Instanzenzug: LG Bielefeld Az: 20 KLs 35/22
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu Gesamtfreiheitstrafen von drei Jahren und zwei Monaten (Angeklagter Z. ) und von drei Jahren und neun Monaten (Angeklagter F. ) verurteilt. Zudem hat es gegen die Angeklagten die (gesamtschuldnerische) Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen betrieben die Angeklagten zusammen mit dem Nichtrevidenten T. als Mitglieder einer aus ihnen bestehenden Gruppierung, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte, in einer Halle von Oktober 2020 bis zum eine professionell eingerichtete Marihuanaplantage, die sie zum gewinnbringenden Verkauf des Cannabis im Tatzeitraum dreimal abernteten. Im vierten Anbauzyklus erfolgte der Zugriff der Ermittlungsbehörden, die u.a. 1.299 im Wachstum befindliche Marihuanapflanzen sicherstellten.
32. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuld- und zur Aufhebung der Strafaussprüche.
4a) Die Schuldsprüche können keinen Bestand haben. Zwar lässt das Urteil zu den Schuldsprüchen nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht keinen Rechtsfehler erkennen. Am ist aber das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 109), das der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO zu berücksichtigen hat; nach der Neuregelung unterfällt das Handeltreiben mit Cannabis nicht mehr dem BtMG, sondern allein dem – milderen – KCanG (vgl. Rn. 6 mwN; Beschluss vom – 6 StR 116/24 Rn. 2; Beschluss vom – 5 StR 1/24 Rn. 4).
5Das vom Landgericht festgestellte Tatgeschehen ist nunmehr als bandenmäßiges Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 KCanG) in vier Fällen zu bewerten. Denn die an die Anbauzyklen geknüpften Taten beziehen sich jeweils auf Cannabis in nicht geringer Menge, deren Grenzwert auch für das KCanG bei einem Wirkstoffgehalt von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) in der Cannabismenge liegt (vgl. Rn. 6; Beschluss vom – 6 StR 132/24 Rn. 7; Beschluss vom – 5 StR 570/23 Rn. 4; Beschluss vom – 5 StR 4/24 Rn. 11; Beschluss vom – 5 StR 136/24 Rn. 3; s. ferner etwa Rn. 27 ff.; Beschluss vom – 5 StR 550/23 Rn. 8 f.; Beschluss vom – 6 StR 164/24 Rn. 6; näher Rn. 11 ff.; Beschluss vom – 1 StR 106/24 Rn. 7 ff.).
6Der Senat hat die Schuldsprüche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO umgestellt. Des Zusatzes „in nicht geringer Menge“ bedurfte es im Tenor nicht (vgl. Rn. 11 mwN), denn nur beim Umgang mit einer derartigen Menge begründet ein bandenmäßiges Handeln die Qualifikation des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG. Den Schuldspruchänderungen steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die (überwiegend) geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
7b) Anders als die Einziehungsanordnungen können die Einzelstrafaussprüche – unabhängig von den durch den Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Rechtsfehlern des Landgerichts bei der Strafrahmenwahl – keinen Bestand haben. Denn § 34 Abs. 4 KCanG sieht mildere Strafrahmen als § 30a BtMG vor. Dies zieht die Aufhebung der Gesamtstrafaussprüche nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
83. Eine Erstreckung der Urteilsaufhebung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten T. gemäß § 357 Satz 1 StPO kommt nicht in Betracht. Denn die Aufhebung beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung bei Erlass des Urteils, sondern auf einer nachträglichen Rechtsänderung (vgl. Rn. 3 mwN; Beschluss vom – 1 StR 798/94, BGHSt 41, 6).
94. Das neue Tatgericht wird im Rahmen der Prüfung minder schwerer Fälle nach § 34 Abs. 4 KCanG bei dem Angeklagten Z. auch eine Aufklärungshilfe nach Maßgabe von § 35 KCanG in den Blick zu nehmen haben (vgl. zur Prüfungsreihenfolge in einem solchen Fall Rn. 5 mwN).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040624B4STR111.24.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-70313