Marihuana aus den Fällen unter II. 1, 3 und 4 der Urteilsgründe lagerte, sind die Taten unter den gegebenen Umständen nicht zu einer einheitlichen Tat (§ 52 StGB) verbunden. Die Art und Weise der Besitzausübung geht nicht über eine bloße Gleichzeitigkeit hinaus. Es liegt somit keine Sachlage vor, bei der die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt und so ein teilweises Überschneiden der tatbestandlichen Ausführungshandlungen begründet (vgl. , BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 4 Rn. 6). Aus den Feststellungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine über eine Gleichzeitigkeit hinausgehende Verknüpfung, etwa dahin, dass der Angeklagte über die verschiedene Betäubungsmittel betreffenden Mengen einheitliche Verfügungen vornahm.
6Dass der Generalbundesanwalt insofern eine Änderung des Schuldspruchs unter Aufrechterhaltung der Gesamtstrafe als Freiheitsstrafe beantragt hat, steht einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO nicht entgegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 184/20, juris Rn. 12; vom - 5 StR 490/21, juris Rn. 25, jeweils mwN).
7d) Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der zu Taten Nr. 2 und 4 unter V. der Urteilsgründe aufgeführten Einzelstrafen und in der Folge der Gesamtstrafe nach sich; denn angesichts des gegenüber § 29a Abs. 1 BtMG deutlich milderen Strafrahmens ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht insoweit geringere Strafen bestimmt hätte. Demgegenüber kann die Einzelstrafe zu Tat Nr. 5 bestehen bleiben, weil sie weiterhin dem Rahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen und der zugleich gegebene Besitz von Cannabisprodukten angesichts des THC-Gehalts von insgesamt rund 1,5 Gramm gegenüber dem Handeltreiben mit Kokain in nicht geringer Menge für die konkrete Strafbemessung von ersichtlich untergeordneter Bedeutung gewesen ist.
82. Die Einziehungsanordnung ist in Bezug auf die sichergestellten Betäubungsmittel aufzuheben, da diese nicht bestimmt ist. Aus der bloßen Nennung von 25 Asservatennummern im Tenor des angefochtenen Urteils geht nicht hervor, welche Gegenstände tatsächlich der Einziehung unterliegen (vgl. zu den Anforderungen etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 477/22, StV 2024, 440 Rn. 5 mwN; vom - 6 StR 61/24, juris Rn. 2). Daher ist nicht entscheidungserheblich, ob im Falle eines straf- oder bußgeldbewehrten Besitzes von Cannabis bei Überschreitung der Menge, deren Besitz erlaubt ist (§ 3 KCanG), nach § 37 KCanG die Gesamtmenge oder lediglich ein die erlaubte Menge übersteigender Teil eingezogen werden kann (vgl. einerseits , juris Rn. 22 ff.; andererseits Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 37 KCanG Rn. 1).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:070824B3STR237.24.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-75086