Online-Nachricht - Donnerstag, 16.05.2024

Verfahrensrecht | Zuständigkeit der Familienkasse Zentraler Kindergeldservice (FG)

Die Familienkasse Zentraler Kindergeld Service in Magdeburg (ZKGS) ist für die Fallgruppe "Kind mit Behinderung" zuständig. Der dies regelnde Vorstandsbeschluss der Bundesagentur für Arbeit 129/2022 v. ist (wie auch der frühere Vorstandsbeschluss 12/2022 v. ) - jedenfalls soweit er ein "Kind mit Behinderung" betrifft - hinreichend bestimmt und damit wirksam (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Klägerin begehrte Kindergeld für ein in ihren Haushalt aufgenommenes volljähriges (Pflege-)Kind mit Behinderung. Die zum damaligen Zeitpunkt zuständige Familienkasse Y lehnte eine Kindergeldfestsetzung ab, das ebenfalls bei der Familienkasse Y geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Im Verlauf des anschließenden Klageverfahrens teilte die Familienkasse Y mit, dass die Klage aus organisatorischen Gründen an die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice zur weiteren Bearbeitung abgegeben werde, und bat um Änderung des gerichtlichen Rubrums. Zur Erläuterung wies die Familienkasse Y auf den Vorstandsbeschluss 129/2022 der Bundesagentur für Arbeit v. hin. Im Anhang zum Vorstandsbeschluss heißt es, dass die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice für „Personen, deren Daten … besonders schützenswert sind“, zuständig sei; als Beispiel wird unter anderem die Fallgruppe „Kind mit Behinderung“ aufgeführt.

Der 8. Senat des FG Münster hat eine Änderung des Rubrums veranlasst und die Familienkasse Zentraler Kindergeldservice als Beklagte angesehen:

  • Zwar ist die Klage zutreffend gegen die Familienkasse Y erhoben worden.

  • Nach Klageerhebung ist jedoch ein auf einem behördlichen Organisationsakt beruhender Zuständigkeitswechsel eingetreten, der zu einem Beteiligtenwechsel geführt hat.

  • Der Vorstandsbeschluss 129/2022 v. beruht auf § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 4 FVG. Danach kann der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abweichend von den Vorschriften der AO über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse übertragen.

  • Der Vorstandsbeschluss ist hinreichend bestimmt und damit wirksam.

  • Denn zum einen regelt der Vorstandsbeschluss selbst den Zeitpunkt seines Inkrafttretens, indem es dort heißt, dass „mit Wirkung zum weitere Fallgestaltungen in den Zuständigkeitsbereich des ZKGS übergehen“ sollen.

  • Demgegenüber sind die Ausführungen im Anhang zum Vorstandsbeschluss, wonach der "tatsächliche Vollzug" zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt, nicht als Modifikation des Zeitpunktes des Inkrafttretens und damit des Zeitpunktes des gesetzlichen Zuständigkeitswechsels, sondern lediglich als Ausgestaltung der tatsächlichen Umsetzung aufzufassen.

  • Zum anderen ist der Vorstandsbeschluss – soweit er die Fallgruppe "Kind mit Behinderung" betrifft – inhaltlich hinreichend bestimmt.

  • Das im Anhang zum Vorstandsbeschluss aufgeführte und im Streitfall einschlägige Beispiel "Kind mit Behinderung" ist sowohl hinsichtlich der für das Gruppenmerkmal zu betrachtenden Person (das Kind und nicht der bzw. die Kindergeldberechtigte) als auch des konkreten Gruppenmerkmals (der Behinderung) klar abgrenzbar.

  • Ob die grundsätzlichen Oberbegriffe im Anhang zum Vorstandsbeschluss ("Personen" und "besonders schützenswerte Daten") zu unbestimmt sind, kann dahinstehen. Denn selbst wenn für eine Überprüfung der "schützenswerten Fälle" eine abschließende Aufzählung erforderlich sein sollte, führt dies nicht dazu, dass die Personengruppe "Kind mit Behinderung" trotz eindeutiger Regelung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Familienkasse Zentraler Kindergeldservice fällt.

  • Es ist nicht davon auszugehen, dass eine derartige geltungserhaltende Reduktion dem Willen des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit widerspricht.

Hinweis:

Mit seiner Entscheidung weicht der 8. Senat des FG Münster von der Rechtsprechung des 16. Senats des FG Berlin-Brandenburg () ab.

In der Sache hat der Senat die Klage mangels Vorliegen eines Pflegekindschaftsverhältnisses i.S.d. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG abgewiesen.

Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Newsletter Mai 2024 (il)

Fundstelle(n):
PAAAJ-67096