BGH Urteil v. - X ZR 9/23

Verjährungsfrist bei Anspruch auf Patentübertragung - Automatisierte Wärmebehandlung

Leitsatz

Automatisierte Wärmebehandlung

1. Ein Anspruch auf Abtretung des Rechts auf Erteilung oder auf Übertragung des erteilten Patents aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG unterliegt nicht der dreißigjährigen Verjährung gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB.

2. Die Verjährung eines solchen Anspruchs beginnt frühestens mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem das Patent erteilt worden ist.

3. Die Verjährung von Ansprüchen in Bezug auf Teilanmeldungen und darauf erteilte Patente ist gesondert zu beurteilen.

4. Die Verjährung eines Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG steht der Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz von Schäden und Herausgabe von Vorteilen aufgrund der Nutzung der zu Unrecht zum Patent angemeldeten Erfindung nicht entgegen (Ergänzung zu Urteil vom - X ZR 79/07, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 31 - Steuervorrichtung).

Gesetze: Art II § 5 Abs 1 IntPatÜbkG, § 195 BGB, § 197 Abs 1 Nr 2 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 199 Abs 3 S 1 Nr 1 BGB

Instanzenzug: Az: 6 U 2665/19 Urteilvorgehend LG München I Az: 21 O 2247/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten um die Rechte an dem europäischen Patent 2 615 462 (Streitpatent).

2Die Klägerin und die Beklagte arbeiteten seit Mai 2004 an einer Verbesserung von Echtzeit-PCR-Geräten, die die Beklagte unter der Bezeichnung "L.     " vertrieb. Am schlossen die Parteien eine Vertraulichkeitsvereinbarung. Die Beklagte beendete die Kooperation mit Schreiben vom .

3Am reichte die Beklagte die europäische Patentanmeldung 2 463 661 ein, die die automatisierte Wärmebehandlung von Flüssigkeitsproben betrifft. Am reichte sie eine Teilanmeldung ein, die zur Erteilung des Streitpatents führte.

4Mit Schreiben vom machte die Klägerin geltend, ihr stehe ein Anspruch auf Übertragung der Stammanmeldung zu, weil darin ihre Erfindungen beschrieben seien, die sie der Beklagten auf Grundlage der Vertraulichkeitsvereinbarung mitgeteilt habe. Das von der Beklagten vertriebene Produkt "L.      " mache von der Erfindung Gebrauch.

5Die Erteilung des Streitpatents wurde am bekannt gemacht.

6Mit ihrer am eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Übertragung des deutschen Teils des Streitpatents, hilfsweise auf Einräumung einer Mitberechtigung, auf Feststellung der Pflicht zum Ausgleich aller Vorteile, die die Beklagte durch Eigen- und Fremdnutzung der Erfindung seit dem oder in sonstiger Weise aus der Rechtsstellung als Anmelderin gezogen hat, sowie zum Ersatz aller Schäden, die der Klägerin aus der unberechtigten Patentanmeldung entstanden sind, und auf Auskunft und Rechnungslegung in Anspruch genommen.

7Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Einräumung einer Mitberechtigung sowie zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte hat sich in der Berufungsinstanz auf Verjährung berufen.

8Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Gründe

9Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

10I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet (OLG München, GRUR 2023, 1096):

11Etwaige Ansprüche der Klägerin aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG seien verjährt.

12Bei Ansprüchen auf Patentübertragung gelte die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Die Voraussetzungen für eine dreißigjährige Verjährungsfrist gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB lägen nicht vor. Bei dem aus dem Recht an der Erfindung resultierenden Recht auf das Patent handele es sich nicht um ein dingliches Recht. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift sei jedenfalls mangels vergleichbarer Interessenlage kein Raum. Der Anspruch sei näher an einem bereicherungsrechtlichen Anspruch anzusiedeln als an einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB. Zudem könne die Situation, dass "Eigentum" und "Besitz" am Patent dauerhaft auseinanderfallen, von vornherein nicht eintreten, da die Laufzeit eines Patents auf zwanzig Jahre beschränkt sei.

13Ein Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG sei mit der Anmeldung des Patents im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden. Der in Art. II § 5 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜbkG vorgesehene Anspruch auf Übertragung des Patents unterscheide sich nicht von dem Anspruch auf Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des Patents. Es handele sich um ein und denselben Anspruch, dessen Voraussetzungen einheitlich in Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG geregelt seien.

14Ein Anspruch auf Übertragung eines aus einer Teilanmeldung hervorgegangenen Patents sei ebenfalls kein eigenständiger Anspruch. Der Gegenstand der Teilanmeldung sei aufgrund des Art. 76 Abs. 1 Satz 2 EPÜ in vollem Umfang in der Stammanmeldung enthalten. Auch dieser Gegenstand sei daher bereits mit der Anmeldung des Stammpatents angemeldet im Sinne von Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG.

15Im Streitfall habe die Verjährungsfrist danach mit dem Schluss des Jahres 2013 zu laufen begonnen, da die Klägerin spätestens am Kenntnis von der Stammanmeldung gehabt habe. Die dreijährige Verjährungsfrist sei folglich am abgelaufen, also vor Einreichung der Klage am .

16Die mit dem Feststellungsantrag geltend gemachten Ansprüche seien ebenfalls verjährt, jedenfalls aber unter Wertungsgesichtspunkten nicht durchsetzbar, weil das Schutzrecht infolge der Verjährung des Übertragungsanspruchs endgültig der Beklagten zugewiesen sei. Deshalb könnten auch Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung nicht mehr geltend gemacht werden.

17II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.

181. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass ein Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt.

19a) Gemäß der Systematik des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB in der Regel auch über das Bürgerliche Gesetzbuch hinaus für alle Ansprüche des Privatrechts, sofern keine Sonderregelungen getroffen sind (BT-Drucks. 15/3653 S. 11; Grothe in MünchKommBGB, 9. Aufl. 2021, § 195 BGB Rn. 13; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, Neubearb. 2019, § 195 BGB Rn. 14). Dies gilt auch für Ansprüche, die vor dem der Verjährung nach § 195 BGB aF unterlagen (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 83. Aufl. 2024, § 195 BGB Rn. 8).

20Der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG fällt in die zuletzt genannte Kategorie.

21Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus dem Umstand, dass Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG anders als § 33 Abs. 3 und § 141 PatG keinen ausdrücklichen Verweis auf die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält, nichts Abweichendes. Die zuletzt genannten Vorschriften erschöpfen sich nicht in einem Verweis, sondern modifizieren die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in einzelnen Beziehungen. Für die Verjährung des Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG sieht das Gesetz keine Modifikationen vor.

22b) Die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB findet für Ansprüche aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG keine unmittelbare Anwendung (so auch Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 737; McGuire, Mitt. 2019, 197, 203).

23§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB erfasst lediglich Herausgabeansprüche aus Eigentum und aus anderen dinglichen Rechten sowie aus einigen im Streitfall nicht einschlägigen Anspruchsgrundlagen.

24Das Recht an der Erfindung und das daraus abgeleitete Recht auf das Patent (Art. 60 Abs. 1 Satz 1 EPÜ), an das der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG anknüpft, sind keine dinglichen Rechte im Sinne dieser Vorschrift.

25aa) Der Begriff "dingliches Recht" ist weder in § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch an anderer Stelle des Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert. In der Rechtsprechung hat sich, soweit ersichtlich, keine etablierte Begriffsbestimmung herausgebildet. In der Wissenschaft gehen die Auffassungen über die exakte Abgrenzung im Detail auseinander (vgl. nur den Überblick bei Heinze in Staudinger, BGB, Neubearb. 2018, Einleitung Sachenrecht Rn. 2 ff.).

26Vor diesem Hintergrund scheidet eine an abstrakten Begrifflichkeiten orientierte Auslegung von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB aus. Ausschlaggebend sind vielmehr das aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Verständnis des Gesetzgebers sowie der Sinn und Zweck der Regelung.

27bb) Die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, als dingliche Rechte im Sinne von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich nur Rechte in Bezug auf körperliche Gegenstände anzusehen, nicht aber absolute Rechte, die sich auf andere Gegenstände beziehen (ebenso Schmidt-Räntsch in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, § 197 BGB Rn. 3; Grothe in MünchKommBGB, 9. Aufl. 2021, § 197 BGB Rn. 9).

28Der Gesetzgeber hat die Begriffe "Eigentum" und "andere dingliche Rechte" anstelle des im Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom (abrufbar unter https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Bibliothek/Gesetzesmaterialien/14_wp/SchuldrechtsmodernisierungsgesetzG/diske.pdf_blob=publicationFile&v=2) vorgeschlagenen Begriffs "absolute Rechte" verwendet. Dies deutet darauf hin, dass § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht alle absoluten Rechte umfasst, sondern nur solche Rechte, die auf denselben Gegenstand gerichtet sind wie das Eigentum, also auf körperliche Gegenstände.

29cc) In dieselbe Richtung deutet die Begründung des Diskussionsentwurfs.

30Darin wird - trotz der abweichenden Wortwahl im vorgeschlagenen Gesetzestext - ausgeführt, nach der vorgeschlagenen Regelung sollten Herausgabeansprüche aus Eigentum und beschränkt dinglichen Rechten in 30 Jahren verjähren (S. 224). Danach unterscheiden sich das Eigentum und die sonstigen von der Regelung erfassten Rechte nicht durch ihren Gegenstand, sondern nur durch den Umfang der dem Berechtigten zugewiesenen Befugnisse.

31dd) Dieses Verständnis steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung.

32Die lange Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB soll verhindern, dass die Verwirklichung des Stammrechts durch eine kurze Verjährung von Herausgabeansprüchen in Frage gestellt wird (BT-Drucks. 14/6040 S. 105).

33Diese Gefahr droht typischerweise, wenn ein Eigentümer oder ein sonstiger durch dingliches Recht zum Besitz Berechtigter daran gehindert ist, von einem nicht zum Besitz berechtigten Dritten die Herausgabe der Sache zu verlangen. Bei immateriellen Gegenständen kommt der Inhaberschaft des erteilten Schutzrechts oder des Anwartschaftsrechts demgegenüber im Regelfall keine dem Besitz einer Sache vergleichbare Bedeutung zu. Die Berechtigung zur Ausnutzung des Erfindungsbesitzes ist nicht zwingend von der Inhaberschaft des Schutzrechts abhängig. Die Wirkung des Patents tritt gemäß § 12 PatG gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte.

34c) § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist auf Ansprüche aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG auch nicht entsprechend anwendbar (ebenso Keukenschrijver in Busse/Keukenschrijver, PatG, 9. Aufl. 2020, § 141 PatG Rn. 18; Fricke in BeckOK PatG, 29. Bearb. Stand , § 141 PatG Rn. 11; Gärtner/Diehl MPR 2019, 73; Widera, GRUR-Prax 2019, 16; abweichend Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 733 ff.; Piekenbrock in beck-online Großkommentar, Stand , § 197 BGB Rn. 31; Osterrieth, PatR, 6. Aufl. 2021 Rn. 521; McGuire, Mitt. 2019, 197, 203).

35aa) Eine entsprechende Anwendung spezieller Verjährungsvorschriften ist allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Grundregel in § 195 BGB alle Ansprüche erfasst, für die es keine besondere Regelung gibt. Diese formal vollständige Regelung kann inhaltliche Lücken enthalten, wenn sich ergibt, dass die Heranziehung der regelmäßigen Verjährungsfrist in Widerspruch zu einem Regelungsziel steht, das einer spezielleren Vorschrift zugrunde liegt.

36Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend angewendet auf Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit aus § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil eine Verjährung solcher Ansprüche gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Erlöschen der Dienstbarkeit in entsprechendem Umfang führt und ein ersatzloser Verlust des Stammrechts nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist in Widerspruch zu dem Regelungsziel von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB stünde (, NJW 2014, 3780 Rn. 25 ff.).

37bb) Eine entsprechende Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf Ansprüche aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG scheidet aber deshalb aus, weil in den Konstellationen, in denen solche Ansprüche bestehen, keine vergleichbare Ausgangslage besteht.

38Der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG beruht auf dem vor Anmeldung oder Erteilung bestehenden Recht des Erfinders an seiner Erfindung. Dieses Recht kann zwar nur dann zu einem umfassenden Schutz führen, wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Erteilung eines Schutzrechts gegeben sind. Schon aus der Erfindung ergibt sich aber die Befugnis zur Anmeldung eines Schutzrechts und zur vermögensrechtlichen Nutzung der sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Der Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einer Anmeldung oder auf Übertragung eines erteilten Schutzrechts aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG dient dem Schutz dieses Rechts an der Erfindung (, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 28 - Steuervorrichtung).

39Wenn der Berechtigte diesen Anspruch wegen Ablaufs der in Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG normierten Ausschlussfrist nicht mehr gerichtlich geltend machen kann, ist es ihm zwar nicht mehr möglich, aus dem erteilten Schutzrecht gegen Dritte vorzugehen oder - soweit die Voraussetzungen des § 12 PatG nicht vorliegen - ein eigenes Benutzungsrecht abzuleiten, das er dem Inhaber des Schutzrechts entgegenhalten kann (, BGHZ 162, 110 = GRUR 2005, 567, juris Rn. 20 f. - Schweißbrennerreinigung). Wegen Benutzungshandlungen des Anmelders bzw. Inhabers des Schutzrechts stehen ihm aber auch nach Ablauf dieser Frist Ansprüche zu (, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 31 - Steuervorrichtung).

40cc) Vor diesem Hintergrund ist eine entsprechende Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch nicht von Verfassungs wegen geboten.

41Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts genießt das allgemeine Erfinderrecht, das schon vor der Patentierung insbesondere Abwehr- und Schadensersatzansprüche gewährt, die neben dem Anspruch auf Erteilung des Patents und schließlich dem Recht aus dem Patent stehen, den Eigentumsschutz des Art. 14 GG (, BVerfGE 36, 281 = GRUR 1974, 142, juris Rn. 27 f.; Beschluss vom - 1 BvR 1864/95, GRUR 2001, 43, juris Rn. 13).

42Ein hinreichender Schutz ist auch dann gewährleistet, wenn der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG der kurzen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt.

43Zum einen führt eine Verjährung dieses Anspruchs aus den oben dargelegten Gründen nicht zum vollständigen Wegfall der dem Erfinder vorbehaltenen Vorzugstellung. Unabhängig davon beginnt die Frist von drei Jahren gemäß § 199 Abs. 1 BGB nicht schon mit der Entstehung des Anspruchs, sondern erst dann, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dieser Zeitraum gewährleistet einen angemessenen Schutz. Entsprechendes gilt für die gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB unabhängig vom Vorliegen dieser Voraussetzungen geltende Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung. Diese Frist entspricht der Hälfte der maximalen Laufzeit eines Patents. Wenn der Berechtigte innerhalb dieses Zeitraums keine Ansprüche auf Abtretung der Rechte aus der Anmeldung oder auf Übertragung des Schutzrechts geltend gemacht hat, ist es nicht unangemessen, dem Inhaber des Schutzrechts aus Gründen des Rechtsfriedens eine Einrede gegen eine künftige Inanspruchnahme zur Verfügung zu stellen.

44d) Entgegen der von der Revision geäußerten Auffassung hat die in Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG vorgesehene Ausschlussfrist keinen Einfluss auf die Verjährung.

45aa) Nach Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG kann der Anspruch auf Übertragung des Patents aus Absatz 1 Satz 2 nur innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Hinweis auf die Erteilung des Patents gerichtlich geltend gemacht werden. Eine spätere Geltendmachung bleibt nur möglich, wenn der Patentinhaber bei der Erteilung oder dem Erwerb des Patents Kenntnis davon hatte, dass er kein Recht auf das Patent hat.

46Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dieser Vorschrift weder eine Mindestfrist, bis zu deren Ablauf die Erhebung der Verjährungseinrede ausgeschlossen ist, noch eine abschließende Regelung, die der Anwendung von Verjährungsvorschriften insgesamt entgegensteht.

47Aus dem Umstand, dass die Ausschlussfrist nur dann greift, wenn der Patentinhaber bei Erteilung oder Erwerb des Patents nicht wusste, dass er kein Recht auf das Patent hat, ergibt sich vielmehr, dass Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG eine besondere Schutzvorschrift zugunsten eines redlichen Patentanmelders bzw. -erwerbers darstellt. Diesem Zweck steht es nicht entgegen, eine Geltendmachung des Übertragungsanspruchs zusätzlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verjährung auszuschließen.

48bb) Die von der Revision aufgezeigten Unwägbarkeiten eines Patenterteilungsverfahrens führen vor diesem Hintergrund nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

49Für den Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger kann es je nach den Umständen des Einzelfalls allerdings von Vorteil sein, zunächst den Ausgang des Patenterteilungsverfahrens abzuwarten. Auf diese Weise können insbesondere die Kosten für eine auf Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG gestützte Klage vermieden werden, solange nicht klar ist, ob ein Patent erteilt wird und ob die darin geschützte Erfindung auf einem Beitrag des Anspruchstellers beruht. Unsicherheiten über den wirtschaftlichen Wert eines im Klagewege geltend gemachten Anspruchs sind aber kein zureichender Grund dafür, von der Anwendung von Verjährungsvorschriften abzusehen.

50Aus der Regelung in Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG kann auch unter diesem Aspekt keine abweichende Schlussfolgerung gezogen werden. Wie bereits dargelegt wurde, dient diese Vorschrift dem Schutz des redlichen Patentinhabers. Aus dieser Zielsetzung folgt nicht zwingend, dass die Geltendmachung der Verjährungseinrede innerhalb dieser Frist ausgeschlossen sein muss.

51cc) Ob für die Regelung in § 8 Satz 4 PatG etwas anderes gilt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Diese Vorschrift ist im Streitfall nicht anwendbar.

52Nach § 8 Satz 4 PatG kann der Verletzte eine Klage auf Abtretung des Patents noch innerhalb eines Jahres nach rechtskräftigem Abschluss des Einspruchsverfahrens erheben, wenn er Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme erhoben hat. Diese Regelung soll dem Verletzten die Möglichkeit erhalten, die widerrechtliche Entnahme im Wege des Einspruchs geltend zu machen, ohne dass er durch eine Ausschlussfrist zur gleichzeitigen Einleitung des Klageverfahrens gezwungen ist (BT-Drucks. 8/2087 S. 24).

53Diese Vorschrift ist auf europäische Patente weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

54Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG enthält keine dem § 8 Satz 4 PatG entsprechende Regelung. Dies ist folgerichtig, weil das Europäische Patentübereinkommen einen Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme, wie er nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG statthaft ist, nicht vorsieht und es bei europäischen Patenten deshalb nicht zu einer vergleichbaren Situation kommen kann.

55dd) Entgegen der Auffassung der Revision führt die Anwendung von § 195 BGB nicht dazu, dass die Ausschlussfrist des Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜbkG bedeutungslos wird.

56Wie bereits oben dargelegt wurde, beginnt die Verjährung nicht bereits mit Anmeldung oder Erteilung des Patents, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Berechtigte die den Anspruch begründenden Umstände kennt oder ohne grobe Fahrlässigkeit kennen müsste. Dieser Zeitpunkt kann weit nach dem Zeitpunkt der Patenterteilung liegen, weil ein Berechtigter, der keine konkreten Anhaltspunkte für eine unberechtigte Patentanmeldung hat, nicht grob fahrlässig handelt, wenn er von einer regelmäßigen Recherche im Patentregister absieht.

57Zwar muss ein Unternehmen, das technische Erzeugnisse vertreibt, vor Aufnahme des Vertriebs des technischen Erzeugnisses prüfen, ob dieses in den Schutzbereich technischer Schutzrechte fällt (, BGHZ 208, 182 = GRUR 2016, 257 Rn. 114 - Glasfasern II; Urteil vom - X ZR 123/20, BGHZ 236, 260 = GRUR 2023, 474 Rn. 30 - CQI-Bericht II). Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt jedoch nicht ohne weiteres dazu, dass fehlende Kenntnis über das Bestehen eigener Ansprüche wegen unberechtigter Patentanmeldungen durch Dritte auf grober Fahrlässigkeit beruht.

582. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts beginnt die Verjährungsfrist des Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG frühestens mit Schluss des Jahres, in dem das Patent erteilt worden ist.

59a) Die Regelverjährung beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2).

60b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Zusammenhang mit der Entstehung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Unterlassung zwischen einmaligen Handlungen und wiederholten Handlungen bzw. Dauerhandlungen zu unterscheiden.

61Bei einmaligen Handlungen beginnt die Verjährung, wenn die zur Entstehung des Anspruchs führende Handlung vollendet ist. Für einen erneuten Verjährungsbeginn reicht es nicht aus, wenn die abgeschlossene Handlung zu einer dauerhaften Beeinträchtigung oder weiteren Schadensfolgen führt (vgl. , GRUR 1990, 221, juris Rn. 22 - Forschungskosten; Urteil vom - V ZR 136/18, NJW-RR 2019, 590 Rn. 15).

62Bei rechtsverletzenden wiederholten Handlungen bzw. Dauerhandlungen ist die Verjährung von Schadensersatzansprüchen hingegen für jede Einzelhandlung gesondert zu beurteilen. Dies kann dazu führen, dass Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die durch länger zurückliegende Handlungen verursacht worden sind, verjährt sind, während Ansprüche auf Ersatz von Schäden aufgrund von gleichartigen, aber später vorgenommenen Handlungen noch durchsetzbar sind (vgl. , GRUR 1984, 820, 822, juris Rn. 24 - Intermarkt II; Urteil vom - I ZR 148/13, GRUR 2015, 780 Rn. 23 - Motorradteile).

63Bei Unterlassungsansprüchen beginnt im Fall von Dauerhandlungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 BGB im Ergebnis die Verjährung erst mit der Beendigung der Zuwiderhandlung, weil eine einheitliche Dauerhandlung den rechtswidrigen Zustand fortlaufend aufrechterhält oder wiederholte Störungen jeweils neue Ansprüche begründen (, GRUR 2003, 448, 450 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; Urteil vom - V ZR 178/14, NJW-RR 2015, 781 Rn. 9; Urteil vom - V ZR 168/14, NJW-RR 2016, 24 Rn 31; Urteil vom - XII ZR 5/18, NJW 2019, 1062 Rn. 21; für eine einheitliche Dauerhandlung in der Literatur: Thole in Staudinger, BGB, Neubearb. 2023, § 1004 BGB Rn. 474; Raff in MünchKommBGB, 9. Aufl. 2023, § 1004 BGB Rn. 303; Bacher in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 13. Aufl. 2024, Kap. 16 Rn. 18; differenzierend nach Störungszustand und Teilakten Toussaint in Großkommentar UWG, 3. Aufl. 2021, § 11 UWG Rn. 51; Fritzsche in MünchKommUWG, 3. Aufl. 2022, § 11 UWG Rn. 10; a.A. [Verjährung der Teilakte] Bornkamm in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl. 2021, Kap. 33 Rn. 9).

64c) Diese Grundsätze sind auf den Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG zwar nicht unmittelbar anwendbar, da es sich weder um einen Schadensersatz- noch einen Unterlassungsanspruch handelt. Der ihnen zu Grunde liegende Rechtsgedanke kommt aber auch im vorliegenden Zusammenhang zum Tragen.

65aa) Eine Patentanmeldung ist kein in sich abgeschlossener Vorgang, der ohne weiteres Zutun zur Erteilung des Patents führt.

66Der Anmelder muss das Verfahren bis zur Entscheidung über die Erteilung weiterbetreiben, etwa durch Stellung eines Prüfungsantrags und Zahlung der erforderlichen Gebühren. Während des Erteilungsverfahrens hat er die Möglichkeit, den Gegenstand des Patents innerhalb des durch die Anmeldung vorgegebenen Rahmens zu gestalten.

67Die Handlung eines Nichtberechtigten, der eine Erfindung zum Patent anmeldet, erschöpft sich somit nicht in einem durch die Einreichung der Anmeldung in Gang gesetzten Kausalverlauf, der zu zusätzlichen Schäden oder Beeinträchtigungen führen kann (zu solchen Konstellationen etwa , NJW-RR 2019, 590 Rn. 15). Ob und in welchem Umfang der Berechtigte durch die Anmeldung beeinträchtigt ist, hängt vielmehr vom weiteren Verlauf des Verfahrens und vom Verhalten des Anmelders ab. Dementsprechend kann die Verjährung erst beginnen, wenn die Entscheidung über die Erteilung des Patents gefallen ist und damit die Einwirkungsmöglichkeiten des Anmelders entfallen sind.

68bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt der Umstand, dass der Gegenstand des Patents nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehen darf, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

69Wie bereits dargelegt wurde, hat der Anmelder auch innerhalb dieser Grenzen die Möglichkeit, den Gegenstand des Patents im Laufe des Erteilungsverfahrens zu gestalten.

70Unabhängig davon ist nicht auszuschließen, dass es dem Anmelder im Einzelfall gelingt, unter Verstoß gegen Art. 123 Abs. 2 EPÜ ein Patent zu erlangen, dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht. In dieser Konstellation steht außer Zweifel, dass die Erteilung des Patents nicht als bloße Folge der Anmeldung angesehen werden kann. Für die verjährungsrechtliche Beurteilung kann es aber nicht darauf ankommen, ob die Grenzen von Art. 123 Abs. 2 EPÜ im Einzelfall eingehalten sind. Schon die mit der Anmeldung eröffnete Möglichkeit, den Gegenstand der Anmeldung im Laufe des Erteilungsverfahrens zu gestalten, bestätigt vielmehr, dass die zur Erteilung des Patents führende Entwicklung nicht als bloße Folge der Anmeldung angesehen werden kann, der keine Bedeutung für die Verjährung zukommt.

71cc) Entgegen der Auffassung des Beklagten stehen Sinn und Zweck der Verjährungsvorschriften diesem Verständnis nicht entgegen.

72Die Verjährung beruht auf den Gedanken des Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Diese Gesichtspunkte kommen nicht ohne Weiteres zum Tragen, wenn Anknüpfungspunkt des geltend gemachten Anspruchs eine gegenwärtig andauernde Handlung ist (ebenso für Unterlassungsansprüche , NJW 2019, 1062 Rn. 24 f.).

73dd) Gegen dieses Verständnis spricht ferner nicht, dass der Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG nicht vor Eintritt des in Satz 2 der Vorschrift genannten Ereignisses verjähren kann.

74Art. II § 5 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜbkG begründet keinen eigenständigen Anspruch auf Übertragung des Patents, der von dem Anspruch auf Abtretung der Rechte aus der Patentanmeldung zu unterscheiden wäre. Die Regelung stellt lediglich klar, dass sich der Inhalt des Anspruchs mit der Erteilung des Patents ändert (so auch Pansch in Haedicke/Timmann, Handbuch des Patentrechts, 2. Aufl. 2020, § 10 Rn. 218; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Kap. E Rn. 732).

75Dies ist folgerichtig, weil sich mit der Erteilung des Patents lediglich der herauszugebende Gegenstand ändert, nicht aber die Grundlage für die Herausgabepflicht. Dies ist wie dargetan vielmehr die Anmeldung des Patents. Wenn sie Erfolg hat, setzen sich die Rechte am erteilten Schutzrecht fort. Die für den Übertragungsanspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG maßgebliche Grundlage bleibt weiterhin der Umstand, dass eine Erfindung des Gläubigers unberechtigt zum Patent angemeldet worden ist.

76ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten führt dieses Verständnis nicht dazu, dass eine Verjährung des Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG der Sache nach ausgeschlossen ist.

77Zu dieser Rechtsfolge könnte es nur dann kommen, wenn ein Beginn der Verjährung mit Rücksicht auf die dem Inhaber zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten auch nach Erteilung des Patents ausgeschlossen wäre. Letzteres ist indes nicht der Fall.

78Der Nichtberechtigte ist zwar auch nach Erteilung des Patents gehalten, dieses durch regelmäßige Gebührenzahlung aufrecht zu erhalten. Zudem kann er den Gegenstand des Patents in einem Beschränkungsverfahren oder durch beschränkte Verteidigung in einem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren verändern. Damit sind aber geringere Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet als während des Erteilungsverfahrens. Anders als das Betreiben des Erteilungsverfahrens ist deshalb die Aufrechterhaltung des Patents nicht als Dauerhandlung anzusehen, durch die der Beginn der Verjährung hinausgeschoben wird.

793. Aus entsprechenden Gründen ist die Verjährung von Ansprüchen in Bezug auf Teilanmeldungen und darauf erteilte Patente gesondert zu beurteilen.

80a) Auch eine Teilungserklärung kann nicht als bloße Folge der ursprünglichen Anmeldung angesehen werden.

81Eine Teilung setzt zwar voraus, dass bereits eine Anmeldung erfolgt ist. Um sie ins Werk zu setzen, bedarf es jedoch zusätzlicher Handlungen des Anmelders. Mit diesen wird die dem Erfinder vorbehaltene Vorzugstellung zusätzlich ausgenutzt, weil sie im Erfolgsfall die Möglichkeit eröffnen, aus mehreren Schutzrechten gegen eine Benutzung der Erfindung vorzugehen.

82Deshalb ist auch eine Teilungserklärung als eigenständige Handlung anzusehen, die erneut die Anspruchsvoraussetzungen des Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG verwirklicht und deshalb verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten ist.

83b) Der Umstand, dass der Gegenstand einer Teilanmeldung gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 2 EPÜ nicht über den Inhalt der Stammanmeldung hinausgehen darf, führt aus den bereits im Zusammenhang mit Art. 123 Abs. 2 EPÜ dargelegten Gründen nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

844. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Verjährung eines Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG darüber hinaus nicht zur Folge, dass auch die Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz von Schäden und Herausgabe von Vorteilen aufgrund der Nutzung der zu Unrecht zum Patent angemeldeten Erfindung ausgeschlossen ist.

85a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist derjenige, der unberechtigt eine die Erfindung betreffende Schutzrechtsanmeldung einreicht und die dadurch eröffnete Möglichkeit zur Benutzung der Erfindung wahrnimmt, dem Berechtigten nach Maßgabe von § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz und nach Maßgabe von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zur Herausgabe erlangter Vorteile verpflichtet (zu § 823 BGB: , Mitt. 1996, 16 - Gummielastische Masse I; Urteil vom - X ZR 163/12, GRUR 2016, 1257 Rn. 24 - Beschichtungsverfahren; Urteil vom - X ZR 142/18, GRUR 2020, 986 Rn. 19 - Penetrometer; Urteil vom - X ZR 75/21, GRUR 2024, 454 Rn. 90 - Kunststoffsack; zu § 812 BGB: Urteil vom - X ZR 79/07, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 26 - Steuervorrichtung).

86b) Wie bereits oben dargelegt wurde, entfallen solche Ansprüche nicht dadurch, dass ein Anspruch auf Abtretung oder Übertragung aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG oder § 8 Satz 1 PatG wegen Ablaufs der hierfür vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr durchgesetzt werden kann.

87Für den Fall, dass die Durchsetzung des Abtretungs- oder Übertragungsanspruchs wegen Verjährung scheitert, gilt nichts anderes.

88Die Ansprüche auf Abtretung bzw. Übertragung und die Ansprüche auf Schadensersatz und Herausgabe von Vorteilen stehen selbständig nebeneinander. Nach den allgemeinen Verjährungsregeln hat die Verjährung eines dieser Ansprüche nicht zwingend zur Folge, dass auch die übrigen Ansprüche nicht mehr durchgesetzt werden können.

89c) Bei den Ansprüchen wegen der Benutzungshandlungen handelt es sich nicht um vom Anspruch aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG abhängige Nebenleistungen im Sinne von § 217 BGB.

90Die genannten Ansprüche knüpfen nicht an das Bestehen eines Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG an. Sie sind vielmehr ebenso wie dieser Anspruch Folge einer Ausnutzung einer dem Erfinder vorbehaltenen Vorzugstellung, die unabhängig davon ist, ob ein Schutzrecht nachgesucht und erteilt wird (, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 30 - Steuervorrichtung).

91Die Haftung aus § 823 Abs. 1 und § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB hat zwar zur Voraussetzung, dass sich der Nichtberechtigte durch die Anmeldung des Schutzrechts eine Position verschafft, die ihm die Möglichkeit eröffnet, Dritte von der Benutzung der Erfindung abzuhalten. Ähnlich wie das Weiterbetreiben der Anmeldung und die Abgabe von Teilungserklärungen stellen auf dieser Grundlage vorgenommene Benutzungshandlungen aber jeweils eigenständige Verletzungshandlungen bzw. Eingriffe dar, die verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten sind.

92III. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

931. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Klageansprüche nicht verjährt sind.

94a) Die Verjährung des Anspruchs auf Übertragung des Streitpatents und auf Einwilligung zur Umschreibung im Patentregister hat frühestens mit der Erteilung des Schutzrechts am begonnen. Sie ist durch die Anfang 2017 eingereichte Klage gehemmt worden.

95b) Die Verjährung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Herausgabe von Vorteilen wegen Benutzungshandlungen nach dem ist durch die Klage ebenfalls wirksam gehemmt worden.

96c) Wegen früherer Benutzungshandlungen kommt lediglich ein Anspruch der Klägerin in Form des Restschadensersatzanspruchs nach Maßgabe von § 852 BGB in Betracht. Dies wird das Berufungsgericht, sofern es die Klageansprüche als begründet ansieht, bei der Tenorierung insbesondere auch der Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche zu berücksichtigen haben.

972. Ob die Beklagte Nichtberechtigte ist oder der Klägerin zumindest eine Mitberechtigung zusteht, hat das Berufungsgericht - auf Grundlage seiner Auffassung folgerichtig - nicht geprüft. Dies wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:190324UXZR9.23.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-65457